Forum: HF, Funk und Felder Blitzortung Himmelsrichtung


von Dani (Gast)


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Hallo,

seit langen geht mir die Idee durch den Kopf - Gewitterblitze zu Orten.
Der Aufbau und die funktionsweise soll sich ganz einfach halten.
Ich möchte nicht die Entfernung und die Intensität wissen.
Es geht nur darum, aus welcher Himmelsrichtung der Blitz kommt. Mehr 
nicht !

Meine Idee ist folgende:
Zwei Rahmenantenne die auf Mittelwelle abgestimmt sind.
Eine zwischen Nord-Süd, die andere West-Ost.
Wenn es in einer Entferung Blitz soll eine LED aufblinken.

Zu den Fragen die ich an euch habe:
Diese Schaltung habe ich bereits Erfolgreich nachgebaut.
http://www.techlib.com/electronics/lightningnew.htm

Kann ich anstatt der 10mH Spule eine Rahmenantenne nehmen mit 50cm 
durchmesser abgestimmt auf Mittelwelle ?

Angenommen ich bau zwei dieser Schaltungen, für jede Himmelsrichtung 
eine Rahmenantenne (N - S | W - O), kann ich somit die Blitze orten aus 
welcher Richtung sie kommen ?

Ich hoffe das mir jemand bei der Realisierung behilflich sein kann ?!

viele Grüße, Dani

von Stefan W. (dl6dx)


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Richtungspeilung von Sferics ist zwar theoretisch möglich, aber 
praktisch kaum mit hinreichender Genauigkeit zu verwirklichen. Beide 
Empfangszüge müssen wirklich identische Antennen, eine identische 
Empfindlichkeit, eine identische Impulsantwort etc. haben, sonst ist 
eins oder beide Kanalsignale verfälscht und die ermittelte Richtung 
liegt daneben.

Alle aktiven Blitzortungsnetzwerke arbeiten daher mittlerweile mit dem 
TOA-Verfahren (TOA: Time of Arrival). Da reduzieren sich die 
Anforderungen im wesentlichen auf zwei nicht resonante Antennen und 
Vorverstärker, zwei schnelle ADC und eine genaue Zeitbasis (z.B. GPS mit 
1PPS-Ausgang).

Falls du mehr wissen willst: Einige Informationen zur Blitzortung 
findest du z.B. auf http://www.blitzortung.org

Grüße

Stefan
(betreibe eine TOA-Station)

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Und wie genau kannst du die Blitzeinschläge orten?

von Teo D. (teoderix)


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Abdul K. schrieb:
> Und wie genau kannst du die Blitzeinschläge orten?

ER überhaupt nicht, ER kann Dir höchstens sagen das ER einen Blitz 
detektiert hat, wie stark der Impuls war und vor allem exakt wann.
Zur Ortung sind mehrere, relativ weit voneinander entfernte, Stationen 
nötig!

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Dani schrieb:

> seit langen geht mir die Idee durch den Kopf - Gewitterblitze zu Orten.
> Der Aufbau und die funktionsweise soll sich ganz einfach halten.

"Ganz einfach" ist immer am Schwersten. ;O)

> Ich möchte nicht die Entfernung und die Intensität wissen.
> Es geht nur darum, aus welcher Himmelsrichtung der Blitz kommt. Mehr
> nicht !
>
> Meine Idee ist folgende:
> Zwei Rahmenantenne die auf Mittelwelle abgestimmt sind.
> Eine zwischen Nord-Süd, die andere West-Ost.

Das ist schon einmal ein Ansatz.
Dein Problem ist es, dass das Sferics sehr kurz sind.
Um sehr kurze Funksprüche im zweiten Weltkrieg zu orten, wurde 
"Huff-Duff" verwendet. Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Huff-Duff
Eine detailiertere Beschreibung von O.Bauer ist hier: 
http://www.xs4all.nl/~aobauer/HFDF1998.pdf

Wenn das Signal länger dauern würde, würdest Du einen Rahmen nehmen 
können und den dann drehen.

> Wenn es in einer Entferung Blitz soll eine LED aufblinken.

Da fängt das Problem an: Die Auswertung der Elipse auf der Braunschen 
Röhre wurde von einem menschlichen Beobachter gemacht.
Du müsstest jetzt die Intensitäten der Signale von beiden Antennen 
entsprechend mit einem Mikrocontroller auswerten und umrechnen.

> Kann ich anstatt der 10mH Spule eine Rahmenantenne nehmen mit 50cm
> durchmesser abgestimmt auf Mittelwelle ?

Je empfindlicher Deine Anordnung ist, um so eher reagiert sie auch auf 
allen möglichen Kram, der kein Blitz ist. Ich würde daher nicht so große 
Erwartungen an eine Rahmenantenne stellen.
Ich habe mir jetzt die Webseite nicht wirklich im Detail angesehen, aber 
bei Sferic-Ortung wird meist nicht ein Mittelwellensignal, sondern ein 
NF- oder VLF-Signal ausgewertet. Insofern hat ein Rahmen zwar eine 
größere Wirkfläche, aber es werden auch Anpassungsprobleme auftreten. 
Und eine erhöte Neigung auch kapazitive Signale aufzunehemen.

>
> Angenommen ich bau zwei dieser Schaltungen, für jede Himmelsrichtung
> eine Rahmenantenne (N - S | W - O), kann ich somit die Blitze orten aus
> welcher Richtung sie kommen ?

Jain. Mit zwei gekreuzten Rahmenantennen kannst Du eine Standlinie 
bestimmen, in der Dein Blitz liegt. Das sind aber zwei Richtungen (Eine 
zum Blitz, die andere genau davon weg).
Um die Richtung zu bestimmen, bräuchtest Du eine zweite Station weiter 
weg, so dass sich zum Blitz hin ein deutlicher Winkelunterschied für 
eine Kreuzpeilung ergibt (Denk daran, das die Erde eine Kugel ist, und 
für Entfernungen über 80 km wird dann mit sphärischer Trigonometrie 
gerechnet http://de.wikipedia.org/wiki/Kugeldreieck ).
Du bist dabei immer noch "blind" gegenüber Signalen, die genau aus der 
Geraden kommen, die durch beide Stationen geht. Um dahinein zu messen,
bräuchtest Du dann eine dritte Station.

Eine verifizierung der Richtung könnte bei einem Rahmen und 
Maximumpeilung auch mit einer (kapazitiven) Hilfsantenne gemacht werden. 
Wird aber für den Kreuzrahmen auch aufwändig.


> Ich hoffe das mir jemand bei der Realisierung behilflich sein kann ?!

Nun, mein Vorposter hat ja auf das TOA-Verfahren verwiesen. Benötigt 
werden halt u.a. eine entsprechend genaue Zeitbasis und ein Netz mit 
anderen Stationen. Ok, mindestens zwei-drei Stationen benötigt auch der 
Kreuzrahmen.
Im zweiten Weltkrieg gab es aber noch keine genauen Zeitbasen, die auch 
noch auf unterschiedlichen Kriegsschiffen zur Verfügung standen und 
trozdem  einigermassen synchron waren. Und selbst verkürzte Funksprüche 
in Schnelltelegraphie sind immer noch lang verglichen mit einem Sferic. 
Darum hat man damals Kreuzrahmen verwendet, und kein TOA-Verfahren.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

von Matthias (Gast)


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Bernd Wiebus schrieb:
> Um die Richtung zu bestimmen, bräuchtest Du eine zweite Station weiter
> weg, so dass sich zum Blitz hin ein deutlicher Winkelunterschied für
> eine Kreuzpeilung ergibt (Denk daran, das die Erde eine Kugel ist, und
> für Entfernungen über 80 km wird dann mit sphärischer Trigonometrie
> gerechnet http://de.wikipedia.org/wiki/Kugeldreieck ).

Oder man nimmt das Signal einer Stabantenne dazu und erhält die 
Orientierung (0°/180°) aus der Phasenlagen zur Rahmenantenne.

von Stefan W. (dl6dx)


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Abdul K. schrieb:
> wie genau kannst du die Blitzeinschläge orten

Das ist abhängig von der Zahl und der Lage zum Blitzereignis der zur 
Verfügung stehenden Stationen, der Genauigkeit der Erfassung der Sferics 
(Stichwort: Verfälschung der Kurvenform durch Einschwingvorgänge) und 
der erzielten Genauigkeit der Zeitbasis und der Ortsbestimmung der 
Stationen selbst.

