Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Selektivität bei in Reihe geschalteten Leitungsschutzschaltern (B16 - Z4)


von Martin W. (Gast)


Lesenswert?

Ich möchte gerne drei Geräte mit einer Leistung von jeweils ca. 500W 
hinter einem einem bestehenden B16-LS nochmal separat absichern.
Der Defekt (Kurzschluss) eines Gerätes soll nicht die Funktion der 
anderen beeinflussen.

Wie sieht es mit der Selektivität aus, wenn ich jetzt drei LS 4A mit 
Z-Kennlinie hinter den einen B16 schalte?
Löst beim Kurzschluss nur der erste (Z4) aus oder dann beide (auch der 
nachgeschaltete B16)?

Ich kann (darf) leider an der Stromversorgung (mit dem B16-LS) nichts 
verändern. Die Zuleitung zum Schaltschrank (mit den Z4-LS) ist 3G2,5 und 
ca. 8m lang.

von Ga R. (garath)


Lesenswert?

Schau dir mal die Auslösekennlinie an und nehme einen Kurzschlussstrom 
von 20*Nennstrom an. Welche Sicherungen lösen dann gleichzeitig aus?

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/bd/Standard-Auslösekennlinie.svg/500px-Standard-Auslösekennlinie.svg.png
--> alle
Du siehst, eine Selektivität im Kurzschlussfall ist garnicht so einfach.

Du könntest jedoch eine flinke oder super-flinke Feinsicherung 
verwenden, die sollte imho schneller reagieren.

von walTTer (Gast)


Lesenswert?

Der Praktiker rechnet bei B und Z Charakteristik mit Faktor 3 für den 
Kurzschlussstrom.
B 16-> 48A
Z 4  ->12A

Also alles im grünen Bereich

Elektrikergeselle

von Lothar S. (loeti)


Lesenswert?

In der Praxis muss man bei einen echten Kurzschluss dennoch damit 
rechnen das beide Automaten auslösen da die Verzögerungszeit vom 
Auslösen bis zum vollständigen Trennen der Z 4 Automaten durchaus 
ausreichend sein kann die B 16 auszulösen.
Bei einer Überlastung, durch einen Einschaltstrom z.B., ist die Aussage 
vom Elektrikergesellen allerdings richtig.

Elektroniker

von Thomas (kosmos)


Lesenswert?

Ich habe vom Keller jedes Stockwerk mit 3xC32A abgesichert(weniger als 
Absicherung wollte nur noch mal extra Schaltmöglichkeit) wenn irgendwo 
ne B16 o. C16 fällt fällt der C32 im Keller ebenfalls die Hauptsicherung 
E32A vor dem Zähler hält hingegen. Bin da bei Hager noch nicht findig 
geworden, ein 3poliger Schalter würde es bei mir auch tun.

: Bearbeitet durch User
von Ga R. (garath)


Lesenswert?

walTTer schrieb:
> Der Praktiker rechnet bei B und Z Charakteristik mit Faktor 3 für den
> Kurzschlussstrom.
> B 16-> 48A
> Z 4  ->12A
>
> Also alles im grünen Bereich

Es gibt keinen Faktor für Selektivität bei normalen 
Leitungsschutzschaltern. Es gibt den Faktor 1,6 bei den Neozed und 
_Diazed Schmelzsicherungen, und es gibt die Nachbildung dieser 
Sicherungsart als selektiven Hauptschalter der verzögert auslöst(E32A).

Zuverlässig funktioniert walters Methode nur, wenn der 
Leitungswiderstand unzulässig hoch ist. Bei 8 Meter 2,5mm² ist das eher 
nicht der Fall. Wenn die Automaten richtig funktionieren lösen sie bei 
Kurzschluss beide aus. Die Energie reicht auch bei Produktstreuung aus, 
da noch Energie durch den Lichtbogen fließt, während ein Automat 
eigentlich schon am abschalten ist.

Die richtige Lösung ist einzig eine passende Feinsicherung oder eine 
andere für deinen Zweck geeignete Absicherung. Nochmal zum mitschreiben: 
Selektivität bei normalen LS gibt es nicht, das machen die Neozed und 
Diazed-Sicherungen.

P.S. Ich lasse mich natürlich gerne widerlegen, dann aber bitte mit 
Fakten die ich nachlesen kann.

von Wolf (Gast)


Lesenswert?

Kannst du lesen im VDE-Band 143 "Schutz bei Überlast u. Kurzschluss in 
elektrischen Anlagen".
Seite 118: "Auch die Auslösewerte von Leitungsschutzschaltern liegen - 
wie die der Schmelzsicherungen - innerhalb eines Toleranzbandes. Die 
vordere Kennlinie des Toleranzbandes wird als Haltekennlinie (Haltewert, 
Halte-strom), die hintere als Auslösekennlinie (Auslösewert, 
Auslösestrom) bezeichnet."

Selektivität kann doch auch innerhalb derseben Charakteristik erreicht, 
indem der übernächst kleinere Wert gewählt wird.
Z-Charakteristik 2..3 I_nenn
B-Charakteristik 3..5 I_nenn.

von Florian V. (florianv)


Lesenswert?

Das Problem ist, das ein Leitungsschutzschalter eine kleine Zeit für den 
Abschaltvorgang benötigt. Selbst wenn der magnetische Schnellauslöser 
bereits die Schwelle zum Abschalten erreicht hat, kann bis zur 
Unterbrechung der Strom noch weiter ansteigen. Wie hoch ist von der 
Schleifenimpedanz, ohmsch wie induktiv, abhängig. Dabei kann durchaus 
die Abschaltschwelle des vorgeschalteten Leitungsschutzschalters 
überschritten werden.

