Forum: HF, Funk und Felder Restaurierung alter Röhrenempfänger - Telefunken Ela1012a/b


von Blue F. (blueflash)


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Auf (die überaschende) Nachfrage von Teilnehmern aus den WELEC 
Oszilloskop Threads mache ich hier mal einen Thread zum Thema 
Restaurierung von alten Röhrenradios auf. Ich dokumentiere in einzelnen 
Schritten meine Erfahrungen mit dem 9-Röhren Superhet Ela1012b von 1939, 
der auf U-Booten und U-Bootjägern im 2. Weltkrieg eingesetzt wurde.

Eigene Erfahrungen mit anderen Empfängern sind ebenfalls willkommen.

Gegenüber der Technik mit der wir uns sonst beschäftigen, die 
SMD-Bauteile in Stecknadelkopfgröße enthält, wirkt die alte 
Röhrentechnik geradezu grobschlächtig. Trotzdem übt diese Technik aus 
vergangenen Tagen eine gewisse Faszination aus.

Wie das Gerät in seiner ursprünglichen Umgebeung aussieht kann man im 
Horchraum des U995 in Laboe bewundern.

Das U-Boot ist vom Typ VII C/41. Sehr interessante Bilder und auch 
Panorama-Schwenks gibt es hier:

http://www.photo-show.net/index.php?option=com_content&view=article&id=76&Itemid=79

http://peters-bilderhp.de.tl/U_995-_-ein-Technikmuseum-Teil-2.htm

http://www.photo-show.net/images/stories/panoramen/Tour/U995/


Das Gerät wurde wie ich herausgefunden habe auch im Typ IX (U 505 -> 
Chicago, siehe Wikipedia) eingebaut.

Mein Gerät befindet sich seit über 50 Jahren in Familienbesitz und 
fristete die letzten 30 Jahre ein trauriges Dasein in einer Kellerecke 
bei meiner Mutter. Als ihr das große schwere Teil im Wege herumstand und 
Gefahr lief im Sperrmüll zu enden habe ich mich seiner angenommen und es 
Stück für Stück restauriert.

Leider befindet sich das Gerät nicht im Originalzustand. Es wurden 
einige "Verbesserungen" vorgenommen. So wurden Handgriffe angebaut, die 
Drehknöpfe ausgetauscht, der Überspannungsschutz im Antenneneingang 
(Glimmregler) entfernt und auch ein Saugkreis/Sperrkreis wegoptimiert. 
Das magische Auge wurde gegen eine modernere Version getauscht. Diese 
Änderungen wurden schon vor 50 Jahren vorgenommen, aber einige Teile 
haben sich dennoch wieder angefunden und werden wohl auch noch den Weg 
ins Gerät zurück finden. Auf den Bildern im Horchraum kann man sehen wie 
es im Originalzustand ausgesehen hat.

Weitere Beiträge zur Restaurierung folgen. Schreibt gerne auch über Eure 
Erfahrungen.

Gruß Hayo

von Blue F. (blueflash)



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Nach dem Intro noch einige Fakten und Daten.

Das Gerät hat zwei KW-Bereiche einen MW-Bereich und einen LW-bereich. 
UKW war damals noch nicht aktuell. Es besitzt keinen eingebauten 
Lautsprecher. Der Lautsprecherausgang arbeitet mit der direkten 
Ausgangsspannung der EL12 Endstufenröhre (ca. 270V) und muß daher mit 
einem Übertrager betrieben werden, der die Spannung 
heruntertransformiert und eine Impedanzanpassung vornimmt.

