Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Signalverzerrung durch tiefpass (phasengang)


von Jan R. (Gast)


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Hallo,

wollte mal fragen,

ein analoges Tiefpassfilter hat ja einen Phasengang, wie sehr verzerrt 
dies mein Ausgangssignal(ungefähr), wenn ich ein Tiefpass 4.Ordnung 
verwende?

Wieso wird dieser aspekt so wenig erwähnt, ist er so unwichtig?

Bei einem Digitalen tiefpassfilter z.b. FIR Tiefpass dürfte der 
phasengang doch aus bleiben oder?



Schönes Wochenende Mfg Jan

von minifloat (Gast)


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Jan R. schrieb:
> FIR

Mal ein Denkansatz "hintenrum":
(Digitale) FIR-Filter funktionieren durch Addition von 
Totzeit-verzögerten Originalsignalanteilen auf das unverzögerte 
Originalsignal. Bei gleicher Frequenz erzeugt eine Totzeit was? Genau, 
eine Phasenverschiebung. Damit hast du dann deinen Phasengang wieder.

von Michael (Gast)


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Jan R. schrieb:
> ein analoges Tiefpassfilter hat ja einen Phasengang, wie sehr verzerrt
> dies mein Ausgangssignal(ungefähr)

Ein analoger Tiefpass verzerrt ein Signal gar nicht.
Als Verzerrungen werden Signalanteile bezeichnet, die dadurch entstehen, 
dass das Ausgangssignal nicht linear vom Eingangssignal abhängt, i.e. 
die Signalform von der Amplitude des Eingangssignales abhängt.

Der Frequenzgang eines TP ist aber unabhängig von der Amplitude des 
Eingangssignales - solange nicht irgendetwas in der Schaltung 
übersteuert ;-)

von U. B. (Gast)


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> Ein analoger Tiefpass verzerrt ein Signal gar nicht.

Tut er doch:

http://de.wikipedia.org/wiki/Lineare_Verzerrungen#Lineare_Verzerrungen

von Michael (Gast)


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U. B. schrieb:
> Tut er doch:
> http://de.wikipedia.org/wiki/Lineare_Verzerrungen#Lineare_Verzerrungen
Wenn man eine frequenzabhängige Verstärkung als Verzerrung bezeichnet, 
dann hat das nichts mit Filtertheorie sondern mehr mit Audiophile zu 
tun.

von Kai K. (klaas)


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>Als Verzerrungen werden Signalanteile bezeichnet, die dadurch entstehen,
>dass das Ausgangssignal nicht linear vom Eingangssignal abhängt, i.e.
>die Signalform von der Amplitude des Eingangssignales abhängt.

Ja, Klirrverzerrungen. "Verzerrung" kann man aber für jede Form einer 
Abweichung verstehen. Das müssen nicht unbedingt nur Klirrverzerrungen 
sein.

>ein analoges Tiefpassfilter hat ja einen Phasengang, wie sehr verzerrt
>dies mein Ausgangssignal(ungefähr), wenn ich ein Tiefpass 4.Ordnung
>verwende?

Ganz erheblich. Aber es bleibt unhörbar, solange der linke und rechte 
Kanal genau das gleiche machen. Bei niedrigen Frequenzen ist die 
Geschichte sogar noch unkritischer, weil unser Gehör dort viel 
unempfindlicher ist.

von Jan R. (Gast)


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minifloat schrieb:
> Jan R. schrieb:
>> FIR
>
> Mal ein Denkansatz "hintenrum":
> (Digitale) FIR-Filter funktionieren durch Addition von
> Totzeit-verzögerten Originalsignalanteilen auf das unverzögerte
> Originalsignal. Bei gleicher Frequenz erzeugt eine Totzeit was? Genau,
> eine Phasenverschiebung. Damit hast du dann deinen Phasengang wieder.

ja aber die ist nicht frequenzabhängig...

von Michael (Gast)


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Jan R. schrieb:
> ja aber die ist nicht frequenzabhängig...

