Forum: Offtopic Was müsste man als Hersteller von Klein(st)serien denn alles beachten?


von Jens P. (Gast)


Lesenswert?

Hi Leute,

angeregt durch die aktuelle Diskussion zum Thema EMV-Messung wollt ich 
hier mal ein Thema anschneiden, bei dem mir bisher umfassend keine 
offizielle Stelle helfen konnte.

Ich habe ein Gewerbe angemeldet, jedoch bisher reine Servicetätigkeiten.

Ich würde gerne mittelfristig auch eigene Elektronik im Bereich 
Musik/E-Gitarren-Elektronik vertreiben, also so Sachen wie digital 
gesteuerte Audiorouter/Looper, Effektgeräte usw.

Was kommt denn da alles auf einen zu? Bin ich als "Hersteller" z.B. 
automatisch "Handwerk" und müsste noch an die HWK abführen?

Muss ich trotz kleinster Produktionsmengen automatisch an der 
Elektroschrottlotterie teilnehmen?

Ich denke bei EMV gibts nur die alternativen "hoffen das geht" oder 2 
Jahresgewinne aus der Sache in ein Prüflabor investieren, oder?

Es kommt mir irgendwie so vor, als ob es für kleine Serien und 
Nieschenprodukte schlicht unmöglich ist alles sauber und offiziell 
abzuwickeln, weil einem Verordnungen und Gebühren schon im Ansatz 
ersticken.

Sind hier Leute, die ein Gewerbe mit Geräteherstellung betreiben (nicht 
in tausender-Stückzahlen)?

Würde mich über etwas Input sehr freuen.

Gruß
Jens

von Bernd G. (Gast)


Lesenswert?

> Sind hier Leute, die ein Gewerbe mit Geräteherstellung betreiben (nicht
> in tausender-Stückzahlen)?

Ja, aber schon Tausender.

> Muss ich trotz kleinster Produktionsmengen automatisch an der
> Elektroschrottlotterie teilnehmen?

Ja, auf alle Fälle, ausführliche Erklärungen gibt es bei 
stiftung-ear.de.

> Ich denke bei EMV gibts nur die alternativen "hoffen das geht" oder 2
> Jahresgewinne aus der Sache in ein Prüflabor investieren, oder?

Letzteres ist zu empfehlen, es sei denn, du besitzt selbst die passende 
Messtechnik. Vllt erst einmal eine Netznachbildung und einen 
Spektrumanalysator kaufen, da kannst du die gröbsten Schäden schon 
vermeiden.

> Was kommt denn da alles auf einen zu? Bin ich als "Hersteller" z.B.
> automatisch "Handwerk" und müsste noch an die HWK abführen?

Wenn du das handwerklich machst, kommt vllt. noch die HWK auf dich zu; 
aber die Gebühren werden entsprechend der Arbeitsanteile zwischen IHK 
und HWK aufgeteilt.

von K. L. (trollen) Benutzerseite


Lesenswert?

Jens Plappert schrieb:
> Es kommt mir irgendwie so vor, als ob es für kleine Serien und
> Nieschenprodukte schlicht unmöglich ist alles sauber und offiziell
> abzuwickeln, weil einem Verordnungen und Gebühren schon im Ansatz
> ersticken.

Das kommt dir nicht nur so vor, das ist auch so. Willkommen in 
Deutschland, wo jeder "Verein" etwas von deinem Gewinn haben möchte.

von Michael .. (thing)


Lesenswert?

Die einzige Lösung wäre, sich nicht als Hersteller zu outen, sondern
nur als Händler. CE-Zeichen drauf und keiner wars gewesen.;-b
Es gibt auch bei Konzernen Konstrukte die kein Außenstehender mehr
entwirren kann.

von Ralph B. (rberres)


Lesenswert?

