Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Verständnisfrage "Floating Ground"


von new-bee (Gast)


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Hallo,

entschuldigt bitte meine vermutlich doofe Anfängerfrage. Die anderen 
Threads zu dem Thema bringen mich irgendwie nicht weiter.
Ich habe ein 1-30V DC Netzteil mit den Anschlüssen +, - und GND.

In der Anleitung steht, dass entweder + mit GND oder - mit GND verbunden 
wird, wodurch entweder ein pos. oder neg. Ground entsteht. Das verstehe 
ich soweit auch. Die Masse ist ja dann einfach das Bezugspotenzial.

Weiterhin wird geschrieben, dass bei keiner Verbindung der beiden 
Anschlüsse mit GND ein "Floating Ground" entsteht. Die eingestellte 
Spannung liegt also zwischen + und -.
Liegt der Floating Ground dann "in der Mitte" zwischen + und -?
Bzw, könnte man diesen Betriebsmodus nutzen, um eine symmetrische 
Spannungsversorgung (zB +/-10V für OP oder so) bereitzustellen, wenn man 
den GND der Schaltung mit GND des Netzteils verbindet?

Oder wird der Floating Ground völlig anders genutzt, als ich mir in 
meinem jugendlichen Leichtsinn vorstelle? :)

LG und Dankeschön!

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Kann es sein, dass die mit GND eigentlich PE meinen?

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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Deine Betriebsspannung hängt beidseitig in der Luft ( ähnlich wie bei 
einer in der Hand gehaltenen Batterie); dieser Zustand heißt "schweben, 
schwimmen" oder auch "floaten". Insofern hast du eine "floatende" 
Spannung, d.h., eine ohne "ground-"Bezug.
Ein floating ground ist eigentlich etwas anders definiert, z.B. wenn du 
auf einer Leiterplatte eine Versorgungsspannung hast, die "gnd-" Bezug 
aufweist ( also am Gehäuse/ PE kontaktiert ), und dann über einen 
DC-DC-Wandler eine Betriebsspannung für z.B. einen abgesetzten Sensor 
erzeugst, dessen "-"-Potential zwar mit seiner eigenen Massefläche, aber 
nicht mit dem restlichen Bezugspoteitial ( "ground" ) verbunden ist.

von Sascho (Gast)


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Warum ist das so schwer das Netzteil beim Namen zu nennen und/oder einen 
Link zu posten.

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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Sascho schrieb:
> Warum ist das so schwer das Netzteil beim Namen zu nennen und/oder einen
> Link zu posten.
Es gibt tausende Netzteile mit der dargestellten Anschlußbelegung, so 
daß der Name Schall und Rauch ist. OK?

von Georg A. (georga)


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Ich würde mal sagen, dass man beim normalen Basteln alles schön floatend 
lässt, d.h. weder NT-Minus noch NT-Plus auf die Erde/PE setzt. Alles 
andere kann komische bis gefährliche Effekte beim unbedachten Frickeln 
nach sich ziehen ;)

von Sascho (Gast)


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Marc Oni schrieb:
> Es gibt tausende Netzteile mit der dargestellten Anschlußbelegung, so
> daß der Name Schall und Rauch ist. OK?

Dann rate mal weiter, was wirklich in der Anleitung zu seinem Netzteil 
steht und wie er das richtig verstehen kann oder poste ihm noch einen 
Wiki Link.

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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Sascho schrieb:
> was wirklich in der Anleitung zu seinem Netzteil
> steht und wie er das richtig verstehen kann

In der Anleitung steht ( so wie zitiert), daß ohne Verbindung einer der 
beiden spannungsführenden Klemmen ("*", "-" ) zum PE ("Masse", "Erde", 
"ground") ein sog. floatender ground entsteht. Mein Vergleich war der 
einer in der Hand gehaltenen Batterie, die gleichermaßen keinen Bezug 
zur Umgebung ("Masse", "Erde", "ground") aufweist.
Worauf ich in der Tat nicht explizit einging, war die Vermutung, daß 
dieser floatende ground "zwischen plus und minus" schwebt; das ist in 
der
Tat nicht der Fall.
Wenn eine positive und eine negative Betriebsspannung für den Betrieb 
eines Operationsverstärkers benötigt wird, braucht man 2 
Spannungsquellen, die in Reihe geschaltet werden, also plus der einen an 
minus der anderen. Dieser Verbindungspunkt wird dann der ground-Anschluß 
des OPV, die von diesem Punkt aus gemessene positive Spannung wird an 
den UB+-Anschluß gelegt, die negative Spannung wird an den UB- -Anschluß 
gelegt.
Von + nach - mißt man dann die Summe der beiden Teilspannungen.
Ein relativ einfacher Vergleich: Du stehst in der 1. Etage eines Hauses 
und mißt 3 m nach unten und 3 m nach oben. Die Gesamthöhe ist dann 6 m, 
aber ( vom Referenzpunkt aus )zusammengesetzt aus 3 m nach unten ("-") 
und 3 m nach oben ("+").

