Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frage an Regelungstechniker: Was heißt schnelle Regelung ?


von Josef (Gast)


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Hallo Leute,

vll. kann mir einer weiter helfen:

Immer wieder lese ich, das für gewisse Anwendungen eine SCHNELLE 
Regelung notwendig ist.

Was heißt hier eig. schnell ? Schnell ist doch relativ, oder ?

Weiterhin ist mit einer schnellen Regelung die Hardware zu teuer, warum 
das?

Vielen dank für eure Antworten.

von Robert (Gast)


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Hallo Josef,
ja, "schnell" ist relativ. Eine wirkliche Definition gibts dafür nicht.

Warum die HW teurer wird, kann man ohne Systemkenntnisse schlecht sagen. 
Eine Möglichkeit wäre, dass bei höherer Stellgeschwindigkeit größere 
Beschleunigungskräfte aufgewandt werden müssen, wodurch eine höhere 
Leistung und damit leistungsstärkere Bauteile notwendig sind.

Eine andere Möglichkeit wäre, schnellere Bauteile (Controller, 
Operationsverstärker, etc) zu benutzen, um die notwendigen Berechnungen 
ausreichend schnell hinzukriegen. Schnellere Bauteile wären dann wieder 
teurer!

Hoffe, geholfen zu haben!

Robert

von Jan H. (j_hansen)


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Josef schrieb:
> Was heißt hier eig. schnell ? Schnell ist doch relativ, oder ?

Genau. Das muss man dann im jeweiligen Kontext sehen.

> Weiterhin ist mit einer schnellen Regelung die Hardware zu teuer, warum
> das?

Diese Aussage ist so generell ("Hardware zu teuer") definitiv falsch.

von ArnoR (Gast)


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Josef schrieb:
> Immer wieder lese ich, das für gewisse Anwendungen eine SCHNELLE
> Regelung notwendig ist.
>
> Was heißt hier eig. schnell ?

Mal stark vereinfacht und nur meine Sicht:

In einem Regelkreis hast du einen Regler, eine Regelstrecke und eine 
Rückführung der Regelgröße (Streckenausgang) auf den Reglereingang. 
Damit das Gebilde stabil ist, muss ein gewisses Zeit- bzw. 
Frequenzverhalten vorliegen (Abfall der Schleifenverstärkung mit der 
Frequenz).

Dieses Verhalten kann vom Regler erzeugt werden, der dann aber das 
Gesamtverhalten verlangsamt, weil er ja viel langsamer als die Strecke 
sein muss.

Oder man macht den Regler extrem schnell (im Verhältnis zur Strecke) und 
nutzt zur Einstellung des Frequenzverhaltens die Eigenschaften der 
Strecke. Dann wird die Reaktionsgeschwindigkeit nicht künstlich 
reduziert.

von Purzel H. (hacky)


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In vielen (Nichtlinearen) Systemen nimmt die Komplexitaet mit steigender 
Geschwindigkeit zu. Dies weil gewisse stabile Subprozess auf der 
Zeitskala des langsamen Reglers bereits abgeklungen sind. Moechte man 
die auch beruecksichtigen, muss man sie erst mal messen koennen, 
modellieren & parametrisieren. Und dann muss das Stellglied das auch 
noch koennen.

Als Beispiel nehmen wir eine Heizungsregelung, mit mehreren 
Zeitkonstanten. Die schnellen Zeitkonstanten kann ich vernachlaessigen 
wenn ich einen langsamen Integrator laufen lasse und eine Einschwingzeit 
vergehen lasse.
Um die schnellen Zeitkonstanten zu Beruecksichtigen brauche ich 
wahrscheinlich zusaetzliche Sensoren, die erst mal am Prozess platziert 
werden muessen, sofern die Groesse denn ueberhaupt messbar ist. Falls 
die Groesse nicht messbar ist, kann man sie modellieren, das nennt man 
dann Beobachter.

Anstelle eines PID Reglers, an dem man ein Bisschen rumschraubt, ist so 
schnell mal eine Woche weg.

von Student (Gast)


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Hallo Leute,

anbei würde ich auch gerne wissen, was Ihr unter leistungsfähiger 
Regelungshardware - und Software versteht?


Was heißt Leistungsfähig ? Was für eine genauer hardware? Was für 
Software?