Das ist von der Industrielobby in der EU ja auch so gewollt, das ein 
Kleinunternehmer in den Bürokratiekosten schon im Ansatz erstickt.
Wo kämen wir dann hin wenn die Industrie plötzlich Konkurenz von kleinen 
Firmen bekommt, weil sie viel flexibler auf Kundenwünsche reagieren als 
die Industrie.
Firmen wie Siemens Phillips usw wollen einfach nicht, das du 
Einzelstücke anfertigst und verkaufst. Die Kunden sollen gefälligst bei 
Siemens das kaufen was sie ohnehin fertigen. Also nimmt man als 
Industrie Einfluss auf die Gesetzgebung in Brüssel, so das es dem 
Kleinunternehmer finanziell unmöglich gemacht wird sich an Gesetze zu 
halten, ohne gleich Pleite zu gehen.

Klingt jetzt alles sehr zynisch und überspitzt, aber es ist leider so.

Du wirst um die ganzen Hürden die dir gesetzt werden nicht drum herum 
kommen. Übrigens ein Handwerksbetrieb darfst du nur eröffnen, wenn du in 
dem Zweig den Meistertitel hast, oder einen Meister eingestellt hast.

Ralph Berres

von Bernd G. (Gast)


Lesenswert?

> Sind hier Leute, die ein Gewerbe mit Geräteherstellung betreiben

Die letzten drei Schreiber haben nicht mal im Traum daran gedacht, 
sondern wollen nur ihre fundamentale Kapitalismuskritik und halbgaren 
Meinungen loswerden.

@ Berres: Wer sagt dir, dass der TO einen Handwerksbetrieb eröffnen 
will?

Nochmal zum Punkt Gebühren: die werden aus dem Gewinn errechnet, den du 
ja wohl kaum machen wirst. Du zahlst aber je nach Ort gewinnunabhängig 
irgend-
was an die IHK, sind bei mir konkret 100 € im Jahr. Davon würden dann 
prozentual etwas an die HWK abgehen, d.h. die IHK bekommt 100 - x und 
die HWK x.

von Ralph B. (rberres)


Lesenswert?

Bernd G. schrieb:
> @ Berres: Wer sagt dir, dass der TO einen Handwerksbetrieb eröffnen
> will?

Ich war mal in der gleichen Situation.

Ich wollte Einzelstücke für das Musikergewerbe produzieren.

Bei der Gewerbeanmeldung hatte man mir schon gesagt, das es Handwerk sei 
, und ich mich bei der Handwerkskammer anmelden muss.
Gott sei Dank habe ich den Meistertitel, so das dies auch über die Bühne 
gehen konnte.



Das war 1 Jahr bevor diese CE Kennzeichnungspflicht aktuell wurde. Ich 
habe dann 1 Jahr später auch brav ein Kurs bei der FH Koblenz über die 
EMV Problematik belegt. Die Altgeräteverodnung und was es sonst noch an 
so Annehmlichkeiten ersonnen wurde gab es da noch nicht.

Trotzdem waren die Kosten für die EMV Prüfungen so hoch, das es 
wirtschaftlich nicht für meine Kunden darstellbar war.

Das lohnt sich nur bei hochpreisigen Geräten in Kleinserienproduktion, 
so ab 50Stk bis 100Stk pro Jahr.

Ich habe dann letztendlich doch nur Service gemacht ( was auch nur der 
Handwerksbetrieb machen durfte ).

Bernd G. schrieb:
> Nochmal zum Punkt Gebühren: die werden aus dem Gewinn errechnet, den du
> ja wohl kaum machen wirst. Du zahlst aber je nach Ort gewinnunabhängig
> irgend-
> was an die IHK, sind bei mir konkret 100 € im Jahr. Davon würden dann
> prozentual etwas an die HWK abgehen, d.h. die IHK bekommt 100 - x und
> die HWK x.

