Hallo zusammen, nach ausgiebiger Recherche habe ich zwar schon einiges zum Thema EMV gelernt, aber wie immer sind noch Fragen offen. Ich möchte eine kleine Schaltung vermarkten, die mit Schutzkleinspannung (30V=) betrieben wird. Ich habe zwar Zugriff auf die meisten Normen, was aber noch lange nicht heißt, dass ich daraus schlau werde. Klassifiziert wird das kleine Teil wohl als "Einrichtung der Informationstechnik" - ist ein Sensor, passt also. Zu erreichen ist Klasse B (Einsatz in Wohnbereichen). Bevor ich damit ins EMV-Labor gehe und einen Stapel lila Scheine auf den Tisch legen muss, wüsste ich gerne, wo ich ungefähr liege. Die Schaltung hat einen kleinen Schaltregler an Bord, der sekundärseitig 1-2mA liefert. Der Rest ist sehr gemütlich unterwegs und macht mir keine großen Sorgen. Deswegen habe ich mir eine Referenz gesucht und bin ausgerechnet in China fündig geworden: http://gvs-deutschland.de/impresscms-root/download/USB-Stick-Gateway/CE-Zertifizierung-USB-Interface.pdf (GVS ist eine chinesische Firma). Meine Hauptsorge gilt der Conducted Emission, damit wäre die EN55022:2010, d.h. CISPR22, einschlägig. Abstrahlung definiert zu messen, traue ich mir nicht zu. Mit einer Schnüffelsonde nach Problemen suchen zwar schon, aber das hilft für eine Bewertung der gestrahlten Störaussendung nicht wirklich. Also CISPR22. Dort stehen dann auch tatsächlich konkrete Grenzwerte (74dBµV Quasipeak, 64dBµV Mittelwert) und die Vorschrift, ein LISN bzw. AMN. bzw. Netznachbildung nach CISPR16-1-2 mit 50µH/50Ohm zu verwenden. An einen Spectum Analyzer komme ich vermutlich dran, im schlimmsten Fall investiere ich in einen DSA815. Also brauche ich eine Netznachbildung. Googeln führt zum einen zu den üblichen Verdächtigen wie R&S, Schwarzbeck usw., die sich vornehm um Preise drücken, und zum anderen zum Tekbox TBOH01. Das wäre ja ganz nett, hat aber noch ein paar Nachteile: - immer noch ganz schön teuer (250USD) - 5µH statt 50µH - Eine reichlich vernichtende Aussage im EEVBlog-Forum: http://www.eevblog.com/forum/blog/eevblog-548-emc-pre-compliance-conducted-emissions-testing/msg332152/#msg332152 Bei eBay gibt es nur für viel Geld alte Teile für 230V, die mir nicht weiterhelfen. Eine Option wäre noch Selbstbau, da gibt es z.B. http://www.compliance-club.com/archive/old_archive/010422.htm Mit der Naivität eines Gleichspannungselektrikers habe ich deswegen mal Schaltplan und Layout des TBOH01 hergenommen und versucht, auf 50µH und symmetrischen Aufbau umzuhäkeln. Ergebnis im Anhang, Werte: C1 = C2 = 100nF keramisch R1 = R2 = 1k Dickfilm C3 = C4 = 1uF keramisch In Längsrichtung sind zwei selbstgewickelte Luftspulen mit 50µH vorgesehen. Eingebaut wird das ganze in ein Alu-Druckguss-Gehäuse, der GND-Ring außen wird an mehreren Stellen mit dem Gehäuse verbunden (Tipps wie genau? Taugt Kupferklebeband dafür?). Anschlüsse über 4mm-Bananenstecker für die Leitung und über BNC-Buchsen für den SA-Anschluss. Die BNC sind über R1 und R2 angeschlossen, über eine möglichst kurze und dicke Leitung. Bitte für das Ergebnis nicht verhauen, ich lerne gerne dazu. Vermessen würde ich das LISN über SA mit TR, in der Hoffnung, ungefähr bei so was zu landen: http://www.compliance-club.com/archive/old_archive/010422g.jpg. Kann das was werden, oder ist das alles Unfug? Welche Probleme macht mir ggf. die spannungsabhängige Kapazität der Kerkos? Oder verrenne ich mich gerade völlig? Hat jemand konkrete Erfahrungen, was ein EMV-Labor für einen kurzen Blick verrechnen würde? Immerhin ist die Messung an sich ja recht schnell erledigt, wenn man das Equipment vollständig da hat. Hat jemand eine Empfehlung für ein EMV-Labor in und um Stuttgart? Ich kenne Mooser in Ludwigsburg, aber die machen eigentlich nur Automotive. Vielen Dank fürs Lesen und Antworten, Max
Bist du zwingend an Deutschland gebunden? Ansonsten schau' dich mal im Nahen Osten um, auch dort gibt es akreditierte Labore...
