Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik IR2110-Vollbrücke Problem


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von raaged (Gast)


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Hallo liebe Community, ich brauche dringen eure Hilfe.

Ich baue gerade eine pulsweitenmodulierte IGBT-Vollbrücke. Der 
Schaltplan ist angehängt.
Als IGBT-Treiber verwende ich IR2110. Der Taktgeber ist ein TL494.
Die IGBTs sind 4BC 30U.

Der Taktgeber funktioniert super, zur PWM benutze ich hier die 
Deadtime-Control des ICs. Die Pulsweite lässt sich von ca 50% bis auf 0% 
damit einstellen.

Die Ansteuersignale sind nicht galvanisch vom Hauptstromkreis getrennt.

Ich habe folgendes Problem: Die IR2110 zerschießt es ständig und ich 
weiß nicht warum. Zunächst funktioniert die Schaltung (getestet mit 15 V 
im Hauptstromkreis), also ich bekomme +- 15 V zwischen den Ausgängen der 
Vollbrücke. Dann versuche ich die Pulsweite von 50% zu verringern, das 
funktioniert nicht. Das Oszi spukt nur Müll aus (winzige Nadeln obwohl 
kaum etwas verändert ist).

Jetzt sind die Treiber scheinbar Schrott - HO und VS sind dauerhaft auf 
+15V.
LO funktioniert weiterhin.

Woran liegt das? Und was muss ich verändern, damit es geht?

PS: Bitte keine Posts a la "Es geht doch auch anders, Opto-Koppler, 
tralala". Ja stimmt - aber ich möchte wissen, warum diese Variante nicht 
funktioniert. Hab sie aus der Appnote von IR übernommen:

http://www.irf.com/technical-info/appnotes/an-978.pdf (Seite 25 oben)

von Martin D. (martin_d69) Benutzerseite


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Wie lang ist deine teadtime? Wenn du es nicht weißt mess mal nach und 
poste es.

von Markus (Gast)


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Wo ist Vss vom IR2110 mit dem GND des Schaltnetzteil verbunden auf dem 
Schaltplan?

von raaged (Gast)


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Danke für die Antworten schonmal :-)

Die Schaltung wird bei 10 kHz betrieben. Der TL494 macht min 3% 
Deadtime, also bei T=100 us T_dead = 3 us. Zusätzlich sollte der 
Gatewiderstand (4,7 Ohm ist jedoch nicht viel) etwas mehr draufmachen.

Der Hauptstromkreis ist auf Netzpotenzial, also bezogen auf Erde. Der 
Steuerstromkreis wird ebenfalls geerdet. Auf der Platine ist Vss aber 
mit der Masse vom Schaltnetzteil verbunden, ich hab's der Einfachheit 
halber nur anders gezeichnet.

In meinem Versuchsaufbau zum Testen habe ich für Haupt- und 
Steuerstromkreis ein Labornetzsteil (15 V) mit der gleichen Masse 
verwendet.

von Martin D. (martin_d69) Benutzerseite


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Ich würde nur den TL494 einmal betreiben, die beiden pwm Ausgänge 
kontrollieren.
Halt mal beide oszi Eingänge an je einen pwm Ausgang und Regel mal 
durch.
Ich hatte mit dem Baustein auch schon meine Wunder!

von raaged (Gast)


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Hab ich schon gemacht. Die Ausgänge sahen sauer aus, auch mit Deadtime 
dazwischen. Waren auch im gesamten Bereich sauber.

von Markus (Gast)


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Sind die C4 – C6 auch schön nahe an dem IR2110 platziert?

von raaged (Gast)


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C4 und C5 sind doch nur Stützkondensatoren, ist das da wichtig?
C4 ist so 2 cm weit weg, C5 wenige mm (Lötbrücke an IR2110) und C6 ca 
1cm, bedingt nur die Baugröße vom Folienkondensator.

Mir ist eingefallen, dass mir zunächst Spannungsspitzen beim Ausgang der 
Vollbrücke aufgefallen sind, also direkt vor der positiven bzw negativen 
Flanke. Die Anschlussdrähte an die Platine sind relativ lang (5-10 cm). 
Könnte deren Induktivität zu hoch sein..? Wüsste aber nicht, wie ich die 
kürzer machen kann. Die IGBTs sitzen ja auf ihren Kühlkörpern...

Die Schaltung bringt mich echt zum verzweifeln =/

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Dir ist schon bewusst, dass der IRG4BC30U nur ein IGBT ohne 
integrierte Freilaufdioden ist? Hast du Dioden zusätzlich eingebaut?

