Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Können Minusstunden zur Kündigung führen?


von Minus (Gast)


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Hallo,

können Minusstunden Grundlage einer ordentlichen Kündigung sein?


Grüße

von Joachim B. (jar)


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ist die Frage ernst?

Arbeitsvertrag, Arbeitsstunden wer die nicht erbringt verstößt gegen den 
Vertrag, ausser es gibt dafür Regelungen.

von Peter X. (peter_x)


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Minus schrieb:
> können Minusstunden Grundlage einer ordentlichen Kündigung sein?

Du kennst scheinbar nicht die Statuten deines Arbeitsvertrages.

von Philip S. (psiefke)


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Grundsätzlich ist Dein Arbeitgeber verpflichtet dafür zu sorgen, dir 
ausreichend Arbeit zu geben, damit es nicht zu dieser Situation kommt. 
die Frage ist also: Wer trägt die Schuld an Deinen minusstunden? War zu 
wenig zu tun oder hast du dich nie blicken lassen?

von Ich (Gast)


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Minus schrieb:
> können Minusstunden Grundlage einer ordentlichen Kündigung sein?

Wer hat die Minusstunden verursacht?
Hast Dein Arbeitgeber dir keinen Auftrag gegeben?
Hattest Du zu viele Fehlstunden durch Bus verpasst, Stau, Arzttermine, 
...?

von Betrüger (Gast)


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Ich schrieb:
> Wer hat die Minusstunden verursacht?
> Hast Dein Arbeitgeber dir keinen Auftrag gegeben?
> Hattest Du zu viele Fehlstunden durch Bus verpasst, Stau, Arzttermine,
> ...?

ich habe nie Minusstunden. WIr haben "Vertrauensarbeitszeit" und ich 
runde immer großzügig auf. Wegen des Fachkräftemangels wechsle ich halt 
alle 2- 3 Jahre den Job, bisher ging das immer so gut. Konnte sogar 
jedes mal gut mein Gehalt steigern. Minusstunden lehne ich ab. Wenn es 
halt zu offensichtlich ist, bucht man an einem Tag halt mal weniger 
Stunden aber schaut, dass man in der nächsten Woche hier und da mal 30 
min länger bucht als man gearbeitet hat, dann ist das wieder 
ausgeglichen.

von Ich (Gast)


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Betrüger schrieb:
> Minusstunden lehne ich ab.

Wie rechnest Du zB: Arzt-Termine ab?

von klaro (Gast)


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Er-oder Abmahnungen sind zunächst mal das Mittel der Wahl.
Für eine Kündigung müssten pro Jahr erst mal drei Abmahnungen
anfallen und auch nur sofern man denen nicht widerspricht.
Eine Klausel, die dem Arbeitgeber bei Fehlstunden ein Kündigungsrecht
einräumt, wird wohl kaum die Akzeptanz hiesiger Arbeitsgerichte
finden. Nicht alles kann der AG mit seinem weitreichendem
Weisungsrecht regeln und außerdem sind da ein paar Sorgfaltspflichten
Arbeitgeberseits zu beachten. Irrtum vorbehalten.

von Betrüger (Gast)


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Ich schrieb:
> Wie rechnest Du zB: Arzt-Termine ab?

ja die werden natürlich ganz offiziell auf Abwesenheit wegen Krankheit 
gebucht und man reicht eine Anwesenheitsbestätigung vom Arzt im 
Sekretäriat ein.

Ich meine das eher so: Täglich malochen von 9 bis 17.30, dann geht man 
halt mal um 17 uhr, schreibt aber 17.30 am nächsten Tag auf WENN kein 
Anruf mehr nach 17 Uhr kam (sonst kann man es natürlich nicht). Oder: 
arbeiten von 9 bis 17.30 man schreibt aber 18 Uhr auf (unter obigen 
Bedingungen) und sammelt 30 überminuten, macht man das 3 mal die woche 
bringt das 1,5 Stunden und übers Jahr gerechnet einige Urlaubstage mehr 
:-)

wenn ich so sehe was große Firmen so an Steuern hinterziehen, halte ich 
meine Betrügerei eher für den Betrug des kleinen Mannes :-)

von Minus (Gast)


