Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Gilbert-Zelle ansteuern


von Tobias P. (hubertus)


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Hallo Analogtechnikfreunde,
habe ein 'interessantes'Problem. Und zwar möchte ich eine Gilbert-Zelle 
als Multiplizierer verwenden. Ich möchte nur niedrige Frequenzen 
verarbeiten, praktisch DC multiplizieren...
Die Gilbert-Zelle habe ich diskret aus 6x BC546 aufgebaut und am Oskar 
sieht es ungefähr so aus, als ob sie funktionieren würde! wo ich mir 
aber nicht sicher bin: wie steuere ich die Differentiellen Eingänge 
richtig an? die Betriebsspg. sei 10V und ich möchte max. +/-1V 
multiplizieren können. Wie gehts richtig?

Gruss
Tobias

von Arno H. (arno_h)


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Hast du die Datenblätter und vor allem AppNotes der Fertiglösungen mal 
angeschaut?
S042, SA502/512, MC1496 und HFA3101 mal als unvollständige Auflistung.

Arno

von Tobias P. (hubertus)


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Hallo Arno

ja, habe mich derweil begonnen in die Datenblätter usw. der bekannten 
Mischer einzulesen. Leider ist mir noch immer nicht ganz klar, wie ich 
aus meinem Single Ended DC-Signal ein differentielles Signal bekomme, 
was geeignet ist, um den Mischer (die Gilbert-Zelle) anzusteuern. Im 
Tietze-Schenk habe ich natürlich geblättert, aber dort wird nicht so 
genau drauf eingegangen, wie gross man den Strom wählen soll für die 
Differenzverstärker und wie gross man die beiden Emitterwiderstände und 
die Kollektor-Arbeitswiderstände machen soll. Ich habe da einfach mal 1k 
genommen, für die Emitterwiderstände 100 Ohm. Der Mischer macht auf 
jeden Fall was :-) aber ob das passt, keine Ahnung. Werde heute (evtl. 
erst morgen ... ) ein paar Scope-Bilder machen.

von Jörg E. (jackfritt)


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Auf wikipedia steht was von möglichst symmetrisch aufgebaut. Evtl haben 
deine bauteile zu große streuungen?

von Tobias P. (hubertus)


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Hallo,

ja klar, es ist wie bei jedem Differenzverstärker, die Transistoren 
sollten möglichst wenig streuen. Meine streuen natürlich schon, weil ich 
nicht gematchte Transistoren habe, sondern einfach 6 Stück aus der 
Schublade genommen habe :-)

Ich denke mein Problem sind vorerst auch nicht die Streuungen, sondern 
wie ich das DING wirklich dazu bekomme, mir zwei Spannungen zu 
multiplizieren.

Offenbar sind also alle Eingänge differentiell. Da taucht mir schon die 
Frage auf, ob ich jeweils den einen Anschluss an Masse anhänhen darf, 
und nur am anderen Anschluss was einspeise? oder muss ich die Eingänge 
auch wirklich differentiell ansteuern?

Dann weiter, muss da noch ein Offset mit dazu oder spielt der 
tatsächlich keine Rolle, weil alles differentiell ist?


Gruss
Tobias

von karadur (Gast)


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Hallo

mal abgesehen davon das die Transistoren nicht ausgemessen sind stell 
doch mal deinen Schaltplan vor. So kann man nur raten.

von Tobias P. (hubertus)


Angehängte Dateien:

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Hallo
ja stimmt das wollte ich auch noch machen.
Siehe Anhang, da sieht man jetzt auch von welchen Emitterwiderständen 
ich spreche und welche Stromquelle ich meine.

Gruss

von karadur (Gast)


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Hallo

der Strom deiner Quelle legt z.B. den Hub deiner Ausgänge fest. Mit 2mA 
hast du an 1k max. 2V Änderung. Von 8V nach 10V.