es gibt doch genügend labore die dienstleistungen anbieten. ich sehe eher das problem eine niederimpedante Masse zu erzeugen, denn wenn das nicht gegeben ist, hat es keinen sinn. sonst hat man ganz schnell parallelresonanzen in der masse und misst natürlich murks. ich würde sagen geh ins labor und hoffe das beste^^ oder du gibst geld aus und kaufst dir equipment.
Geh in ein Labor und zahl halt die ca. 200 EUR/Std., das ist allemale günstiger, als wenn Du anfängst zu basteln. Vergiss nicht, dass ein CB Report nicht nur aus conducted Emission, sondern mindestens aus: - Radiated Emission - Radiated Immunity - ESD - Burst - Surge - Harmonics - Voltage Dips - evtl. HV Einkoppelung auf Leitungen - magnetic fields besteht. Als akreditiertes EMV Labor fällt mir noch ELMAC in Bondorf ein. Grüssle
Max G. schrieb: > Klassifiziert > wird das kleine Teil wohl als "Einrichtung der Informationstechnik" - > ist ein Sensor, passt also. > Zu erreichen ist Klasse B (Einsatz in Wohnbereichen). Dann zertifizier das Teil halt in Eigenleistung nach Erfahrungswerten. Bei sowas misst eh keiner nach... Damit man da heutzutage noch auffallen kann, muss man sich schon ichtig anstrengen, die chinesischen Schltnetzteilhersteller haben da recht Ambitionierte Ziele vorgegeben, die es zu überreffen gilt!
Danke an alle. Thomas und "Schreiber" haben die beiden Extrema ganz gut aufgezeigt: auf der einen Seite die gesamte Palette, auf der anderen Seite "Augen zu und durch". Mein Ansatz war eigentlich, irgendwo in der Mitte zu bleiben und das in etwa so zu machen: - CE-Precompliance, um einigermaßen sicherzustellen, dass die BNetzA nicht binnen einer Woche bei mir auf der Matte steht - Erste Teile verkaufen und für ersten Cashflow sorgen - Mit diesem Geld dann eine richtige EMV-Messung bezahlen Letztendlich muss sowieso ich den Kopf für den CE-Kleber hinhalten. Das Labor ist für CE ja kein TÜV, der ein amtliches Siegel erteilt, sondern kann nur für ein einzelnes Gerät sagen, dass es innerhalb der Spezifikation liegt. Eine definitive Entscheidung obliegt der BNetzA, die aber nach meinem Verständnis nur im Verdachtsfall tätig wird. Gruß, Max
Max G. schrieb: > Eine definitive Entscheidung obliegt der BNetzA, > die aber nach meinem Verständnis nur im Verdachtsfall tätig wird. nicht im Verdachtsfall, sondern nur bei Vorliegen einer Beschwerde... ..und da ist es recht unwahrscheinlich, dass da irgendjemand mault... Für den Precompliance-Test schlage ich vor: 1. Radio (Mittelwelle, Kurzwelle, UKW) neben das Gerät stellen (etwa 1-2m Abstand), prüfen ob es hörbare Störungen verursacht. Wenn nein, dann weiter wie folgt: 2. SDR-Empfänger (=DVB-T-Stick+etwas gratis-Software) neben das Gerät legen, prüfen ob Störungen zwischen 117-137MHz (Flugfunk) und zwischen 156-174MHz (Polizeifunk) hörbar/sichtbar sind. Wenn auch da nein, dann kannste davon ausgehen, dass es entweder keine Störungen verursacht oder aber dass sich keiner für die Störungen interessiert. Max G. schrieb: > Mein Ansatz war eigentlich, irgendwo in der Mitte zu bleiben und das in > etwa so zu machen: > - CE-Precompliance, um einigermaßen sicherzustellen, dass die BNetzA > nicht binnen einer Woche bei mir auf der Matte steht das ist durch diesen einfach-Test sichergestellt. Dazu brauchts kein teures Labor Max G. schrieb: > - Erste Teile verkaufen und für ersten Cashflow sorgen vernünftig Max G. schrieb: > - Mit diesem Geld dann eine richtige EMV-Messung bezahlen unvernünftig. Das Geld besser in ein schönes Cabrio investieren, ist vernünftiger.. Max G. schrieb: > Letztendlich muss sowieso ich den Kopf für den CE-Kleber hinhalten. Das > Labor ist für CE ja kein TÜV, der ein amtliches Siegel erteilt, sondern > kann nur für ein einzelnes Gerät sagen, dass es innerhalb der > Spezifikation liegt. Eben genau deshalb. Zudem wird die BnetzA nur bei Beschwerden aktiv. Sofern man nicht gerade Polizei- oder Flugfunk stört also eigentlich nie. Da sollte man sich ruhig ein Beispiel an den Herstellern von Powerline-Adaptern und Plasmafernsehern, insbesondere an deren Interpretation der Grenzwerte und Vorschriften, nehmen... ...die Stören wirklich alles(!!!) und keinen interessierts... ...also spar dir das Geld fürs Labor!!!