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klaro schrieb:
> Er-oder Abmahnungen sind zunächst mal das Mittel der Wahl.
> Für eine Kündigung müssten pro Jahr erst mal drei Abmahnungen
> anfallen und auch nur sofern man denen nicht widerspricht.
> Eine Klausel, die dem Arbeitgeber bei Fehlstunden ein Kündigungsrecht
> einräumt, wird wohl kaum die Akzeptanz hiesiger Arbeitsgerichte
> finden. Nicht alles kann der AG mit seinem weitreichendem
> Weisungsrecht regeln und außerdem sind da ein paar Sorgfaltspflichten
> Arbeitgeberseits zu beachten. Irrtum vorbehalten.

Klingt kompetent, danke!

von Betrüger (Gast)


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klausi schrieb im Beitrag #3883955:
> Gibt's bei euch Kameraüberwachung oder wird fleißig mitgeloggt, wann du
> deinen Pc ein und ausschaltest?

Weder noch, sonst könnte man das natürlich nicht machen, zur Sicherheit 
schalte ich den PC nie aus und bei diversen Server Systemen wo man 
mitloggen könnte, bleibe ich natürlich auch nach Feierabend eingeloggt, 
da wird man erst nach Stunden nach dem letzen Loggin ausgelogged. Heißt: 
kurz vor Feierabend loggt man sich neu ein :-) fertig.

und halt immer drauf achten: hat jemand noch nach dem eigentlichen 
Feierabend aber VOR dem im System gebuchten Feierabend angerufen: dann 
im System den gefakedten späteren Feierabend wieder zurück buchen. So 
macht man sich nicht angreifbar.

Fahre seit vielen Jahren ganz gut damit. Aber will hier niemanden zu was 
anstiften.

von Betrüger (Gast)


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klausi schrieb im Beitrag #3883976:
> Ok das klingt gut. Hm in jeder Firma in der ich bis jetzt war gabs
> Kameras ;-)

wtf? in Deutschland???? ist das überhaupt erlaubt? sowas kenne ich nur 
von US Reportagen! selbst bei Mittelständlern ohne BR habe ich das noch 
nie erlebt! bei gewerkschaftlich durchsetzten Firmen wäre das sowieso 
undenkbar. Bei uns bekamen schon Chefs einen auf den Deckel, weil die 
mal ein System hatten, mit denen die Leistung von Teams überwacht werden 
konnte. Nun ja, manchmal haben die Linken doch was gutes ^^

von Betrüger (Gast)


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klausi schrieb im Beitrag #3883991:
> Also Kameras im Aussenbereich um genau zu sein, auf den Gebäuden oder
> bei den Eingangstoren ;-)
>
> Nein ist .at und .ch nicht .de ...

mh ok nein das hab ich noch nie erlebt, wobei im Außenbereich ist es was 
anderes, da könnte man mit Einbruchschutz oder Zutrittschutz 
argumentieren wobei unser BR würde da sicher eine Auswertung wegen 
Arbeitskontrolle dieser Kameras nicht zulassen. Da hatten wir schon 
einiges. Da gab es bei uns ja schon mal so einen Fall, das 
Führungskräfte ein internes Work Flow System zur Aufgabenverteilung 
nutzen wollten um Produktivität zu messen ( da hätte man meinen Beschiss 
ggf. aufdecken können wenn ich mir nix hätte einfallen lassen) aber der 
linke BR hat das abgeschmettert, ja manchmal haben die Linken doch was 
gutes :-)

wäre ich Unternehmer, würde ich mich sicher übel über die Linken BRs 
aufregen.

von Malochender Malocher (Gast)


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Philip Siefke schrieb:
> Grundsätzlich ist Dein Arbeitgeber verpflichtet dafür zu sorgen, dir
> ausreichend Arbeit zu geben, damit es nicht zu dieser Situation kommt.

D.h. wenn es keine Arbeit gibt, dann ist man nicht verpflichtet, die 
Zeit sinnlos abzusitzen? War bei mir nämlich auch schon der Fall, dass 
ich mangels Arbeit die erlaubten Minusstunden unterschritten habe.

von jonas biensack (Gast)


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Nö, für Arbeitsauslastung(bei Gleitzeit) hat dein Chef zu sorgen. 
Allerdings kann er einen Abmahnprozess starten und dich damit in 
Schwierigkeiten bringen.