Die Kosten für die Zertifizierung sind Kosten, die fest sind. Ebenso die 
Gebühren für Handwerkskammer, Berufsgenossenschaft, Miete und was da 
sonst noch so alles anfällt. Was Gewinnabhängig ist sind Gewerbesteuer, 
Einkommensteuer etc.

Ralph Berres

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Ralph Berres schrieb:
> Bernd G. schrieb:
>> @ Berres: Wer sagt dir, dass der TO einen Handwerksbetrieb eröffnen
>> will?
>
> Ich war mal in der gleichen Situation.
>
> Ich wollte Einzelstücke für das Musikergewerbe produzieren.
>
> Bei der Gewerbeanmeldung hatte man mir schon gesagt, das es Handwerk sei
> , und ich mich bei der Handwerkskammer anmelden muss.
> Gott sei Dank habe ich den Meistertitel, so das dies auch über die Bühne
> gehen konnte.

Deswegen geht man in der Gewerbeanmeldung auch direkt auf die 
"industrielle Produktion von Elektronik" und "Handel" - und schon ist 
man in der BGHW und der IHK :-)

Man schreibt nie etwas von "Einzelstücken", wenn man nicht in die HWK 
möchte.

Bei Dir war es ja glücklicherweise egal.

> Trotzdem waren die Kosten für die EMV Prüfungen so hoch, das es
> wirtschaftlich nicht für meine Kunden darstellbar war.

Wenn man das extern machen lässt - aber das hatten wir ja schon im 
anderen Thread.

> Die Kosten für die Zertifizierung sind Kosten, die fest sind. Ebenso die
> Gebühren für Handwerkskammer, Berufsgenossenschaft, Miete und was da
> sonst noch so alles anfällt.

Zumindest hier in Koblenz zahlt man gar nichts an die IHK, wenn man 
nicht mehr als 5000€ Gewinn im Jahr hat. Und dann sind es 23€ bis zu 
10k€ Gewinn - also auch keine Unsummen.

An die BG zahlt man normalerweise auch nichts, wenn man keine 
Angestellten hat.

Ich denke nicht, dass der OP extra Räume anmietet, um Elektronik 
zusammenzubraten. Man kann durchaus auch in der eigenen Wohnung oder 
Garage anfangen (so wie ich :-).

> Was Gewinnabhängig ist sind Gewerbesteuer,
> Einkommensteuer etc.

Eben - und die spielen anfangs eh keine Rolle. Und wenn sie eine Rolle 
spielen, dann hat man das Geld ja auch eingenommen.

Was er allerdings wirklich benötigt, ist die WEEE-Registrierung. Bei der 
Bitkom-Gesellschaft GSA zahlt man 200€ "Eintritt" und dann pro Jahr und 
Klasse pauschal 200€ (bis zu 1000kg) sowie pro kg einen sehr geringen 
Betrag). Viel günstiger wird es nicht gehen, es sei denn, er findet, 
jemanden, der die Sachen unter eigenem Label für ihn vertreibt.

Aber ansonsten? Ich habe hier kaum Abgaben. Das hält sich alles sehr in 
Grenzen.

Da gibt es andere Sachen in DE, über die man jammern könnte, aber sicher 
nicht über die Abgabenbelastung von Unternehmern.

Ja, ich weiß: die Klage ist das Morgengebet des Unternehmers - aber 
Stammtisch ist eben nicht Realität :-)

Edit: wen es interessiert - hier der Link zur GSA:
http://www.garantiesystem-altgeraete.de

: Bearbeitet durch Moderator
von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

Bernd G. schrieb:
> Nochmal zum Punkt Gebühren: die werden aus dem Gewinn errechnet

Was für ein Unsinn.
Die Steuern werden aus dem Gewinn erreicht (die Umsatzsteuer aus dem 
Umsatz), aber die Gebühren, beispielsweise für Stiftung EAR und EMV 
Prüfungen, sind mitnichten gewinnabhängig.