Bei mir tut es aber auch ein einfacher Trafo der 240V Primär- und 15V 
Sekundärspannung aufweist. Welche Funktion der Ela 1012a/b hatte, 
beschreibt dieser Auszug aus Blitz und Anker:


Weniger bekannt ist der Telefunken Super-Ela1012a/b, ein 
9-Röhren-7-Kreis-Vorstufen-Superhet mit 2KW/MW/LW, Bandbreitenregler, 
Sprach- Musikumschaltung und Leistungsverstärker EL-12. Er scheint aus 
der zivilen 800er-Reihe des Jahres 1939 abgeleitet zu sein und war 
Bestandteil der Lautsprecherkommandoanlage PF-1 der Kriegsmarine, die 
z.B. an Bord von U-Jägern, Vorpostenbooten und U-Booten installiert war. 
Ein Super-Ela1012/a kam auch in U995 bei Laboe nach Restaurierung des 
Funkraumes wieder zu Ehren. Zur PF-1 Anlage gehörte ein Verstärker 
(WA-22m von TE KA DE), ein Schaltgerät, ein Plattenspieler und mehrere 
Lautsprecher. Alle Geräte wurden im FT-Raum in einem Ela-Gestell 
zusammengefasst, das außerdem noch einen Spind für ca. 100 Schallplatten 
hatte.

Der Betrieb dieser Anlage musste genau geregelt werden, damit es keine 
Überschneidungen der Kommandodurchsagen mit dem Musikbetrieb gab. Das 
Brückenmikrofon zum Besprechen des Kommandoverstärkers hatte deshalb 
Vorrang. Vom Steuerstand konnten über einen Wahlschalter im Mikrofon 
alle Stationen über und unter Deck angesprochen werden.

Im Ela-Gestell im Funkraum war das Kommandogerät installiert, die 
zentrale Schalt- und Verteilerstelle. Hier liefen die Ein- und Ausgänge 
des Verstärkers auf , die Ausgänge des Rundfunkgerätes (Ela 1012), das 
zweite Mikrofon im FT-Raum, das Brückenmikrofon, usw.. Der Funker konnte 
über Kippschalter das Rundfunkprogramm zum Kommandanten, in die O-Messe, 
zu den PUO’s, Unteroffizieren und Mannschaften durchschalten, wobei 
mittels L- oder T-Regler die Darbietung vor Ort in der Lautstärke 
geregelt werden konnte. Doch selbst bei abgeregelter Lautstärke 
ermöglichte eine Schaltung, die Kommandos in voller Lautstärke zu 
übertragen.

1937/38 hatte die Marine immer noch Vorbehalte gegen die Überlagerungs- 
empfänger, obwohl 5-6 verschiedene Typen mit Abstimmungen über Regler im 
Betrieb an Bord ihre Qualitäten bereits nachgewiesen hatten. Aber die 
durch den Raummangel auf den Schiffen bedingte Nähe der Empfangs- zu den 
Sendeantennen führte zur Bildung von unerwünschten Mischprodukten in den 
Empfangsfrequenzen. Außerdem gab es die Befürchtung, dass die 
Oszillatorfrequenz ungewollt abgestrahlt und vom Gegner empfangen werden 
konnte sowie das Problem der Mehrdeutigkeit einer Empfangsfrequenz 
(Spiegelfrequenz) durch die damals verwendeten Zwischenfrequenzen.

(Quelle Blitz und Anker)


Was mich wirklich erstaunt hat, ist dass ich nach kurzer Recherche im 
Internet einen kompletten Schaltplan zu dem Gerät aufstöbern konnte. 
Auch zu den Röhren gibt es mengenweise Datenblätter. So gestaltete sich 
die Restaurierung weniger schwierig als ich dachte. Auf diversen 
Internetseiten gibt es gute Tips zum Umgang mit alten 
renovierungsbedürftigen Röhrenradios.

Die ersten Schritte der Restaurierung folgen in Kürze

Hayo

: Bearbeitet durch User
von dieter (Gast)


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Ich habe mal einen Tfk T40 restauriert,
der spielte wie neu.

Man kommt sich dann vor wie Jesus,
der Tote auferstehen lässt.

von Blue F. (blueflash)


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Also da musste ich erst mal Googeln... T40 - Das ist wirklich ein echtes 
Schätzchen.