Eine gute Abschätzung findest du in der Projektdokumentation der alten 
Stationshardware:
http://www.blitzortung.org/Documents/TOA_Blitzortung.pdf?t=1375003298

Die zwischenzeitliche Weiterentwicklung ist hier sichtbar:
http://www.blitzortung.org/Documents/TOA_Blitzortung_RED.pdf?t=1375003298

Grüße

Stefan

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Teo Derix schrieb:
> Abdul K. schrieb:
>> Und wie genau kannst du die Blitzeinschläge orten?
>
> ER überhaupt nicht, ER kann Dir höchstens sagen das ER einen Blitz
> detektiert hat, wie stark der Impuls war und vor allem exakt wann.
> Zur Ortung sind mehrere, relativ weit voneinander entfernte, Stationen
> nötig!

Bezog sich auf seine TOA-Station, die ja in einem Netzwerk ist.

von Teo D. (teoderix)


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Abdul,

SORRY
Bin davon ausgegangen, das Du die Hoffnung hast, das auch alleine 
bewerkstelligen zu können.
Was wohl eher meinen Träumen entspringt :)

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Bernd Wiebus schrieb:
> http://www.xs4all.nl/~aobauer/HFDF1998.pdf
>

Dort gibt es eine interessante Randbemerkung, daß bei relativ kleiner 
Antennengröße eines Rahmen nur noch die M-Anteil einer EM-Welle 
empfangen wird. Entsprechendes müßte dann doch auch für Stabantennen 
gelten! Man würde also wenn diese klein genug wäre, jedwede magnetische 
Störung loswerden. hmmmmm.


Die 4-Stabantennen Anordnung kann man übrigens heute noch auf vielen 
Militärfahrzeugen sehen.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Teo Derix schrieb:
> Abdul,
>
> *SORRY*
> Bin davon ausgegangen, das Du die Hoffnung hast, das auch /alleine/
> bewerkstelligen zu können.
> Was wohl eher meinen Träumen entspringt :)

Habe ich momentan kein Interesse dran.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Stefan Wagner schrieb:
> Abdul K. schrieb:
>> wie genau kannst du die Blitzeinschläge orten
>

> Eine gute Abschätzung findest du in der Projektdokumentation der alten
> Stationshardware:
> http://www.blitzortung.org/Documents/TOA_Blitzortung.pdf?t=1375003298
>
> Die zwischenzeitliche Weiterentwicklung ist hier sichtbar:
> http://www.blitzortung.org/Documents/TOA_Blitzortung_RED.pdf?t=1375003298
>

Wo steht das? Beim Querlesen nix gefunden.

Wie war das bei GPS? 30ns Jitter des 1PPS Signals. 3ns/m 
Ausbreitungsgeschwindigkeit und ihr meßt mit 30KHz Bandbreite oder so. 
Da würde ich 1km ansetzen.

von Teo D. (teoderix)


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Abdul K. schrieb:
> Teo Derix schrieb:
>> Abdul,
>>
>> *SORRY*
>> Bin davon ausgegangen, das Du die Hoffnung hast, das auch /alleine/
>> bewerkstelligen zu können.
>> Was wohl eher meinen Träumen entspringt :)
>
> Habe ich momentan kein Interesse dran.

Und noch mals, Sorry, wolle Dir echt nicht zu nahe treten :o

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Abdul.


> Dort gibt es eine interessante Randbemerkung, daß bei relativ kleiner
> Antennengröße eines Rahmen nur noch die M-Anteil einer EM-Welle
> empfangen wird.

Richtig. Du hast einen Rahmen, d.h. eine Schleife, und je kleiner die 
wird, desto geringer wird auch der Einfluss des E-Feldes. Der Einfluss 
des M-Feldes wird aber auch kleiner, weil die Wirkfläche der Antenne 
insgesammt auch abnimmt.
Das kann teilweise bei sehr kleinen Schleifen, die zu Zylinderspulen 
entartet sind, durch einen Ferritstab ausgeglichen werden.

Letztlich sieht die Schleife das M-Feld als Gegentaktsignal und das 
E-Feld als Gleichtaktsignal, d.h. die Wirkung des E-Feldes hebt sich 
über den Umfang der Schleife auf. Das funktioniert um so besser, je 
kleiner der Rahmen ist, in Relation zur Wellenlänge.

Hinzu kommt, das Du den Rahmen schirmen kannst, indem Du ihn in einem 
geschirmten Rohr unter bringst. Das Rohr darf aber nicht selber komplett 
zur Schleife wie die Loop gebogen sein, sondern muss quer einen 
Trennschlitz aufweisen. Sonst bildet der Schirm eine kurzgeschlossene 
Koppelwindung. Die Kapazität Schleife zu Schirm möchte man eigentlich 
auch nicht.


> Entsprechendes müßte dann doch auch für Stabantennen
> gelten! Man würde also wenn diese klein genug wäre, jedwede magnetische
> Störung loswerden. hmmmmm.

Auch in einem Stab können Magnetfelder Spannung induzieren. Die Spannung 
wird kleiner, je kürzer der dafür wirksame Stab ist, aber eben auch die 
Spannung, die von der E-Komponente kommt.

Letztlich ist ein Stab schlechter von Magnetfeldern abzuschirmen als 
eine Schleife von E-Feldern.
Das E-Feld wirkt kapazitiv über die Enden mit den Spannungsmaxima, das 
Magnetfeld in der Mitte im Strombauch induktiv.



> Die 4-Stabantennen Anordnung kann man übrigens heute noch auf vielen
> Militärfahrzeugen sehen.

?? Was meinst Du mit "4-Stabantennen Anordnung" in dem Zusammenhang?
Mit 4-Stäben könnte man z.B. einen primitiven Dopplerpeiler aufbauen.
oder die 4-Stäbe gehören zusammen und bilden einen "dicken" Dipol bzw. 
Dipolhälfte für Breitbandigkeit.
Es könnten aber auch 4 einzelne Antennen für 4 verschiedene 
Frequenzbereiche sein.
Der Möglichkeiten sind viele.

Oder meinest Du Lambda/4-Stabantennen? Die sind in der Tat häufig, nicht 
nur auf Militärfahrzeugen.
Allerdings sind die Stäbe, die Du siehst, oft nicht wirklich Lambda/4 
sondern bezogen auf die Wellenlänge kürzer. Das ist halt der Kompaktheit 
geschuldet, sonst eckt man mit dem Teil überall an.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

von Konrad S. (maybee)


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Bernd Wiebus schrieb:
> ?? Was meinst Du mit "4-Stabantennen Anordnung" in dem Zusammenhang?
> Mit 4-Stäben könnte man z.B. einen primitiven Dopplerpeiler aufbauen.

Dabei dürfte es sich um ein Funk-Fahrzeug handeln.
Der mobile Peiler der Bundeswehr sieht so aus: 
http://www.jedsite.info/afv-tango/tango/tpz_series/1a1-eloka/eloka_001.jpg

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Diese Fahrzeuge haben an jeder Ecke des Daches einen Stab. Scheint zu 
einem Standardfunkgerät bei den Amis zu gehören.


Also in dem obigen Text steht, daß unterhalb einer kritischen Länge 
keinerlei E-Feld mehr empfangen wird!! Nicht nur wenig, sondern einfach 
praktisch nix!
Warum ich darauf so rumreite? Weil ich bei extrem verkürzter Stabantenne 
schon selbst eine erstaunlich geringe Empfindlichkeit für die 
M-Komponente feststellte. Während ja das S/N für die E-Komponente in 
erster Linie linear von der Länge des Stabes abhängt im 
Langwellenbereich (Da wo das Eingangsrauschen der Eingangsstufe 
praktisch keine Rolle spielt, denn das Hintergrundrauschen der 
Atmosphäre ist viel stärker).
Da nun die Störung der Ausbreitung für E und M unterschiedlich sind ... 
bla blubber ... vermute ich, daß ein DCF77-Empfänger mit E-Antenne 
weniger Probleme mit Auslöschung zu bestimmten Tageszeiten hat! Reine 
Vermutung! Muß man testen...

Vielleicht meldet sich W.H. ja noch.

So im Nachhinein wundert es mich nun auch nicht mehr, daß ich so wenig 
Störungen durch Blitze bemerkte.

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Abdul K.


> Diese Fahrzeuge haben an jeder Ecke des Daches einen Stab. Scheint zu
> einem Standardfunkgerät bei den Amis zu gehören.

Hier in der Ecke von Deutschland sehe ich nur Briten, Niederländer und 
Belgier. Schonmal auch die Bundeswehr. Aber immer mit demontierten 
Antennen.

>
> Also in dem obigen Text steht, daß unterhalb einer kritischen Länge
> keinerlei E-Feld mehr empfangen wird!! Nicht nur wenig, sondern einfach
> praktisch nix!

Da M- und E-Feld miteinander verkoppelt sind, treten sie eigentlch nie 
komplett unabhängig von einander auf. Darum ist es sehr schwer, das 
messtechnisch überhaupt zu trennen.



> Da nun die Störung der Ausbreitung für E und M unterschiedlich sind ...