Gruß Jonas

von jonas biensack (Gast)


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>D.h. wenn es keine Arbeit gibt, dann ist man nicht verpflichtet, die
>Zeit sinnlos abzusitzen?

NA KLAR. Dafür bekommst du Geld, das Nicht-Arbeiten dich nicht glücklich 
macht ist mit Sicherheit nur dein Problem (kurzfristig zumindest).

Gruß jonas

von klaro (Gast)


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Malochender Malocher schrieb:
> D.h. wenn es keine Arbeit gibt, dann ist man nicht verpflichtet, die
> Zeit sinnlos abzusitzen? War bei mir nämlich auch schon der Fall, dass
> ich mangels Arbeit die erlaubten Minusstunden unterschritten habe.

An sich schon, denn was macht ein(e) Verkäufer(in) hinter der Thresen?
Auf Kunden warten. Selbst wenn man die Zeit auch sinnvoll mit
Warenverräumung oder anderen Tätigkeiten füllen kann, steht man nur
bereit die Weisungen oder Aufgaben auszuführen, die von einem verlangt 
werden, vom Chef oder Vorgesetzten ist dabei egal.
Wenn die Administration einen wegen Arbeitsmangel nach Hause schickt
dann kann der AN ja nicht dafür. Das geht sogar so weit, dass man für
einem AG sogar 24h zur Verfügung stehen muss, man aber nur die
tatsächliche Tätigkeitszeit bezahlt bekommt. Wenn man dann aber zur
Rufbereitschaft verdonnert wird, steht einem eigentlich auch eine
Vergütung zu. Manche AG sehen das allerdings manchmal ganz anders.
Ich habe damit auch schon mal so meine Erfahrung gemacht.

jonas biensack schrieb:
> Nö, für Arbeitsauslastung(bei Gleitzeit) hat dein Chef zu sorgen.
> Allerdings kann er einen Abmahnprozess starten und dich damit in
> Schwierigkeiten bringen.

Nicht nur bei Gleitzeit. Präsenz am Arbeitsplatz ist die erste
Pflicht des AN. Alles andere kann der AG auslegen. Wenns im gefällt
könnte man dir auch Büroklammern zum geradebiegen vor die Füße werfen.
Allerdings nur solange, bis daraus Schikane wird.

von Christian (Gast)


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Minus schrieb:
> Hallo,
>
> können Minusstunden Grundlage einer ordentlichen Kündigung sein?
>
> Grüße

Kommt ganz auf die Umstände und Rahmenbedingungen an. Bei uns z.B. 
herrscht Vetrauensarbeitszeit und bis zu 40 Minusstunden sind erlaubt. 
Bei mehr muss man sich an die Personalabteilung wenden, damit die das 
Gehalt kürzen. Letztendlich wird aber der Abteilungsleiter auf einen 
zukommen, wenn er das Gefühl hat, dass jemand zu wenig arbeitet. Eine 
Kündigung wegen Minusstunden ist aufgrund dieser toleranten Regeln 
demnach bei uns quasi ausgeschlossen.

Wenn Du allerdings z.B. in einer Firma mit festen Arbeitszeiten 
beschäftigt bist und jeden Tag unerlaubt und heimlich ne halbe Stunde 
früher gehst, ist es durchaus denkbar, dass das als Begründung für eine 
verhaltensbedingte Kündigung ausreicht.

von klaro (Gast)


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Christian schrieb:
> Kommt ganz auf die Umstände und Rahmenbedingungen an. Bei uns z.B.
> herrscht Vetrauensarbeitszeit und bis zu 40 Minusstunden sind erlaubt.

Und wie soll die Personalabteilung das raffen, wenn es keine 
Zeiterfassung
gibt? Sonst wäre es nämlich keine Vertrauensarbeitszeit, oder?

Christian schrieb:
> Letztendlich wird aber der Abteilungsleiter auf einen
> zukommen, wenn er das Gefühl hat, dass jemand zu wenig arbeitet.

Solche Gefühlsduseleien sind auch gerade nachvollziehbar.