Ja Dein Jesus-Vergleich ist nicht schlecht, man empfindet schon eine 
tiefe Zufriedenheit bei der Arbeit an diesen Geräten. Für mich mich war 
auch der krasse Gegensatz zu meinen sonstigen Projekten faszinierend. 
Während ich in der Zeit davor mit dem Mikroskop SMD-Bauteile verlötet 
habe und sich die Spannungen an den Bauteilen zwischen 1,8 und 3,3V 
bewegten, kann ich die Bauteile im alten Röhrenradio im Halbdunklen noch 
aus 100m Entfernung erkennen ;-). Die Spannungen bewegen sich im Bereich 
von 100 - 300V und sind bei Messungen am offenen Herzen mit äußerster 
Vorsicht zu genießen.

Wenn man die alten Bauteile genauer in Augenschein nimmt fühlt man sich 
in die alten Zeiten zurückversetzt und versucht sich vorzustellen, dass 
das damals Hightech war.

Als nächstes Projekt wartet noch ein Nordmende Röhrenradio aus den 
50iger Jahren bei mir im Keller auf ein neues Leben. Das war bei meinen 
Eltern im Wohnzimmer bis in die 80iger Jahre in Betrieb und funktioniert 
immer noch! Allerdings werden sicherlich einige Bauteile wie z.B. 
Kondensatoren schon am Limit sein.

Das Gehäuse könnte auch eine Auffrischung vertragen, aber da werde ich 
mich nochmal schlau machen, wie man da am besten rangeht. Tips sind 
willkommen.

Gruß Hayo

von Blue F. (blueflash)



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So wie versprochen die nächsten Schritte.

Erst mal die Bedienelemente an der Frontseite entfernt, die Schrauben 
der Bereichswahlmechanik gelöst und dann die Rückwand abgenommen. Das 
Chassis ist von unten schwimmend (wegen der Vibrationen an Bord) am 
Holzgehäuse verschraubt. Als Vibrationsdämpfer dienen Filzstreifen und 
Buchsen. Nach dem Lösen der Schrauben an der Unterseite kann man das 
Chassis ein Stückchen herausziehen und dann die Klemmschraube der 
Skalennadel lösen. Diese ist nicht am Chassis befestigt, sondern läuft 
auf einer Schiene am Gehäuse. Der Drahtseilzug mit Antrieb ist jedoch am 
Chassis angebracht.

Das Chassis kann man nun herausziehen und dann das Bodenblech entfernen. 
Es bietet sich ein recht aufgeräumtes Bild, alle Bauteile sind mit 
bloßem Auge zu erkennen :-).

Eine erste grobe Sichtprüfung ergibt folgende Punkte:

- im Inneren sind einige Bauteile korrodiert und sehen etwas mitgenommen 
aus. Das betrifft, wie zu erwarten, die Teerkondensatoren. Diese müssen 
eigentlich fast immer in alten Radios ausgetauscht werden, da sie durch 
die Alterung zu Leckströmen neigen.

- einige Kabel auf dem Chassis-Oberteil sind spröde und haben Risse 
(speziell die Versorgungsleitungen am Trafo)

- der Glaskolben der Endstufen-Röhre EL12 hängt lose in der Fassung und 
scheint nicht mehr in Ordnung zu sein (Drähte in der Fassung abgerissen)

- die meisten Bauteile sehen erstaunlich gut aus

- überall ist Schmutz, es muss auf jeden Fall gründlich gereinigt werden 
um Kriechströme zu vermeiden

Um systematisch vorgehen zu können habe ich ein Foto vom Inneren des 
Chassis gemacht, alle Bauteile durchnummeriert und im Schaltplan 
eingetragen.

Um sicher zu gehen habe ich mich entschlossen alle Kondensatoren 
auszutauschen. Also habe ich erst einmal alle benötigten Bauteile in der 
richtigen Spannungsfestigkeit bestellt. Da gibt es ein recht großes 
Angebot in der Bucht, was darauf hindeutet, dass das Hobby der 
Röhrenradiorestauration recht verbreitet ist. Mir hat es die Beschaffung 
der Bauteile sehr erleichtert.