Ein sich änderndes magnetisches Feld bewirkt ein sich änderndes 
elektrisches Feld und umgekehrt. D.h. an der Wellenausbreitung sind 
IMMER beide Komponenten beteiligt. Eine Störung einer der beiden 
Komponenten wirkt sich auch auf die andere aus. Das mag im Nahfeld der 
Antenne Einschränkungen haben, aber für die Ausbreitung gilt das so.

> bla blubber ... vermute ich, daß ein DCF77-Empfänger mit E-Antenne
> weniger Probleme mit Auslöschung zu bestimmten Tageszeiten hat! Reine
> Vermutung! Muß man testen...

Das denke ich nicht. Fading ist eine Eigenschaft von Wellen 
(Interferenz).
D.h. wenn sich ein Wellenzug auslöcht, löcht er sich mit beiden 
Komponenten aus.
Hinzu kommt, das eine Stabantenne sehr groß sein muss, um auf einen 
aktzeptablen Antennenwirkungsgrad zu kommen.

Erfahrungsgemäß gilt die von dir angesprochenen Eigenschaften der 
Trennung von E- und H-Feld nur im Nahfeld der Antenne. Nahfeld sind 
wenige Wellenlängen. Wenn Du auf ein dutzend Kilometer an DCF77 ran 
bist, solltest Du eh keine Empfangsprobleme mehr haben.


>
> Vielleicht meldet sich W.H. ja noch.
>
> So im Nachhinein wundert es mich nun auch nicht mehr, daß ich so wenig
> Störungen durch Blitze bemerkte.

Die Energieverteilung im Spektrum eines Blitzes ist recht ungleichmäßig 
mit Schwergewicht im NF-Bereich. D.h. für den HF Bereich ist relativ 
wenig über. Ein Blitz in der toten Zone stört Dich auch nicht.....

Magnetische Antennen sind dafür bekannt, relativ wenig EMV aus dem 
direkten Störnebel der Umgebung aufzunehemn, weil der meist eine starke 
E-Komponente hat.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

von Fuzzi (Gast)


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Zeus anrufen, der kennt sich aus mit Blitz und Donner..

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Konrad S.,

> Der mobile Peiler der Bundeswehr sieht so aus:
> http://www.jedsite.info/afv-tango/tango/tpz_series...

Ja? Der Peiler stammt noch von Telefunken vom Höhepunkt des Kalten 
Krieges.
Der dürte längst nicht mehr wartbar sein.

War eine gute Lösung der Peilbasis - Peilen Kurzwelle und VHF vertikal, 
gleichzeitig Anbindung aller drei Peiler an die Peilkommandostelle über 
UHF horizontal.

Empfindliche mobile Peiler tun sich verdammt schwer mit dem Absetzen der 
Ergebnisse ....

Ciao
Wolfgang Horn

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Wenn ich das so mit meinem Funk-Unimog Baujahr 1956 und Laufleistung 
5600km(!!) anno 1987 vergleiche. Innen zwei FM-Funkgeräte SEM25 
gekoppelt als automatische Relaisstation für verschlüsselte 
Funkfernschreiben. Das amerikanische Verschlüsselungsgerät bedurfte der 
ständigen Bewachung und Schießbefehl. So kam es, daß der wehrpflichtige 
Schützearsch mit einem vollgeladen mit scharfer Mun G3 und einem 
weiteren mit Platzpatronen (für Manöverspielereien) seinen Funktrupp 
bewachte. Im Ernstfall wäre der schnell aufgeklärt gewesen und ich wäre 
beim abgesetzten Funkbetrieb im nächsten Wald alleine ohne Fahrzeug 
sitzengeblieben.
Dazu gabs onboard noch zwei Fernschreiber. Konnte man immerhin 
Endlosschleifen auf Papier erzeugen und ähnliche Spielereien.
Dann der Akt das Schwingfeuerheizgerät oben auf dem Dach anzukriegen. 
Ein Langwellen-Funkgerät hatten wir auch noch. Das hätte einen Langdraht 
benötigt. Die FM-Anlage für KW dagegen hatte einen Kurbelmast mit 
aktiven Antennenabstimmgerät. Innendrin lauter Servos.
Sowie ein Notstromaggegrat um das alles im Stand zu versorgen. Dann 
brauchte man bei nicht zu kaltem Wetter auch keine Heizung. Wurde genug 
warm. Geschlafen wurde im Mittelgang zwischen den Gerätefronten.
Interessant auch die vollgekapselte Zündanlage des Benziners(!) im 
Unimog. Die frühen Anfänge von dem was wir heute EMV nennen.

Der einzige Computer an Board war mein Sharp PC-1500 Taschencomputer. 
Vermutlich war es auch der einzige PC in der ganzen Kaserne.

OK, bin ja schon still.

von Konrad S. (maybee)


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Wolfgang Horn schrieb:
> Der dürte längst nicht mehr wartbar sein.

Wurde kurz vor 1990 in der Truppe eingeführt. Bei den üblichen Zyklen 
sollte ein Nachfolgesystem mindestens schon in der Entwicklung sein.

> War eine gute Lösung der Peilbasis - Peilen Kurzwelle und VHF vertikal,
> gleichzeitig Anbindung aller drei Peiler an die Peilkommandostelle über
> UHF horizontal.

Kurzwelle? Theoretisch damit möglich, ja, aber nur im Flachland. Für den 
Haupteinsatzbereich - Truppenfunk im unteren VHF-Bereich - stellst du 
den Peiler so hoch wie möglich. Und irgendwo oben mit dem typischen 
Gelände HF peilen wollen ... ein umfallendes Mikado-Stäbchen bringt 
ähnliche Genauigkeit. ;-)
Drei Peiler? Du meinst die drei Peilgeräte in einem Fahrzeug, nehme ich 
an, denn die VHF-Peilbasis besteht (bestand damals?) aus sechs 
Peilfahrzeugen.

> Empfindliche mobile Peiler tun sich verdammt schwer mit dem Absetzen der
> Ergebnisse ....

Jein, wenn die Verbindung steht ist's gut, ansonsten: Wer Funk kennt, 
nimmt Kabel.

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hast Recht, Konrad!

Klar, der Telegon war Truppenfunk. Die passive Peilantenne war da ja 
schon ausgereizt. War für sich schon eine tolle Leistung mit der 
Bandbreite.

> Wurde kurz vor 1990 in der Truppe eingeführt.
Donnerwetter. Um 1987 hatte die Telefunken System Technik das Modell dem 
niederländischen Heer als weitere Auflage der Entwicklung für das 
deutsche Heer angeboten.
Das Projekt war eine Schwergeburt, ja. Aber schon damals war der Telegon 
nicht mehr taufrisch. Die faltbare Peilantenne sieht toll aus, mich 
interessiert deren Kalibrierdiagramm. Insbesondere das 
kreuzpolarisierte, weil die vertikal- und horizontal leitenden 
Strukturen Peilfehler erzeugen. Trotz allem eine Ingenieurleistung.

Ich hatte selbst noch an einer kompakten Antenne mitgearbeitet von MW 
bis 3GHz in einem Radom von so um 1m Durchmesser.

> Bei den üblichen Zyklen sollte ein Nachfolgesystem mindestens schon in
> der Entwicklung sein.
Hätte wohl schon längst gewesen sein sollen. Luftverlastbar auf der 
Basis des Wiesel. Da wäre wieder einmal die Lösung des Problems 
"drahtlos Peilen und gleichzeitig drahtlos funken" interessant. 
Satellitenfunk sowie JSTAR waren und sind Optionen. Ich habe einen 
ferngesteuerten Mini-Zeppelin als Relaisstation favorisiert mit dem 
Argument "Standzeit pro Liter Treibstoff".


> Drei Peiler? Du meinst die drei Peilgeräte in einem Fahrzeug, nehme ich
> an, denn die VHF-Peilbasis besteht (bestand damals?) aus sechs
> Peilfahrzeugen.

Peilbasis funktioniert durch Triangulation. Mindestens drei Peiler im 
großen Halbkreis herum um das Zentrum der gegnerischen GardepanzerArmee.

Besser zwei mal drei Peiler für den überschlagenden Einsatz (die einen 
peilen noch, während die anderen verlegen).

Drei Peiler sind für Triangulation zu wenig, weil mindestens einer der 
außen liegenden Peiler zu weit weg ist vom Geschehen und daher keinen 
Empfang hat.

> Jein, wenn die Verbindung steht ist's gut, ansonsten: Wer Funk kennt,
> nimmt Kabel.
Hihi. Die Ausdehnung der Peilbasis ist auch von der Reichweite des 
UHF-Datenfunks begrenzt. Im dem Peiler war ein Flugfunk-Transceiver, 
aber mit den Mastantennen ist dessen Reichweite kleiner als von 3000m 
Flughöhe.
Aber ein Mini-Zeppelin wäre auch nicht schlecht... Sentimentalität, bäh!