von PE (Gast)


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Zeichne ein Schaltplan.

von Walter T. (nicolas)


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Wenn ich mich richtig erinnere, steht das bei den 
MeanWell-Schaltnetzteil so im Datenblatt.

von Sascho (Gast)


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new-bee schrieb:
> Ich habe ein 1-30V DC Netzteil mit den Anschlüssen +, - und GND.
>
> In der Anleitung steht, dass entweder + mit GND oder - mit GND verbunden
> wird, wodurch entweder ein pos. oder neg. Ground entsteht. Das verstehe

Sowas hätte ich gern mal im Original nachgelesen.

von new-bee (Gast)


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Danke euch allen - und besonders Marc Oni für die sehr ausführliche 
Erklärung! :)

Falls es noch von Bedeutung ist, ich habe die Anleitung online gefunden:
http://www.bkprecision.com/downloads/manuals/en/1550_manual.pdf

PE schrieb:
> Zeichne ein Schaltplan.
Ich habe keinen konkreten Schaltplan, mir geht es nur um das 
grundlegende Verständnis. :)


Eine Sache ist mir aber irgendwie dennoch nicht ganz klar:
Eine Spannung ist ja schlicht eine Potentialdifferenz zwischen zwei 
Punkten. Dann macht es aber doch keinen Unterschied, ob diese zwischen 
den Klemmen + und - (wie bei floating GND beschrieben), oder zwischen + 
und GND- liegt, oder?
Anders gefragt; was ist der Vorteil von einer schwebenden Spannung 
gegenüber einer Spannung, die GND-Bezug hat?

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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Der Vorteil der floatenden Betriebsspannung besteht darin, daß dein 
Gerät keinerlei Beziehung ( Verbindung ) zur "Umgebung" hat; eine leider 
häufig auftretende Problematik ist die von Potentialdifferenzen auf den 
Schutzleitern in unterschiedlichen Etagen. Verbindest du z.B. ein 
schutzgeerdetes Gerät in der 1. Etage mit einem ebensolchen in der 
vierten über eine geschirmte Datenleitung, können über diesen Schirm 
Ausgleichströme in der Größenordnung von einigen 10 Ampere fließen ( mit 
entsprechend katastrophalem thermischen Ende...). Das ist z.B. einer der 
Gründe, aus denen Kabelschirme nur einseitig ( also nur an einem Gerät ) 
aufgelegt werden sollen, was natürlich unsinnig ist, weil dann die 
Schirmwirkung beeinträchtigt wird. Ein Schirm sollte somit nur dann 
beidseitig aufgelegt werden, wenn das "andere" Gerät "floatet".
Der Vorteil eines ground-Bezugs besteht darin, daß - bei Geräten der 
Schutzklasse 1 - der PE mit seiner Schutzfunktion wirksam werden kann. 
Bei Industrieanlagen empfehle ich auch eine weitreichende Erdung aller 
Geräte ( mit gewissen, dann besonders begründeten Ausnahmen, die hier 
aber irrelevant sind ), um hochfrequente Potentialunterschiede zu 
vermeiden ( weil die sich sonst möglicherweise störend über Daten- oder 
Sensorleitungen ausgleichen...).
Für Bastelanwendungen reicht normalerweise der floatende Betrieb.

von Sascho (Gast)


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Marc Oni schrieb:
> Bei Industrieanlagen empfehle ich auch eine weitreichende Erdung aller
> Geräte ( mit gewissen, dann besonders begründeten Ausnahmen, die hier
> aber irrelevant sind ), um hochfrequente Potentialunterschiede zu

Und ich empfehle konkret zu wissen, um was es geht. OK?

von tobi (Gast)


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new-bee schrieb:
> entschuldigt bitte meine vermutlich doofe Anfängerfrage. Die anderen
> Threads zu dem Thema bringen mich irgendwie nicht weiter.
> Ich habe ein 1-30V DC Netzteil mit den Anschlüssen +, - und GND.

