Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Toroidal-Transformator richtig anschließen


von Jan F. (Gast)


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Hallo zusammen,
ich habe einen alten Toroidal-Transformator, den ich anschließen möchte. 
Er hat zwei Sekundärspulen, an denen die gleiche Wechselstromspannung 
anliegt.
Ich überlege, ob ich die jeweils an einen Gleichrichter anschließen und 
dann + und + sowie - und - der Gleichrichter zusammenklemmen kann oder 
ob das zu Problemen führt. Alternativ wäre es möglich die Spulen 
parallel an einen Gleichrichter anzuschließen, aber da ich im Moment 
kein Oszilloskop zur Verfügung habe würde ich auf diesen Weg gerne 
verzichten, da ich keinen Kurzschluss verursachen will.

Hat jemand Erfahrung mit dieser Fragestellung?

Grüße,

Jan

von Jan F. (Gast)


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Ein Datenblatt liegt nicht vor.

von Peter R. (pnu)


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Wenns ein Ringkerntrafo mit sekundär zwei Wicklungen ist:

Beide Anfänge zusammen klemmen. Die Spannungsdifferenz zwischen den 
beiden Enden müsste möglichst Null sein.

Wenn nicht, bei der Wicklung mit der höheren Spoannung ein - zwei - 
einige Windungen runterwickeln.
Oder die Wicklung mit der kleineren Spannung durch ein paar zusätzliche 
Windungen auf gleiche Spannung bringen.

Trotzdem die beiden Enden der Wicklungen möglichst nicht verbinden. 
Selbst bei 100mV Unterschied könnte da ein kräftiger Ausgleichsstrom 
fließen.

Sondern an jede Wicklung einen eigenen Gleichrichter, erst die 
Gleichspannung danach parallel schalten.

von Kioskman (Gast)


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Hallo Jan,
um die Phasengleichheit der beiden Sekundärwicklungen festzustellen 
benötigst Du lediglich ein Multimeter das den Effektivwert der Spannung 
misst. Zum messen verbindest Du beide Spulen auf nur einer Seite 
miteinander. Zwischen den beiden offenen Enden misst Du mit dem 
Multimeter die Spannung. Ist die gemessene Spannung gleich 0 Volt, dann 
sind beide Wicklungen phasengleich und kannst Du die beiden noch offenen 
Enden problemlos miteinander verbinden. Ist die Spannung größer 0 Volt, 
dann sind beide Wicklungen phasenverschoben und beim verbinden der 
offenen Enden würde es einen Kurzschluss geben.

Gruß
Kioskman

von Peter R. (pnu)


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Peter R. schrieb:
> Sondern an jede Wicklung einen eigenen Gleichrichter, erst die
> Gleichspannung danach parallel schalten.

Aber auch das ist etwas problematisch: Die Last verteilt sich nicht 
unbedingt gleich auf die beiden Wicklungen, es ist etwa so "Pfui" wie 
das Parallelschalten von Dioden.

von Jan F. (Gast)


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Vielen Dank für die schnelle Antwort. Also ist es möglich jede Wicklung 
mit einem eigenen Gleichrichter zu versehen. Ich habe diese Schaltung 
nirgendwo finden können, daher hatte ich da meine Zweifel. Was ist mit 
dem Ausgleichsstrom hinter den Gleichrichtern?

Grüße,

Jan

von Jan F. (Gast)


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Kioskman schrieb:
> Hallo Jan,
> um die Phasengleichheit der beiden Sekundärwicklungen festzustellen
> benötigst Du lediglich ein Multimeter das den Effektivwert der Spannung
> misst. Zum messen verbindest Du beide Spulen auf nur einer Seite
> miteinander. Zwischen den beiden offenen Enden misst Du mit dem
> Multimeter die Spannung. Ist die gemessene Spannung gleich 0 Volt, dann
> sind beide Wicklungen phasengleich und kannst Du die beiden noch offenen
> Enden problemlos miteinander verbinden. Ist die Spannung größer 0 Volt,
> dann sind beide Wicklungen phasenverschoben und beim verbinden der
> offenen Enden würde es einen Kurzschluss geben.
>
> Gruß
> Kioskman

Danke für den Tip.