OK, das ist natürlich eine extrem pragmatische Sichtweise. Leider macht der Wettbewerb dick Werbung damit, dass er EMV-Messungen macht. Ganz werde ich also nicht drumherum kommen. Jetzt machen wir mal Precompliance und sehen dann weiter. Danke für die Inputs, ich frage mal zwei oder drei Labore an. Hat jemand trotzdem einen Vorschlag, wo ich sinnvoll ein LISN herbekomme? Taugt das Tekbox-Teil wirklich nichts? Max
Nochmal allgemein zum thema emv. je billiger du testen willst, desto mehr erfahrung benötigt man. ich kann dir ein buch empfehlen......von henry ott http://eu.wiley.com/WileyCDA/WileyTitle/productCd-0470189304.html da ist auch viel precompliance erklärt. das buch ist jeden euro wert.
Danke für den Hinweis, ist bestellt. In Australien kostete es nur etwas mehr als die Hälfte, mal sehen, ob das klappt :) Max
Da kommt bestimmt noch ordentlich Porto druff und Zoll was weiß ich. :D SAG mal bescheid wenn es günstig war. Ich leihe mir das zur Zeit immer aus der Bibliothek aus :).
Max G. schrieb: > Meine Hauptsorge gilt der Conducted > Emission, damit wäre die EN55022:2010, d.h. CISPR22, einschlägig. > Abstrahlung definiert zu messen, traue ich mir nicht zu. Mit einer > Schnüffelsonde nach Problemen suchen zwar schon, aber das hilft für eine > Bewertung der gestrahlten Störaussendung nicht wirklich. > > Also CISPR22. Dort stehen dann auch tatsächlich konkrete Grenzwerte > (74dBµV Quasipeak, 64dBµV Mittelwert) und die Vorschrift, ein LISN bzw. > AMN. bzw. Netznachbildung nach CISPR16-1-2 mit 50µH/50Ohm zu verwenden. > An einen Spectum Analyzer komme ich vermutlich dran, im schlimmsten Fall > investiere ich in einen DSA815. Also brauche ich eine Netznachbildung. Die Dinger sind ja aufgrund der Stückzahlen Einzelanfertigungen. Schau dir mal eine Kommerzielle an und bau das Teil selber. Die 50µ müssen sowieso eine Luftspule sein, 50Ohm bekommt man ebenfalls ohne Probleme her.
lulzer schrieb: > Da kommt bestimmt noch ordentlich Porto druff und Zoll was weiß ich. :D Eben kommt meine Frau zur Tür herein "Du hast Post". Buch ist da, versandt per DHL aus Singapur. Ich bin baff. Das Buch scheint eine Weile herumgestanden zu haben, die Ecken haben ein paar leichte Macken. Die Seiten selbst wirken ungelesen. Wirkt, als habe es ein Jahr in der Buchhandlung gestanden und sei dann anderweitig verkauft worden. Bestellt habe ich über abebooks.de bei "Bestbuy Textbooks Australia". Nein, ich bekomme von keinem der beiden Provision, ich bin nur positiv überrascht. Max
Ja danke für den link. Wenn ich keinstudent mehr bin werde ich mir den Schinken auch wohl anschaffen. Im Anhang ist auch ein lustiger Abschnitt zu der vonktion von Dipolen.