Bei Eingang 2 kannst du eine Leitung auf GND legen wenn du symmetrisch 
um GND die 2te Leitung steuerst. Wie das mit Eingang 1 aussieht kann ich 
auf die Schnelle nicht beantworten.

Für eine Mischung 2er Rechtecksignale könnte die Schaltung zum Spielen 
funktionieren. Wenn du analog multiplizieren willst sicher nicht.

von Tobias P. (hubertus)


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Hallo
danke für die schnelle Auskunft.
Was müsste man denn ändern damit man analog multiplizieren kann? Der 
Tietze Schenk sagt, dass es geht. Gewisse Analogmultiplizierer, die man 
kaufen kann, funktionieren meines Wissens auch nach dem Prinzip, oder 
nicht?

Gruss

von Possetitjel (Gast)


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Tobias Plüss schrieb:

> Leider ist mir noch immer nicht ganz klar, wie ich aus
> meinem Single Ended DC-Signal ein differentielles Signal
> bekomme, was geeignet ist, um den Mischer (die Gilbert-Zelle)
> anzusteuern.

Ähh... ein invertierender Verstärker mit OPV?

> [...] wie gross man den Strom wählen soll für die
> Differenzverstärker und wie gross man die beiden
> Emitterwiderstände und die Kollektor-Arbeitswiderstände
> machen soll. Ich habe da einfach mal 1k genommen, für
> die Emitterwiderstände 100 Ohm.

Passt doch:

Angenommen, die Stromquelle liefert 20mA.

Diese 20mA teilen sich im Ruhepunkt der Schaltung symmetrisch
auf die beiden Zweige auf; macht also 10mA*100Ohm=1V an jedem
Emitterwiderstand.

Durch jeden Kollektorwiderstand fließen auch 10mA; das Ruhe-
potenzial am Ausgang ist also 0V.

Einziger Haken: Es sind nur negative Eingangsspannungen zulässig.
Wenn Du das ändern willst, musst Du den Stromquellenstrom kleiner
wählen - dann wandert das Ausgangsruhepotenzial nach oben;
allerdings wird der Aussteuerbereich kleiner.

von Possetitjel (Gast)


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Tobias Plüss schrieb:

> Was müsste man denn ändern damit man analog multiplizieren kann?

Nichts.

> Der Tietze Schenk sagt, dass es geht.

Meiner Meinung nach muss das auch gehen, klar. - Probiere es doch
einfach; miss nach und berichte :-)

> Gewisse Analogmultiplizierer, die man kaufen kann, funktionieren
> meines Wissens auch nach dem Prinzip, oder nicht?

Sicher.

Beim Probieren musst Du nur zwei Dinge beachten:

1) Die Summe aus Eingangsspannungsbereich und Ausgangsspannungsbereich
ist immer ungefähr gleich der Betriebsspannung (bei Dir also 20V).
Logisch: Die Basis-Spannung muss immer unter der Kollektorspannung
liegen.
(Ich weiss, dass meine Aussage nicht völlig korrekt ist; bitte jetzt
nicht wegen der 0.6V streiten. Die spielen bei 20V Ub keine Rolle.)

2) Dein Multiplizierer ist stark asymmetrisch. Die unteren Eingänge
sind aufgrund der Gegenkopplung wesentlich unempfindlicher als die
oberen. Oben würde ich mal mit 5mV Differenzspannung anfangen; unten
können es gut 50mV oder 100mV sein.

Ausgänge natürlich nicht belasten (=hochohmig messen); bei Übersteuerung
wird die Kennlinie zunehmend krumm, die Multiplikation stimmt also nicht
mehr.

von Tobias P. (hubertus)


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Hallo,
o.k. ich versuchs mal. Das Multiplikationsergebnis wird vermutlich einen 
Offset haben und noch skaliert sein, richtig? Also eigentlich wünsche 
ich mir ja, simpel ausgedrückt, folgendes:

Ich geb am einen Eingang 5V rein, am anderen 2V und bekomme am Ausgang 
10V
oder 5V und -2V und ich bekomme -10V ... halt eine Multiplikation ;-)
und dieser Multiplizierer wird vermutlich ein Ergebnis liefern der Form

wobei a, b, c Konstanten sind und u_1 und u_2 die beiden 
Eingangsspannungen sind. ISt meine Vermutung richtig?