Ciao
Wolfgang Horn

von Konrad S. (maybee)


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Abdul K. schrieb:
> Dann der Akt das Schwingfeuerheizgerät oben auf dem Dach anzukriegen.

Entweder ist sie, eins-zwei-drei, angesprungen oder dir wurde warm beim 
Versuch sie zum Laufen zu bringen. :-)

Wolfgang Horn schrieb:
> Aber schon damals war der Telegon
> nicht mehr taufrisch.

Eine systembedingte Eigenschaft jeder Militärtechnik: bei Einführung 
veraltet. Macht aber nichts, weil es der Gegenseite auch so geht.

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Ach, Abdul,

>> Aber schon damals war der Telegon
>> nicht mehr taufrisch.
>
> Eine systembedingte Eigenschaft jeder Militärtechnik: bei Einführung
> veraltet. Macht aber nichts, weil es der Gegenseite auch so geht.

Obsoleszenz im Lastenheft ist die eine Leitplanke des Fortschritts, 
Perfektion die andere.

Warum dem Militär zuschreiben, was allen großen Organisationen so geht?
Ich war in der Beschaffung der Lw und habe auf Dienstweg zur 
Mitzeichnung Pfunde verloren. Dabei waren die noch nicht so optimiert 
wie im Pentagon ...

Je größer die Organisation, desto zahlreicher die Ansatzpunkte für 
Murphys
Dämon vom Dienst, derjenige, der Butterbrote mit der Butterseite auf die 
Kamamgarn-Hose fallen lässt.
Desto intensiver müssen die Fachkräfte sich untereinander abstimmen. 
Weil man weiß, daß alles länger dauert, muß man besonders 
fortschrittliche Lösungen wählen. Ich lobe mir die HE162 Volksjäger mit 
ihren 69 (neun und sechzig) Tagen von Auftragserteilung bis zum 
Erstflug.

Ciao
Wolfgang Horn

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Stimmt, was in den 12 Jahren damals geleistet wurde, ist einfach 
unglaublich!!

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Du Witzbold, Abdul, ;-) !

> Stimmt, was in den 12 Jahren damals geleistet wurde, ist einfach
> unglaublich!!

... es sei denn, da wäre ein Ton "wenig" zu hören.
Bürokratie, nein Danke. Kommt gleich nach Sisyphos.

Ciao
Wolfgang Horn

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Die leisteten sich eben kein 5 Millionenheer arbeitsloser Mitmenschen. 
Ist natürlich auch eine Art Luxus.

Ich habe schon öfters drüber nachgedacht und ich denke es ist nicht 
sonderlich falsch: Teilt man die momentane Wirtschaftskraft durch die 
Anzahl der Arbeiter und den Energiebedarf, so kommt man auf eine 
Konstante. Genauso gilt das für die differentielle Innovationskraft, 
technische Entwicklung.
Ist das Erdöl erstmal weg, fahren wir wieder unsere Gülle auf die Wiese.

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Abdul K.

> Die leisteten sich eben kein 5 Millionenheer arbeitsloser Mitmenschen.
> Ist natürlich auch eine Art Luxus.

Ich habe irgendwo mal gelesen, dass, gemessen an den Verhältnissen des 
ersten Weltkrieg die deutsche Wirtschaft im zweiten Weltkrieg nur ca. 
ein drittel ihrer Leistungskraft entfaltete. Walther Rathenau 
(http://de.wikipedia.org/wiki/Walther_Rathenau#Politiker) im ersten 
Weltkrieg war schon ein genialer Organisator. Das haben ihm die 
Nationalisten der Organisation Consul aber nicht gedankt.
Wärend des zweiten Weltkrieges trat tatsächlich ein extremer 
Fachkräftemangel auf. Kein Wunder. einen großen Teil der Fachkräfte 
hatte man ja schon selber umgebracht oder ins Ausland verjagd.

Ansonsten teile ich, auch wegen der Schilderungen meines Vaters als 
Beteiligtem, durchaus eher die Ansichten Götz Alys, der den NS-Staat als 
populistische Kleptokratie einstuft. Mit anderen Worten: Das ganze war 
ein Massenraubmord auf Staatsniveau. Vergleichbar zu Ruanda 1994.

> Ich habe schon öfters drüber nachgedacht und ich denke es ist nicht
> sonderlich falsch: Teilt man die momentane Wirtschaftskraft durch die
> Anzahl der Arbeiter und den Energiebedarf, so kommt man auf eine
> Konstante. Genauso gilt das für die differentielle Innovationskraft,
> technische Entwicklung.

Das kommt von der Idee vieleicht gut hin. Auf der anderen Seite zanken 
sich die Experten darüber, was genau eigentlich "Wirtschaftskraft" sein 
soll. Bevor das also nicht geklärt ist, kannst Du eine solche Formel 
schlecht aufstellen. Aber diskutiere das mal mit Volkswirtschaftlern 
aus.

> Ist das Erdöl erstmal weg, fahren wir wieder unsere Gülle auf die Wiese.

Oja. Mit einem hölzernen Schubkarren. Aber vorher gibt es noch eine 
zünftige Runde gegenseitiges Schädeleinschlagen. Und weil wir über 
Nationalismus und Rassismus schon lange hinweg sind, treten dabei die 
Leute die in Häusern mit gerader Hausnummer wohnen gegen die Leute mit 
den ungraden Hausnummern an.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Wolfgang Horn.


> fortschrittliche Lösungen wählen. Ich lobe mir die HE162 Volksjäger mit
> ihren 69 (neun und sechzig) Tagen von Auftragserteilung bis zum
> Erstflug.

Na, das möchte ich mal jetzt nicht so stehenlassen:

1) Die Entwickler hatten vermutlich ein solches Projekt schon lange im 
Kopf und Vorarbeiten als Studien mit Sicherheit schon ein paar Jahre in 
der Schublade.

2) Das Teil war einerseits eine technische Genialität. Aber es hatte 
noch zu viele Konstruktionsfehler und Schwachstellen um als ausgereift 
bezeichnet zu werden. Auch wenn über 100 gebaut wurden, so waren es doch 
eher Prototypen.

3) Das Teil war wohl nicht einfach zu fliegen. Die vorgesehenen Piloten 
waren nur kurz ausgebilded worden. Zusammen mit Punkt 2 war das fatal.

Die meisten sind verunglückt, und nicht abgeschossen worden. Gegnerische 
Abschüsse waren so gut wie nicht zu verzeichnen. Ob ich das unter dem 
Strich als "gelungenes Projekt" bezeichnen kann, wage ich doch sehr zu 
Bezweifeln. Allerdings ist es aus heutiger Sicht überhaupt ein Wunder, 
das die Teile zum fliegen gebracht worden sind. Das als "Leistung" zu 
bezeichnen ist nur möglich, wenn ich sportliche Maßstäbe, und keine 
wirtschaftlichen oder militärische Maßstäbe anlege.

In Punkto Bürokratie muss ich Dir aber Recht geben. In dem Zusammenhang 
sehe ich aber ISO9000 als echtes Problem an. Fortgeschrittenes Onanieren 
für Bürokraten. Natürlich ist Qualitätsmanagement eine wichtige Sache. 
Daraus aber eine Religion zu machen, halte ich für übertrieben, zumal 
sie als Religion nicht über das Niveau eines Feynmanschen Cargo-Cultes 
hinauskommt.

Im übrigen habe ich genug Berufsjahre damit verbracht, einen zimlich 
schrägen Schaltungs- und Layoutentwurf von jemand anderem so 
hinzubiegen, das er a) in Serie baubar und b) nicht so unzuverlässig 
war, dass es groß auffiel. Von daher kenne ich mich mit "hinmurksen" 
aus. ;O) Bei engem Zeitrahmen und schmalen Budget in einem Startup ist 
das auch nicht anders möglich. Trozdem hätte ich ofters aus eigenem 
Antrieb lieber mehr auf Qualität geachtet (oder ein anderes Konzept 
eingeführt). Umgekehrt muss "Qualität" nicht "Bürokratie" bedeuten.
Aber Qualität wird zu Bürokratie, wenn ich starre Regeln habe, hinter 
denen ich mich für einen Grabenkampf verschanzen kann...und muss, weil 
mir sonst alles was schiefgeht angelastet wird.



Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Bernd Wiebus schrieb:
> Oja. Mit einem hölzernen Schubkarren. Aber vorher gibt es noch eine
> zünftige Runde gegenseitiges Schädeleinschlagen. Und weil wir über
> Nationalismus und Rassismus schon lange hinweg sind, treten dabei die
> Leute die in Häusern mit gerader Hausnummer wohnen gegen die Leute mit
> den ungraden Hausnummern an.
>

Endlich weiß ich, warum die meist auf der anderen Straßenseite wohnen.

