Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik L6203 Snubber Kondensator geplatzt


von Rolle (Gast)


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Hallo,
ich habe folgendes Phänomen:
Einen L6203 der einen 24V DC Motor (Bürstenbehaftet) treibt. Am Ausgang 
des L6203 hängt wie im Datenblatt beschrieben ein RC-Glied aus 10 Ohm 
(5W) und 22nF Folien MKS4-Kondensator. Der Folienelko hat eine 
Spannungsfestigkeit von 100V, den hat es jetzt allerdings richtig 
zerblasen. Alles aufgeplatzt und die Folie hat sich in Silberkrümelform 
verabschiedet. Die PWM-Frequenz beträgt ca. 18Khz. Am Enable des L6203 
hängt ein OP als Komparator dran der den Strom im Shunt (0.33 Ohm) mit 
einem Vorgegebenen Wert vergleicht. Wird der maximale Strom 
überschritten wird der L6203 über das Enable-Signal gechoppt. Sofern das 
Stromlimit nicht überschritten wird bekommt der vorgeschaltete uC über 
-10 , 0 , +10V vorgegeben in welche Richtung sich der Motor mit welcher 
Geschwindigkeit zu drehen hat. Das ganze ist in einer mini-CNC drin und 
betätigt eine Art Werkzeugrevolver in dem die ganzen Bohrer(chen...) auf 
ihren Einsatz warten...
Seit der Kondensator hinüber ist habe ich auch das Problem das der Motor 
auch bei voller Ansteuerung der Schaltung mit 10V keine richtige Kraft 
mehr hat.

Könnte es sein das der hochgehende Folienkondi den L6203 gekillt hat?
Was auch interessant ist, warum geht der Folienkondi hoch? Habe ich 
einen Fehler bei der Auswahl begangen und da muss ein anderer Rein? Wenn 
ja was für einer?

Der Motor wird im Verfahrzustand mittels Phasenchopping betrieben. 
(nennt man das so, es leiten immer abwechselnd im Takt der High/Low 
Anteile der PWM die betreffenden Brückenfets, so dass ein Freilauf über 
die Brückenfets erreicht wird. Laut einem Posting hier im Forum folgt 
der Motor damit recht genau der PWM-Vorgabe) Hat der Motor die Endlage 
erreicht so wird das PWMen gestoppt um Verlustleistung zu vermeiden.

Was habe ich falsch gemacht?

Grüße
Rolle

: Verschoben durch Admin
von Timm T. (Gast)


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Schaltplan!

von Arsenico (Gast)


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Sofort Snubber kaufen und einbauen !!! Nicht denken.

von Mike (Gast)


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Rolle schrieb:
> Der Folienelko hat eine Spannungsfestigkeit von 100V, den hat es jetzt
> allerdings richtig zerblasen.
Dann fehlte es ihm wohl an der nötigen Stromfestigkeit. Wenn der zu hohe 
Verluste hat, kann ihm bei 18kHz PWM schon mal ziemlich schlagartig warm 
werden.

von Rolle (Gast)


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Anbei der Schaltplan. Es handelt sich um die Schaltung aus dem 
Datenblatt.

@Arsenico, Toller Beitrag und der hilft mir jetzt wie???

von Arsenico (Gast)


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Procrastination is thief of time !

von Falk B. (falk)


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@ Rolle (Gast)

>des L6203 hängt wie im Datenblatt beschrieben ein RC-Glied aus 10 Ohm
>(5W) und 22nF Folien MKS4-Kondensator.

MKS ist für sowas nicht geeignet. Nimm MKP.

>Könnte es sein das der hochgehende Folienkondi den L6203 gekillt hat?

Scheint so.

von MaWin (Gast)


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Rolle schrieb:
> Es handelt sich um die Schaltung aus dem
> Datenblatt.

Die ist für Ein- und Ausschalten des Motors gedachct, aber nicht für 
PWM.
Es fliessen 320mArms in deinem Folienkondensator.
Guck einfach mal in dessen Datenblatt, was er maximal aushält.
(ich weiss, Wima schreibt das nicht rein).

von Rolle (Gast)


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@Falk,
danke für den Tip ich werde in Zukunft MKS für so was meiden.
Den L6203 werde ich sofort ersetzen.

@MaWin,
ich habe mir das Datenblatt besorgt, der Folienkondi ist ein "MKS-4-100 
22N" von Reichelt da hab ich auch das Datenblatt her. Wenn ich das 
Wertediagramm auf Seite 4 richtig Interpretiere dann verträgt der Kondi 
die schaltfrequenz in Verbindung mit der Spannung nicht. Kein Wunder das 
der die Partykappe aufgemacht hat. :-( Es war also eine 
Fehldimensionierung von mir.