Damit waren die Vorbereitungen erst mal erledigt. Bis dann dann die 
Bauteile eingetroffen sind....

von Blue F. (blueflash)


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....habe ich mich um das Gehäuse gekümmert. Da mussten noch alle 
verbliebenen Teile abgebaut werden (Haltegriffe, Beschriftungsplaketten, 
innen angeschraubte Drähte, das magische Auge etc.

Insbsondere beim Ausbau der Skalenscheibe ist Vorsicht geboten. Nach dem 
Lösen der Metallhalterungen lösen sich die völlig verhärteten 
Gummieinlagen nur sehr schlecht und man muss acht geben, dass es keinen 
Glasbruch gibt.

Mit dem leeren Gehäuse und einer Schleifmaschine ging es dann in den 
Garten wo ich dann die Farbschichten fast komplett bis auf die unterste 
Schicht (originales Grau) runtergeschliffen habe.

Für den neuen Anstricht wurde wieder das originale helle Marinegrau 
gewählt.
Während die Farbe trocknete habe ich erstmal die spröden rissigen Kabel 
gegen aktuelle sichere Exemplare getauscht. Hierbei war mir die 
Sicherheit wichtiger als ein besonders authentisches Aussehen.

Danach habe ich dann das Chassis gründlich mit Scheibenreiniger vom 
Schmutz befreit.

Das war's erst mal wieder. Details zu den Bauteilen und einige Tricks 
beim Restaurieren kommen denächst in diesem Kino...

Gruß Hayo

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Schönes Projekt - wenn man sowas auf dem Dachboden findet, kann ich gut 
verstehen, das man dieses Schätzchen wieder zum Laufen bekommen möchte. 
Hatte hier auch gerade 'Boat Anchor Ware' von Rhode und Schwarz, 
allerdings aus den 50er Jahren als Überbleibsel des guten alten RIAS 
Berlin.

Was mich interessiert: Weisst du, wie die Geräte auf den U-Booten 
gespeist wurden? Die Schaltpläne sprechen ja für klassischen 
Wechselstrom mit 220V, aber gab es den überhaupt an Bord? Hatten die 
Dieselmaschinen neben den Gleichstromgeneratoren zum Laden der 
Fahrbatterien auch noch Wechselstromgeneratoren? Oder wurden etwa 
Zerhacker benutzt?

: Bearbeitet durch User
von Mikrowilli (Gast)


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Hier ist ein Link zu einem Panoramafoto des Funkraumes des Museumsbootes 
U995: 
http://www.photo-show.net/images/stories/panoramen/Tour/U995/U995-10.html

Die Ansicht der Schalttafel im Funkraum läßt erkennen, daß es neben dem 
Bordnetz mit 110 Volt Gleichspannung auch mehrere (rotierende) Umformer 
verschiedener Leistungsklassen gab, die 220 Volt Wechselspannung für 
Geräte in Funk- und Horchraum erzeugten.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Mikrowilli schrieb:
> Hier ist ein Link zu einem Panoramafoto des Funkraumes des Museumsbootes
> U995:
> http://www.photo-show.net/images/stories/panoramen/Tour/U995/U995-10.html

Vielen Dank für diesen interessanten Link! Es scheint, als ob im 
achteren Torpedoraum über den E-Maschinen einiges montiert ist, das mit 
der Stromversorgung zu tun hat. Zumindest ist über der Backbordmaschine 
ein 'Spannungsregler' zu sehen in Form eines grossen Handrades und 
darüber Spannungs- und Stromanzeigen für den 110V Kreis.

von Blue F. (blueflash)



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Moin,


Mikrowilli schrieb:
> Die Ansicht der Schalttafel im Funkraum läßt erkennen, daß es neben dem
> Bordnetz mit 110 Volt Gleichspannung auch mehrere (rotierende) Umformer
> verschiedener Leistungsklassen gab, die 220 Volt Wechselspannung für
> Geräte in Funk- und Horchraum erzeugten.

