Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik HF Unterdrückung bei Impedanzwandler


von A. B. (brewnera)


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Hallo zusammen,

einige Fragen zur angehängten Schaltung. Es handelt sich dabei um die 
Schaltung einer aktiven Elektrode des OpenEEG Projekts.
Damit soll, wie der Name schon sagt, ein EEG aufgenommen werden. Die zu 
erwartenden (und für mich interessanten) Signale werden sich im 
µV-Bereich bewegen und haben eine Frequenz von ca. 8-30Hz. Der Ausgang 
dieser Schaltung wird an den Eingang eines Differenzverstärkers 
angeschlossen (Kabellänge ca. 1m). Die Schaltung soll mir kurz gesagt 
ermöglichen Elektroden mit einer höheren Impedanz zu verwenden (d.h. 
kein Kontaktgel auf der Kopfhaut). Prinzipiell spielt die 
HF-Unterdrückung nicht so eine große Rolle, da der ADC nach dem 
Differenzverstärker ohnehin einen Tiefpass bei 128Hz bekommt, aber ich 
würde die Schaltung trotzdem gerne verstehen.

Die beiden Widerstände R1 und R2 dienen klarerweise zur Strombegrenzung. 
Warum man aber einen Widerstand R4 am Ausgang des OPV nimmt, ist mir 
nicht klar. Der Eingang des Differenzverstärkers am anderen Ende hat ja 
ohnehin einen sehr großen Eingangswiderstand, der den Strom begrenzt.

C1 und C2 leiten offensichtlich höherfrequente Signale gegen Masse ab, 
aber wozu brauche ich R3? Sollen über R3 und C2 hochfrequente Signale 
vom Ausgang des OPV gegen Masse abgeleitet werden? (Warum auch immer die 
dort vorhanden sein sollten).

Und noch eine Frage zur Stützung der Versorgung: braucht man dafür 
wirklich drei Kondensatoren C3, C4 und C5? C3 und C4 sollten doch schon 
mehr als genug sein, oder? Die Z-Diode mit 6.2V macht meiner Meinung 
auch keinen Sinn, wenn ich eine bereits stabilisierte Versorgung von 5V 
habe, bei der die 6.2V Z-Diode noch nicht mal in ihrem Arbeitsbereich 
ist.

Bin für jede Hilfe dankbar! :-)

: Bearbeitet durch User
von Marian (phiarc) Benutzerseite


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A. Brewner schrieb:
> Warum man aber einen Widerstand R4 am Ausgang des OPV nimmt, ist mir
> nicht klar.

Stichwort Terminierung.

von Helge A. (besupreme)


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Da war einer etwas ängstlich. Wahrscheinlich tun es auch nur 2 
Kondensatoren für die Versorgungsspannung.

Laß die Z-Diode drin. Du weißt nie, in welcher Reihenfolge Person 
(Sonde) und der billige Klinkenstecker angestöpselt werden.

HF-Dämpfung brauchst du bei so einem in der Landschaft verteilten System 
an jeder Verstärkerstufe. Sonst mißt jeder OPAMP immer die 
Leuchtstofflampe, das Telefonnetz und den nächstgelegenen Radiosender 
mit. Das willst du nicht.

Vielleicht mißt du aber auch überhaupt nichts. Der Gleichtaktbereich vom 
TL06X ist nit berauschend, und das Meßobkekt (Person, Sonde) liefert 
irgendeine Spannung, wahrscheinlich um 0V.

von Achim S. (Gast)


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ja, bei dieser Schaltung kann man sich an einigen Stellen fragen, was 
genau sich der Designer gedacht hat.

Das größte Fragezeichen sehe ich bei der Verwendung eines TL062 mit 5V 
single supply. Wenn das überhaupt funktionieren sollte, dann nur in 
einem engen Band um 2,5V herum. Und ich kann nicht erkennen, wie das 
Eingangssignal in diesem engen Band gehalten wird.

A. Brewner schrieb:
> Warum man aber einen Widerstand R4 am Ausgang des OPV nimmt, ist mir
> nicht klar.

Vielleicht um dem OPV von der Kabelkapazität zu isolieren. 1m Kabel 
können in der Größenordnung 100pF liegen, und manche OPV zicken bei 
solchen kapazitiven Lasten schon rum (der TL062 aber normalerweise 
nicht).

