Forum: HF, Funk und Felder Induktivitätsmessung mit NWA


von Chris (Gast)


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Hallo liebe Kollegen,

ich habe hier ein paar Entstörwiderstände, deren Induktivität ich gern 
ermitteln würde. Dazu habe ich einen Agilent E5061B Netzwerkanalysator 
mit Impedanzanalyse-Option hier. Er ist ordentlich kalibriert und 
liefert für SMD-Induktivitäten mit kleinem Ohmschen Widerstandsanteil 
sehr gute Ergebnisse. Anders wird das, wenn ich meine Entstörwiderstände 
messen möchte. Diese sollen angeblich bei 1 MHz 15 µH und 2.2 kOhm 
haben. Die 2.2 kOHm werden akkurat ermittelt. Jedoch messe ich lediglich 
3.3 µH mit dem NWA. Ein ebenfalls vorhandenes LC-Meter ermitttelt rund 
13 µH. Kann es sein, dass der NWA auf Grund der starken Fehlanpassung 
(Reflektionsmessung) und dem im Vergleich zu R sehr kleinen jwL hier an 
seine Frenzen stößt?

Beste Grüße
Chris

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Ja das könnte der Grund sein. Was sagt denn das LC-Meter, wenn parallel 
zum Messobjekt 50 Ohm liegen?

von Chris (Gast)


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Hi,

46 Ohm und 0.1 µH...

von HST (Gast)


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Hallo Chris,

da du keine Messkurve des NWA eingestellt hast, kann ich nur raten. 
Könnte folgender Effekt sein:

Man misst keine reine Induktivität, sondern immer einen 
Parallelschwingkreis (Eigenkapazität). Das heißt, dass die scheinbare 
Induktivität mit steigender Frequenz abnimmt und bei Resonanz sogar Null 
wird. Darüber wird die Drossel sogar kapazitiv. Man muss daher L mit 
einer recht kleinen Frequenz im Vergleich zur Eigenresonanz messen, was 
bei einem LC-Messgerät normalerweise der Fall ist. Wie weit die hohe 
Dämpfung die Messung ebenfalls verfälscht, kann ich nicht beurteilen.

Gruß,  Horst

von Dieter J. (djac)


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Soweit ich die Sache verstehe, hat die Ausgangsimpedanz des VNA bzw. des 
Messkabels von annähernd 50 Ohm keinen Einfluss auf die Messung. Die 
Reaktanz (Induktivität/Kapazität) wird ja von der S11 Messung 
hergeleitet und die muss sich ja auf die Systemimpedanz der Quelle von 
50 Ohm beziehen. Abweichungen der Quellimpedanz von der Systemimpedanz 
werden durch die Kalibrierung berücksichtigt.

Die Lösung des Rätsels hat vermutlich HST dargestellt. Von daher mal 
über den gesamten Frequenzbereich S11 ermitteln. Die Resonanzstelle kann 
man erkennen. Die Messung von L muss dann weit unterhalb der 
Resonanzfrequenz im Smith Diagramm mit dem R+jX (nicht G+jX) Cursor 
erfolgen.

Gruß Dieter

von Chris (Gast)


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Hallo und vielen Dank bis hierher. Ich habe mal einen Plot der 
Induktivitätsmessung beigefügt. Die Resonanzstelle ist denke ich ganz 
gut erkennbar (zwischen 80 und 90 MHz). Die Messfrequenz von 1 MHz 
sollte daher in Ordnung sein?

Was mir noch einfällt: die Bauteilaufnahme ist für SMD-Elemente gedacht 
und hat direkt unter den Clips, die das Bauteil halten, eine Goldplatte, 
die auf Masse liegt. Da der Entstörwiderstand nicht geschirmt ist, kann 
es sein, dass diese Metallplatte Einfluss auf das sich ausbreitende 
Magnetfeld und damit die Induktivität hat?