Da ich ja den Motor PWMe brauche ich den Snubber in diesem Falle gar 
nicht wenn ich dich richtig verstanden hab? Der ist nur für Statisches 
Schalten gut und ansonsten Überflüssig?
Im Datenblatt auf Seite 13 vom L6203 wird eine Beispielschaltung mit 
Schrittmotoren gezeigt, die ja mittels Stromchopper betrieben werden. Da 
sind die Snubber aber auch drin parallel zu den Motorspulen. Macht das 
da Sinn?

Grüße
Rolle

von Mike (Gast)


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Rolle schrieb:
> Der ist nur für Statisches Schalten gut und ansonsten Überflüssig?
Nicht überflüssig, sondern ungeeignet.

von Falk B. (falk)


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@ Rolle (Gast)

>ich habe mir das Datenblatt besorgt, der Folienkondi ist ein "MKS-4-100
>22N" von Reichelt da hab ich auch das Datenblatt her. Wenn ich das
>Wertediagramm auf Seite 4 richtig Interpretiere dann verträgt der Kondi
>die schaltfrequenz in Verbindung mit der Spannung nicht.

Naja, 320mA sind eigentlich nicht sooo viel. Aber für den C scheinbar 
doch zuviel.

>Da ich ja den Motor PWMe brauche ich den Snubber in diesem Falle gar
>nicht wenn ich dich richtig verstanden hab? Der ist nur für Statisches
>Schalten gut und ansonsten Überflüssig?

Naja, so richtig ist mir ehrlich gesagt nicht ganz klar, wozu der 
Snubber hier überhaupt gut sein soll. Denn eine moderne H-Brücke brauch 
sowas eigentlich nicht, oder? Und wenn man den für PWM  nicht braucht, 
dann für statisches Schalten mit ein paar Hz erst recht nicht. Das hohe 
du/dt sollte dem Treiber nichts anhaben, schließlich hat der interne 
Freilaufdioden antiparallel zu den MOSFETs (welche hier "nur" die 
Bodydioden sind, reicht aber).

Was sagen die Motorexperten?

von Rolle (Gast)


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Falk Brunner schrieb:
> Naja, so richtig ist mir ehrlich gesagt nicht ganz klar, wozu der
> Snubber hier überhaupt gut sein soll. Denn eine moderne H-Brücke brauch
> sowas eigentlich nicht, oder? Und wenn man den für PWM  nicht braucht,
> dann für statisches Schalten mit ein paar Hz erst recht nicht. Das hohe
> du/dt sollte dem Treiber nichts anhaben, schließlich hat der interne
> Freilaufdioden antiparallel zu den MOSFETs (welche hier "nur" die
> Bodydioden sind, reicht aber).

Hallo Falk,
ja das macht eigentlich Sinn, Beim Schalten im Hz Bereich sollte der 
Snubber ja unnötig sein, beim PWM dann ja auch... Aber warum ist der im 
Schaltbild drin im Datenblatt? Irgendwie muss der Hersteller sich ja was 
dabei gedacht haben.
Ich werde an den Motorausgang vom L6203 zusätzlich zu den Freilaufdioden 
gegen Masse noch welche gegen Vcc einfügen. Schnelle Schottkys 
natürlich. Macht das Sinn? Die Dioden im L6203 sind ja nicht so toll 
laut Datenblatt...

von Falk B. (falk)


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@ Rolle (Gast)

>Ich werde an den Motorausgang vom L6203 zusätzlich zu den Freilaufdioden
>gegen Masse noch welche gegen Vcc einfügen. Schnelle Schottkys
>natürlich. Macht das Sinn?

Nein.

>Die Dioden im L6203 sind ja nicht so toll laut Datenblatt...

Sie sind ausreichend. Die paar mW die man da spart lohnen sich nicht.

von Rolle (Gast)


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Danke für die Tips Falk,

ich werde nun den L6203 auslöten und durch einen neuen Ersetzen.
Den Snubber lasse ich Ersatzlos weg.
Dann werde ich probieren ob der Motor wieder vollen Strom bekommt...

Grüße
Rolle

von Timm T. (Gast)


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Rolle schrieb:
> Den Snubber lasse ich Ersatzlos weg.

Ich würde den tunlichst drinlassen, sonst wechselst Du demnächst L6203, 
weil deren Mosfets durchlegieren.

Ich hatte mal ne ganze Charge L6202, die mit durchlegierten Mosfets in 
einem Zweig geliefert wurden. Scheinen also anfällig zu sein. Ich könnte 
mir vorstellen, dass das auch bei Deinem L6203 eine Folge nach Ausfall 
des Cs war.