Na irgendwie schon. Eine bestimmte Totzeit erzeugt bei der doppelten 
Frequenz genau die doppelte Phasenverschiebung.

von Jobst M. (jobstens-de)


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Michael schrieb:
> Wenn man eine frequenzabhängige Verstärkung als Verzerrung bezeichnet,
> dann hat das nichts mit Filtertheorie sondern mehr mit Audiophile zu
> tun.

Wer sagt, dass es um Audio geht?

Wenn man ein Rechtecksignal durch einen Tiefpass schickt, wird er nicht 
mehr als Rechteck heraus kommen. Es sind nicht nur die höheren 
Frequenzen gedämpft, sondern die verbleibenden sind auch in ihrem Bezug 
zueinander verschoben.

Jan R. schrieb:
> ja aber die ist nicht frequenzabhängig...

Genau!

Michael schrieb:
> Na irgendwie schon. Eine bestimmte Totzeit erzeugt bei der doppelten
> Frequenz genau die doppelte Phasenverschiebung.

Nein, das gesamte Signal ist einfach nur verzögert. Relativ zueinander 
treten keine Phasenverschiebung unter den Frequenzen auf. Ein insgesamt 
verzögertes Signal kann man zwar als Phasenverschiebung werten, das ist 
aber ehr unüblich ...


Gruß

Jobst

von Michael (Gast)


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Jobst M. schrieb:
> Es sind nicht nur die höheren
> Frequenzen gedämpft, sondern die verbleibenden sind auch in ihrem Bezug
> zueinander verschoben.

In der Beziehung ist ein Bessel-Filter von den kausalen Filtern die 
günstigste Variante.

Jobst M. schrieb:
> Nein, das gesamte Signal ist einfach nur verzögert. Relativ zueinander
> treten keine Phasenverschiebung unter den Frequenzen auf.

Das geht nur mit akausalen Filtern, die dann alle Frequenzen ohne 
Phasenverschiebung verarbeiten. Der Preis ist eine unendliche 
Verzögerung, wenn man alles bis zur Frequenz 0Hz durch das Filter 
schicken möchte. Sobald das Filter eine Phasenverschiebung erzeugt, 
würde das automatisch bedeuten, dass diese frequenzabhängig ist.

von Jobst M. (jobstens-de)


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Michael schrieb:
> In der Beziehung ist ein Bessel-Filter von den kausalen Filtern die
> günstigste Variante.

Sicher. Es geht ja auch am flachsten in die Dämpfung. Trotzdem findet 
eine Verzerrung statt.

Michael schrieb:
> Sobald das Filter eine Phasenverschiebung erzeugt,
> würde das automatisch bedeuten, dass diese frequenzabhängig ist.

Na gut, bleib bei Deinen Ansichten. :-)

Trotzdem kann man mit einem digitalen Tiefpass ein Signal ohne 
Phasenverzerrungen filtern.


Gruß

Jobst

von Jobst M. (jobstens-de)


Angehängte Dateien:

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So, ich habe mir mal ein wenig Mühe gemacht ...

Ich synthetisiere mit den ersten 5 Oberwellen annähernd eine
Rechteckkurve in Bild 1.

In Bild 2 sieht man diese Kurve, bei denen die Phasen und Beträge der
Grund- und Oberwellen gemäß der Ortskurve eines einfachen RC-Tiefpasses
verändert wurden. Wer schon mal ein Rechteck durch einen einfachen
RC-Tiefpass geschickt und sich das Ergebnis angesehen hat, wird es
wieder erkennen.

In Bild 3 sieht man das selbe wie in Bild 2, nur wurden die
Phasenverschiebungen ausgelassen.

Die Signalfrequenz hat in beiden Fällen die Hälfte der Grenzfrequenz des
Filters.