Ja das kann ich bestätigen. Mein Vater hatte auch noch jahrelang so 
einen rotierenden Umformer bei sich auf seinem Boot im Einsatz 
(Umrichter gab es damals nur zentnerschwer und sch... teuer) den er von 
irgendeinem anderen U-Boot ergattert hatte. Dieser Umformer machte 
allerdings aus 12V= -> 110V=.

Damit hat er seinen uralten Philips Rasierer betrieben (mit rotierenden 
Scherköpfen).

Der Empfänger ist allerdings nur für Wechselspannung ausgelegt. Auf den 
Fotos kann man erkennen, dass der Einsatzbereich von 110V~ bis 240V~ 
möglich war. Ich betreibe ihn jetzt in der 240V Einstellung. Neben dem 
Trafo kann man die Gleichrichterröhre AZ12 erkennen.

Gruß Hayo

: Bearbeitet durch User
von Maikh (Gast)


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Hi, ich werde diese Woche noch meinen alten, bislanbg unrestaurierten 
TFK898 entholzwurmen.
Falls gewünscht, kann ich dann gern Vergleichsbilder vom zivilen Gerät 
einstellen. Besondere Wünsche des TOs nehme ich gern entgegen.

mfg

Maik

von Blue F. (blueflash)


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Hallo Maik,

auf jeden Fall hier berichten! Mit Bildern natürlich. Ich habe mir 
erstmal die Schaltpläne runtergeladen und auch einige sehr schöne Bilder 
auf einer russischen Webseite gefunden.

Man sieht auf den ersten Blick am Chassis die Verwandschaft des 1938iger 
TFK898 mit der 1939iger Militärversion Ela E 1012. Auch der Schaltplan 
zeigt viel Bekanntes.

Für mein noch zu restaurierendes Nordmenderadio suche ich ja noch nach 
Tips um das Gehäuse optisch wieder auf Vordermann zu bringen vielleicht 
kann ich da von Deinen Erfahrungen profitieren.

Ansonsten werde ich noch einige meiner Bauteilerestaurierungen beim Ela 
E 1012 hier posten. Vielleicht hilft Dir ja das eine oder andere auch 
weiter.

Gruß Hayo

von dieter (Gast)


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Ich verstehe nur eines nicht :

Kennt Ihr nicht die GFGF,
Gesellschaft der Freunde der Geschichte der Funktechnik o.ä.
siehe entsprechende Webseite.

Da findet Ihr doch tonnenweise Information zur Restaurierung alter 
Geräte.
Man muss das Rad doch nicht immer neu erfinden.

von Blue F. (blueflash)


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Klar kenne ich die.

Von da habe ich auch schon Schaltpläne runtergeladen. Das spricht aber 
doch nicht dagegen sich hier darüber auszutauschen. Offensichtlich gibt 
es doch einige, die nicht nur Hardcoreröhrenfreaks und Sammler sind, 
sondern sich - wie ich - neben moderner Elektronikprojekte einfach 
nebenbei auch mal mit der altehrwürdigen Technik befassen.

Was die Sache mit meinem Gehäuse angeht, da habe ich auch schon etwas 
recherchiert, aber noch nicht so ganz das gefunden was mir weiterhilft, 
da diese oft nicht so im Vordergrund der Restaurationen stehen.

Ansonsten gibt sicherlich keine echten Geheimnisse zu lüften, aber der 
eine oder andere Trick oder Lösung für bestimmte Probleme sind 
sicherlich ganz interessant.

Ich hatte übrigens vor der Restaurierung intensiv recherchiert was das 
Ela E 1012 angeht, aber keine Berichte darüber gefunden, die mir 
weitergeholfen hätten.

Also keine "Radneuerfindung", sondern nur Erfahrungsaustausch.

Hayo

von Blue F. (blueflash)



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Sooo, nach längerer Pause habe ich mich mal wieder durchgerungen hier 
weiter zu machen.

Eigentlich besteht die Restauration neben der Aufarbeitung des Gehäuses 
und der Reinigung des Chassis mit Glasreiniger im wesentlichen im 
Austausch der Teerkondensatoren und Elkos. Die Elkos kann man ruhig 
gegen Typen mit größerer Kapazität tauschen, bei den anderen 
Kondensatoren sollte man sich möglichst an die Originalwerte halten.

