Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frage zum Frequenzgang RC-Filter - Wo ist der Fehler?


von Thomas H. (Gast)


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Hallo zusammen,

ich rätsel wo gerade mein Gedankenfehler ist.

Ich habe mit LTspice einen einfachen RC-Filter simuliert, welches ja ein 
PT1-Glied darstellt. Nun habe ich auf diesen Filter einen normierten 
Spannungssprung gegeben. Soweit, sogut.

Die Theorie besagt ja, dass die Grenzfrquenz dieses PT1-Gliedes mit der 
Formel: f_g=1/(2*PI*R*C) berechnet wird. Nach meinen Vorgaben (R=1kOhm & 
C=1µF) ergibt das ja eine Eckfrequenz von ca. 159Hz. Weiter folgt 
daraus, dass bei dieser Frequenz das Signal um ca. -3dB bzw. ca. 30% 
gedämpft wird.

Folgende drei offene Punkte:
Warum liegt bei dem Spannungs-Zeit-Diagramm die Eckfrequenz bei ca. 
1,2ms bzw. 819Hz und nicht bei 159Hz?
Warum habe ich im Frequenzgang bei der Eckfrequenz von 159Hz eine 
Dämpfung von ca. -3dB gegenüber sehr kleinen Frequenzen (z.B. 10 Hz)?
Warum zeigt mir die FFT bei sehr niedgrigen Frequenz immer noch eine 
Dämpfung von ca. -37dB an? Diese sollte doch eigentlich 0dB sein, oder?

Vielen Dank. Ich stehe momentan auf dem Schlauch :-)
Beste Grüße
Thomas

von Possetitjel (Gast)


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Thomas H. schrieb:

> Die Theorie besagt ja, dass die Grenzfrquenz dieses PT1-Gliedes
> mit der Formel: f_g=1/(2*PI*R*C) berechnet wird. Nach meinen
> Vorgaben (R=1kOhm & C=1µF) ergibt das ja eine Eckfrequenz von
> ca. 159Hz.

Ja.

> Weiter folgt daraus, dass bei dieser Frequenz das Signal um
> ca. -3dB bzw. ca. 30% gedämpft wird.

Ja.

> Folgende drei offene Punkte:
> Warum liegt bei dem Spannungs-Zeit-Diagramm die Eckfrequenz bei
> ca.1,2ms bzw. 819Hz und nicht bei 159Hz?

Weil Du an der falschen Stelle abliest. Die -3dB gelten für die
Betrachtung im Frequenzbereich . Das Spannungs- Zeit - Diagramm
ist aber eine Darstellung im Zeit - Bereich.

("Jaja... so hoch ist noch niemand gesprungen. Wir machen hier
aber Weitsprung !" (C) Heinz Jankofsky)

Dort gelten "1/e" bzw. "1-1/e" (37% bzw. 63%) als Bezugswerte.
Bei 1ms liest man dort - oh Wunder! - ca. 0.65V ab.

> Warum habe ich im Frequenzgang bei der Eckfrequenz von 159Hz
> eine Dämpfung von ca. -3dB gegenüber sehr kleinen Frequenzen
> (z.B. 10 Hz)?

Ähh...?!

Weil Du oben (korrekt) geschrieben hast, dass die Grenzfrequenz
bei 159Hz liegt und bei der Grenzfrequenz eine Dämpfung von -3dB
vorliegen muss?
Was hast Du denn erwartet?

> Warum zeigt mir die FFT bei sehr niedgrigen Frequenz immer noch
> eine Dämpfung von ca. -37dB an? Diese sollte doch eigentlich 0dB
> sein, oder?

SPICE-Problem. Helmut S. wird gleich auftauchen.

von Possetitjel (Gast)


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Possetitjel schrieb:

> Dort gelten "1/e" bzw. "1-1/e" (37% bzw. 63%) als Bezugswerte.
> Bei 1ms liest man dort - oh Wunder! - ca. 0.65V ab.

Ach so... Nachtrag:

1/tau und f_g unterscheiden sich um den Faktor 2*Pi.

von Nachtaktiver (Gast)


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Du bedienst den Simulator nicht richtig da du den Zeitbereich mit den 
Frequenzbereich durcheinander wirfst und somit nur ausprobierst.


Bild 1:
Beim Anlegen einer Sprungfunktion kann man die Zeitkonstante Ablesen. 
Nach etwa 1*Tau = R * C = 1kOhm * 1µF = 1ms ist die Ausgangsspannung am 
RC-Glied auf etwa 63% des Eingangswertes angestiegen. - Genau das kann 
man auch im ersten Bild sehr gut erkennen und ist somit auch richtig. 
Daraus eine Frequenz auszurechnen (Transienter Vorgang!) zu wollen ist 
fachlich leider nicht richtig und hatte dich zu einen falschen Schluss 
geführt.


Bild 2:
Bei der AC-Simulation (und nicht FFT - Das ist was anderes!) hast du 
wahrscheinlich den Spannungswert der Generatorquelle falsch eingestellt 
wodurch du bei tiefen Freqeunzen mit -37db startest. Trotzdem ist alles 
richtig da bei der berechneten Grenzfrequenz die Amplitude um weitere 
3db und somit die Tiefpass Charakteristik siehst. Im Sperrbereich kann 
man auch sehr gut die Dämpfung von 20dB/Dekade ablesen.