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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A. Brewner schrieb:
> Und noch eine Frage zur Stützung der Versorgung: braucht man dafür
> wirklich drei Kondensatoren C3, C4 und C5? C3 und C4 sollten doch schon
> mehr als genug sein, oder? Die Z-Diode mit 6.2V macht meiner Meinung
> auch keinen Sinn, wenn ich eine bereits stabilisierte Versorgung von 5V
> habe, bei der die 6.2V Z-Diode noch nicht mal in ihrem Arbeitsbereich
> ist.

Die Z-Diode fungiert als Überspannungsschutz. Eigentlich sinnlos ohne 
eine SIcherung in der Versorgung, weil bei nicht-transienter 
Überspannung einfach die Z-Diode abfackelt.
D1 und D2 sind Begrenzer, PGS1 und PGS2 sind jeweils ESD-Schutz.

C4 ist 47u, wahrscheinlich Elko. Der puffert die Spannung einfach 
zwischen wegen der langen Zuleitung. Man packt meistens eh auf jede 
Baugruppe so 47-1000 µF an die Versorgungen.

C3 und C5 sind dann wohl Kerkos. Möglicherweise kann man auch nur C5 
bestücken. Vielleicht auch nicht, je nach den Erfordernissen. Gefühlt 
müsste einer eigentlich reichen, der TL062 ist ja nicht so schnell und 
hier geht es ja um quasi-Gleichspannung

von Tom K. (ez81)


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Achim S. schrieb:
> Und ich kann nicht erkennen, wie das
> Eingangssignal in diesem engen Band gehalten wird.
Das scheint die driven right leg electrode zu erledigen. Das Gefummel 
mit VGND, AGND, VREF ist etwas unübersichtlich.

von Kai K. (klaas)


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Die Beschaltung um R3 ist kritisch: Für große Quellimpedanzen zeigt die 
Schaltung extremes Ringing und eine starke Tendenz zur Instabilität. 
Offenbar sollen mit dieser bizarren Mitkopplung NF-Spannungsabfälle über 
C1 und damit Leckströme klein gehalten werden? Aber lieber gleich einen 
leckstromarmen Cap nehmen (z.B. FKP2) und ihn zwischen R1 und R2 nach 
Masse schalten, als so eine Sollbruchstelle in die Schaltung einbauen. 
Außerdem fließt über PGS1 ein um Größenordnungen größerer Leckstrom.

Wozu soll denn überhaupt PGS1 dienen? ESD-Schutz? Macht man lieber mit 
einem hochohmigen RC-Glied. Defibri-Schutz? Lieber mit 
Gasentladungsröhre und hochohmigen RC-Glied.

Zwischen D2 und PGS2 fehlt ein Widerstand.

Warum sind R1 und R2 so niederohmig?

Ein TL062 mit einer +5V Speisung macht keinen Sinn.

von A. B. (brewnera)


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Danke für die Hilfe!

Helge A. schrieb:
> Laß die Z-Diode drin. Du weißt nie, in welcher Reihenfolge Person
> (Sonde) und der billige Klinkenstecker angestöpselt werden.
Guter Tipp, danke.

Achim S. schrieb:
> Das größte Fragezeichen sehe ich bei der Verwendung eines TL062 mit 5V
> single supply. Wenn das überhaupt funktionieren sollte, dann nur in
> einem engen Band um 2,5V herum. Und ich kann nicht erkennen, wie das
> Eingangssignal in diesem engen Band gehalten wird.

Die EEG-Signale werden sich im Bereich von 50µV bewegen. Wenn im 
Fehlerfall höhere Spannungen auftreten und der OPV in Sättigung geht, 
erkennt man das sowieso schnell an den ADC-Werten.

Marian B. schrieb:
> Stichwort Terminierung.

Sind die 100 Ohm willkürlich gewählt? Die Kabelkapazität formt mit 
diesem Widerstand einen Tiefpass, dessen Grenzfrequenz ich im Vorhinein 
aber nicht kenne.

Aus 
http://www.analog.com/library/analogDialogue/archives/39-05/Web_Ch6_final_I.pdf 
S. 6.49:
Output resistor RX in this circuit should be 10 ohms or more, to isolate 
the buffer from capacitive loading. For an extra safety margin against 
possible de-stabilization due to capacitive loads, make this resistor as 
high as feasible from a voltage loss point of view.

