Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Wie funktioniert der inverse Transistor?


von Karsten W. (lsmod)


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Hallo zusammen,

ich bin auf eine Frage gestossen, für die ich keine Erklärung habe und 
die ich gerne hier zur Diskussion stellen möchte.

Es ging ursprünglich um folgendes Problem:
Ich habe an einem TL074 (im ausgeschalteten Zustand) an 2 Ausgängen eine 
Spannungsquelle anliegen.
VCC- und VCC+ sind hier also nicht verbunden, sondern nur die Ausgänge 
sind mit der Spannungsquelle verbunden.
Meine Hoffnung war das dann zwischen den Ausgängen kein Strom fliessen 
würde, aber in der Praxis ist dem leider nicht so.
Das Problem muss ich also anders lösen - trotzdem hat mich interessiert 
warum dem so ist?

Also habe ich das Innenschaltbild gedoppelt in LTSpice gesteckt und eine 
Transientenanalyse durchgeführt.
Das Modell scheint gut zu stimmen, denn es stellt sich in der Simulation 
der gleiche Strom wie in der Realität ein.

An dem 2. Ausgang wird hier eine Spannung von 10V angelegt.
Es ist nachvollziehbar das der Strom von rund 22 mA in erster Linie 
durch den unteren PNP Endstufentransistor (13,7 mA) in die Schaltung 
fliesst.

Interessant wird es wie der Strom an dem anderen Ausgang wieder hinaus 
fliesst.
Diesen Schaltungsteil habe ich in dem Bild mit den dazugehörigen 
Spannungen und Strömen dargestellt.

Was ich nicht verstehe ist wie der Strom von 11.5 mA invers durch den 
PNP Transistor fliessen kann?
Lässt sich Emitter und Collector wirklich so problemlos vertauschen?

von Kai K. (klaas)


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Äh, das ist aber nur ein vereinfachtes Ersatzschaltbild. Nicht 
gezeichnet sind auch die parasitären pn-Übergänge zum Substrat.

und warum um alles in der Welt betreibst du den OPamp mit verpolter 
Versorgungsspannung??

von Stefan F. (Gast)


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Kollektor und Emitter können getauscht werden. Der Transistor hat dann 
einen geringeren Verstärkungsfaktor - aber er wirkt dennoch wie man es 
von einem Transistor prinzipiell erwartet.

von Karsten W. (lsmod)


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Kai Klaas schrieb:
> Äh, das ist aber nur ein vereinfachtes Ersatzschaltbild. Nicht
> gezeichnet sind auch die parasitären pn-Übergänge zum Substrat.

Klaro - es wird auch schwierig alles zu simulieren.
Aber wie gesagt past das trotzdem ganz gut.

> und warum um alles in der Welt betreibst du den OPamp mit verpolter
> Versorgungsspannung??

Wollte ich ja nicht.
Die Spannungen stellen sich halt ein, wenn an 2 Ausgängen eine Spannung 
anliegt.

Aber das beantwortet hier nicht die Frage. ;-)

von Karsten W. (lsmod)


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Stefan Us schrieb:
> Kollektor und Emitter können getauscht werden. Der Transistor hat dann
> einen geringeren Verstärkungsfaktor - aber er wirkt dennoch wie man es
> von einem Transistor prinzipiell erwartet.

O.K. - Danke.
Zu dem Thema ist wirklich sehr wenig zu finden.
Ist natürlich auch logisch warum das so ist. :-)

Interessant ist das man eher auf Patente stösst wenn man nach einem 
inversen Transistor sucht.

: Bearbeitet durch User
von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Es gibt auch "echt" symmetrische Transistoren. Bei (fast?) allen JFETs 
ist z.B. Source und Drain frei vertauschbar ohne signifikanten Einfluss 
auf die Spezifikationen.

Und dann gibt es auch "echt" asymmetrische Transistoren. MOSFETs z.B. 
mit ihrer parasitären Diode.

von Kai K. (klaas)


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>Wollte ich ja nicht. Die Spannungen stellen sich halt ein, wenn an 2
>Ausgängen eine Spannung anliegt.