250~V    1 --| # |--- 4
             | # |--- 5
  ?      3 --| #
             | # |--- 6
  0~V    2 --| # |--- 7

4 und 7 verbunden -> Spannung zwischen 5 und 6 ungleich Null.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Jan F. schrieb:

> Also ist es möglich jede Wicklung
> mit einem eigenen Gleichrichter zu versehen. Ich habe diese Schaltung
> nirgendwo finden können, daher hatte ich da meine Zweifel. Was ist mit
> dem Ausgleichsstrom hinter den Gleichrichtern?

Wie soll da ein Ausgleichstrom fließen? Mal dir die Schaltung auf und 
überlege dir, in welcher Richtung ein Ausgleichstrom fließen würde. Und 
ob das zur Polung der Dioden paßt :)


Peter R. schrieb:
> das ist etwas problematisch: Die Last verteilt sich nicht
> unbedingt gleich auf die beiden Wicklungen, es ist etwa so "Pfui" wie
> das Parallelschalten von Dioden.

Sowohl die Gleichrichter als auch die Wicklungen haben genug 
Innenwiderstand, um eine halbwegs passende Stromverteilung zu erreichen. 
Perfekt wird es sicher nicht, muß es aber auch nicht sein.


XL

von Jan F. (Gast)


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>Trotzdem die beiden Enden der Wicklungen möglichst nicht verbinden.
>Selbst bei 100mV Unterschied könnte da ein kräftiger Ausgleichsstrom
>fließen.


> Wie soll da ein Ausgleichstrom fließen? Mal dir die Schaltung auf und
> überlege dir, in welcher Richtung ein Ausgleichstrom fließen würde. Und
> ob das zur Polung der Dioden paßt :)

Dabei ging es um die Ungleichheit der Spannung vor dem Gleichrichter, 
welche hinterher immer noch besteht. Der Strom würde zwischen den + 
Polen der beiden fließen, oder nicht?

von Jan F. (Gast)


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> Sowohl die Gleichrichter als auch die Wicklungen haben genug
> Innenwiderstand, um eine halbwegs passende Stromverteilung zu erreichen.
> Perfekt wird es sicher nicht, muß es aber auch nicht sein.

Das ganze ist für die Stromversorgung einer CNC Fräse gedacht. Der Trafo 
soll hinterher ca. 40V bei 15-20 A liefern können. Die Gleichrichter 
schaffen 26A bei 400V jeweils.

von Peter R. (pnu)


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Es käme halt nur zur ungleichmäßigen Stromverteilung.

Der Wicklungswiderstand würde zwar für Gleichverteilung wirksam, es 
hängt halt von dem Leistungsbereich des Trafo ab, wie sehr. Je größer 
die Leistung, desto geringer der Wicklungswiderstand und desto 
unangenehmer die ungleiche Belastung. Es kommt halt auf den Versuch an.

Probeweise: beide Enden (ohne Gleichrichter) verbinden, Stromaufnahme 
primärseitig messen: Um wieviel erhöht sich der Strom relativ zur 
Nennstromaufnahme des Trafo?

btw: Wie groß ist übrigens das "ungleich Null?"

von John (Gast)


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Hier fließen keine Ausgleichsströme und Du brauchst auch keine zwei 
Gleichrichter.

von Jan F. (Gast)


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> btw: Wie groß ist übrigens das "ungleich Null?"

Oha, das habe ich schon vor längerer Zeit gemessen... Das müssen so 
zwischen 50 - 70 V gewesen sein... Kann ich aber gerade nicht mehr genau 
(gibt das 3.50€ Schätzeisen eh nicht her...) sagen. Sollte ich aber 
wirklich nochmal messen; stimmt schon. Nachher kommt noch mehr raus als 
nötig und grillt meine Treiber. Das sollte doch die doppelte 
Sekundärspulenspannung gewesen sein?

von Jan F. (Gast)


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John schrieb:
> Hier fließen keine Ausgleichsströme und Du brauchst auch keine zwei
> Gleichrichter.