Ohne die Dioden könnte es am High-Side Treiber zu negativer Spannung 
gegenüber "COM"-Potential kommen, was die Defekte an den Gate-Treibern 
evtl. erklären könnte.

von raaged (Gast)


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Nein - die Tatsache hab ich übersehen, danke. Die werde ich nachrüsten.

Die Defekte erklärt das leider nicht, da ich die Schaltung bisher nur im 
Leerlauf betrieben habe...

von Markus (Gast)


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raaged schrieb:
> C4 und C5 sind doch nur Stützkondensatoren, ist das da wichtig?
> C4 ist so 2 cm weit weg, C5 wenige mm (Lötbrücke an IR2110) und C6 ca
> 1cm, bedingt nur die Baugröße vom Folienkondensator.

Was heisst "nur" Stützkondensatoren. Ja die sind wichtig und 2cm ist zu 
weit.
Mach mal als Versuch ganz nahe am IR2110 noch so 100nF Keramik als 
Abblock-C dazu.

Siehe auch die Hinweise auf
in AN-978 auf S.10 5.2
http://www.irf.com/technical-info/appnotes/an-978.pdf

und DT97-3 http://www.irf.com/technical-info/designtp/dt97-3.pdf

von Markus (Gast)


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von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Markus schrieb:
> Was heisst "nur" Stützkondensatoren. Ja die sind wichtig und 2cm ist zu
> weit.
> Mach mal als Versuch ganz nahe am IR2110 noch so 100nF Keramik als
> Abblock-C dazu.

C5 und C8 erscheinen mir auch deutlich zu klein. Im 3-Phasenumrichter 
nehme ich da 100µF/50V (man weiss ja nie). Und obwohl meine IGBT vom Typ 
G20N60 eine Gateladung von typ. 105nC haben reichen 18R Gatewiderstände 
dicke aus. Du kannst also diese auch vergrössern, zumal deine IGBT nur 
12nC Gateladung brauchen. Die IR2110 können zwar so um die 2A Gatestrom 
liefern, aber die brauchst du hier nicht. Begrenze also ruhig mit 12R 
auf 1A Peak oder sogar noch etwas weniger. Denke dran, das der 4µ7 (c6 
und C9) in der Ladungspumpe das Gate vollständig laden soll. Da tun es 
übrigens auch Elkos mit einer soliden Spannungsfestigkeit (ich nehme 
10µF/50V) - pulsfest können sie schon sein.

: Bearbeitet durch User
von raaged (Gast)


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Danke für die Tipps @ Markus & Matthias

Ich fasse mal zusammen:
- 100 nF Abblock-C parallel zu Stützelkos (C4 & C5 bzw. C7 & C8)
- C5 und C8 auf 100 uF vergrößern
- Gatevorwiderstand auf 12 oder 18 Ohm vergrößern
- Bootstrap-C (C6 und C9) auf 10 uF-Elkos vergrößern

Können die Störungen so massiv sein, dass das IC die Highside nicht mehr 
schaltet? Das ist ja erst passiert, wenn ich die Pulsweite minimal 
verkleinert habe.

Hab überlegt, dass dann die Zeit nicht gereicht hat um den Bootstrap-C 
zu laden. Aber ist ja auch widersinnig, weil ich es nur minimal 
verstellt habe.
Und das erklärt nicht, dieses Nadelmuster, sobald ich die Pulsweite 
verkleierte.

Hat jemand eine Erklärung für die "Nadelmuster" oder die 
Spannungsspitzen am Ausgang der Vollbrücke? Vielleicht haben die ja die 
ICs zerdeppert!

von Simon K. (simon) Benutzerseite


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Aufbau zeigen. Das Problem wird ganz sicher am Aufbau liegen. Kabel zu 
den FET Gates klingt auf jeden Fall schon mal nicht gut.

von Markus (Gast)


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Je 100nF Keramik sollten auch bei den beiden Bootstrap-C C6/C9 dazu.

Die beiden GND für Logik und Leistung sollten nur an einem Punkt 
zusammengeführt werden. Und dann von dort sternförmig weg.
VSS vom IR2110 sollte mit dem Logik-GND verbunden werden. Und COM vom 
IR2110 direkt zum Emitter von T2 resp. T4 mit dem Leistungs-GND geführt 
werden.

