Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Nepper, Schlepper Bauernfänger mit dem Köder "Unternehmenskultur"r


von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, Ihr Engagierten um den "Erfolgsfaktor Unternehmenskultur",

da ist die Gefahr von Schummelei extrem hoch. Weil wohl jeder im 
Management von diesem Erfolgsfaktor gehört hat, aber niemand so recht 
erklären kann, wie er diesen beherrsche könnte:

„Das Verständnis von Unternehmenskultur ist so unterschiedlich wie die 
beteiligten Personen, die den Begriff verwenden.“ („Unternehmenskultur - 
ihre Rolle und Bedeutung – Studie 2009/2011“. Kienbaum Management 
Consultants 2010)

„Das Verständnis von Unternehmenskultur ist so unterschiedlich wie die 
beteiligten Personen, die den Begriff verwenden.“ („Unternehmenskultur - 
ihre Rolle und Bedeutung – Studie 2009/2011“. Kienbaum Management 
Consultants 2010 [1])

Also darf sich jeder zum Gutachter aufschwingen und seine persönliche 
Messlatte erfinden, an der er dann den "besten Arbeitgeber" ausruft.
Also darf auch jeder Beratungsleistungen um die Unternehmenskultur 
anbieten - aber bevor er Euch was andreht, wendet Euer Qualitätsdenken 
auf sein Angebot an!


Eine gute Unternehmenskultur ist gar kein erstrebenswertes Ziel, so 
lange ihre Qualität nicht zugleich auch die Wettbewerbsfähigkeit 
verbessert und die Aussichten auf Zukunft des Arbeitsplatzes.

"In Schönheit starb" so manches Unternehmen, das sich zuvor noch seiner 
tollen Kultur gerühmt hatte.

Ein viel besseres Kriterium zur Auswahl des nächsten Arbeitgebers ist 
dessen Wettbewerbsfähigkeit - und was er in deren weiterer Verbesserung 
investiert.


Überall wird nur mit Wasser gekocht, gelegentlich aber auch mit heißer 
Luft.

Ciao
Wolfgang Horn

von Cha-woma M. (Firma: --------------) (cha-ar-196)


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Also "Unternehmenskultur" war schon vor 25 Jahren ein "Thema" bei den 
Unternehmensberatern.
Also nix neues unter der Sonne, auch nicht an einem regnerischen Tag im 
Mai 2014!

von Kulturbeauftragter (Gast)


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Wolfgang Horn schrieb:
> Eine gute Unternehmenskultur ist gar kein erstrebenswertes Ziel

Wieso denn das?

Ich denke mal jeder würde lieber in einer Firma arbeiten in der er sich 
wohlfühlt, als in einer wo er sich nicht wohlfühlt. Das ist doch mit 
"guter Unternehmenskultur" gerade gemeint. Wenn sehr viele Angestellte 
einer Firma sagen, die Unternehmenskultur dort sei gut, dann ist sie es 
auch.

von Bitflüsterer (Gast)


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Na ja. Wie man so schön sagt: Die Verwendung macht die Waffe und nicht 
das Ding an sich. Man darf wohl davon ausgehen, das dieser Begriff wie 
so viele inzwischen auch, häufig ein Euphemismus geworden ist.

Die erste Anwendung allerdings dürfte wohl eher so auf der Ebene liegen, 
bei der ein Besucher gedacht hat: Sag' ich dem Boß nun, das man mal die 
Scheisse im Klo wegputzen sollte oder das die Unternehmenskultur im 
Bereich der Ruheräume eine Aufwertung gebrauchen könnte.

von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, Cha-woma M.,

> Also "Unternehmenskultur" war schon vor 25 Jahren ein "Thema" bei
> den Unternehmensberatern.

Richtig, Peters und Waterman hatten mit dem Bestseller "Auf der Suche 
nach Spitzenleistungen" die Geldgeber richtig kirre gemacht.

Die Themen "Stein der Weisen", "El Dorado" und "Perpetuum mobile" ähneln 
Vampiren - bis sie endgültig gepfählt sind, tauchen sie immer wieder 
auf, wenn schon wieder einer auf dem "letzten Loch" pfeift und kein 
seriöser "Berater" mehr weiter weiß. Dann ist halt die Zeit der 
unseriösen Geisterbeschwörer.