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


Angehängte Dateien:

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Klar, Bernd,

> Na, das möchte ich mal jetzt nicht so stehenlassen:
>
> 1) Die Entwickler hatten vermutlich ein solches Projekt schon lange im
> Kopf und Vorarbeiten als Studien mit Sicherheit schon ein paar Jahre in
> der Schublade.
Mit Sicherheit war das Wollen und Können schon da, es fehlte als 
Auslöser nur das Dürfen.

> 2) Das Teil war einerseits eine technische Genialität. Aber es hatte
> noch zu viele Konstruktionsfehler und Schwachstellen um als ausgereift
> bezeichnet zu werden.
Auch das. Tote Testpiloten sind keine guten Leumundszeugen.

> 3) Das Teil war wohl nicht einfach zu fliegen. Die vorgesehenen Piloten
> waren nur kurz ausgebilded worden.
Ich las: HJ-Jungen in nur 10 Flugstunden zum Fronteinsatz!!!
Dafür starb deren überwältigende Mehrheit auch an Flugunfällen.

> Allerdings ist es aus heutiger Sicht überhaupt ein Wunder,
> das die Teile zum fliegen gebracht worden sind.
So meine ich das. Die Flugzeugzelle war aus Holz gebaut worden. 
Undenkbar für heutige Maschinen, die mehrere Jahrzehnte im Einsatz sind.
Andererseits - wenn ein Flugzeug an der Front eh nur eine 
Lebenserwartung  von 1...2 Stunden hat, wäre eine Ex-und-hopp-Bauweise 
vielleicht gar nicht schlecht.

> In Punkto Bürokratie muss ich Dir aber Recht geben. In dem Zusammenhang
> sehe ich aber ISO9000 als echtes Problem an.
Die ist nur ein Symptom, ähnlich den Beulen der Beulenpest.
Symptome sind unbekämpfbar.

Zu den Ursachen gehört eher das, was der heutige Dilbert auf den Punkt 
bringt. Die Schande des Managements ist dessen Leserbewertung als "most 
popular". (Mein Credo: Nicht die Führungskräfte sind daran schuld, 
sondern eher die Erfinder der Führungslehren. Qualifizierte Mitarbeiter 
brauchen Führungskräfte, denen sie vertrauen können. Wenn das Vertrauen 
da ist, braucht es keine Führungslehren mehr... Aber die braucht es, 
weil sie Vertrauen zerstören.)

> Natürlich ist Qualitätsmanagement eine wichtige Sache.
> Daraus aber eine Religion zu machen, halte ich für übertrieben, zumal
> sie als Religion nicht über das Niveau eines Feynmanschen Cargo-Cultes
> hinauskommt.
Ja. Alles Missbrauch.
Die wahren Ursachen sind die menschlichen Schwächen, und diese wiederum 
eher nur die Nebenwirkungen unserer Erfolgsfaktoren.

> ... Bei engem Zeitrahmen und schmalen Budget in einem Startup ist
> das auch nicht anders möglich.
Ja, ein Hoch der Farbsprühdose, die dem ganzen Gemurkse noch ein 
präsentables Aussehen gibt...

> ... Umgekehrt muss "Qualität" nicht "Bürokratie" bedeuten.
> Aber Qualität wird zu Bürokratie, wenn ich starre Regeln habe, hinter
> denen ich mich für einen Grabenkampf verschanzen kann...und muss, weil
> mir sonst alles was schiefgeht angelastet wird.
Eben. Sortiere die Einflüsse ohne Sentimentalitäten in unveränderliche 
Randbedingungen und in Variable - wo die Unternehmensspitze kein 
Miteinander schaffen kann oder will, da herrscht das "jeder für sich" 
vor, das "jeder gegen jeden und unser Boss gegen alle bis zu seinem 
Burnout".

Die Schwierigkeit ist dabei nicht das Sortieren, das kann jedes 
Kleinkind. Sondern die Beherrschung der Sentimentalitäten.

Nu aber schnell zu Ende mit den Off-Topic-Sentimentalitäten...

Ciao
Wolfgang Horn

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Wolfgang Horn.

> Die Schwierigkeit ist dabei nicht das Sortieren, das kann jedes
> Kleinkind. Sondern die Beherrschung der Sentimentalitäten.

Da beisst sich das ganze dann in den Schwanz. Wie Motivieren ohne 
Sentimentalitäten?


> Nu aber schnell zu Ende mit den Off-Topic-Sentimentalitäten...

Ok, hasst ja recht.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Ganz kurz, Bernd, bin gleich wieder weg.

> Da beisst sich das ganze dann in den Schwanz. Wie Motivieren ohne
> Sentimentalitäten?

Motivieren ist "bad practice", weil sie Mitarbeiter zum Objekt 
degradiert, zur biomechanischen Werkzeugmaschine. So eine kleine 
Variante von Herrenmensch und Untermensch. Kommt nur bei Naiven an.

Sondern:
1. Ein gemeinsames Ziel schaffen wie "Zukunft für mein Entwicklungslabor 
und mehr Wachstum, als die unvermeidbare Rationalisierung Arbeitsplätze 
abbaut."
2. Voran gehen.
3. Einigkeit schaffen und bewahren. Besser, unser Team kommt gemeinsam 
etwas später an, als dass es auf halbem Wege auseinander fliegt. Nur 
keine Angst vor Mitbewerbern, die mit Reifengequietsche beeindruckend 
starten - je lauter das Quietschen, desto leiser das Gejammer nach dem 
Zerfall des scheineinigen Teams in eine Horde Einzelkämpfer.

Die Probleme liegen wieder im Dürfen angesichts der vielen menschelichen 
Laster.

Ciao
Wolfgang Horn

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Wolfgang.

Mir ist es lieber, Deine Thesen bezüglich "natürlicher Führung" und 
Charisma öffentlich zu diskutieren. Sorry, aber ich habe irgendwie 
"gesträubte Nackenhaare". ;O)
Du könntest ja unter "Off Topic" einen extra Thread eröffnen.

Also zu Deinen Thesen:

Du hast recht, das Charisma und das drumherum der Führung zu den 
grundlegenden Eigenschaften schon der Primaten (und nicht nur diesen) 
gehört.

Das hat damit zu tun, das es für eine Gruppe sinnvoll ist, koordiniert 
zu handeln. Damit haben die Mitglieder dann einen Selektionsvorteil bei 
der Evolution.

Der Vorteil des koordinierten Handelns kann so groß sein, das kleinere 
Fehler in der Handlung selber oft ausgeglichen werden können. Die 
Steuerung und Synchronisierung des koordinierten Handelns übernimmt der 
Charismatiker, der damit zusätzlich selber einen Selektionsvorteil 
erlangen kann.

Um Charismatiker zu sein, muss die betreffende Person sehr davon 
überzeugt sein, das sie selber das richtige tut. Die anderen, weniger 
überzeugten, schliessen sich dann an, gemäß der Prämisse, das irgendeine 
Handlung besser ist als keine. Das muss nicht immer Stimmen, ist aber 
oft so und läuft oft auch auf Aktionismus hinaus. Aber vieleicht ist die 
Sicht als Aktionismus eine Folge unserer heutigen Lebenssituation in 
einer hochtechnisierten Gesellschaft, die sehr komplex ist und mehr 
Sackgassen aufweist als eine bäuerliche Umgebung.

Eine Person, die Charismatisch wirkt, kommuniziert vor allen Dingen nach 
aussen, dass sie von sich und ihrem Tun und Lassen Überzeugt ist. Das 
muss sie nicht nur in Argumenten kommunizieren, sondern auch in der 
Sprechweise und nonverbal durch Habitus, Gesten und Handlungen. Gerade 
Fachfremde sind nicht mit Argumenten zu überzeugen (Sie verstehen zu 
wenig, und wissen das auch) sondern nur durch den nonverbalen Kontext.
Nach dem Motto: Ich weiss nicht was ich machen soll, aber der da meint 
zumindest von sich selber, das er das Richtige macht.

Naturgemäß fällt dieses Leuten leichter, die

1) Das charismatische Verhalten (sozial, biologisch?) ererben konnten. 
Theoretisch kann "charismatisches Verhalten" erlernt werden. Es gibt 
schliesslich genug Schauspieler, die Charismatiker überzeugend 
darstellen können. Doch sind solche "angelernten" Charismatiker immer 
den echten Charismatikern unterlegen, die sich instinktiv richtig 
verhalten, weil die Notwendigkeit der Reflexion und Überlegung den 
Nichtcharismatikern Zeit und Kraft kostet.

2) Narzisstisch genug sind, um felsenfest von sich überzeugt zu sein.

3) Skrupellos genug sind, sich auch von brutalen Entscheidungen, bei 
denen sie "Bauern opfern", nicht von der Überzeugung abbringen zu 
lassen, das sei "für alle" das beste.

