Hallo,
Lötzinn gibt es bekanntlich immer als eutektische und nicht-eutektische
Legierungen. Ich habe schon viel über Lötzinn gelesen, aber eines ist
mir nicht ganz klar geworden. Wann genau wird besser eine eutektische
und wann eine nicht-eutektische Legierung angewendet? Irgendeinen Grund
muss es geben, dass beide Varianten angeboten werden. Der Preis kann es
m.E. nicht sein.
Klemptener wollen ein Lot, was nur breig, nicht schlagartig flüssig
wird.
Wenn wir so eine Platine flach hinlegen, ist flüssiges Lot besser. Wir
löten ja recht selten über Kopf.
Mehr als 6%tige Salzlösung im Streumedium lassen Idioten im Winter den
Gang Darwins gehen.
Eine einfache Frage hier im Forum wird deinen Wissensdurst nicht
befriedigen. Kauf dir ein Fachbuch über Metallurgie und du bist wissend.
Das will ich jetzt auch wissen.
Die Definition von eutektischer Legierung ist: Es ist entweder
vollständig fest oder vollständig flüssig. Sn63Pb37 wird bei 183 °C
schlagartig flüssig. Das verbreitete Sn60Pb40 ist zwischen 183 und 191
°C breiig.
Warum kaufen wir Sn60Pb40? Was für einen Vorteil bringt der
halb-flüssige Bereich zwischen 183 und 191 °C ?
Noch einer schrieb:> Warum kaufen wir Sn60Pb40? Was für einen Vorteil bringt der> halb-flüssige Bereich zwischen 183 und 191 °C ?
Gar keinen, Blei ist halt viel billiger als Zinn.
Marian B. schrieb:> Gar keinen, Blei ist halt viel billiger als Zinn.
Auch bei bleifreiem Lötzinn gibt es eutektische und nicht-eutektische
Varianten. Nochmal die Frage: Welche Vor- und Nachteile hat beim
eutektischen Lötdraht der plötzliche Erstarrungs- bzw. Schmelzpunkt,
bzw. welche Vor- und Nachteile hat die kurze halbflüssige Phase beim
nicht-eutektischen?
Ich hatte mal eine Weile 25µm Gold-Draht mit Lötpads zu verbinden. Mit
normalem Lot war das schwierig, im komplett flüssigen Bereich löste sich
das Gold recht schnell im Lötzinn, im breiigen Bereich war es kaum
möglich, den Draht noch in die Masse zu bekommen.
Mit eutektischem Lot ging es deutlich besser.
Ich habe dann auch ein paar normale Lötungen damit gemacht, ohne
irgendwelche negativen Effekte festzustellen; kann dir daher auch nicht
sagen, warum man normalerweise das andere Lötzinn benutzt.
Es gibt dann noch den Grabsteineffekt, wo sich SMD Bauteile (1206 und
dergleichen) aufstellen koennen, wenn das Lot links grad fest wird,
rechts aber noch fluessig ist. Ist aber nur bei Maschinenbestueckung & -
Loetung zu beachten.
Und dann geht es auch noch um mechanische Spannung die man in die
Bauteile bringt.
Das eutektische Lot hat den niedrigsten Schmelzpunkt, ist am ehesten und
alles auf einmal total flüssig.
Beim nichteutektischem Lot muss man also für Kapillarwirkung viel
stärker erhitzen, jedoch kann man es halbflüssig schmieren, weswegen es
auch den Begriff Schmierlot gibt.
Nur bei Konstrukten aus Draht, bei denen nicht alles sofort runterfallen
soll, würde ich nichteutektisches Lot empfehlen.
MfG Matthias
Man verwendet ein eutektisches Gefüge häufig nicht wegen seinem
Schmelzverhalten sondern seinem Verhalten beim Erstarren. Die Struktur
eines Lotes nach dem Erstarren unterscheidet sich bei einem eutektischen
stark von einem nicht eutektischen.
Das kannst du dir hier mal ansehen, da sind ein paar kleine Unterschiede
aufgezeigt von verschiedenen Legierungen:
https://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/fakultaet_mathematik_und_naturwissenschaften/fachrichtung_physik/studium/lehrveranstaltungen/praktika/pdf/TH.pdf
Je nach mechanischer und chemischer Anforderung später an das Lot
ergeben sich andere Anforderungen an das Gefüge nach dem erstarren.
Allerdings bin ich im Bereich Heterosystemintegration nicht so fit um
dafür eine Einteilung zu treffen und dir genau zu sagen wann ein
eutektisches Lot wirklichen Nutzen bringt.
Das ist natürlich ein Argument. Benetzungs- und Fließverhalten sowie
mechanische Festigkeit hängen ja auch von der Zusammensetzung ab.
@Georg: Ist bekannt. Das ganze sollte dann aber im Temperaturbereich von
4K bis 400K gemessen werden - und bei 400K wirds mit Indium-Loten
langsam eng. Außerdem ist das Zeugs nicht ganz billig. Trotzdem danke!
