Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik TS912: Frequenzgangdarstellung im Datenblatt richtig verstehen


von Alexander G. (grossmann200)


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Hallo,

ich beschäftige mich gerade mit Bode-Diagrammen bei Operationsverstärker 
(Stichwort Phasenrand, Amplitudenrand etc.).

Eine kurze Frage:
Im Datenblatt des TS912 (http://www.mikrocontroller.net/part/TS912) 
findet sich das auch hier als Bild angehängte Diagramm.

Lese ich das richtig:
- wenn ich keinen Rückkopplungszweig anlege (=Open-Loop), bietet mir der 
TS912 im DC-Fall eine Verstärkung von 40dB. Also eigentlich ist die 
Frage: das Diagramm zeigt die Open-Loop-Gain, oder?

- mich würde nun besonders die Frequenz interessieren, bei der die 
Phasendrehung 180° beträgt. Gibt es einen besonderen Grund, warum der 
Phasengang nicht soweit gezeichnet wurde/wird?

- der Phasengang beschreibt doch die Phase der Ausgangsspannung zur 
Eingangsspannung. Da die Ausgangsspannung doch hinterherhinkt, müsste 
dann die Y-Achse bei der Phase nicht negativ sein (also -45°, -90° 
usw.)?

: Bearbeitet durch User
von MaWin (Gast)


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Alexander G. schrieb:
> das Diagramm zeigt die Open-Loop-Gain, oder?

Ja.

> Gibt es einen besonderen Grund, warum der
> Phasengang nicht soweit gezeichnet wurde/wird

Gain bereits unter 1.

> müsste dann die Y-Achse bei der Phase nicht negativ sein

Alles eine Definitionsfrage.

von Alexander G. (grossmann200)


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Besten Dank! Das hilft schon viel weiter!
(es ist immer gut wenn man schon mal gewisse Fehlerquellen ausschließen 
kann.)

von Helmut S. (helmuts)


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> Lese ich das richtig:
- wenn ich keinen Rückkopplungszweig anlege (=Open-Loop), bietet mir der
TS912 im DC-Fall eine Verstärkung von 40dB. Also eigentlich ist die
Frage: das Diagramm zeigt die Open-Loop-Gain, oder?

Nein!

Da steht doch Avcl=100, Rlast=10k, Clast=100pF

Somit könnte das Rückkopplungsnetztwerk z. B. aus einem 99kOhm und einem 
1kOhm gewesen sein um v=100 zu bekommen.

von Alexander G. (grossmann200)


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Helmut S. schrieb:
> Da steht doch Avcl=100, Rlast=10k, Clast=100pF


uppss ..

mir war/ist nicht ganz klar wofür Avcl steht. Ich vermute jetzt mal für 
einen Verstärkungsfaktor, herbeigeführt durch einen Rückkopplungszweig. 
Richtig?

Wenn dem so ist, wie erhalte ich dann die Open-Loop-Gain (muss also wohl 
Gehrinschmalz investieren ... wahrscheinlich kann man es irgendwie 
zurückrechnen ... also zuerst nochmal nachdenken. Ist vielleicht total 
simple ... aber zu viele Bäume gerade im Wald :-) )

: Bearbeitet durch User
von Possetitjel (Gast)


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Alexander G. schrieb:

> mir war/ist nicht ganz klar wofür Avcl steht.

Nun ja, ich deute "Avcl" ganz kühn als
"amplification - voltage - closed loop".

von Helmut S. (helmuts)


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Das Diagramm zeigt das Verhalten als Verstärker x100. Allerdings ist es 
Unsinn dann bei v=1 die phae margin abzulesen da ja nur 1/100 der 
Spannung zurückgekoppelt wird.

von Alexander G. (grossmann200)


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Possetitjel schrieb:
> "amplification - voltage - closed loop".

oh mann-o-mann, tja' da muss ich gerade über mich selber lachen
 :-) :-)

von Alexander G. (grossmann200)


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Helmut S. schrieb:
> Allerdings ist es
> Unsinn dann bei v=1 die phae margin abzulesen

nein, nein. Ich will aus dem Diagramm nicht direkt den Phasenrand 
ablesen. Ich beschäftige mich gerade ganz allgemein mit Regelkreisen. 
Und wollte nun für einen offenen Regelkreis mir die Verstärkung des OP 
und dann die für einen Rückkopplungszweig ansehen, um die 
Gesamt-Schaltungsverstärkung bei der kritischen Freq. von -180° 
(nicht-invertierende Rückkopplung) anzusehen. Hierzu hat mir nun aber 
das Bode-Diagramm für den OP im offenen Regelkreis gefehlt (bzw. fehlt 
mir immer noch, bzw. komme gerade nicht drauf, wie ich mir dieses aus 
dem Datenblatt ableiten kann).

: Bearbeitet durch User
von Ralph B. (rberres)


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Alexander G. schrieb:
> der Phasengang beschreibt doch die Phase der Ausgangsspannung zur
> Eingangsspannung. Da die Ausgangsspannung doch hinterherhinkt, müsste
> dann die Y-Achse bei der Phase nicht negativ sein (also -45°, -90°
> usw.)?