Grüße
Chris

von Dieter J. (djac)


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Das Diagramm ist in der Tat sehr merkwürdig. Oberhalb von 1 MHz ist es 
plausibel und nachvollziehbar. Die parasitären Kapazitäten bilden 
zusammen mit der Induktivität einen Schwingkreis und oberhalb der 
Resonanzfrequenz überwiegt auf Grund der mit der Frequenz steigenden 
Verluste der Induktivität die kapazitive Komponente.

Aber der Verlauf bis etwa 700KHz ist rätselhaft. Unterhalb dieser 
Frequenz entspricht das Ersatzschaltbild der Serienschaltung einer 
Kapazität (negative Reaktanz) und eines Widerstandes. Das ist nicht 
nachvollziehbar.

Hast Du das Gerät vor der Messung auf die verwendete Messleitung hin 
kalibriert? Hast Du gegebenenfalls ein Delay von der Kalibrierebene bis 
zum Anschlusspunkt des Widerstandes berücksichtigt?

Was verstehst Du unter Entstörwiderstand? Wie ist der aufgebaut? Draht- 
oder Schichtwiderstand?

Gruß Dieter

von Chris (Gast)


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Ja, die Messung macht bei niedrigen Frequenzen absolut keinen Sinn. 
Kalibriert wurde ganz sauber mit dem passenden Agilent-Kit (Open, Short, 
resistive load, capacitive load). Messleitungen gibt es nicht, sondern 
ein Fixture mit der Klemm-Bauteilaufnahme. Dessen Einfluss ist als 
Paramatersatz explizit im Gerät hinterlegt, zusätzlich wurde nochmal an 
der Bauteilaufnahme mittels open und short kalibriert (genau nach 
Vorgabe von Agilent).

Entstörwiderstand = Zündentstörwiderstand. Im Prinzip ganz viel Draht um 
einen zylindrischen Körper gewickelt und an den Enden jeweils eine 
Metallkappe zur Kontaktierung.

von Kelvin Klein (Gast)


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Chris schrieb:

> Entstörwiderstand = Zündentstörwiderstand. Im Prinzip ganz viel Draht um
> einen zylindrischen Körper gewickelt und an den Enden jeweils eine
> Metallkappe zur Kontaktierung.

so?

http://www.wiko-elektronik.de/fileadmin/inhalte/dokumente/ABZEW_500-5k.pdf

Offensichtlich ein Drahtwiderstand. Im Ersatzschaltbild also eine Spule 
in Serie zu einem Widerstand und parallel zu dieser Serienschaltung die 
Windungs- und Kappenkapazität.

KK

von Silvio K. (exh)


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Wenn unklar ist, was die fixture von Agilent (oder seit neuem Keysight 
:-) da haben sich die BWLer wieder selbst übertroffen) macht, würde ich 
vorschlagen, es per Hand zu machen. Mich stört irgendwie das 1MOhm ganz 
unten im Screenshot...

1. einen Port kalibrieren
2. die betreffende Spule als Abschluss anschließen.
3. S-Parameter aufnehmen.
4. Z und dann L vs. f berechnen.

Beispiel:
  S11=0+0.95*%i;
  f=1e6;

  Z=50*(1+S11)/(1-S11);
  L=(imag(Z)/(2*%pi*f));
  R=real(Z);

Verluste:
 -->R
 R  =

    2.5624179

Induktivität:
-->L
 L  =

    0.0000079

Dann kommen so schnell auch keine negativen Induktivitäten raus.

: Bearbeitet durch User
von Chris (Gast)


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Hi,

du meinst, gar nicht erst ein Fixture verwenden, sondern direkt am 
Steckverbinder kalibriern und das Testobjekt dort auch anschließen?

Grüße
Chris

von Chris (Gast)


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Das 1 MOhm betrifft nur die Eingangsimpedanz der Gain-Phase-Messstrecke, 
die der NWA ebenfalls hat und die über separate BNC-Anschlüsse verfügt. 
Zusätzlich zu den Ports 1 und 2.

von Silvio K. (exh)


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Chris schrieb:
> du meinst, gar nicht erst ein Fixture verwenden, sondern direkt am
> Steckverbinder kalibriern und das Testobjekt dort auch anschließen?

Ja genau!

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