CE-LAB GmbH in Ilmenau (zertifiziert) Hochschule für Telekommunikation Leipzig (1h ca 80€)
Das ist auch mein Eindruck. Gängig sind Stundensätze im Bereich 110-130 EUR, jedenfalls bei den Angeboten, die ich bisher habe. Max
Max G. schrieb: > Letztendlich muss sowieso ich den Kopf für den CE-Kleber hinhalten. Das > Labor ist für CE ja kein TÜV, der ein amtliches Siegel erteilt, sondern > kann nur für ein einzelnes Gerät sagen, dass es innerhalb der > Spezifikation liegt. Eine definitive Entscheidung obliegt der BNetzA, > die aber nach meinem Verständnis nur im Verdachtsfall tätig wird. Gibt aber schon Unterschiede. Selbst wenn später eine Nichtkonformität festgestellt wurde, kann dann durch Vorlage der Prüfprotokolle ja die Konformitätsvermutung nachgewiesen werden. Sollte es keine Prüfprotokolle geben kann die Sache schlechter (im Sinne von Strafen) ausgehen.
Dumdi Dum schrieb: > Sollte es keine > Prüfprotokolle geben kann die Sache schlechter (im Sinne von Strafen) > ausgehen. wirkliche Strafen sind hier nicht zu erwarten, denn sonst gäbe es weder Plasmafrnseher noch Powerline-Adapter.
Netzgebundene Störungen kann man prima und preisgünstig wegfiltern, zumal es hier um sehr kleine Leistungen geht. Wir haben das schon zahlreichen Geräten wie folgt erfolgreich gelöst: DC-Netz: Varistor -> Ferrite in + und - -> Keramikkondensator -> stromkompensierte Drossel -> Keramikkondensator -> Ferrite in + und -> Suppressordiode -> Verbraucher. Die Drossel darf nur bis zu 1/4 ihrer Strombelastbarkeit genutzt werden. L ca. 1 mH*2, Kondensator ca. 10 µ/50 V. Die Wirksamkeit des Filters kann man mit LT Spice simulieren: Storung sekundär mit gewünschter Frequenz aufbringen und sehen, was primär rauskommt. Bisschen mit Bauteilewerten spielen und dann ist das gut. Die fertige Schaltung kann man mit einem Oszi grob auf Tauglichkeit prüfen: Mit Linearnetzteil die Schaltung versorgen. Es dürfen primär nur Störungen von einigen mV ankommen, dann ist alles OK. Möglicherweise, und das möchte ich gar nicht bestreiten, muss man nicht für jede Schaltung den Aufwand treiben und käme mit weniger Bauteilen aus. Andererseits ist es ein Scheissgefühl, im EMV-Labor zu stehen und die Büx fällt duch und man muss auf eine vollgepackten Platine mit winzigen Bauteilen improvisieren. Dann lieber auf der sicheren Seite.
Nach einer blutigem Nase im EMV-Labor nun auch noch meine 2ct als Threaderöffner. Ich lasse mich auch gerne korrigieren, ich gebe nur wieder, was ich die letzten Wochen schmerzhaft gelernt habe. Ich bin weitgehend der gleichen Ansicht wie Thomas, auch wenn je nach Gerät und Markt das präventive Verteilen von Ferriten und Gleichtaktdrosseln (= common mode chokes = stromkompensierten Drosseln) die Stückkosten zu sehr in die Höhe treiben kann. Das muss aber jeder für sich entscheiden. Für das erste Testen im eigenen Labor ist ein ordentliches Oszi schon mal ganz hilfreich. Um etwas einigermaßen Nachvollziehbares zu sehen, sollte man jedoch wenigstens die Netznachbildung emulieren, ich habe mir dazu eine 50µH-Luftspule gewickelt und direkt hinter der Spannungsversorgung eingeschleift. Die stromkompensierte Drossel hilft nur gegen Common-Mode-Störungen, d.h. wenn die ganze Schaltung gegenüber Erdpotenzial hin und her wackelt. Bei Differential-Störungen, d.h. zu stark pulsförmiger Stromaufnahme z.B. durch Schaltregler oder Digitalschaltungen, hilft sie nichts. Hier hilft nur, zum einen mit Kondensatoren ordentlich abzublocken und ggf. HF-Anteile mit Ferriten vollends wegzufiltern. Gruß, Max
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