Würde ich auch so sehen. Vermutlich wurde das - vergessen.

Phasenverläufe sind egal ob Tiefpass oder Hochpass eigentlich immer mit 
der Frequenz fallend.

Beim Tiefpass von 0° bis - xx° beim Hochpass von  xx° bis 0 °

Bei einer Verstärkung von Null sollte die Phasenverschiebung nicht mehr 
als -135° sein, damit der gegengekoppelte Verstärker sich noch halbwegs 
aperiodisch benimmt. ( die Differenz zu den -180° nennt sich Phasenrand 
).

Üblicherweise fällt bei einen Operationsverstärker die Verstärkung im 
offenen Gegenkopplungskreis ab relativ tiefen Frequenzen mit 20db/Dekade 
ab.

Ralph Berres

von Helmut S. (helmuts)


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Ich bin überrascht von der Simulation. Man kann tatsächlich auch bei 
v=100 die open loop Phasenreserve ablesen. Siehe Simulation mit LTspice. 
Den zip-file in einen Ordner, z. B. C:\Test entpacken. Dann den 
Schaltplan (.asc ) öffnen und "RUN" drücken.

LTspice ist ein kostenloses SPICE Simulationsprogramm von www.linear.com

Nachtrag zu meiner vorherigen Antwort:
> Das Diagramm zeigt das Verhalten als Verstärker x100.
> Allerdings ist es Unsinn dann bei v=1 die phae margin
> abzulesen da ja nur 1/100 der Spannung zurückgekoppelt wird.

Das nehme ich zurück und behaupte das Gegenteil. :-)

: Bearbeitet durch User
von Ralph B. (rberres)


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Der Phasenrand ist mit 30° in diesem Beispiel aber schon knapp bemessen.

Ralph Berres

von Alexander G. (grossmann200)


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Ralph Berres schrieb:
> Der Phasenrand ist mit 30° in diesem Beispiel aber schon knapp bemessen.

Ganz kurz, nur im mein gerade schwer erlerntes gegenzuprüfen:

Du hast bei 0dB anhand des Amplitudenganges die Freq. 800KHz gefunden 
und dann für diese Frequenz dir den Phasengang angesehen, und kamst so 
auf eine Phasenverschiebung von -150°.

Dann hast du dir gesagt "-180° will ich auf gar keine Fall und dies als 
die kritische Frequenz angesehen. -180° - (-150°) = -30° = der 
Phasenrand.

Richtig?

von HildeK (Gast)


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@Helmut S.
Was bedeutet denn die Bezeichnung "99k ac {RAC}" an R3?
Festwert 99k für Transient- und Parameter RAC für AC-Analyse?

von Alexander G. (grossmann200)


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Alexander G. schrieb:
> Dann hast du dir gesagt "-180° will ich auf gar keine Fall

-180° als kritische Freq. bei nicht-invertierender Rückkopplung und dann 
würde man -360° bei einer invertierenden Rückkopplung ansetzen. Richtig?

... wäre schön wenn diese Überlegungen zutreffend wären :-)

: Bearbeitet durch User
von Helmut S. (helmuts)


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> 99k ac {RAC}

Normalerweise hat der Widerstand 99kOhm in allen Analysearten von 
LTspice. Der Entwickler hat sich nun gedacht, dass es hilfreich wäre für 
die AC-Analyse den Wert unterschiedlich zu der Analyse für den 
Arbeitspunkt zu machen. Genau das macht diese Erweiterung.

Beispiel: normal 10k, aber in der .AC Analyse 1000k

10k ac 1000k


Die angehängte Datei und das Bild zeigen wie man die Loopgain-Analyse 
macht. Genau die ist gefragt, wenn es darum geht ob ein Verstärker 
stabil ist. Dazu muss bei 0dB die Phase betragsmäßig kleiner -180° sein. 
Die Differenz zu -180° ist die Phasenreserve.

Beim TS912 sind das hier
v=1 Phasenreserve 30°
v=10 Phasenreserve 81°
v=100 Phasenreserve 89°

Man sieht sehr schön, dass eine große Verstärkung bei der Phasenreserve 
hilft.

von Alexander G. (grossmann200)


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Helmut S. schrieb:
> Die Differenz zu -180° ist die Phasenreserve.

Liege ich richtig, dass man die Differenz zu -180° bei 
nicht-invertierender Rückkopplung nimmt, dass aber bei einer 
invertierenden Rückkopplung die Differenz zu -360° von Interesse ist.
(mir erscheint das irgendwie logisch ... aber frage jetzt doch besser 
nochmals nach).

: Bearbeitet durch User
von Helmut S. (helmuts)


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Schau dir an wo die AC-Quelle AC 1 bei dem loopgain Test liegt. Die ist 
im Rückführungszweig. Da redet man nicht mehr von invertierend oder 
nicht invertierend. Was man aber sieht ist, dass Verstärkung -1 
äquivalent zu Verstärkung +2 ist, wenn man die Stabilität betrachtet.

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