Das was man in Bild 2 sieht, bekommt man ganz einfach mit einem
Widerstand und einem Kondensator hin. Bei einem Filter erster Ordnung
gibt es im übrigen keine Unterschiede zwischen Bessel, Butterworth, etc.

Was man in Bild 3 sieht, geht nur in einem digitalen Filter. Die
Phasendifferenzen zwischen den Wellen ist hier 0°.

Und ich denke, DAS ist gemeint, wenn die Frage nach einem Filter ohne
Phasenverzerrungen aufkommt.


Gruß

Jobst

von U. B. (Gast)


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@Michael (Gast) am 26.10.2013 um 12:15 :

> Wenn man eine frequenzabhängige Verstärkung als Verzerrung bezeichnet,
> dann hat das nichts mit Filtertheorie sondern mehr mit Audiophile zu
> tun.

Diese Bezeichnung wird wohl in der gesamten Nachrichtentechnik so 
gehandhabt.

von Kai K. (klaas)


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>So, ich habe mir mal ein wenig Mühe gemacht ...

Das ist lieb.

>Was man in Bild 3 sieht, geht nur in einem digitalen Filter. Die
>Phasendifferenzen zwischen den Wellen ist hier 0°.

Das heißt, wenn man den Phasengang dieses Tiefpaßfilters über der 
Frequenz auftragen würde, erhielte man 0° für alle Sinusfrequenzen?

Da du Ahnung von der Materie zu haben scheinst, hätte ich eine Frage an 
Dich: Gibt es ein Linkwitz-Riley-Filter 4.Ordnung auf der Basis eines 
digitalen Filters, das einen verschwindenden Phasengang hat (also 0° für 
alle Frequenzen)? Beim Linkwitz-Riley-Filter 4.Ordnung handelt es sich 
um zwei identische, hintereinander geschaltete Butterworthfilter 
2.Ordnung.

Ich habe früher mit einem Freund Aktivboxen gebaut und dabei fast immer 
das Linkwitz-Riley-Filter 4. Ordnung verwendet. Den absoluten Phasengang 
konnten wir nie heraushören, nur wenn die beiden Stereokanäle 
unterschiedliche Phasen hatten. Deswegen haben wir es bei der analogen 
Realisierung belassen und nicht nach digitalen Filtern geschaut.

von Michael (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
> Gibt es ein Linkwitz-Riley-Filter 4.Ordnung auf der Basis eines
> digitalen Filters, das einen verschwindenden Phasengang hat (also 0° für
> alle Frequenzen)? Beim Linkwitz-Riley-Filter 4.Ordnung handelt es sich
> um zwei identische, hintereinander geschaltete Butterworthfilter
> 2.Ordnung.

Butterworthfilter sind vom Entwurfsprinzip her Analogfilter. Man kann 
die als digitales Filter mit Frequenzgang 0..f_a/2 also nur 
approximieren. Für Reihenschaltung von analogen Filtern gilt das 
genauso. Bei der Übertragung von Entwurfsprinzipien von Analogfiltern in 
den Digitalfilterbereich hat man immer die Achsentransformation.

von Kai K. (klaas)


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>Butterworthfilter sind vom Entwurfsprinzip her Analogfilter. Man kann
>die als digitales Filter mit Frequenzgang 0..f_a/2 also nur
>approximieren. Für Reihenschaltung von analogen Filtern gilt das
>genauso. Bei der Übertragung von Entwurfsprinzipien von Analogfiltern in
>den Digitalfilterbereich hat man immer die Achsentransformation.

Bekommt man das digital hin, daß der Amplitudengang kontinuierlich und 
mit angenäherter Butterworthcharakteristik verläuft und daß die Summe 
aus Hochpaß und Tiefpaß 0db ergeben? Wie gesagt, bei einem Filter ohne 
Phasengang?

von Jobst M. (jobstens-de)


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Kai Klaas schrieb:
> Das heißt, wenn man den Phasengang dieses Tiefpaßfilters über der
> Frequenz auftragen würde, erhielte man 0° für alle Sinusfrequenzen?