Wenn die Austauschkondensatoren es von der Größe zulassen, kann man zur 
Wahrung des authentischen Aussehens selbige in das alte Gehäuse der 
Teerkondensatoren einpflanzen. Dazu habe ich den alten Kondensator mit 
einem Heißluftgebläse erwärmt. Sobald der Teer weich genug ist kann man 
den Aluminiumwickel aus der Röhre herausdrücken. Den neuen Kondensator 
habe ich dann in die leere Röhre gesteckt und mit Kunstharz eingegossen 
oder mit Kunstharzspachtel verschlossen.

Wenn das erledigt ist, hat man das Wichtigste geschafft.

: Bearbeitet durch User
von Blue F. (blueflash)



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Jetzt kann man sich um die Feinheiten kümmern. So war mir z.B. im 
Schaltplan eine Klangverstellung Sprache/Musik aufgefallen, die ich aber 
an meinem Gerät nirgends entdecken konnte.

Ich ahnte schon, dass diese Funktion wegoptimiert wurde. Also habe ich 
das Gerät nochmals genau inspiziert. Dabei fiel mir die komische Achse 
des Lautstärkepotis auf. Diese ist durch das Poti hindurchgeführt und 
war am Ende durch eine umgebogene, gelochte Blechlasche gegen 
herausrutschen gesichert. Nach kurzem Grübeln ging mir dann ein Licht 
auf. Die Blechlasche war vorher die Halterung eines Schalters und mit 
der Achse des Lautstärkepotis konnte man diesen Schalter durch 
Herauziehen oder Reindrücken betätigen.

Also kurz die Grabbelkiste durchwühlt und einen Schalter ausgegraben. In 
den Schaltknebel habe ich dann mit der Metallsäge einen Schlitz gesägt. 
Die Lasche wieder in die richtige Position gebogen und mit WD40 und Fett 
die Poti-Achse wieder schön leichtgängig gemacht.

Da ich keine abgeschirmten Originalleitungen mehr hatte, wurde der 
Anschluss mit modernen abgeschirmten Audioleitungen gemacht. Obwohl die 
eigentliche Funktion nur darin besteht einen Kondensator zu überbrücken 
ist tatsächlich eine ganz passable Klangverstellung möglich.

von Blue F. (blueflash)



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Da die EL12 bei mir mechanisch beschädigt war, habe ich mir erstmal 
einen Ersatz mit einer EL84 gebastelt. Die recht einfache Beschaltung 
gab es bei bei Jogis Röhrenbude. Hier findet man eine ganze Menge 
Umsockelanleitungen - sehr hilfreich. Eine gebrauchte EL12 in gutem 
Zustand hat mich dann später
knappe 20,- Euro gekostet.

Ebenso gibt es die Möglichkeit die AZ12 Gleichrichterröhre durch eine 
Kombination aus zwei Dioden und zwei Widerständen zu ersetzen. Man 
könnte die Bauteile z.B. in den Sockel einlöten und den Glaskolben 
wieder draufkleben, so dass es wie das Original aussieht. Werde ich wohl 
auch machen wenn meine AZ12 ihr Leben aushaucht.

Alle anderen Röhren sind auch nach über 70 Jahren immer noch in Ordnung.
Bei meinem Gerät ist ein magisches Band EM84 eingebaut. Original ist 
hier eine EM11 (magisches Auge) verbaut. Diese habe ich in der Bucht für 
27,- Euronen ersteigert und habe sie auch schon im Parallelbetrieb zur 
EM84 getestet. Der Einbau erfolgt aber irgendwann später. Man braucht 
hierfür eine spezielle Klammer zur Befestigung (Dank an Ralf vom GfGF 
für den Tip).