Ich hab auch mal so ein Arbeitszeitmodell und reichlich Überstunden
gehabt. Da ich die nicht beweisen konnte, wurden die mir nur anteilig
bewilligt, bevor ich dann den Job verlor. Das Konzept kann nämlich auch
gewaltig nach hinten los gehen.

von Axel (Gast)


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Minus schrieb:
> klaro schrieb:
>> Er-oder Abmahnungen sind zunächst mal das Mittel der Wahl.
>> Für eine Kündigung müssten pro Jahr erst mal drei Abmahnungen
>> anfallen und auch nur sofern man denen nicht widerspricht.
>> Eine Klausel, die dem Arbeitgeber bei Fehlstunden ein Kündigungsrecht
>> einräumt, wird wohl kaum die Akzeptanz hiesiger Arbeitsgerichte
>> finden. Nicht alles kann der AG mit seinem weitreichendem
>> Weisungsrecht regeln und außerdem sind da ein paar Sorgfaltspflichten
>> Arbeitgeberseits zu beachten. Irrtum vorbehalten.
>
> Klingt kompetent, danke!

Ist aber falsch.

Gerade bei Arbeitszeitverstössen kann eine Abmahnung (oder auch keine) 
ausreichend sein.

Gruss
Axel

von Dampfnilp (Gast)


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Was haben Leute fuer Sorgen ... ich verwende meine Arbeitszeit auch fuer 
Weiterbildung. Da studiere ich irgendwelche Manuals, 
Programmiersprachen, Konzepte, Papers, Publikationen, Foren, .. und die 
geforderte Arbeitszeit uebersteige ich stets.

von Carsten S. (dg3ycs)


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Hi,

Axel schrieb:
> Gerade bei Arbeitszeitverstössen kann eine Abmahnung (oder auch keine)
> ausreichend sein.
>
> Gruss
> Axel

Korrekt!

Es gibt einen Arbeitsvertrag und in diesem Arbeitsvertrag ist eine 
wöchentliche Arbeitszeit definiert und diese hat der Arbeitnehmer zu 
erbringen. Alles weitere muss explizit vereinbart werden wie es im 
rahmen der "Flexiblen Arbeitszeitregelungen" oft gemacht wird. Dann aber 
gelten diese Regelungen die dann vorgeben was an Abweichung maximal 
erlaubt ist.
(Der AG kann in gewissen Grenzen und unter bestimmten Vorraussetzungen 
allerdings Mehrarbeit verlangen - ist dabei aber nicht ganz so frei wie 
viele hier zu glauben scheinen)

Sofern nicht AUSDRÜCKLICH anders vereinbart herrscht während der 
Arbeitszeit Anwesenheitspflicht am Arbeitsplatz! Ohne eine solche 
Regelung (oder einen im Sinne des Gesetzes wichtigen Grund) darf man NUR 
DANN nach Hause gehen wenn der Vorgesetze einen ausdrücklich nach Hause 
schickt, was nichts anders als eine Freitstellung für den Rest des 
Arbeitstages bedeutet.
Egal wie viel oder wenig Arbeit anliegt! Notfalls muss man sich halt so 
Sinnvoll wie möglich selbst beschäftigen. (Weiterbildung geht immer...)

Je nach Schwere der Abweichung von den Vereinbarungen kann die Kündigung 
dann nach einer oder auch erst nach mehreren Abmahnungen ausgesprochen 
werden. Eine einzelne Abmahnung wegen einiger weniger Minuten vor 
einigen Monaten dürfte sicherlich in den seltensten Fällen als Vorlauf 
für die Kündigung ausreichen. Aber absolute Sicherheit gibt es da nicht.

Bei einer Abmahnung wegen einiger Fehlstunden sieht es im 
Wiederholungsfall aber schnell ganz anders aus.

