Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik reale Spule mit Eisenkern (magnetischer Kreis) in LTspice simulieren


von Thomas H. (Gast)


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Hallo,

ich möchte eine reale Spule mit Eisenkern simulieren.

Hierbei interessiert mich vorallem die Abschaltenergie beim Abschalten 
der induktiven Last mit einem hochohmigen Schalter.

Luftspule: Das Simulieren mit einer Luftspule stimmt mit dem realen 
Messung/Versuchsaufbau relative gut überein.
Bei der Luftspule habe ich wie in der Simulation "Luftspule" zu sehen 
ist, einen fast senkrechten Spannungsabfall V(N003,Ub*) nachdem der 
Strom I(Lsp) abgebaut ist. Ich denke das passt.

Eisenspule: Das Simulieren mit der Eisenspule gelingt mir nicht richtig 
bzw. ich verstehe nicht wie ich das Modell dafür richtig aufbauen muss 
bzw. ich verstehe die Hintergründe mit der magnetischen Kopplung in 
LTspice zu wenig.
Die Spannungskurve V(003,Ub*) sieht in der Realität so wie im Bild 
"Eisenspule" in etwa aus. Sobald ich für einen Schnelltest in die 
Luftspule einen Schraubenschlüssel reinstecke, nimmt die Spannung den 
Verlauf der Eisenspule an.
Diesbezüglich habe ich die Parameter Rfe und Hc, soweit "hingetrickst" 
bis es vom Spannungsverlauf her stimmte. Als wichtigere Größe sehe ich 
nach der Spannungsbegrenzung durch die Diode das Abfallverhalten der 
Spannung an, das ich mit Rfe erzwungen habe. Von der B-H-Kennlinie habe 
ich mich an das Modell von "John Chan" gehalten. Das spezielle 
Eisenmaterial kenne ich momentan nicht, sollte sich aber um ein 
typisches Material dafür handeln. Lowcost. Der magnetische Kreis in der 
ringförmigen Eisenspule hat eine Länge von ca. 10cm, einer 
Querschnitssfläche von ca. 1cm² und einem Luftspalt von ca. 1mm.
Nun die Frage: Ist das Modell richtig bzw. wie bauen die Profis so ein 
Modell auf? Ist es nicht richtiger das Modell mit dem magnetischen Kreis 
zu koppeln? Falls das Modell stimmt, wie kann Rfe rechnerisch bestimmt 
werden?
Bezüglich der realen Spule habe ich zwei Ersatzschaltbilder gefunden:
1. http://www.mikrocontroller.net/attachment/91783/realeSpule.png
2. Hilfe LTspice unter L. Inductor. (Ich denke, dieses ist nur bedingt 
geeignet wegen dem Parallelwiderstand "Rpar")
Welches Modell beschreibt die Spule am genausten? Mit magnetische 
Kopplung?

Vielen Dank im vorraus.
Thomas

von Klaus R. (klara)


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Hallo Thomas,
hast Du schon einmal bei der LTspice-Yahoo-Group nachgeschaut?
mfg Klaus

von Thomas H. (Gast)


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Klaus Ra. schrieb:
> hast Du schon einmal bei der LTspice-Yahoo-Group nachgeschaut?

Nur kurz, hab mich dort jetzt erst mal angemeldet und muss mich noch 
zurechtfinden. Find da momentan noch keine Suchfunktion um ggf. nach 
meiner beantworteten Frage zu suchen.

Ich habe gehofft, dass ihr mir hier in einem deutschsprachigen Forum 
weiterhelfen könnt, welches dann auch der Allgemeinheit leicht zu 
Verfügung steht. In der Regel werde ich beim Suchen in Google auch immer 
zügig auf diese Seite weitergeleitet im Gegensatz zu der Yahoo-Gruppe.

von Helmut S. (helmuts)


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Wenn du erwartest, dass die Simulation mit der Realität übereinstimmen 
soll, dann musst du als erstes B(H) messen. Mach das mal und zeige dein 
Messergebnis.

von Thomas H. (Gast)


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Helmut S. schrieb:
> Wenn du erwartest, dass die Simulation mit der Realität übereinstimmen
> soll, dann musst du als erstes B(H) messen. Mach das mal und zeige dein
> Messergebnis.

Hallo Helmut,
anbei die BH-Kennlinie. Die Spule mit Eisenkern wird mit einer 
konstanten Gleichspannung betrieben und "nur" mit einem hochohmigen 
Schalter ein- und ausgeschalet.
Wie müsste man das magnetische Teilsystem richtig einbinden? Mit einem 
Transformator bzw. über die Koppelung. Über weitere Tipps bin ich dir 
sehr dankbar.

von Helmut S. (helmuts)


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Hallo Thomas,
ich schau mir das am Wochenende an.

Schau die mal die Modelle an. Alle Modelle liefern das gleiche Ergebnis.
Im untersten Bild siehst du wie alles auf L8 konzentriert wird. Diese L8 
bekommt dann das nichtlineare Spulenmodell. Rechts daneben ist ein 
idealer Transformator.