4) Skrupellos genug sind, gemachte Fehler zwar zu erkennen und daraus zu 
lernen, aber keine Schuldgefühle zu Entwickeln, die das Selbstwertgefühl 
und das Selbstbewusstsein stören.

5) Trotz Punkt 3 und Punkt 4 müssen sie automatisch "Betroffenheit" nach 
aussen kommunizieren können, weil direkte offene Skrupellosigkeit Furcht 
bei den Anhängern hervorruft und abstösst.

6) Der Charismatiker muss in seiner obersten Schicht freundlich 
erscheinen. Damit die Leute überhaupt näheren Kontakt mit ihm aufnehmen 
können. Das Bedürfnis nach Konsistenz des eigenen Verhaltens bildet dann 
eine "schiefe Bahn", auf der die Leute schrittweise immer mehr an die 
eigenen Anforderungen angepasst werden. In dem Sinne ist ein 
Charismatiker als ein sozial aufgeschlossenes Alphatier zu sehen.

Auf einen anderen Charismatiker wirkt ein Charismatiker nicht. Er wird 
"durchschaut". Auch Paranoiker neigen dazu, Charismatikern zu 
misstrauen. Es gibt auch weitere Leute, die Charismatikern nicht trauen, 
ohne selber Charismatiker zu sein.
Es gibt unter diesen genug, die trotz ihres Misstrauens bewusst einem 
Charismatiker folgen, weil sie selber keine bessere Alternative haben.
Das Fehlen der Alternative kann dabei beinhalten, dass diese Personen 
durchaus Vorstellungen davon haben, wie etwas besser gelöst werden kann, 
als der Charismatiker vorgibt, sind sich aber ihres eigenen Fehlens von 
Charisma bewusst, und damit ihrem Mangel, keine Anhänger zur 
durchsetzung ihrer Ideen zu finden.

Die Führung gibt zwar einer Gruppe einen Vorteil, da das Handeln dadurch 
effizienter wird. Trozdem muss ich als Nichtalphatier immer misstrauisch 
bleiben, da ich eventuell als Bauernopfer zum Wohle der Restgruppe 
dienen soll. Als am Schluss der Hackordnung stehender sollte ich also 
auch gegenüber Deiner "natürlichen Führung" misstrauisch sein. 
Misstrauen gegen den eigenen Chef ist die Überlebenstrategie des 
Omegatieres, egal welche Führungsmethode eingesetzt wird.
Ich bin übrigens damit schon in der Grundschule beim Religionsunterricht 
unangenehm aufgefallen, weil ich auf das Bild vom "guten Hirten" 
antwortete, das vermutlich jemand, der sich Schafe hält, auf Wolle und 
Fleisch aus ist. ;O)

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Bernd,

> Mir ist es lieber, Deine Thesen bezüglich "natürlicher Führung" und
> Charisma öffentlich zu diskutieren.
Ich auch. Nichts lieber als das.

> Du könntest ja unter "Off Topic" einen extra Thread eröffnen.
Das halte ich für dreiste Werbung. Wo ich Moderator bin, da lösche ich 
sowas.

> Sorry, aber ich habe irgendwie "gesträubte Nackenhaare". ;O)
Wieso "sorry"? Verdacht von Dissens aufzubringen ist gut, weil er dann 
geklärt werden kann - und der Konsens nach der Klärung Fortschritt 
bedeutet.
Trainer von sozialen Kompetenzen predigen heute die Harmoniesucht, ja 
kein Dissens. Aber das endet im Stillstand der Friedhofsruhe. Auf die 
konstruktive Form der Klärung kommt es an - hart in der Sache, 
konziliant in der Person.

Der Fortschritt hier ist - aus meiner Sicht - der von "Charisma als 
rätselhafte Gabe olympischer Götter" zu "natürliches Charisma als ein 
Prozess, der allen Menschen angeboren ist, der sich aber nur unter 
bestimmten Umständen entfalten kann". (Die zudem in der modernen 
Industrie Tabu sind. Irrtümlich. Zum Nachteil der Industrie, zum Vorteil 
der wirklich guten Handwerksmeister und Unternehmen mit Wir-Gefühl.)

>
> Also zu Deinen Thesen ... ... oft ausgeglichen werden können.
Alles Zustimmung im Großen und Ganzen.

> Steuerung ... übernimmtder Charismatiker ... Selektionsvorteil
Ja zur Beobachtung, aber nicht zu deren Deutung.
Klar, Macht macht sexy, selbst ein Kugel-Gnom wie Napoleon findet so 
Verehrerinnen. Vermutlich hatte er mehr Kinder als die paar bekannten.

Aber:
1. "Der Charismatiker" ist das Urteil der Beobachter. Dies liegt in 
deren Augen wie die Schönheit. "Charisma" akzeptiere ich erst dann als 
eine Gabe olympischer Götter, wenn mir das jemand glaubhaft nachgewiesen 
hat. Diese Beobachtung lässt sich aber rational erklären mit dem 
Kleinkind, dessen Vertrauen in seine Eltern nie enttäuscht wurde. Oder 
der Entscheidung des Lehrlings, seinem Meister zu unterstellen, auch er 
wolle seinen Teil des Lehrvertrags einhalten.
Kehrt der Meister zum Feierabend in seine Familie zurück, mag es 
durchaus sein, dass er seiner Meisterin in Familienfragen vertraut.
"Charisma" ist keine unveränderliche persönliche Eigenschaft wie die 
Augenfarbe, sondern die Entscheidung der Schwachen, wen sie stark und 
gut halten, um sich nach ihm zu orientieren. Die Voraussetzungen dazu 
sind aber nicht einfach.

2. Die so anerkannte Person übernimmt die Koordination.
Aber nicht notwendigerweise mit Gewalt (obwohl auch das zu beobachten), 
sondern gelegentlich mit "ich nehme die Wahl an" und sehr oft 
wortlos,was ihm angedient wird. Friedlich, für alle zum Vorteil.


> Um Charismatiker zu sein, muss die betreffende Person sehr davon
> überzeugt sein, das sie selber das richtige tut.
Jain.
Ja: Sogar die Illusion "ich bin ein Charismatiker, ich verhalte mich wie 
ein solcher" hilft tatsächlich, den Unmündigen und Passiven das 
einzureden. Unser Schreckenskanzler von 1933 bis 1945 ist das 
schreckliche Beispiel.
Nein: Die Mutter, die ihr Kind liebt, braucht an Charisma nicht zu 
denken. Sie nährt es, sie liebkost es, sie pflegt es, sie beschützt es - 
kein Wunder, wenn sich das Baby bei ihr wohl fühlt. Da ist nichts Böses 
bei. Die katholische Kirche verehrt die Muster ja sogar in ihrer 
Marienverehrung.

Nein: "Das Richtige" ist mir eine töricht-akademische Frage wie "wann 
ist der richtige Zeitpunkt, meine Aktien zu verkaufen?" Sondern es 
genügt die Vermutung, die eigene Lösung sei eine gute Lösung. Wer eine 
noch bessere hat, möge sie vorbringen - die wirklich gute Führungskraft 
wird seinen Vorschlag berücksichtigen - wenn er nur rechtzeitig 
vorgebracht wurde.

> Die anderen, weniger überzeugten, schliessen sich dann an..
Das ist zu beobachten ja. Aber wer den Passiven das verwehren wollte, 
der bevormundet sie bereits. Bevormundung ist gewaltfreie Diktatur. Wenn 
es ihre Entscheidung ist, dann ist es ihre.
Problematisch ist das Beispiel Berlusconi - erst die Macht der Medien 
gewinnen, sich dann dadurch praktisch zum Diktator machen. Pfui. Der 
Missbrauch der Pressefreiheit ist deren Ende.
Aber das ist kein Argument gegen die Mutterliebe, gegen die Liebe des 
Babys zur Mutter oder gegen Handwerksmeister, die eher im Miteinander 
führen als im Gegeneinander.

> Eine Person, die Charismatisch wirkt, kommuniziert vor allen Dingen nach
> aussen, dass sie von sich und ihrem Tun und Lassen Überzeugt ist.
Das ist ein weißer Schimmel. Das ist so. Zirkelschlüsse beweisen aber 
nichts.

Wenn die Opfer das mit sich machen lassen, deren Schuld. Die Ehre 
gebührt der Sophie Scholl, Graf von Stauffenberg und den anderen 
Widerständlern gegen den Nationalsozialismus.

> Das muss sie nicht nur in Argumenten kommunizieren, sondern ...
Dieser Missbrauch wird sogar geschult: 
https://www.xing.com/app/forum/seoparser/ausstrahlung/
Funktioniert bei Laufkundschaft. Aber nicht bei Fachleuten, wo die 
Praxis das beste Königswasser ist zur Unterscheidung des Talmi von Gold.