Aber:
Ich finde es immer wieder erschreckend, wie hier Leute Kram unters Volk 
bringen wollen, für den sie keinerlei Verantwortung übernehmen wollen. 
Entsorgung ? Ich mach Cadmium und PCB rein und du sollst dich um die 
Entsorgung kümmern. Sicherheit ? Ich bin auch nicht gestorben, also 
kümmern dich selber drum nicht an einem elektrischen Schlag zu sterben. 
EMV ? Ist doch dein Problem auf der Bühne, wenn es brummt und pfeift.

Es ist doch wirklich nicht zu viel verlangt, wenn der Hersteller sich zu 
seinem Gerät bekennt und es nach den geltenden Vorschriften aufbaut.

Natürlich verwendet man nur nach RoHS zulässige Stoffe, also moderne 
Akkus ohne Cadmium, moderne Kondensatoren ohne PCB und modernes Lötzinn 
ohne Blei, damit die Platine in der Müllverbrennung nicht die Umwelt 
verpestet.

Natürlich hält man die Vorschriften bezüglich elektrischer Sicherheit 
ein und sorgt für ordentliche Trennung von 230V zu Schutzkleinspannung, 
das ist doch kein Hexenwerk, mit fertigem Steckernetzteil oder 9V Block 
sowieso erledigt, und wenn man mal 230V ins Gerät führt, kommt eben ein 
ordentliches Kabel (nicht 0.14mm2 Modelleisenbahnzwillingslitze), ein 
ordentlicher Schalter und ein Trafo mit Temperatursicherung auf einer 
Platine die kein Feuer fängt rein. Das ist doch wirklich nicht zu viel 
verlangt.

Bleibt EMV, gerade auf der Bühne: Die Kundschaft würde dir zu Recht 
deinen Schrott um die Ohren hauen, wenn das Funkmikro durch wilde 
Schwingungen deiner Elektronik gestört werden würde, wenn deine 
Effektgeräte durch Einstreuungen von Handys alle paar Sekunden die 
Musikdarbietung versauen, wenn Verstärker miesen Klang haben und viel 
Leistung brauchen weil sie schwingen. Und wenn du ein Funkmikrophon 
bauen solltest, dürfte für dich klar sein, daß du es nicht auf UKW 
senden lassen willst, damit der Nachbar kein WDR1 mehr hören kann. Das 
ist doch nicht zu viel verlangt.

Und wenn du das alles selbst so siehst, dann kannst du guten Gewissens 
ein CE Bapperl aufkleben.

Auch möchte die Gesellschaft, daß du nicht eines Tages verarmt im 
Strassengraben liegst, weil du in deiner Kalkulation nicht beachtest 
hast, daß du Geld für die Krankenversicherung, Geld für die Rente, Geld 
für die Gemeinschaft die Steuern haben will um eben jene Strasse bauen 
zu können oder die darin liegenden Leute einsammeln kann, Geld für die 
IHK die dich bei Problemen berät, Geld für die Entsorgung der 
Verpackungen (grüner Punkt) und Geld für die Entsorgung der Batterien 
(BattVerord) und die Entsorgung der Elektronik (Stiftung-EAR) nicht 
einkalkuliert hast, aber das alles sind Tätigkeiten die WEGEN DEINER 
PRODUKTION sonst der Gesellschaft aufgehalst werden würden.

Andere Berufe sind nicht anders: Der Koch soll kein Essen produzieren, 
von dem dir schlecht wird, deine Bekleidung soll keine Azofarbstoffe 
enthalten, deine Möbel kein Formaldehyd, und wenn dein Kind in den 
Kletterpark geht, soll es nicht sterben weil die Sicherungsleine zu dünn 
war. Andere Berufe müssen auch Vorschriften einhalten, und das ist gut 
so.