Mich ärgert, wer deren Honorare dann wieder herein arbeiten muss.
Mich ärgert auch die Bigotterie im Qualitätsverständnis - wir Ingenieure 
- ich bin ja auch ein - sollen Qualität liefern, werden notfalls sogar 
wegen fahrlässiger Tötung angeklagt, aber im Bereich der Soft Facts ist 
jede Sauerei erlaubt.

Ciao
Wolfgang Horn

von Wolfgang H. (Gast)


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Danke, Kulturbeauftragter,

>> Eine gute Unternehmenskultur ist gar kein erstrebenswertes Ziel
>
> Wieso denn das?
>
> Ich denke mal jeder würde lieber in einer Firma arbeiten in der er sich
> wohlfühlt,

Das schon, keine Frage. Ein Vorteil ist, wenn diejenigen, die sich wohl 
fühlen, deswegen auch flotter voran kommen. Vor allem im Miteinander 
kommen wir gemeinsam schneller voran und fühlen uns wohler als im 
Gegeneinander.

Denn die Zukunft des eigenen Arbeitsplatzes hängt von der Zukunft der 
eigenen Firma im Wettbewerb ab. Für Bewerber ist daher die
Aussicht auf Zukunft wichtiger als die Aussicht auf Wohlgefühl.

Kennst Du einen Mannschaftssport, wo man sich in Training und im 
Wettkampf so wohl fühlen kann wie im Ferienclub? Kaum.

Für gut halte ich eine Unternehmenskultur, wenn die Arbeitnehmern ihren 
Söhnen und Töchtern die eigene Firma empfehlen.
Aber noch lange nicht, weil am Empfangsthresen eine Urkunde verkündet: 
Das psychologische Institut hat in Reihenbefragungen ermittelt: Dieser 
Arbeitgeber gehört zu den beliebtesten in dieser Stadt!

Ciao
Wolfgang Horn

von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, Bitflüsterer,

> Na ja. Wie man so schön sagt: Die Verwendung macht die Waffe und
> nicht
> das Ding an sich. Man darf wohl davon ausgehen, das dieser Begriff wie
> so viele inzwischen auch, häufig ein Euphemismus geworden ist.

Schau Dich nur um, wer Dienstleistungen zur Unternehmenskultur anbietet, 
was er genau anbietet und mit welchen Werkzeugen er arbeitet.
Wenn Du wirklich gemein werden willst, dann frag ihn, wie er sicher 
stellt, dass sein Kunde bekommt, was er diesem zugesagt hatte.

> Die erste Anwendung allerdings dürfte wohl eher so auf der Ebene liegen,
> bei der ein Besucher gedacht hat: Sag' ich dem Boß nun, das man mal die
> Scheisse im Klo wegputzen sollte oder das die Unternehmenskultur im
> Bereich der Ruheräume eine Aufwertung gebrauchen könnte.

Natürlich hinterlassen braune Schleifspuren einen Eindruck. Aber der 
gehört doch eher zur Sauberkeit als zu dem, was man nicht anders fassen 
kann als mit einer esoterische Bezeichnung.

Ciao
Wolfgang Horn

von Pendragon (Gast)


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>Mich ärgert, wer deren Honorare dann wieder herein arbeiten muss.


Bist du als "Berater" mit deiner Akademie für natürliche Führung oder so 
ähnlich nicht mit dem gleichen Schlangenöl unterwegs?


>notfalls sogar wegen fahrlässiger Tötung angeklagt,

Wieviele Fälle sind dir für 2013 bekannt?

von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, Pendragon,

> Bist du als "Berater" mit deiner Akademie für natürliche Führung oder so
> ähnlich nicht mit dem gleichen Schlangenöl unterwegs?

Unterwegs schon, Snake Oil nein.

Zur Minimierung der Werbung: Wie konnten unsere Urahnen schon gemeinsam 
sammeln und jagen zu einer Zeit, als deren Schädel noch zu winzig waren 
für Begriffe oder gar Managementlehren?

Weil schon ihre Urahnen Grundfähigkeiten des Miteinander in der 
Evolution entwickelt hatten.

Mit der Ingenieurfrage "wie funktioniert das?" lassen sich diese 
aufklären. Damit auch die Mysterien "Psyche", "Charisma", "Teamgeist" - 
und auch "Unternehmenskultur" rational als rationale Prozesse zwischen 
Menschen.

Die Grundprozesse kann jeder an sich selbst beobachten, er kann sie auch 
selbst prüfen - das sind die Voraussetzungen für Qualität.

