Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Verlustleistungen IGBT


von Yannic B. (yannic_b) Benutzerseite


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Hallo liebe Leute! :-)

Ich habe folgendes Problem:
Ich habe eine Schaltung aufgebaut bei der ich folgende IGBT Brücke 
betreibe:
http://www.infineon.com/cms/de/product/productType.html?productType=db3a304418a6cd1d0118e50837361fbc&;

Im Datenblatt findet man folgende Angaben:
Einschaltverluste pro Puls: 4,95mJ bei 25°C und delta V_GE von 30V
Ausschaltverluste pro Puls: 15 mJ bei 25°C und delta V_GE von 30V

Frage 1: Bezieht sich diese Verlustenergie auf BEIDE IGBTs oder nur auf 
einen?
Frage 2: In wie weit gehen die Spannung V_CE und der Strom I_C mit in 
die Berechnung ein? Denn desto höher die Spannung V_CE, desto höher ist 
ja auch die Miller Kapazität in die Energie geschoben werden muss um den 
IGBT zu schalten.

Weiter habe ich dann bei einer Schaltfrequenz von 30kHz berechnet:
Einschaltverluste:
Ausschaltverluste:

Frage 3: Dies gilt ja für die Angabe von einer Gatespannung von delta 
30V. Rein theoretisch müssten sich die Verlustenergien ja halbieren wenn 
ich die Gatespannung auch halbiere da weniger Ladung beim schalten hin 
und her geschoben werden muss, oder?

Danke für eure Hilfe!
Grüße

\\edit: Math-Funktion genutzt

von Falk B. (falk)


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@ Yannic B. (yannic_b) Benutzerseite

>Einschaltverluste pro Puls: 4,95mJ bei 25°C und delta V_GE von 30V
>Ausschaltverluste pro Puls: 15 mJ bei 25°C und delta V_GE von 30V

>Frage 1: Bezieht sich diese Verlustenergie auf BEIDE IGBTs oder nur auf
>einen?

Ich vermute pro IGBT.

>Frage 2: In wie weit gehen die Spannung V_CE und der Strom I_C mit in
>die Berechnung ein?

Sie sollten so sein, wie bei der Messung (Randbedingungen), sonst stimmt 
die Energie nicht.

>Weiter habe ich dann bei einer Schaltfrequenz von 30kHz berechnet:
>Einschaltverluste:

Ganz schön viel. Was zeigt, dass man damit eher nicht 30kHz schalten 
kann.

>Frage 3: Dies gilt ja für die Angabe von einer Gatespannung von delta
>30V. Rein theoretisch müssten sich die Verlustenergien ja halbieren wenn
>ich die Gatespannung auch halbiere da weniger Ladung beim schalten hin
>und her geschoben werden muss, oder?

Oder. Die Verlustleistung entsteht nicht am Gate sondern zwischen 
Kollektor und Emitter! Die Verlustleistung zur Gateladung wird im 
Getetreiber zu 100% in Wärme umgesetzt. Die kommt extra noch dazu.

Siehe Treiber

von Yannic B. (yannic_b) Benutzerseite


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Falk Brunner schrieb:
> @ Yannic B. (yannic_b) Benutzerseite
>
>>Einschaltverluste pro Puls: 4,95mJ bei 25°C und delta V_GE von 30V
>>Ausschaltverluste pro Puls: 15 mJ bei 25°C und delta V_GE von 30V
>
>>Frage 1: Bezieht sich diese Verlustenergie auf BEIDE IGBTs oder nur auf
>>einen?
>
> Ich vermute pro IGBT.
>

War auch meine erste Vermutung.

>>Frage 2: In wie weit gehen die Spannung V_CE und der Strom I_C mit in
>>die Berechnung ein?
>
> Sie sollten so sein, wie bei der Messung (Randbedingungen), sonst stimmt
> die Energie nicht.
>

Okay, gibt es denn einen Weg die Energien bei anderen Strömen und 
Spannungen zu berechnen? Habe einige Ansätze gesehen die mir aber eher 
nach Vermutungen aussahen... :-/

>>Weiter habe ich dann bei einer Schaltfrequenz von 30kHz berechnet:
>>Einschaltverluste:
>
> Ganz schön viel. Was zeigt, dass man damit eher nicht 30kHz schalten
> kann.
>

Das könnte mich in Schwierigkeiten bringen - naja, sehen wird sich 
zeigen.

>>Frage 3: Dies gilt ja für die Angabe von einer Gatespannung von delta
>>30V. Rein theoretisch müssten sich die Verlustenergien ja halbieren wenn
>>ich die Gatespannung auch halbiere da weniger Ladung beim schalten hin
>>und her geschoben werden muss, oder?
>
> Oder. Die Verlustleistung entsteht nicht am Gate sondern zwischen
> Kollektor und Emitter! Die Verlustleistung zur Gateladung wird im
> Getetreiber zu 100% in Wärme umgesetzt. Die kommt extra noch dazu.
>
> Siehe Treiber

Gut, dass der Gatetreiber auch Verluste erzeugt ist mir klar. Wie jedoch 
entstehen die Schaltverluste zwischen Kollektor und Emitter? Wie kann 
ich mir das vorstellen? Das ist mir grade komplett schleierhaft, sorry. 
Bin immer davon ausgegangen, dass die Verluste in der Gatekapazität 
sowie im internen Gatewiderstand umgesetzt werden.