Also produziere deine Musikelektronik, sei nicht so ängstlich wie Ralph, 
gerade wenn deine Geräte mit 9V Block oder Steckernetzteil arbeiten hast 
du mit elektrischer Sicherheit wenig am Hut, und EMV ist bei 
Audiofrequenzen auch eher ein Problem der Einstreuungen als des 
Aussendens. Du selbst willst, daß deine Schaltungen nicht auf hohen 
Frequenzen schwingen, denn das wäre miese Qualität die niemand kaufen 
soll. Ein Theremin könnte ein schwieriges Thema sein bei EMV, ebenso wie 
Leute mit Tesla-Spulen wohl keine EMV Grenzwerte einhalten und deshalb 
basteln müssen und keinen Fertiganbieter finden. Aber deine Elektronik 
ist doch vollkommen unproblematisch, bei Digitaltechnik (Digital-Effekte 
durch DSP) käme man langsam in den Bereich, wo man mal nachmessen 
müsste, ob die Schaltung nicht stört.

> Es kommt mir irgendwie so vor, als ob es für kleine Serien und
> Nieschenprodukte schlicht unmöglich ist alles sauber und offiziell
> abzuwickeln, weil einem Verordnungen und Gebühren schon im Ansatz
> ersticken.

Besorge dir ein kommerzielles Gerät eines grossen Herstellers was 
dasselbe tut und schau in dessen CE Erklärung nach den Normen die es 
einhält, dieselben musst du auch einhalten, es sind gerade bei Audio mit 
9V Block nicht viele.

Erweitere dein Gewerbe auf Vertrieb und industrielle Produktion.

Melde dich bei einem Entsorger an wie http://www.noventiz.de/ oder 
http://www.garantiesystem-altgeraete.de/, die erledigen 
Batterieverordnung, Verpackungsverordnung und Elektroschrott für dich 
für 250 EUR im Jahr bei Kleinmengen, damit bist du alle 
Entsorgungsprobleme los (wenn du es selbst machst, kommst du noch 
billiger weg, musst aber die berühmte insolvenzsichere Rücklage bilden 
um mal einen Container abholen zu können oder ins negative kommen in dem 
du schon vor Verkauf mal viele Kilogramm Elektronikschrott zur 
Entsorgung mit Nachweis bringst).

Bleibt EMV: Lege vor deine fertigen Schaltungen in den fertigen Gehäusen 
ein Handy, wenn das beim rumfunken nicht reinsaut, hast du was 
ausreichend EMV störfestes gebaut. Vergleiche es mit 
Konkurrenzprodukten. Halte ein Piezo-Feuerzeuig auf Metallteile, wenn 
der Funke nur zum Knacken und nicht zum Defekt führt ist es gut. 
Dasselbe passiert auch wenn einer auf der Bühne im Wollpullover deine 
Kiste unglücklich anfasst. Lege ein Schutzklasse II Gerät an jeden 
einzelnen Eingangsanschluss, wenn diese 125V nicht zur Zerstörung 
führen, ist das ok. Verhindere, dass deine Schaltungen schwingen, dann 
hast du auch kein EMV Problem. Ein Gang ins EMV Labor halte ich bei 
Audiotechnik für überflüssig, aber ich weiss nicht genau, welche 
Schaltungen du aufbauen willst. Bei einer DSP-Platine kann das anders 
aussehen.

von Bernd G. (Gast)


Lesenswert?

> Bernd G. schrieb:
> Nochmal zum Punkt Gebühren: die werden aus dem Gewinn errechnet

> Was für ein Unsinn.
> Die Steuern werden aus dem Gewinn erreicht (die Umsatzsteuer aus dem
> Umsatz), aber die Gebühren, beispielsweise für Stiftung EAR und EMV
> Prüfungen, sind mitnichten gewinnabhängig.

Ich habe hier von der IHK und der HWK geredet, nicht von USt, EAR und 
EMV.