Danke für die Anregung, dann hab ich aber 6 Dioden über... Nein, Scherz 
bei Seite, denke morgen nochmal ernsthaft drüber nach. Die Idee ist gut.

Ich bin erstaunt, wieviele brauchbare Kommentare und Vorschläge ich 
bekommen hab. Vielen Dank nochmal an alle!

von Peter R. (pnu)


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John schrieb:
> Hier fließen keine Ausgleichsströme und Du brauchst auch keine zwei
> Gleichrichter.

Diese Schaltung belastet den Trafo aber erheblich mehr als eine 
Brückenschaltung an jeder Einzelwicklung, die erst gleichspannungsseitig 
zusammengeführt werden.
Bei Brücke fließt im Wickeldraht ein Wechselstrom ohne 
Gleichstromkomponente.

Der bei Zweiweg nur halbwellenweise in den Teilwicklungen fließende 
Strom bringt etwa 30% geringere Belastbarkeit des Trafo.

von Peter R. (pnu)


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Jan F. schrieb:
>> btw: Wie groß ist übrigens das "ungleich Null?"
>
> Oha, das habe ich schon vor längerer Zeit gemessen... Das müssen so
> zwischen 50 - 70 V gewesen sein...

Diese Spannung ist nicht gemeint.

sondern: beide Wicklungen mit Anfang auf Null ( 5 und 7 ?), ein Ende (4) 
liefert z.B. 27V, das andere (6) 28V. Die Differenz  von 1V zeigt dann 
die Unsymmetrie der beiden Wicklungen, die Ursache für den 
Ausgleichstrom ist.

Wenn beide Wicklungen gleich sind, wirds kleiner als 0,5V. Bei einer 
oder zwei Windungen Unterschied: dann >0,5V bis einige V.
Bei kleiner als 0,5V dürfte es kein Problem mit dem Ausgleichstrom 
bringen.

von Jan F. (Gast)


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Also 4 und 6 verbunden. Ergebnis: Schwankung von 0 bis 0.6 V zwischen 5 
und 7. Sollte also Phasengleich sein, das Messgerät hat einen relativ 
großen Fehler 
(VOLTCRAFT-VC-11-Digital-Multimeter-DMM-2000-Counts-CAT-III-250-V).

Sollte also kein Problem geben, wenn ich zwei Gleichrichter daran 
anschließe.

Grüße,

Jan

von Jan F. (Gast)


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Die Spannung an den beiden sek. Spulen beträgt 32 V. Nach dem 
Gleichrichter (26MB40A) messe ich ca. 28 V. Forward Voltage Drop der 
Dioden in dem Ding ist 1.1 V. Kommt das ungefähr hin?

von Jan F. (Gast)


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Wenn ich beide Gleichrichter zusammen anschließe erhalte ich 32V 
Gleichstrom an beiden. Bin mal gespannt, was passiert, wenn ich das 
morgen zusammen schalte.

von Jan F. (Gast)


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> Wenn beide Wicklungen gleich sind, wirds kleiner als 0,5V. Bei einer
> oder zwei Windungen Unterschied: dann >0,5V bis einige V.
> Bei kleiner als 0,5V dürfte es kein Problem mit dem Ausgleichstrom
> bringen.

Kann ich das irgendwo nachlesen, oder ist das ein Erfahrungswert? Hängt 
das nicht auch stark von den verwendeten Spulen ab?

von Peter R. (pnu)


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Das ist reine Abschätzung, so über den Daumen:

Bei Vollast geht die Spannung so etwa 5V in die Knie, durch den 
Innenwiderstand des Trafos und der Gleichrichterschaltung. Damit hat man 
eine Vorstellung vom Innenwiderstand .

Mit diesem abgeschätzten Innenwiderstand ergibt sich ein Stromkreis: 
0,5V Spannungsdifferenz - Ri, der den Differenzstrom erzeugt. Der ist 
etwa 10% des Gesamtstromes und damit erträglich.

anders gesagt: die Spannungsdifferenz, die den Unterschied von den 
beiden Lastströmen erzeugt, ist 1/10 des Spannungsverlusts bei Vollast, 
also unterscheiden sich auch die Lastströme um 10%.