Neue Skalenlampen mit der Röhrenheizspannung von 6,3V gibt es 
erstaunlicherweise auch problemlos in der Bucht. Bei der Reinigung der 
Skalenscheibe sollte man sehr vorsichtig sein, da sonst der Aufdruck mit 
der Frequenzskala unwiederbringlich verschwindet.

von Blue F. (blueflash)



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Nach dem Zusammenbau bzw. vorher beim Testlauf funktionierte das Gerät 
sofort auf Anhieb. Der Betrieb mit selbstgebauten Loopantennen für Kurz- 
und Mittelwelle ist einer Langdrahtantenne vorzuziehen, da die 
Schmalbandigkeit der abstimmbaren Antennen wie ein Preselektor wirkt und 
die geringere Trennschärfe der alten Geräte wieder ausgleicht. Ebenfalls 
gute Erfahrungen habe ich mit selbstgebauten abstimmbaren Aktivantennen 
gemacht, die mit Ferritstäben bestückt sind (LW/MW).

Im direkten Vergleich mit meinem JRC NRD525 mit Langdrahtantenne schlägt 
sich das alte Schätzchen ganz wacker.

Was das Aussehen im abgedunkelten Zimmer angeht ist so ein altes 
Röhrengerät mit seinem geheimnisvollen Glimmen und der Skalenbeleuchtung 
einfach viel schöner als ein Gerät der heutigen Zeit. Da fühlt man sich 
direkt in alte Zeiten zurückversetzt.

Kommentare und weitere Beiträge sind willkommen

Gruß Hayo

von Michael_ (Gast)


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Fein hast du das gemacht!!!

von Blue F. (blueflash)



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Ja und es geht noch weiter, allerdings etwas offtopic - mit Bezug auf 
den Beitrag zum rotierenden Umformer etwas weiter oben.

Da mir das mit dem Umformer noch eine Zeitlang durch den Kopf ging habe 
ich mit meinem Vater noch einmal darüber gesprochen und siehe da, den 
Umformer gab es noch. Inzwischen hat er seinen Weg zu mir gefunden und 
ich wollte ihn hier nur mal kurz vorstellen (mir fiel kein anderer 
Thread dazu ein).

Wie ich jetzt weiß hat er eigentlich die Spezifikation 24V=/250V= und 
ist ein Einanker-Umformer. Er wurde bei uns nur mit 12V betrieben, was 
dann ca. 120V= ergab. Laut Aussage meines Vaters kann man damit alle 
Arten von Maschinen mit Kollektormotor betreiben (z.B. Bohrmaschinen), 
allerdings nur ohne elektronische Regelung, da die unter Umständen nicht 
mit der Gleichspannung klarkommt.

Dieses Gerät wurde hergestellt von der Carl Lorenz AG, die eigentlich im 
zweiten Weltkrieg Sendeanlagen gebaut hat. Das Gerät war wohl auf einem 
U-Boot installiert und wurde dann nach dem Krieg bei Atlas-Elektronik in 
Bremen im Labor für Testzwecke verwendet. Als es dort dann ausgemustert 
wurde landete es bei uns.

Als es hier ankam hatte ich natürlich nichts Besseres zu tun als es 
sofort zu testen. Also direkt an mein selbstgebautes Powerlabornetzteil 
angeschlossen und - nix! Der Strom ging sofort in den 20A Begrenzer. Ok 
ich weiß, es steht 32,5 A auf dem Typenschild, aber doch unter Last 
dachte ich. Na gut, den Begrenzer also abgeschaltet und der Strom schoss 
sofort auf 60A aber der Rotor fing an sich zu drehen. Meine 
Laborleitungen wurden ganz schön warm, aber der Strom pendelte sich dann 
bei etwas über 25A ein. Das Geräusch war ein ganz schön lautes Singen 
bzw. fast schon Pfeifen, wenn ich mir vorstelle, das auf den U-Booten 
mehrere davon liefen muss da ein ganz schöner Lärm gewesen sein. Das 
Ding läuft also nach all der Zeit immer noch ohne Probleme. Damals wurde 
halt noch solide gebaut!

