Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Overshoot und Stabilität von LM6172 OP-Amp?


von Control:Eng (Gast)


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Hallo Community,

erneut sitze ich vor einem kleineren Problem, das ich theoretisch noch 
nicht ganz nachvollziehen kann.

Zum Einsatz kommt ein schneller LM6172 OPAMP.

Eigentlich brauche ich nur eine schlichte Impedanzwandlung. Da ich aber 
kapazitive Last am Ausgang habe neigt das Teil zum schwingen.

Daher habe ich mich für eine Lead-Kompensation entschieden und diese 
ausgelegt.

Mit meiner Auslegung kriege ich mein Schwingen raus und das Teil wird 
stabil. Was aber bleibt ist ein beträchtlicher Overshoot. Ich habe 
verschiedene Kombination von R und C's probiert aber das Problem lässt 
sich nicht wirklich beheben.

Nun aber das interessante:
Nehme ich einen invertierenden Verstärker mit Verstärkungsfaktor -1 und 
220k Widerständen, so ist kein Overshoot mehr zu sehen und ich kriege 
eine sehr gute Sprungantwort.

Wenn ich mir das Datenblatt vom TL082 ansehen dann zeigt Seite 8 auch 
dort, dass man weniger Überschwingen beim Betrieb als invertierender 
Verstärker hat.


Meine Frage daher:

Ist das immer so und kann ich auf beim LM6172 davon ausgehen dass es so 
ist?

Und warum habe ich beim invertierenden Verstärker weniger Überschwingen? 
Was ist der Wirkmechanismus dahiner?


Danke fürs Lesen und viele Grüße!

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Control:Eng schrieb:
> Und warum habe ich beim invertierenden Verstärker weniger Überschwingen?

Das ist ganz einfach: Beim Impedanzwandler (Verstärkung 1) ist der
Gegenkopplungfaktor 1, beim Invertierer (Verstärkung -1) nur 0,5, also
halb so groß. Je geringer der Gegenkopplungfaktor, umso geringer ist die
Schwingneigung. Da ist bei jedem Opamp (zumindest bei den VFB-Typen) so.

Bau dir einen nichtinverterenden Verstärkung mit Verstärkung 2 auf und
nimm die gleichen Widerstände wir beim Invertierer, dann wirst du ein
ähnlich gutes Einschwingverhalten feststellen.

: Bearbeitet durch Moderator
von Control:Eng (Gast)


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Hallo,

danke für die Antwort!

Wie kann man sich erklären, dass der Overshoot bei geringerem 
Rückkopplungsfaktor (das Beta in den typischen Zeichnungen als 
Blockdiagramm oder?) auch geringer ist?

Für mich spricht ein kleinere Rückkopplungsfakor für eine schwächere 
"Gegenkopplung" und ich hätte daher mehr Overshoot vermutet.

Beste Grüße!

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Das Überschwingen kommt daher, dass auf Grund von Tiefpässen im
Rückkopplungskreis und der damit verbundenen Phasenverschiebung aus der
Gegenkopplung (zumindest fast) eine Mitkopplung wird. Je stärker das
rückgekoppelte Signal abgeschwächt wird (bspw. wie üblich durch einen
Spannungsteiler), desto weniger macht sich diese unerwünschte 
Mitkopplung
bemerkbar.

von ArnoR (Gast)


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Control:Eng schrieb:
> Für mich spricht ein kleinere Rückkopplungsfakor für eine schwächere
> "Gegenkopplung" und ich hätte daher mehr Overshoot vermutet.

Du versuchst dabei das Gleichstromverhalten auf hohe Frequenzen 
anzuwenden. Das geht schief, weil sich die Gegenkopplung infolge von 
Phasendrehungen in Richtung Mitkopplung verändert und damit die 
Schwingneigung verstärkt.

von Control:Eng (Gast)


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Hohe Frequenzen weil ein idealer Sprung harmonische sehr hoher Ordnung 
enthält?

Mitkopplung würde ja bedeuten, dass meine Phasenreserve negativ ist?

Aber genau diesen Effekt möchte ich durch meine Kompensation ja 
vermeiden, indem ich noch eine geeignete Nullstelle in den Kreis 
einfüge.

Zudem: Wenn wirklich Mitkopplung vorliegen würde, so wäre es doch nicht 
möglich, dass sich der OPV noch ausregelt oder?

Leider habe ich das alles irgendwie noch nicht so richtig verstanden :(

von ArnoR (Gast)


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Control:Eng schrieb:
> Hohe Frequenzen weil ein idealer Sprung harmonische sehr hoher Ordnung
> enthält?

Harmonische sehr hoher Ordnung sind nicht nötig, es reicht wenn die 
Grundwelle hochfrequent genug ist und vielleicht noch 3 Harmonische 
dazukommen, das sieht dann auch schon gut rechteckig aus.

> Wenn wirklich Mitkopplung vorliegen würde, so wäre es doch nicht
> möglich, dass sich der OPV noch ausregelt oder?

Du musst das Verhalten des OPV in Abhängigkeit von der Frequenz 
betrachten. Bei niedrigen Frequenzen ist die unerwünschte Phasendrehung 
praktisch=0 und es liegt reine Gegenkopplung vor. Der OPV ist daher in 
der Lage, seinen Gleichstromarbeitspunkt auszuregeln.
Bei höheren Frequenzen nimmt die Phasendrehung immer weiter zu und 
irdendwann wird vielleicht die Schwingbedingung erfüllt und dann 
oszillert der OPV mit der Frequenz um seinen Arbeitspunkt.

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