Auch VS des IR2110 sollte möglich direkt zum Emitter zum T1 resp. T3 
geführt werden.
(Der möglichst direkte und kurze Weg gilt natürlich auch für die Gate- 
Zuleitung.)

von raaged (Gast)


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Also ich habe jetzt verändert:

- Stützelko zwischen VDD und VSS auf 20 uF erhöht mit 100 nF, direkt ans 
IC versetzt
- Sützelko zwischen VCC und COM auf 100 uF erhöht mit 100 nF, direkt ans 
IC
- Bootstrap-Cs mit 100 nF versehen

Kein Erfolg.

Die ICs sind übrigens nicht kaputt! Ich hatte gestern in der 
Zwischenzeit die IGBTs abgeklemmt, so hatte sich der Bootstrap-C wohl 
irgendwann entladen.

Dennoch: die Pulsweiteneinstellung geht immer noch nicht! Das 
Fehlverhalten:
- Maximale Pulsweite: alles i.O. (Totzeit zwischen den On-Zuständen 
vorhanden)
- leichte Verstellung der Pulsweite: negative Pulse klappen zu positiven 
um.

Ich hab die HOs überprüft: sobald die die Pulsweite nur minimal 
verkleinere, kommen da nur noch Nadeln statt Pulse.

Hat jemand ne Diagnose?

von Markus (Gast)


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Die Signale HIN, SD, LIN am IR2110 sind dabei immer 100% in Ordnung?
Was macht die Speisung dabei? Ist die sauber?
Ist die GND-Führung nun angepasst? (VSS und COM am IR2110 getrennt)

Was ich gerade noch sehe. Beim 4044 wird der Eingang S nie einen 
HI-Pegel sehen, weil der LM393 hat einen Open-Collector-Ausgang mit 
einen Pull-Down Widerstand zusammen mit den umgekehrten Dioden geht das 
so nicht.

Und offene Eingänge an etwelchen ICs gibt es nicht auch noch 
zufälligerweise?
(z.B. 4044)

Ohne genauen Schaltplan, so wie es nun wirklich aufgebaut ist, und ein 
Bild vom Aufbau, wird eine Ferndiagnose nur schwer möglich sein.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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raaged schrieb:
> Ich hab die HOs überprüft: sobald die die Pulsweite nur minimal
> verkleinere, kommen da nur noch Nadeln statt Pulse.

Prüfe in diesem Zustand mal den SD Eingang. Ich habe die SD-Logik in 
deinem Plan jetzt nicht im einzelnen verfolgt, aber eine Eigenart des 
IR2110 ist das Verhalten nach einem SD - erst ein Puls auf LIN gibt den 
Rest der Logik (also HIN) wieder frei, das steht so nicht im Datenblatt, 
ist aber hier immer reproduzierbar.
Wichtig ist auch, das die Ladungspumpe des 2110/2113 (und Konsorten) nur 
dann richtig funktioniert, wenn HIN nie 100% der Zeit aktiv ist. Eine 
PWM muss also HIN zwischendurch immer wieder freigeben, damit der 
Bootstrap-C wieder geladen werden kann, um seine Spannung auf Vs rauf zu 
'stapeln'.

raaged schrieb:
> Also ich habe jetzt verändert:

Ändere auch noch die Gatewiderstände, um den Strom zu begrenzen. Ich 
habs nie ausprobiert (bin mit den Gatewiderständen immer im Bereich 
15-22R), aber evtl. hat der 2110 eine Strombegrenzung und schaltet bei 
Überstrom ab.

von raaged (Gast)


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Ist zwar schon etwas her, aber hier das abschließende Ergebnis:

Das Problem (keine Pulsweiteneinstellung möglich) ließ sich durch die 
Verwendung von Differenzverstärkern beim Messen beheben. 
Erklärungsmöglichkeit: Der Trenntransformator trennte nicht gut genug 
durch die parasitäre Kapazität gegenüber der Netzspannung. Die Messung 
mit der geerdeten Oszi-Masse sorgte für den Fehler.

Die Schaltung funktioniert leider nur wenn sie nur wenig belastet wird. 
Ab einer bestimmten Spannung oder einem gewissen Strom werden die 
Steuerimpulse des TL494 unsymmetrisch und es kommt zu einem Gleichanteil 
im Ausgangssignal. Die Sache wird besser, wenn die Steuerspannung 
kleiner (!) wird, teils verschwindet der Gleichanteil dann.

Schlussfolgerung: Eine galvanische Verbindung zwischen Hauptstromkreis 
und Steuerstromkreis ist Mist. Ich verwende nur noch galvanisch 
trennende Treiber - das funktioniert sauber.

Danke für eure Hilfe.

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