> Fachfremde sind nicht mit Argumenten zu überzeugen
Ja, mein eigener Kummer.

> 1) Das charismatische Verhalten (sozial, biologisch?) ererben konnten.
Sozial. Das Entscheidende am natürlichen Charisma ist die innere 
Einstellung zu sich selbst, zur Aufgabe und zu den Mitmenschen. Eltern 
mit einer guten inneren Einstellung sind die besten Vorbilder.

> Doch sind ... "angelernten" Charismatiker immer den echten...unterlegen,
Wer sich das aufrichtige Vertrauen seiner Mitarbeiter erarbeitet hat, so 
dass Beobachter "Charisma!" urteilen, der verschwendet keine Arbeitszeit 
für einen Kampf gegen Talmi. Der entzaubert das Talmi mit einer 
Fachfrage oder packt es an seiner Eitelkeit.

> ... weil ... Reflexion Zeit und Kraft kostet.
Richtig. Die Spontaneität ist eins der Merkmale, das dem Talmi fehlt.


> 2) Narzisstisch genug sind, um felsenfest von sich überzeugt zu sein.
Ja, hätte der Schreckenskanzler in seinen Wahlkampfreden Selbstzweifel 
erkennen lassen, wäre er wohl keiner geworden.

> 3) Skrupellos genug sind, sich auch von brutalen Entscheidungen, bei
> denen sie "Bauern opfern", nicht von der Überzeugung abbringen zu
> lassen, das sei "für alle" das beste.
Auch das ist zu beobachten. Allerdings bin ich froh über die Konsequenz 
des Winston Churchill. Seine "Opfer" bei Dieppe wird er nicht 
leichtfertig geopfert haben. Ohne Churchills Konsequenz hätte der GröFaZ 
1945 aber wohl überdauert. Konsequenz ist also nicht automatisch 
schlecht. Wohl aber, wer seinen Vorteil auf Kosten seiner Mitmenschen 
sucht.

> 4) Skrupellos ...
Selbes Gegenargument.

> 5) ... "Betroffenheit" ... weil direkte offene Skrupellosigkeit Furcht
> bei den Anhängern hervorruft und abstösst.
Hihi, die Betroffenheit auch. "Betroffenheit" wurde durch häufigen 
Missbrauch zum Synonym für Heuchelei.

> 6) Der Charismatiker muss in ... obersten Schicht freundlich erscheinen.
Ja, der Talmi-Charismatiker. Wem seine Mitarbeiter aufrichtig vertrauen, 
der würde sich mit übertriebenem Freundlich-Getue sogar schaden. 
Ähnlich: Wer wirklich von Adel ist, der protzt damit nicht.

> ... "schiefe Bahn" ...
Diese Bahn ist so schnell zu Ende, wie die Protzerei erkannt ist.

> Auf einen anderen Charismatiker wirkt ein Charismatiker nicht.
Jetzt wird es philosophisch.
Mitarbeiter vertrauen nur dem, der sich das erarbeitet hat. Der erkennt 
auch Kollegen, die ebenso tüchtig sind - und wird sie schätzen, weil mit 
ihnen arbeitet sich besonders gut.

> Auch Paranoiker neigen dazu, Charismatikern zu misstrauen.
Misstrauen Paranoiker nicht sowieso jedem? Ich zweifle an einer Lehre, 
die eine Paranoia von einer Neurose nur anhand der Punktezahl einer 
Kataloges unterscheiden kann.

> Es gibt auch weitere Leute, die Charismatikern nicht trauen,
> ohne selber Charismatiker zu sein.
Wie Du? Recht so - dem Talmi ist wirklich nicht zu trauen.

> Es gibt unter diesen genug, die trotz ihres Misstrauens bewusst einem
> Charismatiker folgen, weil sie selber keine bessere Alternative haben.
Das ist der Nachteil des Dialogs im Halb-Duplex: Du meinst den 
Talmi-Charismatiker, und da stimme ich Dir zu.


> Trozdem muss ich als Nichtalphatier immer misstrauisch bleiben,
Blindes Vertrauen ist sowieso töricht. Bereitschaft zum Misstrauen ist 
gesund.

> Misstrauen gegen den eigenen Chef ist die Überlebenstrategie des
> Omegatieres,
Klar. Eine der gesunden Schwierigkeiten beim Erarbeiten des Vertrauens.

> Ich bin übrigens damit schon in der Grundschule beim Religionsunterricht
> unangenehm aufgefallen, weil ich auf das Bild vom "guten Hirten"
> antwortete, das vermutlich jemand, der sich Schafe hält, auf Wolle und
> Fleisch aus ist. ;O)
Tja, wer öfters die Wahrheit sagt, der findet seltener Freunde.
Ich würde heute antworten: Der kluge Hirte behandelt seine Schafe so, 
dass die sich wohl fühlen. Denn stressfreies Lammkotelett ist gesünder.
Natürlich will die Führungskraft beste Ergebnisse allein aus Eigennutz. 
Natürlich will ihr Mitarbeiter Zukunft seinee Einkommens, möglichst viel 
davon, möglichst auch die Zukunft des Arbeitsplatzes seiner Wahl.
Chef und Mitarbeiter können sich aufrichtig einig sein, jeder von ihnen 
suche den besten persönlichen Vorteil aus der Zusammenarbeit.
Sie müssen sich dann nur noch einigen, ob sie sich jeden Tag gegenseitig 
belügen und betrügen wollen, oder im gegenseitigen Vertrauen miteinander 
schaffen. Den Erfolgsfaktor "Ex unitate vires" „Einigkeit macht stark!“ 
haben auch die Gewerkschaften den Alten Römern abgeguckt, nur die 
Manager um so weniger, für je superklüger sie sich halten.

Hat die Aufklärung und die Unterscheidung von Talmi- und echtem Charisma 
den Konsens schon näher gebracht?

Ciao
Wolfgang Horn

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Wolfgang Horn.

> Hat die Aufklärung und die Unterscheidung von Talmi- und echtem Charisma
> den Konsens schon näher gebracht?

Überhaupt nicht. Weil ich den Unterschied als graduell, aber nicht als 
qualitativ anders ansehe. Der weniger charismatisch Begabte, das, was Du 
als "Talmi" bezeichnest, fällt halt früher auf. Das hängt natürlich auch 
am Publikum. Aber irgendwann fallen halt alle auf, auch wenn es bei den 
Begabten länger dauert.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hallo zurück, Bernd,

>> Hat die Aufklärung und die Unterscheidung von Talmi- und echtem
>> Charisma den Konsens schon näher gebracht?
>
> Überhaupt nicht. Weil ich den Unterschied als graduell, aber nicht als
> qualitativ anders ansehe.

Auf der Suche nach Konsens differenziere ich jetzt anders.

Allen potenziellen Müttern und Vätern ist die Fähigkeit angeboren, ihre 
Kinder ins Leben zu führen. Sonst gäbe es uns nicht. Über dies Faktum 
gibt es keinen Dissens. Außer mit einem Kreationisten.

Diese Fähigkeit ist älter als die Menschheit, älter als das Denken und 
Reden in Begriffen. Denn wer immer der erste Mensch war oder so redete, 
der hatte eine Mutter. Über dies logische Faktum gibt es auch keinen 
Dissens.

Diese Fähigkeit beruht auf der Zustimmung des Kindes / Mitarbeiters. Im 
Beruf muss diese ja erst gesucht werden.
"Niemand ist gut genug, einen anderen ohne dessen Zustimmung zu 
regieren." (Abraham Lincoln)

Die Kunst ist, diese suchen zu wollen, finden und bewahren zu können. 
Insbesondere unter widrigen Umständen.

Wogegen bist Du dann genau? Du meinst doch nicht etwa, dem Schwächeren 
müsse die Zustimmung verboten, er müsse bevormundet werden?


Noch einmal zur Abgrenzung, vielleicht ist da ja ein Dissens verborgen: 
Natürlich-charismatische Führung kann kein Diktat sein, weil die 
Mitarbeiter ihr Vertrauen in ihren Chef dann zurück ziehen.
Die natürlich-charismatische Führung kann nichts enthalten, was die 
Mitarbeiter nicht verzeihen können. (Umstände können gelegentlich schon 
mal einen rauhen Ton erfordern. Der kann dann hinterher aber erklärt 
werden, so dass sie Mitarbeiter verzeihen können.)
Natürlich wird der natürliche Charismatiker die Kompetenzen seiner 
Mitarbeiter vor Entscheidungen einholen. Er wird sich ihr Engagement 
bewahren wollen durch Teamentscheidungen, in denen er nur im Notfall das 
"Zünglein an der Waage" spielt.

Ist da ein anderer Dissens verborgen?