Vielen Dank.

von Falk B. (falk)


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@Josef (Gast)

>Was heißt hier eig. schnell ? Schnell ist doch relativ, oder ?

Ja, schnell in Relation zu den verschiedenen Zeitkonstanten einer 
komplexeren Regelstrecke.

Klassisches Beispiel ist die Kaskadenregelung von Motoren. Die kleinste 
Zeitkonstante haben die Motorwicklungen, irgendwas im Bereich von 
Mikrosekunden. Darum ist die Stromregelung eines Motors immer die 
schnellste, innere Regleschleife. Deutlich träger sprich langsamer ist 
die Drehzahl, dort hängt ja auch ordentlich Massenträgheit dran, da geht 
es eher um Millisekunden. Also greift dort die Drehzahlregelung. Noch 
langsamer ist dann die Positionsregelung (denn die Position ist das 
Integral der Drehzahl), beispielsweise beim Kopf eines Scanners, 
Tintenstrahldruckers etc. Da geht es eher um Dutzende und mehr 
Millisekunden.

Wenn man das NICHT mit einer Kaskadenregelung machen würde, wäre der 
Regler sehr langsam (nämlich so langsam wie die größte Zeitkonstante) 
und sehr undynamisch.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kaskadenregelung

http://elm-chan.org/works/smc/report_e.html

>Weiterhin ist mit einer schnellen Regelung die Hardware zu teuer,

Diese allgemeine, aus dem Zusammenhang gerissene Aussage ist schlicht 
unbrauchbar.

von Falk B. (falk)


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@ Student (Gast)

>anbei würde ich auch gerne wissen, was Ihr unter leistungsfähiger
>Regelungshardware - und Software versteht?

Eben solche, die ordentlich was leisten kann. Ein einfacher OPV reicht 
sicher für ne einfache Heizungsreglung, für eine hochdynamische 
Motorregelung sicher nicht.

>Was heißt Leistungsfähig ?

Hohe Bandbreite (Geschwindigkeit), kleine Reaktionszeiten, hohe 
Genauigkeit, Flexibilität, Robustheit.

>Was für Software?

Solche, welche auf Mikrocontrollern läuft und damit eine volldigitale 
Regelung ermöglicht. Wenn diese relativ wenig CPU-Leistung benötigt und 
damit Reserven hat bzw. noch andere Funktionen auf der CPU laufen 
können, dann ist das leistungsfähig. Wo einige Leute unbedingt einen 
200MHz, 32Bit  ARM Prozessor brauchen, weil sie faul oder unfähig sind 
die Software leistungsfähig zu gestalten, reicht anderen Leuten ein 
kleiner 8 Bit Prozessor.

von Ulrich (Gast)


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Ein analoger Regler ist nicht unbedingt langsam. Es war sogar eher so, 
dass digitale Regler früher mal eher langsamer waren. Heute gibt es aber 
auch sehr schnelle digitale Regler. Analoge Regler sind eher schwer für 
sehr langsame Prozesse mit Zeitkonstanten über einigen 10 Sekunden.

Teuer wird ein schnelle Regler Hardware nur wenn es auch absolut schnell 
wird, also etwa digital mit unter 1-10 µs Reaktionszeit oder analog über 
etwa 10 MHz Bandbreite.
Wenn man einen langsamen Prozess relativ schnell regeln will wird der 
Abgleich und die Auswahl des Reglers zunehmend schwieriger (es muss 
genauer sein, ggf. reicht einfach PID nicht mehr) und langwieriger 
(besonders für wirklich langsame Prozesse). Das ist dann die Anpassung 
des Reglers teuer, nicht so die Hardware, auch wenn es da hilft wenn die 
Hardware zusätzliche Funktionen (mehr oder weniger automatische 
Abgleich, ggf. zusammen mit externem PC) hat.

Kaskadenregler nutzt man nicht nur wegen der Geschwindigkeit, sondern 
teils auch wegen der Linearität: das eigentliche Stellglied kann damit 
linearisiert werden und auch so etwas wie Backlasch kompensiert werden.

von Student (Gast)


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Ok, super, vielen Dank erst mal für eure Antworten.

Sollte ich Fragen haben, melde ich mich.
Danke !

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