Wenn du bei der Generatorquelle bei AC-Amplitude 1 eingestellt und die 
AC-Analyse startest, ist bei mir zumindest alles richtig.


Begriffe zur weiteren Hilfe:
Frequenzbereich, Übetragungsfunktion, Bodediagramm, Rechnen mit db 
Werten, Tiefpass 1.Ordnung, TP1-Glied, Sprungfunktion, Sprungantwort, 
Zeitbereich.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Thomas H. schrieb:
> Warum zeigt mir die FFT bei sehr niedgrigen Frequenz immer noch eine
> Dämpfung von ca. -37dB an?

LTspice gibt nicht die Dämpfung aus (worauf sollte sich diese in
Schaltungen mit mehreren Spannungsquellen überhaupt beziehen?), sondern
den dB-Wert bezogen auf 1V (bei Spannungen) bzw. 1A (bei Strömen).

Du hast als AC-Amplitude von V1 vermutlich 10mV·√2 eingestellt mit dem
Ziel, an der Grenzfrequenz exakt 10mV zu erhalten. 10mV·√2 auf 1V
bezogen sind aber gerade die beobachteten -37dB.

Wie Nachtaktiver schrieb, wählst du einfachg 1V als Eingangsamplitude,
das entspricht dann den gewünschten 0dB.

von Possetitjel (Gast)


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Yalu X. schrieb:

> LTspice gibt nicht die Dämpfung aus (worauf sollte sich
> diese in Schaltungen mit mehreren Spannungsquellen
> überhaupt beziehen?), sondern den dB-Wert bezogen
> auf 1V (bei Spannungen) bzw. 1A (bei Strömen).

Hmm. Wahrscheinlich ist es zuviel verlangt, dass LTSpice dann
auch "dBV" (bzw. "dBA") an die Diagramme dranschreibt, oder?
Wäre ja zu einfach...

von Helmut S. (helmuts)


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Hallo Thomas,

Den Frequenzgang bitte mit der .AC Analyse simulieren. Dazu muss eine 
Quelle ein "AC amplitude" haben, hier AC 1.

Gruß
Helmut

von Thomas H. (Gast)


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Ah verdammt!
Vielen Dank für die zahlreichen Antworten.

Klar: Tau=1/(2*PI*f_g)
Das verdammte 2*Pi und danke für den Hinweis: Tau=63,2%

Doch eine Frage ist für mich noch offen. Ja, ich habe verstanden, dass 
man den Frequenzgang mit .AC Analyse simulieren sollte. Das habe ich 
auch schon gemacht.

Ist es dennoch möglich, den Frequenzgang auch über die FFT richtig 
darstellen zu können, sodass die Verstärkung 0dB bei niedrigen 
Frequenzen ist? Falls ja, welche Parameter oder Einstellungen müsste man 
denn ändern?

Ich möchte, das gleiche gerne bei einer real durchgeführten 
Sprungantwort durchführen können. Da habe ich ja auch "nur" das 
Spannungs-Zeit-Diagramm und ich würde mir gerne über eine FFT in den 
Bildbereich transformieren.

Yalu X. schrieb:
> Du hast als AC-Amplitude von V1 vermutlich 10mV·√2 eingestellt mit dem
> Ziel, an der Grenzfrequenz exakt 10mV zu erhalten. 10mV·√2 auf 1V
> bezogen sind aber gerade die beobachteten -37dB.

Nein, das war nicht das Ziel. Ich wollte eine normierten Spannungssprung 
von 1V mit einem PT1-Glied filtern lassen und das Antwortsignal im 
Bildbereich betrachten. Ich bei der transienten Simulation auch sonst 
keine weiteren Angaben gemacht, als einen Spannungssprung von 0 auf 1V. 
siehe oben beigefügtes Modell.

Nachtaktiver schrieb:
> Bei der AC-Simulation (und nicht FFT - Das ist was anderes!) hast du
> wahrscheinlich den Spannungswert der Generatorquelle falsch eingestellt
> wodurch du bei tiefen Freqeunzen mit -37db startest.

Wo kann ich diesen Wert bitte einstellen? Wenn ich eine andere 
Kombination (R & C) wähle bekomme ich andere negative dB-Werte.

Nochmals danke :-)
Thomas

von Achim S. (Gast)


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Thomas H. schrieb:
> und danke für den Hinweis: Tau=63,2%

Na ja, dein Text liest sich jetzt so, als sei tau 63,2% (einer Spannung) 
und nicht eine Zeit....

Thomas H. schrieb:
> Wo kann ich diesen Wert bitte einstellen?

in der Spannungsquelle (Rechtsklick auf deren Symbol....)

Thomas H. schrieb:
> Ist es dennoch möglich, den Frequenzgang auch über die FFT richtig
> darstellen zu können

Wird in der Online-Hilfe von LTSpice beschrieben, siehe Abschnitt 
"Waveform Arithmetic"

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