Ciao
Wolfgang Horn

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Wolfgang Horn.

> Allen potenziellen Müttern und Vätern ist die Fähigkeit angeboren, ihre
> Kinder ins Leben zu führen. Sonst gäbe es uns nicht. Über dies Faktum
> gibt es keinen Dissens. Außer mit einem Kreationisten.

Aber Kinder werden erwachsen, Eltern entwickeln andere Interessen.....

> Wogegen bist Du dann genau? Du meinst doch nicht etwa, dem Schwächeren
> müsse die Zustimmung verboten, er müsse bevormundet werden?

Ich denke, ein Konsens ist immer nur partiell möglich. Und die 
Gewichtung verschiebt sich. Daher wird aus jedem Konsens irgendwann doch 
ein Dissens.
Die Strukturen der Führung durch Charisma bedingen, dass diese 
Verschiebung  oft zu Spät auffällt. D.h. der Charismatiker wird dann den 
Geführten für seine eigenen Zwecke missbrauchen,

Ausserdem gehst Du vom "Normalfall" gesunder Mensch aus. Tatsächlich 
haben aber sehr viele Leute (ich denke mehr als 10%) eine 
Persönlichkeitsstörung der einen oder anderen Art. In dem Falle ist Dein 
ganzes Konzept gestört. Sowohl wenn der Charismatiker die 
Persönlichkeitsstörung hat, als auch wenn Sie einer der Geführten hat. 
Um so schlimmer ist es im Team. Es langt einer, um das ganze Team zu 
stören, und es sind so viele, dass es kaum ein Team ohne jemanden 
solches gibt. ;O)

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.dl0dg.de

von Nicolas S. (Gast)


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Ging es nicht irgendwann mal um Blitzortung?

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hallo zurück, Bernd,

kurz eine Antwort zu Nicolas: Zum eigentlichen Thema ist lange nichts 
mehr gekommen.


So, Bernd,
>> Allen potenziellen Müttern und Vätern ist die Fähigkeit angeboren, ihre
>> Kinder ins Leben zu führen. Sonst gäbe es uns nicht. Über dies Faktum
>> gibt es keinen Dissens. Außer mit einem Kreationisten.
>
> Aber Kinder werden erwachsen, Eltern entwickeln andere Interessen.....
Das ist doch kein Gegenargument. Deine angeborene Fähigkeit "Laufen auf 
zwei Beinen" bevorzugst Du heute noch so, wie Du gesund bist.


> ...ein Konsens ist immer nur partiell möglich.
Natürlich. Zusammenarbeit ist nur dort produktiv, wo der Konsens über 
die wichtigsten persönlichen Ziele gefunden wird. Auf eine Art und 
Weise, dass jeder Beteiligte seine weniger wichtigen persönlichen Ziele 
hintanstellen kann. Dass er zugunsten des Beitrags zu seinem wichtigsten 
persönlichen Ziel die Einbussen an seinen weniger wichtigen Zielen 
tolerieren kann. Meistens geht das mit dem Tausch "Arbeit gegen Geld", 
solange von dem genügend da ist.


> Die Strukturen der Führung durch Charisma bedingen, dass diese
> Verschiebung  oft zu Spät auffällt. D.h. der Charismatiker wird dann den
> Geführten für seine eigenen Zwecke missbrauchen,
Erstens: Die Gefahr besteht. Die besteht bei jeder Gewohnheit. Keine ist 
davon frei.
Solange sich niemand beschwert, besteht auch kein Grund zur Klage. Der 
Macher, der sich bisher des Vertrauens seines Mitarbeiters sicher war, 
wird den Verlust an Vertrauen eher später spüren. Wenn der Mitarbeiter 
ihm das nicht sagt, dann ist er selber Schuld. Denn wo der Chef noch 
vertraut, da darf man ihm das sagen. Zumindest vorsichtig.
Als Chef bemerken wir den Verlust des Vertrauens eines Mitarbeiters in 
uns am Nachlassen seines Einsatzes, seiner zunehmenden Vorsicht, an 
Einwänden, Vorschlägen, bis hin zum Fehlverhalten. Das alles sind 
Anlässe, sich nach der Ursache des Verlustes zu fragen und die 
vernachlässigte Voraussetzung für das Vertrauen wieder zu "reparieren". 
Externe Umstände beeinträchtigen das Vertrauen zwischen Chef und 
Mitarbeitern nicht, solange der Chef seinem Mitarbeiter sagen darf, 
welche Zwänge ihn zwingen.

Zweitens: Strukturen haben keine Wirkung. Weil sie nur erdacht sind. Nur 
die Menschen wirken - und vielleicht auch andere Materie.


> Ausserdem gehst Du vom "Normalfall" gesunder Mensch aus. Tatsächlich
> haben aber sehr viele Leute (ich denke mehr als 10%) eine
> Persönlichkeitsstörung der einen oder anderen Art.
Sollte diese Störung Anlass sein für den Mitarbeiter, seinem Chef sein 
Vertrauen zu entziehen, dann ist halt erst mal Pause mit der 
natürlich-charismatischen Führung - und der Chef hat einen Anlass zum 
Nachdenken und reparieren. Was ist daran schlimm? Auch gute 
Zusammenarbeit erlebt Anflüge solcher Pausen immer. Wenn sie wirklich 
gut ist, erkennen die Betroffenen das, wollen es reparieren und tun das 
auch.

Die Bezeichnung "Persönlichkeit" ist übrigens schlecht definiert. Das 
erschwert Diskussionen um sie.

> ...als auch wenn Sie einer der Geführten [eine Pesönlichkeitsstörung]
> hat.
Die würde auch andere Formen der Zusammenarbeit belasten.
Aber gerade die Erfolgsgeschichte der Kindererziehung beweist: 
Natürlich-charismatische Eltern sind die besten Therapeuten ihrer 
Kinder.
Therapeuten verlangen sogar das Vertrauen ihrer Patienten. Auch dann, 
wenn sie gar nicht natürlich-charismatisch führen, sondern nur so 
bevormunden wollen, wie sie das gegenüber einen Kranken tatsächlich 
müssen.


> Um so schlimmer ist es im Team. Es langt einer, um das ganze Team zu
> stören,
Klar. Die natürlich-charismatische Teamführung ist im Extremfall so 
einfach, wie ich einen Goldschatz gefunden habe und Mitstreiter suche. 
Da verweigert sich keiner. Im Beruf ist es schwerer, ein gemeinsames 
höchstes Ziel zu finden, für das sich die Mehrheit engagiert und das die 
Minderheit zumindest toleriert. Diese Kunst kann man aber lernen, und 
zwar als Prozess. Oft sind nicht alle notwendigen Voraussetzungen 
erfüllt, aber mit den restlichen arbeitet es sich trotzdem besser als 
ganz ohne.

Die nächste Frage ist: "Wie geht man als Chef mit Störungen um?" Mancher 
wird hier nach Disziplinarmaßnahmen rufen, andere nach dem Therapeuten. 
Quatsch, als Chef deute ich sowas besser als Symptom, der entsprechende 
Mitarbeiter hätte sein Vertrauen in mich und das Team verloren. Also 
muss ich etwas verbessern, damit ich es wieder gewinne.

Zusammenfassung:
1. Einwand: "Kinder werden erwachsen". Ja, das schadet aber nicht.
2. Einwand: "Konsens ist nur partielle möglich". Ja, deshalb muss der 
Chef einen Konsens über das anbieten, was allen Mitarbeitern wichtiger 
ist als alles andere in der Arbeit. Das ist natürlich nicht leicht, aber 
kein Einwand gegen die natürlich-charismatische Führung.
3. Einwand: "Verschiebung der Strukturen", Ja. Die Voraussetzungen für 
die natürlich-charismatische Führung können verloren gehen. Da muss der 
Chef was tun und kann das auch.
4. Einwand: "Persönlichkeitsstörung": Kommt vor, in Arbeitssituationen 
gegenseitigen Vertrauens aber seltener. Da sind sie auch leichter 
repariert, bevor ein Therapeut gerufen werden muss. Außerdem: 
Schlechtdefinition von "Persönlichkeit".
5. Einwand: "Störungen": Kommen vor, werden aber besser als Symptome 
verstanden, damit der Chef sich bemüht, das beeinträchtigte Vertrauen 
erneut zu gewinnen.

Einen Einwand übersehen? Was spricht dann noch gegen eine Zusammenarbeit 
im Beruf mit denselben Fähigkeiten, die und angeboren sind und die wir 
in der Kindheit, in Freizeit und Familie bereits beherrschen und 
bevorzugen?

Ciao
Wolfgang Horn

von Rooney B. (rooney)


Lesenswert?

Vielleicht hilft dir das Teil von AMS weiter:
http://www.ams.com/ger/Press/Release-Archive-2012/AS3935

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