Ganz wichtig aber:
Wenn VORSÄTZLICHE Manipulation bei der Zeiterfassung im Spiel ist, dann 
braucht es überhaupt keine vorherige Abmahnung. Wer vorsätzlich falsche 
ZEiten aufschreibt, sich einstempelt und dann den Arbeitsplatz verlässt, 
oder noch schlimmer Arbeitskollegen für sich Stempeln lässt, der begeht 
einen Betrug am Arbeitgeber was eine sofortige und fristlose Kündigung 
rechtfertigt!
Und im Gegensatz zu einem Strafrechtsprozess benötigt es hier keinen 
zwingenden Beweis sondern es reicht einzig der BEGRÜNDETE Verdacht einer 
Täuschungshandlung/-Versuch damit dies rechtssicher möglich ist.

Wenn also mehrmals grob falsche Zeiten aufgeschrieben werden würde das 
alleine schon für die fristlose Kündigung Ausreichen da die Vermutung 
das diese mehrmalige Handlung bewusst geschah sehr sehr nahe liegt.

Aber noch einmal:
Wer ohne irgendwelche Tricks/Manipulationen einfach nur "zuwenig" 
Arbeitet hat rein rechtlich gesehen vor der Kündigung mindestens eine 
Abmahnung zu erhalten...
Das man in der Realität, gerade bei sowieso anstehenden Personalabbau, 
auch ohne Wiederholung nach Abmahnung bzw. ganz ohne Abmahnung schnell 
mal auf die "schwarze Liste" kommen könnte und dann einfach zu den 
ersten gehört denen "betriebsbedingt" gekündigt wird, das sollte aber 
jeden klar sein.
In einer "gesunden" Firma ist dieses Risiko natürlich kleiner als in 
einer kränkelnden" Und ein Mitarbeiter der statt vereinbarter 37h nur 
35h arbeitet, dafür aber in den 35h produktiver ist als andere mit 40h, 
der muss sich natürlich auch weniger Sorgen machen als jemand der schon 
so kaum Leistung bringt.

Gruß
Carsten

von klaro (Gast)


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Carsten Sch. schrieb:
> Und im Gegensatz zu einem Strafrechtsprozess benötigt es hier keinen
> zwingenden Beweis sondern es reicht einzig der BEGRÜNDETE Verdacht einer
> Täuschungshandlung/-Versuch damit dies rechtssicher möglich ist.
>
> Wenn also mehrmals grob falsche Zeiten aufgeschrieben werden würde das
> alleine schon für die fristlose Kündigung Ausreichen da die Vermutung
> das diese mehrmalige Handlung bewusst geschah sehr sehr nahe liegt.

Im Prozessfall vor dem Arbeitsgericht wird das kaum reichen. Wenn dann
kein Beweis erbracht wird, sieht der AG ganz schön blass aus. Noch
leben wir in einem Rechtsstaat und nicht in einem Bonzenstaat.
Kann der AG es beweisen, dann wäre tatsächlich ein FRISTLOSE Kündigung
rechtens. Da sollte der AG dann aber auch sicher sein. Nur mit Zeugen
kann das nämlich riskant sein.

von Carsten S. (dg3ycs)


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klaro schrieb:
> Carsten Sch. schrieb:
>> Und im Gegensatz zu einem Strafrechtsprozess benötigt es hier keinen
>> zwingenden Beweis sondern es reicht einzig der BEGRÜNDETE Verdacht einer
>> Täuschungshandlung/-Versuch damit dies rechtssicher möglich ist.
>>
>> Wenn also mehrmals grob falsche Zeiten aufgeschrieben werden würde das
>> alleine schon für die fristlose Kündigung Ausreichen da die Vermutung
>> das diese mehrmalige Handlung bewusst geschah sehr sehr nahe liegt.
>
> Im Prozessfall vor dem Arbeitsgericht wird das kaum reichen. Wenn dann
> kein Beweis erbracht wird, sieht der AG ganz schön blass aus. Noch
> leben wir in einem Rechtsstaat und nicht in einem Bonzenstaat.
> Kann der AG es beweisen, dann wäre tatsächlich ein FRISTLOSE Kündigung
> rechtens. Da sollte der AG dann aber auch sicher sein. Nur mit Zeugen
> kann das nämlich riskant sein.

Nee, da liegst du LEIDER falsch!
Wobei ich jetzt aber nicht sicher bin ob das mit dem "begründeten 
Verdacht" tatsächlich für eine fristlose Kündigung oder doch nur als 
Begründung für eine fristgemäße Kündigung mit sofortiger Freistellung 
(und natürlich ohne Abfindung o.ä.) ausreicht.