Ein selektiver Leitungsschutzschalter löst dieses Problem durch ein 
Verzögerungsglied im Schnellauslöser. Erst wenn der Überstrom eine 
gewisse Dauer überschreitet, wird abgeschaltet.

von Ga R. (garath)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Wolf schrieb:
> Selektivität kann doch auch innerhalb derseben Charakteristik erreicht,
> indem der übernächste kleinere Wert gewählt wird.
> Z-Charakteristik 2..3 I_nenn
> B-Charakteristik 3..5 I_nenn.
 Das steht so aber nicht in der VDE, oder ich kanns zumindest nicht 
glauben, dass etwas derartig falsches da steht. Ich besitze leider kein 
Exemplar der VDE.
Es kommt immer darauf an, wo du Selektivität erreichen willst. Was du da 
versuchst ist Selektivität im Überstrom-Fall. Das funktioniert auch 
wunderbar. Nur der Kurzschluss-Fall spielt sich in einem ganz anderen 
Bereich ab. In der Praxis wird da mit Verzögerung-Gliedern gearbeitet. 
Alternativ gibts noch die guten alten NeoZET und DiaZET, damit geht so 
etwas auch.


Auszug aus "Grundlagen Leistungsschalter" von Klöckner Möller. Gibts als 
PDF download.
>Den Kurzschlussschutz übernehmen die unverzögerten elektromagnetischen
>Auslöser. Für Selektivitätsaufgaben zum nachgeschalteten
>Kurzschlussschutzorganen sind Leistungsschalter mit kurzverzögerten Über-
>stromauslösern vorzusehen.


Ich hab dir zum Verständnis in ein Bildchen reingemalt, wo der 
Kurzschlussstrom anschlägt, vielleicht wird dir dann das Problem klarer.

Da wir als Letzt Sicherung schon einen B16 Automaten haben, und dieser 
auch nicht verändert werden darf, kann mit kleineren Automaten keine 
Selektivität im Kurzschluss-Fall hergestellt werden. Mit einer 
Feinsicherung müsste das gehen, ich habe dafür die Berechnungsgrundlagen 
nicht parat. Flink sollte sie sein, und etwas über 2,4 Ampere machen 
Sinn.

von Wolf (Gast)


Lesenswert?

Etwas zu meiner Entlastung.
Aus dem VDE-Band 45 "Elektroinstallation in Wohngebäuden":
"Selektivität zwischen zwei LS ist für den Kurzschlussfall sehr begrenzt 
erreichbar.
Die magnetische Schnellauslösung des jeweiligen Schalters wirkt ab einem 
vorgegebenen Vielfachen des Nennstroms. Aus diesem Grund besteht nur 
Selektivität bis zu einer Höhe des Kurzschlussstroms unterhalb des 
Ansprechwerts des Elektromagnetauslösers des vorgeschalteten LS."

Kein passendes Beispiel des Autors Schmolke.
"Beispiel: Ein LS-Schalter Typ B mit einem Nennstrom von 16A ist mit 
einem LS-Schalter Typ B mit einem Nennstrom von 25A in Reihe geschaltet. 
Zwischen diesen Schaltern herrscht Selektivität bis zu einer Höhe des 
Kurzschlussstroms von 5 x 25A = 125A.
Bei Kurzschlussströmen über 125A werden mit hoher Wahrscheinlichkeit 
beide auslösen."

"Genau genommen liegt die Selektivitätsgrenze je nach Schaltertyp, 
Hersteller und Nennstrom noch um etwa 50% bis 100% höher. Die 
LS-Schalter aus dem Beispiel werden wahrscheinlich eine 
Selektivitätsgrenze von etwa 190A bis 250A aufweisen, wenn sie vom 
selben Hersteller gefertigt wurden. Dies liegt daran, dass der Schalter 
mit dem kleineren Nennstrom den Strom etwas früher als Kurzschlussstrom 
registriert und deshalb etwas früher abzuschalten beginnt. Dadurch 
verändert er den Verlauf des Kurzschlussstroms. Dieser Verlauf fällt für 
den Schalter mit dem höheren Nennstrom etwas flacher aus. Dadurch wird 
die Selektivitätsgrenze zusätzlich ein wenig angehoben."

Ob der Autor das auch mal praktisch ausprobiert hat?
Auf eine Mischung der LS-Schalter-Typen geht er gar nicht ein.

von Harald W. (wilhelms)


Lesenswert?

ga rp schrieb:

> Selektivität bei normalen LS gibt es nicht,

Zumindest wohl nicht in der Form, das ein schwächerer LS "schneller" 
ist.

von Ga R. (garath)


Lesenswert?

Elektriker haben von Selektivität soviel Ahnung wie von 
Summenstrom-wandlern. --> Irgendwo was gelesen, irgendwo eine VDE 
aufgeschnappt, alles einmal durch den Wolf gedreht und nun hat man einen 
Elektriker mit Fachwissen. Hab ich oft genug erlebt, sogar bei 
Fachschul-Lehrern.

Ich kann dich nur nochmal auf das Bildchen hinweisen. Links vom roten 
Kringel gibt es begrenzte Selektivität, die bezieht sich aber nur auf 
das Überstrom-Verhalten. Bei Kurzschluss ist das einfach Falsch--> siehe 
roter Kringel.

: Bearbeitet durch User
Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.