Danke dir schon mal für deine Antwort!

von al3ko (Gast)


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Yannic B. schrieb:
> Okay, gibt es denn einen Weg die Energien bei anderen Strömen und
> Spannungen zu berechnen? Habe einige Ansätze gesehen die mir aber eher
> nach Vermutungen aussahen... :-/

Im Datenblatt gibt es sicherlich eine Graphik, in der die Schaltenergie 
in Abhängigkeit vom Strom ist.

Diese kannst du - sofern die Collector-Emitter-Spannung nicht allzusehr 
von der Testspannung abweicht, linear rauf- oder runterrechnen.

Manchmal findest du auch einen Graphen, der die Schaltenergie gegenüber 
verschiedenen Spannungen zeigt. Mir bekannte IGBTs zeigen dort einen 
linearen Zusammenhang auf.


Gruß

von al3ko (Gast)


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Yannic B. schrieb:
> Gut, dass der Gatetreiber auch Verluste erzeugt ist mir klar. Wie jedoch
> entstehen die Schaltverluste zwischen Kollektor und Emitter? Wie kann
> ich mir das vorstellen? Das ist mir grade komplett schleierhaft, sorry.
> Bin immer davon ausgegangen, dass die Verluste in der Gatekapazität
> sowie im internen Gatewiderstand umgesetzt werden.

Wenn der IGBT ausgeschaltet ist, blockt er die komplette V_CE Spannung. 
Der Strom ist 0.

Schaltet er ein, sinkt die Spannung von V_CE auf eine wesentlich 
geringere Spannung (Spannungsabfall über dem IGBT), der Strom steigt an.

In diesem Schaltmoment überlappen sich Strom und Spannung und 
Verlustleistung wird erzeugt.
http://www.mikrocontroller.net/attachment/35746/Powerpoint1.png


Gruß

von Ingo (Gast)


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Die Schaltverluste müssen noch zu den Durchlassverlusten hinzukommen. 
30kHz sind für'n IGBT schon grenzwertig. Auch muss man glaube ich die 
Umschaltenergie mit der Frequenz multiplizieren, J = Ws. Ws/1/s = Ws • 
s!

von Yannic B. (yannic_b) Benutzerseite


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Ingo schrieb:
> Die Schaltverluste müssen noch zu den Durchlassverlusten hinzukommen.
> 30kHz sind für'n IGBT schon grenzwertig. Auch muss man glaube ich die
> Umschaltenergie mit der Frequenz multiplizieren, J = Ws. Ws/1/s = Ws •
> s!

Das mache ich ja... Ich dividiere durch
 :-)

von Ingo (Gast)


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Oh, sorry, bin etwas durcheinander gekommen...
Trotzdem solltest du 30kHz überdenken! Welche Spannung und welcher 
Strom?

von Yannic B. (yannic_b) Benutzerseite


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al3ko schrieb:
> Yannic B. schrieb:
>> Gut, dass der Gatetreiber auch Verluste erzeugt ist mir klar. Wie jedoch
>> entstehen die Schaltverluste zwischen Kollektor und Emitter? Wie kann
>> ich mir das vorstellen? Das ist mir grade komplett schleierhaft, sorry.
>> Bin immer davon ausgegangen, dass die Verluste in der Gatekapazität
>> sowie im internen Gatewiderstand umgesetzt werden.
>
> Wenn der IGBT ausgeschaltet ist, blockt er die komplette V_CE Spannung.
> Der Strom ist 0.
>
> Schaltet er ein, sinkt die Spannung von V_CE auf eine wesentlich
> geringere Spannung (Spannungsabfall über dem IGBT), der Strom steigt an.
>
> In diesem Schaltmoment überlappen sich Strom und Spannung und
> Verlustleistung wird erzeugt.
> http://www.mikrocontroller.net/attachment/35746/Powerpoint1.png
>
>
> Gruß

Aaaaaahhhh... Natürlich! Jetzt hat es klick gemacht, Danke!!!

Jetzt verstehe ich auch die Formeln die ich inzwischen gesehen habe für 
die Berechnung der Energie bei beliebiger Spannung und beliebigem Strom.

Vielen Dank euch allen!!

von Yannic B. (yannic_b) Benutzerseite


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Ingo schrieb:
> Oh, sorry, bin etwas durcheinander gekommen...
> Trotzdem solltest du 30kHz überdenken! Welche Spannung und welcher
> Strom?

Maximal 350V und 250Arms.
Die Frequenz ist mit Absicht so hoch gewählt da der 
Zwischenkreis-Kondensator schön klein gehalten werden kann.
Aber an der Schraube zu drehen bringt sicherlich einiges was die 
Verlustleistung angeht.
Alternativ könnte ich mit den Gatevorwiderständen noch etwas runter 
gehen um schneller Umladen und somit auch schneller schalten zu können.