Sollte Dein Motor keine zu hohe Induktivität haben oder den vollen Strom 
ziehen, kannst Du den Snubber aber entschärfen: Ich hab mit 3n3 und 
33ohm ganz gute Erfahrungen gemacht. Und der Widerstand muss auch 
keinesfalls 5Watt haben, der muss ja nur die Leistung im 
Umschaltzeitpunkt abfangen.

Berechnung im Anhang, SGS Thomson AppNote: CONTROLLING VOLTAGE 
TRANSIENTS IN FULL BRIDGE DRIVER APPLICATIONS by Thomas L. Hopkins



Falk Brunner schrieb:
> Naja, so richtig ist mir ehrlich gesagt nicht ganz klar, wozu der
> Snubber hier überhaupt gut sein soll.

Wenn ich's noch richtig in Erinnerung hab:
Recovery Time Dioden: 300ns
Rise/Fall Time L6203: 200ns

Der Snubber fängt im Umschaltpunkt die Spannungsspitze in der 
Motorinduktivität solange ab, bis die Dioden den Strom übernehmen.



MaWin schrieb:
> Es fliessen 320mArms in deinem Folienkondensator.

Das hast Du wie gerechnet?

Es fließen 1.6A Peak mit einer FWHM von etwa 300nsec. Bei einem 
Pulsabstand von 27usec sind das grob überschlagen 0.8A x 0.3usec / 
27usec = 9mA. Das sind jetzt keine RMS, sondern Mittelwert, aber 
dazwischen ist kein Faktor 40.

Damit reicht auch für den Widerstand ein 250mW-Typ. R und C müssen aber 
die 1.6A Peak abkönnen.

Btw: Das gilt für One-Phase-Chopping. Für Two-Phase-Chopping ist zu 
beachten, dass die Motorspannung nicht zu/abgeschalten, sondern umgepolt 
wird. Also höhere Spannungsfestigkeit des C, höhere Umladeströme in C 
und R.

von Rolle (Gast)


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Hallo Timm Thaler,

jetzt bin ich etwas verwirrt. Muss der Snubber nun zwingend rein oder 
nicht? Habe den L6203 schon ersetzt und wieder alles gereinigt und mit 
Plastik 70 geschützt.

von Rolle (Gast)


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Nachtrag:
Ich hab jetzt 10nF (MKP - X2) drin und 22 Ohm. Damit probier ich das 
jetzt mal. Der MKP sollte das ja aushalten mit der PWM. Plastikspray ist 
wieder drauf und trocknet grade. Vorher natürlich kurze Funktionsprobe. 
:-)

Morgen werde ich sehen ob der L6203 das auch gut findet.

Grüße
Rolle

von Timm T. (Gast)


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Rolle schrieb:
> Muss der Snubber nun zwingend rein oder
> nicht? Habe den L6203 schon ersetzt

Schade, dass es kein 6202 ist, den könntest Du sockeln und müsstest Ihn 
nicht immer auslöten...

Wem willst Du glauben, einem Mike (Gast), der dazu eine Zeile schreibt 
oder dem Hersteller des Schaltkreises, der das in sein Datenblatt 
schreibt und extra eine AN dazu macht?

Ich kann Dich insofern beruhigen: Ich hab schon zig 6202 und 6201SP 
verbaut, immer mit Snubber. Allerdings Keramik-C. Bisher ist noch keiner 
hochgegangen.

Du hast also entweder Pech gehabt, der C hatte einen Vorschaden oder MKS 
ist wirklich nicht geeignet.

Rechne doch anhand der Formaln in der AN aus, wie weit Du mit dem R hoch 
und mit dem C runtergehen kannst, und wähle entsprechende Bauteile aus.

Achso: Der Widerstand 10ohm war eine 5W-Version? Möglicherweise 
gewickelt? Solltest Du möglichst induktivitätsarm auswählen.

Btw: War der Widerstand wirklich 10ohm? Wenn Du z.B. aus versehen 1ohm 
verbaut hättest, wäre die Belastung am Kondensator erheblich höher.

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Ich verwende in meiner HP-Step (Schrittmotorenstufe mit L6203) seit 
Jahren einfache Metallfilmwiderstände (0,25W) und Kerkos. Die sind noch 
nie abgebrannt. 15R/22nF sind da im Einsatz. Schaltplan siehe Doku:
http://www.mechapro.de/pdf/hpstep_doku_15b.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

von Arsenico (Gast)


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KO am Platz … schon wieder geplatzt ?

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