Mich wundert jetzt auch nicht mehr, dass ich gestern nur Mist raus 
bekommen habe bei meinen Messungen - meine Gilbert-Zelle war 
hoffnungslos übersteuert, ich bin da mit Spannungen im einstelligen 
Voltbereich drauf gegangen und jetzt sagst du es sollten mV sein :-) 
(gut, es leuchtet eigentlich ein, weil ein normaler Differenzverstärker 
braucht ja auch keine grossen Differenzen.)

von karadur (Gast)


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Hallo

mit 6 beliebigen Transistoren aus der Kiste wird das nix.  Q1 und Q2 
sollten gepaart sein und die Transistoren Q3-Q6 auch.

Auf einem Chip sind die Transistoren gleich.

von Harald W. (wilhelms)


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Tobias Plüss schrieb:

> Was müsste man denn ändern damit man analog multiplizieren kann?

ICs verwenden. Es gibt viele Schaltungen, die nur in ICs und nicht
mit Einzelbausteinen funktionieren, da man es wohl nur innerhalb
von ICs schafft, zwei Bauelemente mit gleichen Daten herzustellen.
Gruss
Harald

von Reinhard (gotbread)


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Hallo,

natürlich kann man mit 6 nicht gematchten Transistoren so ein Ding
aufbauen, die Performance wird zwar nicht überragend sein, aber
es funktioniert. Da du DC multiplizieren willst wird deine
Biaseinstellung etwas kniffelig werden.

Deiner Schaltung nach zu urteilen mit der 3.3V Zenerdiode wird ca.
2.7mA Strom durch das Gebilde fließen. R4 hat noch keinen Wert
bei dir, versuch mal in der Gegend von 3k.

Die Eingänge sind differenziell, da du aber eine echte "Stromquelle"
und keinen einfachen Widerstand nutzt ist die Gleichtaktspannung
nicht so schlimm. Heißt im Endeffekt du kannst das Ding unsymmetrisch
ansteuern.

Dazu würde ich bei der unteren Stufe den einen Transistor auf z.b.
-5V klemmen. Bei dem anderen legst du an sich -5V + U1 an, hier
würde es sich aber anbieten noch einen kleinen Offset reinzubringen
bis durch beide Transistoren der selbe Strom fließt (zum testen kannst
du einfach beide Kollektor auf +10V hängen und dann abgleichen).
Ist aber nicht unbedingt nötig da du Symmetrierwiderstände nutzt.

Die oberen Transistoren würde ich 0V und auf 0V + offset + U2 klemmen.
Auch hier kann man wieder den Offset so einstellen dass der Fehler
minimal wird.

Die Spannung am Ausgang ist ebenfalls differenziell, daher bietet sich
hier an mit einem Opamp (z.b. Subtrahierer) das Signal in ein
unsymmetrisches zu transformieren. Wie bereits gesagt wirst du damit
nicht die beste Genauigkeit hinbekommen, für einen Versuch reicht
es aber auf jeden Fall :)

von Possetitjel (Gast)


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Vorbemerkung: Zu Funktionsweise und Abgleich eines Vier-Quadranten-
Multipliziereres mal in den Tietze/Schenk gucken; dort ist das
erklärt.

[Ich sortiere mal bissl um.]

Tobias Plüss schrieb:

> Also eigentlich wünsche ich mir ja, simpel ausgedrückt, folgendes:
>
> Ich geb am einen Eingang 5V rein, am anderen 2V und bekomme am
> Ausgang 10V oder 5V und -2V und ich bekomme -10V ... halt eine
> Multiplikation ;-)

Logo. Wobei Du die Recheneinheit (implizit) zu 1V gewählt hast.