Und das ist nicht erwünscht? Also, dafür, daß genau das nicht passiert, 
gibt es Schutzschaltungen. Zwei Dioden vom Ausgang zu den Rails 
beispielsweise.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Karsten M. schrieb:
> Zu dem Thema ist wirklich sehr wenig zu finden.

Waren früher in Bastelbüchern gar nicht so unbeliebt, weil man damit
eine geringere Sättigungsspannung als im Normalbetrieb erreichen
konnte.  Allerdings bricht die BE-Diode bei um die 7 V durch, sodass
sich das nur bei Schaltungen bis etwa 5 oder 6 V nutzen ließ.

Seit dem Einzug der Planar-Epitaxie-Transistoren spielte es dann einfach
gar keine Rolle mehr, weil deren Sättigungsspannung auch so schon gering
genug ist.

von Harald W. (wilhelms)


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Jörg Wunsch schrieb:

> Allerdings bricht die BE-Diode bei um die 7 V durch, sodass
> sich das nur bei Schaltungen bis etwa 5 oder 6 V nutzen ließ.

Ja, das ist auch der Hauptgrund, warum Ub für TTL 5V ist.

von Kai K. (klaas)


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>Waren früher in Bastelbüchern gar nicht so unbeliebt, weil man damit
>eine geringere Sättigungsspannung als im Normalbetrieb erreichen
>konnte.

Genau. Beim Inversbetrieb als Schalter ist der Widerstand oft deutlich 
kleiner. Dafür muß man sich aber auch mit einer erheblich kleineren 
Stromverstärkung begnügen. Man braucht also einen weitaus größeren 
Basistrom zum Ansteuern, was oft auch nicht ganz unproblematisch ist.

Letztens habe ich einen solchen Inversbetrieb in einem Mackie-Mischer 
gefunden, zum Muten eines Audiosignals.

von Karsten W. (lsmod)


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Danke für Eure Erläuterungen.
Es war mir noch nicht bewusst das man Transistoren auch gezielt 
"verkehrt herum" betreiben kann und das auch noch Sinn macht.
Das ist aber auf jeden Fall schon ein gehöriger Griff in die Trickkiste, 
denn die Daten sind doch wohl nicht spezifiziert, oder gab es das in der 
Vergangenheit auch?

Kai Klaas schrieb:
>>Wollte ich ja nicht. Die Spannungen stellen sich halt ein, wenn an 2
>>Ausgängen eine Spannung anliegt.
>
> Und das ist nicht erwünscht? Also, dafür, daß genau das nicht passiert,
> gibt es Schutzschaltungen. Zwei Dioden vom Ausgang zu den Rails
> beispielsweise.

Um Dich zu beruhigen - dies passierte nur bei 4V und der Baustein hat 
dies problemlos überlebt.

Ich kann Dir die Problemstellung auch noch weiter erläutern.
Es geht darum eine Schaltung bei Batteriebetrieb möglichst ohne 
(Mehrfach-)Schalter aussser Betrieb nehmen zu können.
Daher wäre mir auch nicht mit einer Schutzschaltung geholfen, denn hier 
würde ja dann trotzdem Strom fliessen.
Der Schaltungsaufwand soll zudem gering bleiben.
Das war hier halt nur eine "Machbarkeitsstudie". :-)

von Kai K. (klaas)


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Schaltplan?

von Karsten W. (lsmod)


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Einen Schaltplan gibt es noch nicht.
Eigentlich wäre das Ganze ein neues Thema bzw. Thread.

Das Detailproblem basiert auf dieser Schaltungsidee:
http://www.richard-dj1pi.de/Liposymetr1_1.jpg

Man baut eine Balancierung von mehreren in Reihe geschalteten Li-Zellen 
mit einfachen OP's auf.
Auf die Treiberstufe dahinter soll nach Möglichkeit auch verzichtet 
werden, denn die Differenzen sind üblicherweise nicht so gross.
Dadurch liegt natürlich die Spannung auf den Ausgängen.
Balanciert soll nur im Betrieb werden.
Für den Betrieb sollen nicht endlos viele Stellen (aus)geschaltet werden 
müssen.
War eigentlich klar das dies nicht so einfach funzen wird, aber 
probieren geht ja manchmal über studieren. :-)

: Bearbeitet durch User
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