Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Wechsel ins "Management" - Spezialistenfalle


von Cognito (Gast)


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Bei mir steht demnächst ein Stellenwechsel an. Ich habe Promoviert und 
habe auch schon >5 Jahre Berufserfahrung in der ET/IT-Branche. Ich habe 
schon immer gerne technisch gearbeitet und gehe sowohl in gerne in die 
Tiefe, als auch in die Breite. Dabei entsteht immer wieder das Problem, 
dass sich übergenordnete Aufgaben (Projektemanagement usw.) mit 
technischem Detailwissen beissen - es ist halt schwer, ein Spezialist zu 
sein, wenn man eigentlich welche anleiten soll.

Bisher habe ich mich irgendwie durchmogeln können und halt einfach alles 
gemacht. Jetzt merke ich aber, dass ich an Grenzen stoße. In den meisten 
Firmen gibt es eine recht klare Trennung zwischen "Tiefen-" (Technischer 
Spezialist) und "Breitenfunktionen" (Projektleiter, Gruppenleiter). In 
den Stellenbeschreibungen wird hier klar getrennt und auch in den 
Vorstellungsgesprächen entsprechend gesiebt. Das trifft insbesondere auf 
größere Unternehmen zu.

Sicherlich standen schon andere an diesem Scheideweg? Mir scheint, dass 
es hier drei Optionen gibt:

a) Ich werde technischer Spezialist. Die Arbeit bringt mir vielleicht 
Spass, aber ein Stellenwechsel wird immer schwieriger 
(Spezialistenfalle). Ich habe eine gewisse Idiotenfreiheit. Dafür habe 
ich nicht mehr sehr viel Entscheidungsgewalt und muss mir möglicherweise 
von Leuten etwas erzählen lassen, die ich für inkompetent halte.

b) Ich verstelle mich und gehe voll in den Managementbereich. Ich muss 
meine technischen Interessen zurückschrauben und im wesentlichen die 
Interessen meiner Vorgesetzten durchsetzen. Sicherlich wird es auch noch 
Autonomität geben, aber mal eben eigene Ideen auszutesten ist schnell 
ein Weg in Abseits.

c) Ich gehe in eine kleinere Firma oder einen kleineren 
Geschäftsbereich, in dem es noch eine weniger deutliche 
Funktionstrennung gibt. Dafür gibt es weniger Entwicklungsmöglichkeiten 
und evtl. ist die Entscheidung nur aufgeschoben.

Wie sind Andere mit so einer Situation umgegangen? Für frische 
Studienabgänger mag die Fragestellung noch etwas unverständlich sein.

von Falk B. (falk)


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Werde was du bist.

von Dipl Ing ( Univ. ) (Gast)


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Mach was dich glücklich macht.
Als Spezialist ist es eher der Regelfall das du weniger Geld bekommst. 
Seidenn du etablierst dich soweit, dass man von dir abhängig wird. Eine 
solche Position ist aber schwer zu erreichen.

Mit Verantwortung und Führung bekommst du eher Kohle, ist aber auch oft 
ein undankbarer Job. Kannst gerne mal nach mittlerem Management googlen, 
dass sind die Fußabtreter in den Firmen.

Unser DrTech sagte mal, dass die Jobs gut bezahlt sind, bei denen es 
undankbare und unschöne Aufgaben gibt. Meine Erfahrung bisher ist 
dieselbe. Viele Leute macht das Schmerzensgeld auf Dauer aber nicht 
glücklich.

von Dieter (Gast)


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Hallo,

ich habe ein ähnliches Problem und mich mit ein paar alten Kommilitonen 
darüber unterhalten.
Aber ich habe daraus für gelernt:
- lese Stellenanzeigen und beurteile was gesucht wird. Es bringt nichts 
sich zu weit von der "Norm" zu entfernen
- kein Job ist sicher und man sollte sich immer im klaren sein wo man 
steht und wie schnell man im Notfall wechseln könnte
- 5-10 Jahre auf einem Posten sind ok, danach ist es egal. Vergleich man 
Leute mit 12 und 17 Jahren Berufserfahrung ist dies fast gleich. ABER 
nach 17 Jahren ist man irgendwann am Markt nicht mehr gefragt. WARUM: 
man wird zu teuer. Und bei der aktuellen Wirtschaftslage bedenke den 
vorherigen Punkt
- bleibe im Stab (=Fachkarierre) oder gehe in die Linie (=Manager oder 
zumindestens da was irgendwie mit Wertschöpfung zu tun hat). Noch kannst 
Du es Dir überlegen. Meist ist es in der Linie nicht so kreativ, dafür 
wird dort das Geld verdient und man sammelt genügend Erfahrung um später 
woanders hin zu wechseln oder wenn man von ganz großen Firmen kommt: 
irgendwann Richtung Geschäftsführer, o.Ä. sich im Mittelstand zu 
bewerben.

Die Entscheidung kann Dir keiner Abnehmen. Ansonsten empfehle ich Dir 
das Buch "SPielregeln für Karierre" von Heiko Mell. Ja ich weiß es läuft 
hier ein anderer Thread über den Typen. Ich bin mir nicht sicher ob man 
das alles für ernst nehmen kann was er schreibt. Ich denke aber es ist 
viel Wahrheit dran und in großen Konzerne geht es teilweise auch so ab. 
Aber wenn man das so liest, dann hat man nachher eine Idee wohin die 
Reise hingehen kann.

von P. M. (o-o)


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Das scheint ein verbreitetes Problem zu sein: "Karriere" mit Geld, 
Ansehen und Entscheidungskompetenzen kann man nur machen, wenn man in 
Managementfunktionen wechselt, während selbst der beste und erfahrenste 
Spezialist immer nur der einfache Angestellte bleibt.