>>notfalls sogar wegen fahrlässiger Tötung angeklagt,
>
> Wie viele Fälle sind dir für 2013 bekannt?
Ich dachte dabei an die Katastrophe der Gletscherbahn Kaprun. Die 
Anklage hielt einen fehlerhaften Heizlüfter für die Ursache - wäre sie 
damit durchgekommen, hätte es einen Konstrukteur treffen können.


Ciao
Wolfgang Horn

von Pendragon (Gast)


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>Zur Minimierung der Werbung:

Machst du jetzt vergleichende Werbung? Die Konkurrenz schlecht machen, 
um dann selber in strahlenderem Licht zu stehen?

>Damit auch die Mysterien "Psyche", "Charisma", "Teamgeist" -
>und auch "Unternehmenskultur" rational als rationale Prozesse zwischen
>Menschen.

Das ist jetzt einfach nur eine pseudokritische Aneinanderreihung von 
Buzzwords.

>Die Grundprozesse kann jeder an sich selbst beobachten, er kann sie auch
>selbst prüfen - das sind die Voraussetzungen für Qualität.

Hättest du zur Veranschaulichung mal ein konkretes Beispiel?

>Ich dachte dabei an die Katastrophe der Gletscherbahn Kaprun.

Das war 2005. Lt. Wikipedia wurde auch die Geschäftsführung der 
Gletscherbahn angeklagt.

von Wolfgang H. (Gast)


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H, Pendragon,

> Machst du jetzt vergleichende Werbung? Die Konkurrenz schlecht machen,
> um dann selber in strahlenderem Licht zu stehen?
Das ist eine Nebenwirkung der Aufklärung. (Die im Sinne von Galilei, 
Descartes und Pascal.)

> Das ist jetzt einfach nur eine pseudokritische Aneinanderreihung von
> Buzzwords.
Die Wertung "pseudokritisch" ist so berechtigt, wie ich Werbung vermeide 
und daher auch Details.


> Hättest du zur Veranschaulichung mal ein konkretes Beispiel?

1. Schon unseren Urahnen war alles angeboren, was sie brauchten, um im 
Miteinander weit mehr erreichen zu können als eine gleich starke Horde 
Opportunisten oder gar Zerstrittener.
Sonst hätten sie nicht überlebt gegenüber Einzelkämpfern.
Diese Fähigkeiten sind aber keine Bringschuld, wie manche Träumer über 
soziale Kompetenzen von Mitarbeitern verlangen, sondern kommen nur unter 
passenden Umständen auf. Für diese muss der Vorgesetzte sorgen. Dazu 
gehören Fairness seitens des Arbeitgebers und auch die Disziplinierung 
der Unfairen.

2. Charisma, die legendäre Gabe olympischer Götter, die herausragende 
Führungskräfte machte. Diese angebliche Gabe ist keine Gabe, auch keine 
Eigenschaft, sondern ein Können:
Charisma, natürliches: Wir orientieren uns gern nach dem, der uns 
dorthin führt, wo wir selbst hin wollen – wenn wir meinen, unter seiner 
Leitung sparen wir mehr Mühen als unter der jedes anderen, der verfügbar 
ist.
Sie ist nichts anderes als kluger und weitblickender Egoismus - sowohl 
Mitarbeiter als auch ihr Vorgesetzter wollen unnötige Mühen sparen.
Aber sie ist verboten durch vermeintliche Gutmenschen, die jede Art von 
Egoismus verteufeln.

Die Erkenntnisse sind nicht neu. Sie finden sich auch in der Bibel. Die 
Aufklärung hat dieser aber die Glaubhaftigkeit genommen. Das, was in 
unseren Genen liegt, das muss nun eine Sprache formuliert werden, die 
heute verständlich und glaubhaft ist.
Und es war sehr viel Arbeit, eine Form der Erklärung zu finden, die 
sogar Dilberts Manager versöhnen kann.


>> Kaprun
> ... wurde auch die Geschäftsführung der Gletscherbahn angeklagt.
Ja, auch.
Es geht mir hier weniger um das Schicksal der Berufe, sondern um diesen 
Unterschied:
a) Ein Verstoß gegen eine DIN oder eine Regel im 
Qualitätsmanagementhanbuch ist nachweisbar, kann im Schadensfall zu 
einer Klage und zu einer Verurteilung führen.
b) Burnout kann auch zum Tode führen. Aber wegen des "Soften" in den 
"Soft Facts" dürfen ie Opfer auch noch schuldig sein.

Ciao
Wolfgang Horn

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