Gruß
Helmut

von trafo (Gast)


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Deine empirischen Parameter haben mit der Realität nicht viel zu tun.
Hc=160000 entspricht einem hartmagnetischen Werkstoff.

Ich habe vor einiger Zeit einmal versucht, mit den Datenblattwerten für 
M530-50A (Thyssen bzw. Stanzwerk) einen Fit durchzuführen. Die Kurve 
zeigt, ungeachtet der Fehler, vor allem, dass das LTspicce-Modell für 
den typischen Verlauf kornorientierter Si-Fe-Werkstoffe nicht sehr gut 
passt. Er ist im Bereich der Sättigung wesentlich steiler. Das kommt 
vermutlich daher, dass das Modell anhand von, für Schaltregler 
eingesetzten, Ferriten geschaffen bzw. getestet wurde.

Der Parallelwiderstand wird z.B. im Ersatzschaltbild für Transformatoren 
gerne verwendet, ist aber nur für Berechnungen bei konstanter Frequenz 
und in einem stationären Betrieb halbwegs akzeptabel.

"It is well known that the hysteretic energie dissipation can be easily 
evaluated for the case of periodic (cyclic) input variations. However, 
the problem of computing hysteretic energy losses for arbitrary (not 
necessary periodic) input variations has remained unsolved."
Isaak Mayergoyz, Mathematical Models of Hysteresis and their 
Applications, 2nd Ed. Academic Press (Elsevier) 2003

Weiter führt er im Abschnitt 1.5 aus, dass das Preisach-Modell dafür 
geeignet wäre. Daraus ergäbe sich die Energie aus der Differenz zweier 
zyklischen Umläufe durch die Punkte u1, u2 und einen gemeinsamen u+:
Q(u1,u2)=1/2 [Q(u+,u2)-Q(u+,u1)].

Ein typischer Wert für die Verluste wären 5,3W/kg (M530-50A @ 50Hz). Das 
entspricht 106mJ/kg für einen vollständigen Umlauf. Mit deinen 10cm³ und 
einer Dichte von 7,7g/cm³ ergeben sich ca. 8mJ. In deiner Simulation 
treten im Widerstand 5,5mJ auf.
Da beim Abschalten aber nur die Änderung von Bs->Br auftritt erscheint 
mir der Wert als zu hoch.

Ein weiteres Problem ist die exakte Messung der magnetischen 
Eigenschaften (Steufelder, Vorbehandlung, Temperatur...). Siehe z.B.
Fausto Fiorillo, Measurement and Characterization of Magnetic Materials, 
Elsevier 2004

Versuche erst einmal, deine vollständige Hystereskurve aufzunehmen und 
einen Fit mit einem der beiden nichtlinearen LTspice-Modellen 
(Flux=f(i)) durchzuführen.

Ich denke nämlich, dass für die Energieberechnung vor allem der 
Induktivitätsverlauf relevant ist, während die Fe-Verluste im Rahmen der 
Meßgenauigkeit untergehen.

Als Test kannst du auch deine Anordnung mit einem konstanten 
Stromanstieg (1A/s) versorgen - die Spanung gibt dann direkt die 
Induktivität an.

von analogspiceman (Gast)


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Grüße Trafo,

Sie haben Recht, dass die Chan Kernmodell die in LTspice eingebaut ist, 
funktioniert nicht sehr gut für Silizium-Stahl-Kernmaterial. Wenn die 
Kernmaterialparameter sind für hohe Rechtwinkligkeit angepasst, so gilt 
das Modell nicht gut, und fängt an, die Konvergenz zu Problemen führen. 
Das Modell baut sich der BH-Schleifen durch Zusammenkurvensegmente für 
oben und unten Magnetisierung.

Dies funktioniert recht gut bei der Approximation eines weichen 
Materials, wie Ferrit, aber problematisch Diskontinuitäten erscheinen, 
wenn ein Versuch gemacht wird, um eine quadratische Schleife zu 
entsprechen. Man muss zu einer Jiles-Atherton Teilschaltung greifen, um 
eine gute Simulation der quadratischen Schleife Stahl zu bekommen. 
Schade, denn diese läuft mindestens zehnmal langsamer als die 
Chan-Modell.

Ciao

von Thomas H. (Gast)


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Hallo Helmut, Trafo und analogspiceman,

vielen Dank für eure zahlreichen Informationen. Ihr habt mich leider mit 
Fakten erschlagen :-o. Jetzt bin ich mal wieder in der Realität 
angekommen. Ich habe gehoff, dass man es einfacher umsetzen könnte.

Ich werde mir mal die nächste Zeit die Modelle und die magnetischen 
Eigenschaften näher anschauen. Preisach-Modell und Jiles-Atherton 
Teilschaltung.
Mit dankenden Grüßen :-)

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