Genau. Man hat nur die oben schon angesprochene Gesamtverzögerung.


> Da du Ahnung von der Materie zu haben scheinst, hätte ich eine Frage an
> Dich: Gibt es ein Linkwitz-Riley-Filter 4.Ordnung auf der Basis eines
> digitalen Filters, das einen verschwindenden Phasengang hat (also 0° für
> alle Frequenzen)? Beim Linkwitz-Riley-Filter 4.Ordnung handelt es sich
> um zwei identische, hintereinander geschaltete Butterworthfilter
> 2.Ordnung.

Du kannst in einem DSP alles dies realisieren. Nur wenn Du ein 
Linkwitz-Riley-Filter oder ein Butterworthfilter nachbildest, hast Du 
natürlich auch deren Phasengänge. Du kannst aber problemlos digitale 
Filter hoher Ordnung aufbauen ohne Phasenverschiebung. Du kannst auch 
'Zwischenordnungen' machen oder irgendwelche Knicke in den Frequenzgang 
einbauen um Unebenheiten im Frequenzgang der Chassis auszugleichen. Du 
kannst auch die Phasen gewollt drehen, um Phasendrehungen der Chassis 
auszugleichen.
Und: Du kannst dies vor allem im Betrieb verändern.

Das richtige Forum ist für Dich hier das DSP-Forum.


Gruß

Jobst

von Kai K. (klaas)


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Danke!

von Jan R. (Gast)


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So ich wollte mich jetzt nochmal zu wort melden...

Also ein PAM Signal z.b. muss ja auch bevor es an einen analogen Ausgang 
geht ein Tiefpassfilter passieren, um die bösen Trägerharmonischen zu 
entfernen.

Ist dieses Filter nicht immer Analog?
Denn ein Digitales Filter würde hier jetzt ja auch wider ein 
Zeitdiskretes Signal ausgeben?
Kann ich so ein Analogfilter so dimensionieren, dass der Phasengang für 
das Nutzsignal vernachlässigbar ist?


Ich weiß ja nicht wie das jetzt bei grafikkarten genau ist mit dem VGA 
aber da müsste doch auch ein tiefpass sein, und der phasengang würde das 
Bild doch verziehen oder?

von Jobst M. (jobstens-de)


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Jan R. schrieb:
> Kann ich so ein Analogfilter so dimensionieren, dass der Phasengang für
> das Nutzsignal vernachlässigbar ist?

Naja, das Nutzsignal wird sich immer in der Nähe des Trägers aufhalten. 
Da werden die Phasen nicht weit auseinander laufen ...


Gruß

Jobst

von Jan R. (Gast)


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also ist vernachlässigter oder Furchtbar?


ich bin doch aber der Meinung, dass Fg also die Grenzfrequenz in diesem 
fall mindestens das doppelte des Nutzsignals ist. Da das Trägersignal ja 
rechteckförmig ist, sind dort nach Fouler unendlich viele Frequenzen 
drinnen.

von Jobst M. (jobstens-de)


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Jan R. schrieb:
> Da das Trägersignal ja
> rechteckförmig ist, sind dort nach Fouler unendlich viele Frequenzen
> drinnen.

Das möchtest Du aber so nicht übertragen - oder?

Wenn doch, benötigst Du auch gar keinen Filter.

Die doppelte Frequenz ist in einem Rechteck allerdings nicht enthalten.

Mir ist gerade nicht klar, was Du nun eigentlich möchtest und ich habe 
den Eindruck, dass Dir das auch nicht klar ist.


Gruß

Jobst

von Jan R. (Gast)


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Ich will nur wissen ob an einer digitalen grafikkarte auf den Analogen 
VGA auch ein Filter ist undwie es da mit dem phasengang ist, dass keine 
Verzerrungen entstehen.

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