Heißt also, man musst es mehr oder weniger einfach ausprobieren und 
schauen, ob es so passt?

Kai Klaas schrieb:
> Ein TL062 mit einer +5V Speisung macht keinen Sinn.

Steuert der OPV hier nicht um ca. 2.5V herum aus? Wie gesagt, es stört 
mich hier nicht, dass ich nur einen kleinen Amplitudenbereich am Ausgang 
zur Verfügung habe.

Funktionieren tut die Schaltung jedenfalls in vielen EEG-Systemen, 
allerdings verstehe ich den HF rejection Teil noch nicht wirklich.
Und wäre es nicht besser, wenn man hier einen TL072 Low Noise Opamp 
verwendet, wenn ich so kleine Signale erwarte?

von nochwas (Gast)


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Wie/weshalb bleibt die Eingangsspannung im Bereich um 2.5V herum?

von A. B. (brewnera)


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nochwas schrieb:
> Wie/weshalb bleibt die Eingangsspannung im Bereich um 2.5V herum?

Ich meinte nicht die Eingangsspannung, sondern dass die Ausgangsspannung 
um ca. die Mitte zwischen 0 und 5V aussteuern sollte, sonst fehlt mir ja 
immer ein Teil, wenn die Eingangsspannung <0 wird, oder?

von nochwas (Gast)


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Die Ausgangsspannung sollte ja der Eingangsspannung folgen... also 
sollte schon die Eingangsspannung in diesem Bereich sein.

von A. B. (brewnera)


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nochwas schrieb:
> Die Ausgangsspannung sollte ja der Eingangsspannung folgen... also
> sollte schon die Eingangsspannung in diesem Bereich sein.

Da geb ich dir recht. Ich meinte damit, dass der Ausgang einen Offset 
von 2.5V haben sollte, damit ich bei unipolarer Versorgung sowohl 
positiv als auch negativ austeuern kann (weil eben positive und negative 
Signale am Eingang auftreten).

von ArnoR (Gast)


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A. Brewner schrieb:
> damit ich bei unipolarer Versorgung sowohl
> positiv als auch negativ austeuern kann (weil eben positive und negative
> Signale am Eingang auftreten).

Was du mit deiner Schaltung oben natürlich vergessen kannst. Der TL062 
arbeitet Eingangs- und Augangsseitig  nicht mal in der Nähe von 0V und 
schon gar nicht darunter.

Warum machst du es nicht einfach so wie die Originalschaltung bei 
OpenEEG?  Es hat schon seinen Grund das die dort einen geeigneten OPV 
und eine geteilte Stromversorgung nehmen.

http://users.dcc.uchile.cl/~peortega/ae/

von Tom K. (ez81)


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ArnoR schrieb:
> Es hat schon seinen Grund das die dort einen geeigneten OPV
> und eine geteilte Stromversorgung nehmen.

Die driven right leg Elektrode hält den Körper (und den 
Eingangsspannungsbereich der Elektrode) auf 2V ggü AGND:
http://openeeg.sourceforge.net/doc/modeeg/modEEGdigital-v1.0.png (hier 
kommen die 2V her)
http://openeeg.sourceforge.net/doc/modeeg/modEEGamp-v1.0.png (unten 
links wird die durchschnittliche Spannung aller Elektroden auf 2V 
geregelt.)

Der TL062 ist natürlich trotzdem nicht sehr sinnvoll, ein 
Single-Supply-Typ geht aber in der Schaltung, wenn die Elektroden am 
modEEGamp hängen.

von Kai K. (klaas)


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>Steuert der OPV hier nicht um ca. 2.5V herum aus?

Nur wenn er auch am Eingang 2,5V bekommt. Die Schaltung ist schließlich 
ein Spannungsfolger, gibt man Ausgang also heraus, was sie am Eingang 
bekommt.

>Funktionieren tut die Schaltung jedenfalls in vielen EEG-Systemen,...

Man kann auch ein Rad nur mit einer Schraube am Auto festmachen. 
Funktioniert auch irgendwie.

>...allerdings verstehe ich den HF rejection Teil noch nicht wirklich.