Bleihaltiges Lot für Elektronikanwendungen enthält 60% Zinn, 1,6 bis 2 %
Kupfer, der Rest ist Blei. Die Liquidustemperatur ist 190°C, die
Solidustemperatur ist 183°C, alles nachzulesen bei Wikipedia.
Eine Temperaturspanne von 7°C zwischen Liquidus und Solidus beim löten
gezielt auszunutzen halte ich für illusorisch. Wichtiger scheint mir
folgendes Szenario: Beim Abkühlen einer Lötstelle zieht sich das
abkühlende Lot zusammen, was potentiell zu Spannungen mechanischer Art
führt, was wiederum eine herabgesetze Zuverlässigkeit der Lötstelle
bedeutet. Da kommt ein klitzekleines Bisschen später erstarrendes Lot
gerade recht, um mögliche Lücken zu füllen.
Das ist alles vom mir zusammengesponnen, wer das belegen oder widerlegen
kann, möge sprechen (schreiben)
Bei Dachdeckerlot (50% Sn) ist Liquidus bei 215°C, Solidus bei 183°C.
Ernst Oellers schrieb:> Bleihaltiges Lot für Elektronikanwendungen enthält 60% Zinn, 1,6 bis 2 %> Kupfer, der Rest ist Blei. Die Liquidustemperatur ist 190°C, die> Solidustemperatur ist 183°C, alles nachzulesen bei Wikipedia.
Zitat?
Wär auch Quatsch, Kupferschutzlot ist wohl heute in den seltensten
Fällen erforderlich (wobei ich für gröberes gern eine gefeilte
Kupferspitze nehme).
Wiki sagt:
"Alloys commonly used for electrical soldering are 60/40 Tin/lead
(Sn/Pb) which melts at 188 °C (370 °F) and 63/37 Sn/Pb used principally
in electrical/electronic work."
Im deutschen stehts nur recht schwammig drin.
Ernst Oellers schrieb:> Das ist alles vom mir zusammengesponnen, wer das belegen oder widerlegen> kann, möge sprechen (schreiben)
So (oder so ähnlich, ist lange her ;-) habe ich das auch von unseren
Vorlesungen in Elektroniktechnologie in Erinnerung. Wenn eine
Lötstelle mit eutektischem Lot beim Erstarren auch nur geringe
mechanische Erschütterungen erfährt (was beim Bewegen sowohl
damals beim Wellenlöten als auch heute beim Rausfahren aus dem Ofen
nun mal passieren kann), dann hat die Lötstelle ein sehr viel höheres
Bruchrisiko als bei (leicht) nichteutektischem Lot.
Ob ich die alten Vorlesungsmitschriften noch habe (um genauer
nachlesen zu können), weiß ich nicht.
War das nicht umgekehrt? Eine Lötstelle mit eutektischem Lot (Sn63Pb37)
wird auf einen Schlag hart und bleibt das auch. Bei dem alten Radio-Lot
(Sn60Pb40) gab es so eine cremige Übergangsphase. Wenn man da gezittert
hatte, sah die Lötstelle hinterher aus wie heute Bleifrei. "Kalte
Lötstelle" nannte man den Effekt damals.
Jörg Wunsch schrieb:> Wenn eine> Lötstelle mit eutektischem Lot beim Erstarren auch nur geringe> mechanische Erschütterungen erfährt (was beim Bewegen sowohl> damals beim Wellenlöten als auch heute beim Rausfahren aus dem Ofen> nun mal passieren kann), dann hat die Lötstelle ein sehr viel höheres> Bruchrisiko als bei (leicht) nichteutektischem Lot.
Ist das evt. der Grund dafür, dass bei manchen älteren elektronischen
Geräten sich haarfeine Risse in manchen Lötstellen bilden, die später
dazu führen, dass diese entweder schlechten kontakt hat oder heiß wird
und das Bauteil sich quasi selber "auslötet"? Ich meine THT Bauteile,
die eigentlich keinen mechnischen Belastungen (außer evtl den
Vibrationen des Netzteiltrafos) ausgesetzt sind. Ich hatte solche Fälle
in der Vergangenheit schon einige Male, insbesondere bei Fernsehgeräten
(auch Bang & Olufsen). Wenn man am Bauteil gewackelt hat, konnte man
sehen, dass die Lötstelle ringförmig in der Mitte gebrochen war, auch
wenn die Oberfläche der Lötstelle perfekt aussah.
soul eye schrieb:> "Kalte Lötstelle" nannte man den Effekt damals.
Nein, eine kalte Lötstelle ist eine, bei der die Benetzung des Bauteils
durch das Lot nicht stattgefunden hat, sodass das Lot nicht in den
Anschluss des Bauteils diffundiert ist. Diese hält dann zwar erst
einmal mechanisch (formschlüssig), aber bildet keine sichere Verbindung,
da zwischen Bauteilanschluss und Lot weitere Korrosion stattfinden
kann. Das führt dann zu späteren Ausfällen.
Wirklich „kalt“ war das Löten deshalb trotzdem nicht, das Lotmetall
war dennoch komplett flüssig.