Ich habe eben noch mal nachgesehen: als Kapitalgesellschaft drücke ich 
80 € + nicht nennenswerte Ertragsumlagen an die IHK ab. Als 
Kleinunternehmer zahlst du die ersten zwei Jahre gar nichts und dann 
auch kaum etwas, solange der Gewerbeertrag in überschaubaren Grenzen 
bleibt.

von Jens P. (Gast)


Lesenswert?

Michael Bertrandt schrieb:
> Bernd G. schrieb:
>> Nochmal zum Punkt Gebühren: die werden aus dem Gewinn errechnet
>
> Was für ein Unsinn.
> Die Steuern werden aus dem Gewinn erreicht (die Umsatzsteuer aus dem
> Umsatz), aber die Gebühren, beispielsweise für Stiftung EAR und EMV
> Prüfungen, sind mitnichten gewinnabhängig.
>
> Aber:
> Ich finde es immer wieder erschreckend, wie hier Leute Kram unters Volk
> bringen wollen, für den sie keinerlei Verantwortung übernehmen wollen.
> Entsorgung ? Ich mach Cadmium und PCB rein und du sollst dich um die
> Entsorgung kümmern. Sicherheit ? Ich bin auch nicht gestorben, also
> kümmern dich selber drum nicht an einem elektrischen Schlag zu sterben.
> EMV ? Ist doch dein Problem auf der Bühne, wenn es brummt und pfeift.
>
> Es ist doch wirklich nicht zu viel verlangt, wenn der Hersteller sich zu
> seinem Gerät bekennt und es nach den geltenden Vorschriften aufbaut.
>
> Bleibt EMV, gerade auf der Bühne: Die Kundschaft würde dir zu Recht
> deinen Schrott um die Ohren hauen, wenn das Funkmikro durch wilde
> Schwingungen deiner Elektronik gestört werden würde, wenn deine
> Effektgeräte durch Einstreuungen von Handys alle paar Sekunden die
> Musikdarbietung versauen, wenn Verstärker miesen Klang haben und viel
> Leistung brauchen weil sie schwingen. Und wenn du ein Funkmikrophon
> bauen solltest, dürfte für dich klar sein, daß du es nicht auf UKW
> senden lassen willst, damit der Nachbar kein WDR1 mehr hören kann. Das
> ist doch nicht zu viel verlangt.
>
> Und wenn du das alles selbst so siehst, dann kannst du guten Gewissens
> ein CE Bapperl aufkleben.
>
> Auch möchte die Gesellschaft, daß du nicht eines Tages verarmt im
> Strassengraben liegst, weil du in deiner Kalkulation nicht beachtest
> hast, daß du Geld für die Krankenversicherung, Geld für die Rente, Geld
> für die Gemeinschaft die Steuern haben will um eben jene Strasse bauen
> zu können oder die darin liegenden Leute einsammeln kann, Geld für die
> IHK die dich bei Problemen berät, Geld für die Entsorgung der
> Verpackungen (grüner Punkt) und Geld für die Entsorgung der Batterien
> (BattVerord) und die Entsorgung der Elektronik (Stiftung-EAR) nicht
> einkalkuliert hast, aber das alles sind Tätigkeiten die WEGEN DEINER
> PRODUKTION sonst der Gesellschaft aufgehalst werden würden.