Das ist ganz einfach. Nimm an, am Eingang kommt eine Gleichspannung oder 
ein Niederfrequenzsignal mit einer Momentanspannung von 2,5V. Dann hast 
du die auch am Ausgang vom OPamp, weil die Schaltung ein Spannungsfolger 
ist. Also lädt sich auch C2 auf 2,5V auf. C1 hat deshalb auf beiden 
Seiten 2,5V und ist somit spannungslos. Also fließt durch ihn kein 
Leckstrom. Auf diese Weise kann man den "+" Eingang des OPamps sehr 
hochohmig halten. Das ist eine Art aktives "Guarding". R3 macht 
natürlich keine "HF rejection", sondern lädt nur die "rechte" Seite von 
C1 auf 2,5V auf.

Das Problem bei dieser Schaltung ist, daß durch diese Rückkopplung eine 
Mitkopplung gebildet wird, die den Verstärker instabil macht, zumindest 
aber ein großes Ringing verursacht, wenn die Quellimpdeanz der Schaltung 
groß ist. Das ist fast immer bei diesen Aktiv-Guarding-Schaltungen so: 
In der "Theorie" scheint das prima zu funktionieren aber in der Realität 
sind die Schaltungen teilweise hochgradig instabil.

>Sind die 100 Ohm willkürlich gewählt? Die Kabelkapazität formt mit
>diesem Widerstand einen Tiefpass, dessen Grenzfrequenz ich im Vorhinein
>aber nicht kenne.

Es geht hier lediglich darum, den Ausgang des OPamp von der kapazitiven 
Last des Kabels zu isolieren. Aufgrund er endlichen Ausgangsimpedanz des 
OPamp bewirkt die kapazitive Kabellast eine Phasendrehung ("phase lag") 
in der Gegenkopplung, die die "phase margin" des OPamp aufzehrt und ihn 
instabil macht. R4 mindert diesen Effekt und hält den OPamp stabil.

von Ulrich (Gast)


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Einen 100 pF Kondensator kriegt man auch mit genügend kleinen 
Leckströmen - jedenfalls weniger als den der Dioden / Zenerdioden am 
Eingang. Wenn schon das aktive Guard, dann sollte man auch die 
Schutzelemente mit Treiben. Der Sinn ist hier vermutlich auch mehr um 
die Eingangskapazität wenigstes bei den niedrigen Frequenzen klein zu 
halten. Da durch das der Kondensator am Ausgang hängt ändert sich die 
Spannung über den Kondensator in erster Näherung auch nicht. Nur bei 
hohen Frequenzen kann der OP dem nicht folgen und auch R3 und C2 
begrenzen hier die Bandbreite. Da ist der Kondensator dann voll wirksam 
und kann HF Abblocken.

von Alexxx (Gast)


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Der TL062 als Puffer mit Verstärkung 1  ist ein (zusätzlicher) 
Rauschgenerator der Extraklasse.
Den finde ich selbst als Anfängerprojekt daneben.
Da gibt's moderne, die auch geringes 1/F-Rauschen haben. Die machen die 
µV sauber und sind rail-rail -  Z.B. sog. zero-Drift-OPAs

von Kai K. (klaas)


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>Der TL062 als Puffer mit Verstärkung 1  ist ein (zusätzlicher)
>Rauschgenerator der Extraklasse.

Wenn das Aktiv-Guarding nur halbwegs Sinn machen soll, dann müssen die 
Quellimpedanzen der Elektroden größer als 10M sein. Da ist das Rauschen 
eines TL062 schon vernachlässigbar.

Bei so großen Quellimpedanzen könnten man R1 und R2 erheblich vergrößern 
und C1 deutlich verkleinern. Dann hätte man eine ausreichende 
NF-Wiedergabe und HF-Unterdrückung auch ohne Aktiv-Guarding.

Aber der TL062 ist trotzdem völlig ungeeignet. Hätte man sich mal die 
Mühe gemacht ins Datenblatt zu schauen, dann hätte man gefunden, daß bei 
+/-15V Versorgungsspannung die garantierte Gleichtakteingangsspannung 
bei nur +/-11V liegt, also von jeder Rail 4V entfernt. 8V von der 
Gesamtversorgungsspannung sind also futsch. Was macht dann so ein TL062 
wohl bei einer 0V...+5V Speisung??

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