Bei Deiner Schaltung ist die Recheneinheit
a) kleiner und
b) bei beiden Eingängen verschieden.

Den Grund hatte ich schon erwähnt; das ist offenbar etwas
untergegangen: Der "untere" Differenzverstärker ist durch
zwei mal 100 Ohm emittergegengekoppelt, so dass im Zusammenspiel
mit den 1k-Kollektorwiderständen eine 10fache Verstärkung
resultiert.
Die "oberen" Differenzverstärker sind jedoch nicht gegengekoppelt;
die Differenzverstärkung liegt schätzungsweise deutlich über 100.

Um noch im linearen Bereich zu bleiben, war meine Empfehlung: Oben
eine Eingangsspannung in der Größenordnung 10mV; unten 100mV.

Alternative: Du versiehst auch Q3 bis Q6 jeweils mit einem
Emitterwiderstand. 100Ohm ist schon nicht schlecht.

Den Strom (Q7) würde ich übrigens zu 10mA...20mA wählen (-> R3
deutlich verkleinern.) Der Knotenpunktsatz gilt auch für ganze
Schaltungen: Der Strom durch Q7 teilt sich auf R5 und R6 auf;
bei 2.5mA (wie bei Dir) gilt U_R5 + U_R6 = 2.5V. Dein
Aussteuerbereich ist also winzig. --> Mehr Strom!

> Das Multiplikationsergebnis wird vermutlich einen Offset haben
> und noch skaliert sein, richtig?

Ja.

> und dieser Multiplizierer wird vermutlich ein Ergebnis liefern
> der Form
>
> Y = a*u_1 + b*u_2 + C
>
> wobei a, b, c Konstanten sind und u_1 und u_2 die beiden
> Eingangsspannungen sind. ISt meine Vermutung richtig?

Nein - denn das wäre ein Addierer :-)

Eher so: Y = A*u1*u2 + B*u1 + C*u2 + D

> Mich wundert jetzt auch nicht mehr, dass ich gestern nur Mist
> raus bekommen habe bei meinen Messungen - meine Gilbert-Zelle
> war hoffnungslos übersteuert,

Richtig.

> ich bin da mit Spannungen im einstelligen Voltbereich drauf
> gegangen und jetzt sagst du es sollten mV sein :-)
> (gut, es leuchtet eigentlich ein, weil ein normaler
> Differenzverstärker braucht ja auch keine grossen Differenzen.)

Wie schon gesagt: Die Gegenkopplung macht den Unterschied. - Zur
Wahl der Spannungen hat Reinhard Seibt schon Erhellendes gesagt.

von Possetitjel (Gast)


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Tobias Plüss schrieb:

> Offenbar sind also alle Eingänge differentiell.

Ja.

> Da taucht mir schon die Frage auf, ob ich jeweils den einen
> Anschluss an Masse anhänhen darf,

Nein.
Du darfst EINEN Deiner vier Eingänge auf Masse legen.

Du darfst allerding von JEDEM differenziellen Paar EINEN Eingang
auf ein jeweils passend gewähltes festes Potenzial legen. Also
z.B.: Die Basis von Q2 auf -6V, die Basen von Q4/Q5 auf -3V.

> und nur am anderen Anschluss was einspeise?

Ja.
Bei meinen Werten hätte Eingang 2 einen Offset von -6V; Eingang 1
einen Offset von -3V. Also z.B. Basis von Q2 fest auf -6V (wie oben
vorgeschlagen), Basis von Q1 (variabel) auf -5.95V eingestellt;
Differenzeingangsspannung an Eingang 2 = +0.05V.

> oder muss ich die Eingänge auch wirklich differentiell ansteuern?

Nein.

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