> Also produziere deine Musikelektronik, sei nicht so ängstlich wie Ralph,
> gerade wenn deine Geräte mit 9V Block oder Steckernetzteil arbeiten hast
> du mit elektrischer Sicherheit wenig am Hut, und EMV ist bei
> Audiofrequenzen auch eher ein Problem der Einstreuungen als des
> Aussendens. Du selbst willst, daß deine Schaltungen nicht auf hohen
> Frequenzen schwingen, denn das wäre miese Qualität die niemand kaufen
> soll. Ein Theremin könnte ein schwieriges Thema sein bei EMV, ebenso wie
> Leute mit Tesla-Spulen wohl keine EMV Grenzwerte einhalten und deshalb
> basteln müssen und keinen Fertiganbieter finden. Aber deine Elektronik
> ist doch vollkommen unproblematisch, bei Digitaltechnik (Digital-Effekte
> durch DSP) käme man langsam in den Bereich, wo man mal nachmessen
> müsste, ob die Schaltung nicht stört.
>
>> Es kommt mir irgendwie so vor, als ob es für kleine Serien und
>> Nieschenprodukte schlicht unmöglich ist alles sauber und offiziell
>> abzuwickeln, weil einem Verordnungen und Gebühren schon im Ansatz
>> ersticken.
>
> Besorge dir ein kommerzielles Gerät eines grossen Herstellers was
> dasselbe tut und schau in dessen CE Erklärung nach den Normen die es
> einhält, dieselben musst du auch einhalten, es sind gerade bei Audio mit
> 9V Block nicht viele.
>
>
> Bleibt EMV: Lege vor deine fertigen Schaltungen in den fertigen Gehäusen
> ein Handy, wenn das beim rumfunken nicht reinsaut, hast du was
> ausreichend EMV störfestes gebaut. Vergleiche es mit
> Konkurrenzprodukten. Halte ein Piezo-Feuerzeuig auf Metallteile, wenn
> der Funke nur zum Knacken und nicht zum Defekt führt ist es gut.
> Dasselbe passiert auch wenn einer auf der Bühne im Wollpullover deine
> Kiste unglücklich anfasst. Lege ein Schutzklasse II Gerät an jeden
> einzelnen Eingangsanschluss, wenn diese 125V nicht zur Zerstörung
> führen, ist das ok. Verhindere, dass deine Schaltungen schwingen, dann
> hast du auch kein EMV Problem. Ein Gang ins EMV Labor halte ich bei
> Audiotechnik für überflüssig, aber ich weiss nicht genau, welche
> Schaltungen du aufbauen willst. Bei einer DSP-Platine kann das anders
> aussehen.

Danke für die sehr ausführliche Antwort (und alle anderen Rückmeldungen 
hier!).
Wenn das mit der E-Schrott-geschichte durch solche "Vereine" gelöst 
werden kann, ist das ja vom Beitrag her ok. Immerhin besser als das 
Risiko eines ganzen Containers zu tragen.

Das bei den üblichen Analogeffekten mit Batterie oder externer 
Stromvrsorgung nichts zu befürchten ist, wenn man da vernünftig vorgeht 
ist klar. Die reine elektrische Betriebssicherheit ebenso.

Problematischer werden dann die wirklichen Nieschenprodukte:
Audiorouter mit MIDI-Steuerung. Da werkeln dann schonmal Controller und 
Touchscreens. An Netzteilen kann man ja auch fertige, geprüfte, 
geschlossene Module kaufen (Reichelt hat z.B. sowas um die 15€ im 
Metallgehäuse).

Was kann ich da zuhause an Aussagen treffen?
Da gibts Datenleitungen die rausgehen, da ist das Audiorouting, da ist 
das Display als "HF-Loch". Klar ist aussenrum ein geschlossenes 
Metallgehäuse, aber es gibt doch einige Ausgänge. Ich hab schon dran 
gedacht intern das eigentliche "Mainboard" nochmal in ein geschlossenes 
Gehäuse zu setzen, aber obs das bringt?


Da mach ich mir eben schon Gedanken. Bei nem kleinen Zerrerpedal ist ja 
noch alles schön unkritisch (gibt ja auch zig "Boutiqe"-Hersteller die 
das "einfach so" machen und es gibt nie Probleme)

Krankenkasse usw fällt ja bei mir eh erstmal flach, da nebenberuflich. 
IHK ist ok, da bin ich eh schon. HWK (teurer) wollt ich wenn nötig 
vermeiden. Ich sehe in beiden Vereinen nur Lobbyverbände der 
Großunternehmen bzw bei der HWK einen greisen Ältestenrat.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.