Der Hintergrund ist das es dabei ja überhaupt nicht um die Ahndung einer 
Straftat (Betrug oder in anderen Fällen halt Diebstahl) geht, das ist ja 
schließlich Sache der Strafverfolgungsbehörden (und kann manchmal noch 
zusätzlich zur Kündigung dazukommen), sondern schlicht und einfach nur 
darum ob es dem Arbeitgeber nicht mehr zuzumuten ist jemanden 
weiterzubeschäftigen.
Oder im Juristendeutsch:
"Ob das Vertrauensverhältniss nachhaltig gestört ist."

Es ist einfach so, das ein Arbeitgeber jemanden dem er aus -auch für 
dritte- "Objektiv nachvollziehbaren Gründen!"  nicht mehr vertraut auch 
nicht mehr weiterbeschäftigen muss.

Es reicht dabei natürlich nicht zu sagen "dem vertraue ich nicht mehr". 
Denn dann währe dem Missbrauch ja Tür und Tor geöffnet.

Aber es reicht völlig aus wenn er für Dritte nachvollziehbar darlegen 
kann warum er annimmt das diese Tat von diesem Mitarbeiter begangen 
wurde.

Wenn z.B. mehrmals wiederkehrend stark abweichende Arbeitszeiten 
aufgeschrieben werden genügt das grundsätzlich um Vorsatz vermuten zu 
können. (Auch wenn es die kleine Chance gibt das es tatsächlich viele 
einzelne Versehen sind)

Die Anforderungen sind also sehr viel geringer als sie bei einem 
Strafprozess währen.

Aber noch einmal: Die einfache Behauptung reicht natürlich nicht aus, 
diese währe ja sogar ihrerseits wieder eine strafbare Handlung. Es 
müssen mindestens ernsthafte Hinweise vorliegen die bei neutraler 
Betrachtung zumindest die Vermutung aufkommen lassen das der Vorwurf 
gerechtfertigt ist.

(Gutes Beispiel:
Jemand reicht Urlaub für den Tag xy ein, bekommt den aber nicht 
genehmigt. Sagt in der Wut - Dann mache ich halt Krank!
Jetzt kommt der Tag xy und der Mitarbeiter reicht tatsächlich einen 
gelben ein!

Wenn jetzt auch nur der geringste Zweifel besteht das der Mitarbeiter 
tatsächlich (unverschuldet) arbeitsunfähig ist hat der AG gute Chancen 
trotz gelben Schein mit der Begründung "gestörtes Vertrauensverhältniss" 
die Kündigung auszusprechen. Einfach weil der begründete Verdacht 
naheliegt das der AN seine Drohung ernst gemacht hat.
(Wobei es natürlich einen Unterschied macht ob jemand nach Autounfall 
mit gebrochenen Knochen oder einer schweren Lungenentzündung im KH liegt 
oder sich wg. "Kopfschmerzen" nur genau für diesen Tag krankschreiben 
lässt. Ersteres würde den Verdacht natürlich entkräften, zweites 
erhärten)

Es hat im übrigen sogar schon Urteile gegeben wo alleine die in der Wut 
ausgesprochene Ankündigung "Dann mache ich halt einen auf Krank" für 
eine fristlose Kündigung gereicht hat...

Gruß
Carsten

P.S.:
Klar, im folgenden Prozess steht und fällt alles mit dem Nachweis.
Allerdings muss der AG nur nachweisen das er den Begründeten Verdacht 
hat. Und nicht das es tatsächlich so gewesen ist.
Und oft wird das mit Zeugen geschehen, wobei da dann die Glaubwürdigkeit 
eine große Rolle spielt. Und da liegt es eher an den Zeugen wie 
erfolgreich das ist. Aber ein erfahrener Richter kommt meist recht 
schnell dahinter was echte Aussagen und was Gefälligkeitsaussagen sind.
Und da es wie gesagt in diesen Fällen nur darum geht festzustellen "ob 
es so gewesen sein könnte" und nicht ob es definitiv so war kann man 
unter Umständen ganz schlechte Karten haben.

Also sollte man es besser nicht darauf Ankommen lassen!

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