Ich werde das mal testen welche Maßnahmen die besten Ergebnisse 
erzielen.

Danke für eure Hilfe!

von S. D. (der_nachtfuchs)


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Sorry für meine Neugier, aber was für ne Weltuntergangsmaschine baust du 
da eigentlich?

350V und 250A sind nicht grad alltägliche Zeitgenossen...

von Ingo (Gast)


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Also DAS halte ich für fast unmöglich. Bei diesen Leistungen bedarf es 
schon einer makellosen Treiberschaltung die absolut schussfest ist und 
absolut weiß was sie tut! Also unsere Anlagen laufen mit +-350Vdc 
Zwischenkreis und können auch so um die 200A AC. Is aber alles nicht 
mehr so ganz trivial. Die takten aber die Endstufe nur mit 5-10kHz!

von Yannic B. (yannic_b) Benutzerseite


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Stefan E. schrieb:
> Sorry für meine Neugier, aber was für ne Weltuntergangsmaschine baust du
> da eigentlich?
>
> 350V und 250A sind nicht grad alltägliche Zeitgenossen...

Haha Weltuntergangsmaschine is geil :-D

Wird ein Wechselrichter für ne Synchronmaschine.
Läuft auch schon alles, jedoch sind mir die geloggten Temperaturen etwas 
negativ aufgefallen. Daher wollte ich mal die Verlustleistung IGBT 
berechnen.

von Yannic B. (yannic_b) Benutzerseite


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Ingo schrieb:
> Also DAS halte ich für fast unmöglich. Bei diesen Leistungen bedarf es
> schon einer makellosen Treiberschaltung die absolut schussfest ist und
> absolut weiß was sie tut! Also unsere Anlagen laufen mit +-350Vdc
> Zwischenkreis und können auch so um die 200A AC. Is aber alles nicht
> mehr so ganz trivial. Die takten aber die Endstufe nur mit 5-10kHz!

Habe bereits einen Wechselrichter gebaut welcher mit 16kHz lief und eine 
100kW Maschine gespeist hat... Da waren Temperaturen nicht so das 
Problem. Allerdings kamen da auch nur ca. 50kW an der Maschine an.
Dass das ganze nicht trivial ist, ist mir bewusst. Läuft auch nicht als 
hobby-keller-projekt.

von IGBT Kenner (Gast)


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Yannic B. schrieb:
> Maximal 350V und 250Arms.
> Die Frequenz ist mit Absicht so hoch gewählt da der
> Zwischenkreis-Kondensator schön klein gehalten werden kann.

Dafür wächst Dein Kühlkörper für die IGBTs und die Effizienz sinkt. Ich 
bezweifle stark, dass Du damit im Optimum liegst.

In hohen Leistungsbereichen ist der zulässige Rippelstrom der 
Zwischenkreiskondensatoren nicht selten ein entscheidenderes Kriterium 
als die Kapazität.

von Yannic B. (yannic_b) Benutzerseite


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IGBT Kenner schrieb:
> Yannic B. schrieb:
>> Maximal 350V und 250Arms.
>> Die Frequenz ist mit Absicht so hoch gewählt da der
>> Zwischenkreis-Kondensator schön klein gehalten werden kann.
>
> Dafür wächst Dein Kühlkörper für die IGBTs und die Effizienz sinkt. Ich
> bezweifle stark, dass Du damit im Optimum liegst.
>
> In hohen Leistungsbereichen ist der zulässige Rippelstrom der
> Zwischenkreiskondensatoren nicht selten ein entscheidenderes Kriterium
> als die Kapazität.

Guten morgen.

Die Effizienz ist mit der Konfiguration nicht im Maximum, das stimmt. Es 
geht in erster Linie um Kompaktheit und möglichst geringen Bauraum.

Bezüglich des Rippelstroms habe ich gesehen, dass viele Wechselrichter 
oftmals einige zehn Elkos parallel haben um den Rippelstrom liefern zu 
können. Ich hab mir da auch Gedanken gemacht und das bei der Wahl meiner 
Kondensatoren bedacht. Ich bin gespannt wie das alles unter Leistung 
aussieht. Der Prüfstand wird in den nächsten Wochen aufgebaut. Geringe 
Leistungen um 1kW sind bereits gelaufen.

Einen schönen Freitag! Das Wochenende ist zum Greifen nah! :-)

von alupo (Gast)


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Nur so zum Vergleich, der Buck Boost Converter des Toyota Prius der 3. 
Gen. zum NiMH-Akku kann nominal 27kW schalten und läuft mit <=5KHz (2*2 
IGBTs, wassergekühlt). Die Inverter für die beiden 50 &60kW PMSM 
Motorgeneratoren ebenfalls (2*3 bzw. 2*2*3 IGBTs.

Es gibt Wirkungsgraddiagramme vom amerikanischen ORNL die den Prius 
total zerlegt haben und Wirkungsgrade von teilweise über 95% 
feststellten. Bei Interesse nach den pdf-Dateien suchen, habe hier 
keinen Zugriff

Insofern können die 5kHz ja nicht do falsch sein, immerhkn fahren über 5 
Mio. Hybride weltweit damit herum.

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