Da noch mit den Streuinduktivitäten und ihren Impedanzen zu rechnen, 
wird schwierig. Gottseidank haben Ringkerntrafos besonders niedrige 
Streuung.

von Jan F. (Gast)


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So. Ich hab alles zusammengeklemmt. Funktioniert prima mit einem 
Gleichrichter und parallelen Spulen. Im Leerlauf weniger als 1 Watt 
Verbrauch. Leider ist die Spannung zu hoch. Ich müsste 4 Volt runter um 
meine Schrittmotortreiber nicht zu beschädigen. Also Sekundärspule 
abwickeln? Gibt es dabei was zu beachten? Wie ersetze ich hinterher die 
Plastikfolie, die jetzt zur Isolation um den Trafo gewickelt ist? Die 
wird ja dabei sicher zerstört werden...

Grüße,

Jan

von Falk B. (falk)


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@Jan F. (freeforest)

>Verbrauch. Leider ist die Spannung zu hoch. Ich müsste 4 Volt runter um
>meine Schrittmotortreiber nicht zu beschädigen.

Wirklich? Ein gescheiter Schrittmotortreiber arbeitet mit Überspannung 
und Stromregelung (Chopper).

> Also Sekundärspule
>abwickeln?

NEIN! Sowas macht man NIE!

von Typ (Gast)


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Ja. Der Schrittmotortreiber hat einen erlaubten Spannungsbereich von 
10-42 Volt. Das Netzteil liefert 44 V. Warum macht man das NIE? Die 
Spulen werden doch auch aufgewickelt.

Grüße,

Jan

von eProfi (Gast)


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> Der Schrittmotortreiber hat einen erlaubten Spannungsbereich
> von 10-42 Volt. Das Netzteil liefert 44 V.
Dann berücksichtige auch, dass die Netzspannung um +-10% schwanken darf.
Du musst also bei 253V Netzspannung unter 42 V am C bleiben (im 
Leerlauf!).

Die Frage ist, ob der Treiber bei 42,1V gleich kaputtgeht.

Alternative: Gossen Netzkonstanter  oder Block KH250 / BSD-Serie
oder Zweipunktregelung (mit Relais Sekundärwicklung zu- oder abschalten)


> Warum macht man das NIE? Die Spulen werden doch auch aufgewickelt.
Weil es sein kann, dass der RKT nach dem Wickeln vergossen (imprägniert) 
wird.
Nachteile:
 - Beim Abwickeln könnte die (Lack-)Isolierung beschädigt werden.
 - die "magnetische Last" ist nicht mehr gleichmäßig über den Kern 
verteilt. --> minimal erhöhte Streuung.

Alternative (falls mechanisch möglich): ein paar Windungen isolierte 
Kupferlitze (gleichmäßig über den gesamten Umfang verteilt) um den Kern 
wickeln und so anklemmen (gegenphasig zur Sekundären), dass die Spannung 
subtrahiert wird.
Nachteil: der Innenwiderstand wird weiter erhöht.

von Jan F. (Gast)


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eProfi schrieb:
> - Beim Abwickeln könnte die (Lack-)Isolierung beschädigt werden.
>  - die "magnetische Last" ist nicht mehr gleichmäßig über den Kern
> verteilt. --> minimal erhöhte Streuung.

Vielen Dank für die auführliche Antwort. Ich habe den Trafo gestern 
geöffnet. Gottseidank, denn eine der Sekundärspulen ist mechanisch 
beschädigt gewesen, was mir von außen nicht aufgefallen ist. Ich habe 
mir jetzt ein passendes Schaltnetzteil besorgt.
Von den Trafos lass ich erstmal die Finger. Gelernt hab ich bei der 
ganzen Sache aber eine Menge, wofür ich mich bei Allen hier nochmal für 
die Beiträge bedanken möchte.

Grüße,

Jan

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