Gruß Hayo

: Bearbeitet durch User
von Harry PA3BHT (Gast)


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Hallo Hayo
Endlich hab ich die radio wieder gefunden die ich in mein jugendzeit 
hatte!
Alles kommt mir so bekannt vor ,jedes teil hab ich in mein hand gehabt.
Ich dachte soll keine mehr wissen von diese radio?
Leider ist bei mir nichts mehr davon uebrich.
Damals hatte ich kein ahnung um es gut zu behalten,und die unterzuchlust
war gross ....
Ich bin gluecklich dein artikel hab gefunden.
vielleicht hoer ich nog etwas,
Gruesse und ein gesundes 2018
Harry

von nachtmix (Gast)


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Hayo W. schrieb:
> 1937/38 hatte die Marine immer noch Vorbehalte gegen die Überlagerungs-
> empfänger, obwohl 5-6 verschiedene Typen mit Abstimmungen über Regler im
> Betrieb an Bord ihre Qualitäten bereits nachgewiesen hatten. Aber die
> durch den Raummangel auf den Schiffen bedingte Nähe der Empfangs- zu den
> Sendeantennen führte zur Bildung von unerwünschten Mischprodukten in den
> Empfangsfrequenzen. Außerdem gab es die Befürchtung, dass die
> Oszillatorfrequenz ungewollt abgestrahlt und vom Gegner empfangen werden
> konnte sowie das Problem der Mehrdeutigkeit einer Empfangsfrequenz
> (Spiegelfrequenz) durch die damals verwendeten Zwischenfrequenzen.

Dass diese Sorge nicht unberechtigt war, zeigte sich einige Jahre später 
bei dem Naxos-Gerät.
Das Teil strahlte so viel Störstrahlung ab, dass die Bomber ihre 
Radarsender sogar abschalten abschalten konnten und das U-Boot direkt 
anfliegen konnten.
Das hat etlichen U-Boot Besatzungen das Leben gekostet.
Ob der Grund dafür technisches Unvermögen der Entwickler war, oder ob 
Sabotage im Spiel war, wurde m.W. nie aufgeklärt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Naxos_(Radardetektor)

von Bernhard D. (pc1401)


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nachtmix schrieb:
>
> Dass diese Sorge nicht unberechtigt war, zeigte sich einige Jahre später
> bei dem Naxos-Gerät.
> Das Teil strahlte so viel Störstrahlung ab, dass die Bomber ihre
> Radarsender sogar abschalten abschalten konnten und das U-Boot direkt
> anfliegen konnten.
> Das hat etlichen U-Boot Besatzungen das Leben gekostet.
> Ob der Grund dafür technisches Unvermögen der Entwickler war, oder ob
> Sabotage im Spiel war, wurde m.W. nie aufgeklärt.
> https://de.wikipedia.org/wiki/Naxos_(Radardetektor)

Für das Naxos Gerät ist das wohl eher eine Legende, siehe Schaltplan:
http://www.cdvandt.org/M-%20Dv-291-%20Funkmessgeraetekunde.pdf S.59.

Der Naxos-Empfänger besteht aus Antenne, Hochpass, Detektor und 
NF-Verstärker. Was soll da denn strahlen? Da müsste schon der 
NF-Verstärker schwingen, und Frequenzen um 3 GHz erzeugen, um im 
Frequenzbereich der Antenne zu bleiben (Dipol oder rotierender 
dielektrischer Stielstrahler).
Das scheint mir physikalisch unmöglich.

Auch A. Bauer berichtet nichts darüber:
http://www.cdvandt.org/Naxos95nw.pdf

von HST (Gast)


Angehängte Dateien:

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Das war nicht "Naxos", sondern das "Metox" Gerät.

Neben dem Einsatz von neuerem cm-Radar führte aber hautptsächlich die 
Einpeilung des regen Funkverkehrs der Boote zu deren erfolgreichen 
Bekämpfung ("Huff-Duff" d.h. HF-Kreuzpeilung). Einmal grob eingepeilt 
(20sm Radius), hatten die keine Chance mehr.

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