Marc Oni schrieb:
> In der Anleitung steht ( so wie zitiert), daß ohne Verbindung einer der
> beiden spannungsführenden Klemmen ("*", "-" ) zum PE ("Masse", "Erde",
> "ground") ein sog. floatender ground entsteht.

Aha, jetzt machts auf einmal Sinn das ganze..
GND != PE

floating-ground heist "undefiniert". Macht aber nix, da Deine Spannung 
zwischen + und - anliegt.

Ich würde PE nicht mit einem der Pole verbinden wenn Du keinen 
expliziten Grund dafür hast.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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new-bee schrieb:

> Eine Sache ist mir aber irgendwie dennoch nicht ganz klar:
> Eine Spannung ist ja schlicht eine Potentialdifferenz zwischen zwei
> Punkten. Dann macht es aber doch keinen Unterschied, ob diese zwischen
> den Klemmen + und - (wie bei floating GND beschrieben), oder zwischen +
> und GND- liegt, oder?

Richtig. Für die Ausgangsspannung deines Netzteils ist es vollkommen 
egal, ob die eine Verbindung zur GND-Klemme hat oder nicht.

Vielleicht kommt ein Teil deiner Verwirrung daher, daß der Begriff 
"Ground" oder "GND" mehrere Bedeutungen hat. An deinem Netzteil bedeutet 
GND "Erde" bzw. "Schutzerde" bzw. "das Potential des Schutzleiters". Es 
besteht schlicht eine direkte Verbindung vom Schutzleiter-Anschluß des 
Netzkabels zum Gehäuse und zur GND-Buchse. Der Rest des Netzteils ist 
davon erst mal isoliert, aber du kannst wenn du willst, eine Verbindung 
mit GND extern herstellen.

Andererseits bezeichnet man in elektronischen Schaltungen aber auch das 
gemeinsame Bezugspotential aller Spannungen als GND. Vollkommen 
unabhängig davon, ob dieser Punkt mit dem Schutzleiter verbunden ist 
oder nicht (meist ist er es nicht). Wenn du also eine Schaltung hast, 
die Versorgungsanschlüsse "GND" und "+12V" hat, dann gehören die an die 
(-) bzw. (+) Klemme deines Netzteils. Die GND-Klemme des Netzteils hat 
trotz gleicher Bezeichnung nichts mit dem GND-Anschluß der Schaltung 
zu tun.

> Anders gefragt; was ist der Vorteil von einer schwebenden Spannung
> gegenüber einer Spannung, die GND-Bezug hat?

Ich würde im Gegenteil fragen, was der Vorteil daran sein soll, die 
Ausgangsspannung eines (Labor)netzteils mit dem Schutzleiterpotential zu 
verbinden.

Stell dir einfach noch mal obige Situation einer Schaltung vor, die 12V 
Versorgung aus deinem Netzteil bekommt. An der Schaltung ist nun ein 
Temperaturfühler, der an den Heizkörper kommen soll. Der Heizkörper ist 
aber (genauso wie Wasserleitungen) irgendwo im Haus mit dem Schutzleiter 
verbunden.

Wenn der Sensor nun in elektrischen Kontakt zum Heizkörper kommt, wird 
irgendein Punkt der Schaltung dadurch auf Schutzleiterpotential gezogen. 
Das kann die GND- oder die 12V-Schiene sein oder auch irgendein Punkt 
innnerhalb der Schaltung, sagen wir mal eine Referenzspannung von +5V 
(gegenüber GND).

Wenn deine 12V jetzt auch eine Verbindung zum Schutzleiter haben, baust 
du so einen veritablen Kurzschluß. Die Folgen können harmlos sein, aber 
genausogut kannst du die 12V deines Netzteils so kurzschließen oder die 
Referenzspannung in der Schaltung zerschießen.


XL

von new-bee (Gast)


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Klasse, ich glaub jetzt hab ich's begriffen. :)
Vielen Dank nochmal an alle, die sich die Mühe gemacht haben, mir zu 
helfen!

von PE (Gast)


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new-bee schrieb:
> Ich habe keinen konkreten Schaltplan, mir geht es nur um das
> grundlegende Verständnis. :)

Genau deshalb zeichnen, Spannungsquelle, GND, PE, usw., keine Schaltung!

Beitrag #5444267 wurde von einem Moderator gelöscht.
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