Soweit ich weiss, haben aber gute Firmen dieses Problem erkannt, indem 
sie sowohl Kaderlaufbahnen wie auch Spezialistenlaufbahnen anbieten, die 
in ihrem Status, Entscheidungskompetenzen und Gehalt gleichberechtigt 
sind.

von Cognito (Gast)


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Dieter schrieb:
> - 5-10 Jahre auf einem Posten sind ok, danach ist es egal. Vergleich man
> Leute mit 12 und 17 Jahren Berufserfahrung ist dies fast gleich. ABER
> nach 17 Jahren ist man irgendwann am Markt nicht mehr gefragt. WARUM:
> man wird zu teuer. Und bei der aktuellen Wirtschaftslage bedenke den
> vorherigen Punkt

Wie kommst Du gerade auf 17 Jahre?

Dieter schrieb:
> Die Entscheidung kann Dir keiner Abnehmen. Ansonsten empfehle ich Dir
> das Buch "SPielregeln für Karierre" von Heiko Mell. Ja ich weiß es läuft
> hier ein anderer Thread über den Typen. Ich bin mir nicht sicher ob man
> das alles für ernst nehmen kann was er schreibt. Ich denke aber es ist

Sieht interessant aus! Die Kritiken im anderen Thread scheinen ja eher 
darauf abzuziehlen, das er keinen Weg aus den Etablierten Pfaden zeigt, 
sondern einfach nur den ist-Stand darstellt.

von Cognito (Gast)


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P. M. schrieb:
> Soweit ich weiss, haben aber gute Firmen dieses Problem erkannt, indem
> sie sowohl Kaderlaufbahnen wie auch Spezialistenlaufbahnen anbieten, die
> in ihrem Status, Entscheidungskompetenzen und Gehalt gleichberechtigt
> sind.

Eine Spezialistenlaufbahn gibt es in vielen größeren Unternehmen. Nach 
meiner Erfahrung stimmt der Punkt mit dem Gehalt, wobei Spezialisten 
aber meist auf das Niveau der ersten Führungsebene limitert sind.

Erweiterte Entscheidungskompetenzen sind nur sehr eingeschränkt 
vorhanden, da viele Entscheidungen eben doch in den Regelmeetings der 
Linienfunktionen fallen. Das ist aber sicherlich auch eine Frage der 
Umsetzung. Gerüchteweise gibt es in einigen Unternehmen Expertengremien, 
die Dinge wie Entwicklungsroadmaps außerhalb der Linie planen.

von Cognito (Gast)


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Den Punkt Ansehen muss jeder für sich beurteilen. Sicherlich ist man in 
so einer Position unter Seinesgleichen höher angesehen. Die Kollegen in 
der Managementlaufbahn werden das aber anders sehen...

von ./. (Gast)


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Mach Dich selbstständig.

Das gibt Dir alle Freiheiten es so zu tun, wie Du es für richtig hältst.

von Hohes C (Gast)


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Cognito schrieb:
> Dafür habe
> ich nicht mehr sehr viel Entscheidungsgewalt und muss mir möglicherweise
> von Leuten etwas erzählen lassen, die ich für inkompetent halte.

Das ist nicht zu unterschätzen. Mir hat genau das fast das Genick 
gebrochen. In großen Unternehmen wird dir das ständig passieren.

./. schrieb:
> Mach Dich selbstständig.
>
> Das gibt Dir alle Freiheiten es so zu tun, wie Du es für richtig hältst.

Da ist was dran, und das wäre auch mein erster Ratschlag gewesen. 
Allerdings hat man damit auch eine Menge Nicht-Technischer Arbeit am 
Hals. Die muss man sehr geschickt Outsourcen.

von Falk B. (falk)


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Man beachte auch das Peter-Prinzip.

von Hohes C (Gast)


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Welches keineswegs ein allgemeingültiges und in allen Fällen anwendbares 
Prinzip ist. Und es wird gerne als Waffe verwendet, um seine eigene 
Inkompetenz zu verstecken.

von DAXKonzernIndianer (Gast)


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Gerne werden Spezialistenkarrierepfade auch dazu genutzt, ausgebrannte 
Manager bis zur Rente zwischenzulagern. Daraus entwickelt sich dann 
selbständig eine Art Behörde, die im besten Fall den verbliebenen, 
arbeitenden Rest nich all zu sehr stört. Manchmal wird man dann auch 
einer Assistentin eines noch brennenden "Führers" zwecks Bespaßung ins 
Zimmer gesetzt, meist wird man aber unter sich in 2er Zimmern gehalten. 
Einziges Problem: man muß einmal, wie auch immer, ein Gehaltsniveau 
erreicht haben, das eine Rückkehr zum Fußvolk unmöglich macht.

von Cognito (Gast)


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Falk Brunner schrieb:
> Man beachte auch das Peter-Prinzip.

Was bei genauer Betrachtung eigentlich Schwachsinn ist. Denn unter 
fachlicher Inkompetenz haben vor allem die Untergebenen zu leiden, 
während für die Aufstieg vor allem die Vorgesetzten verantwortlich sind. 
Diese interessieren sich aber für andere Qualitäten.

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