Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Geeignete Verstärkerschaltungen für einige MHz


von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Was für Schaltungstopologien sind geeignet für den Aufbau (einfacher, 
keine speziellen Anforderungen) von Verstärkern (mit Spannungs- und 
Stromverstärkung) für den Bereich ab einigen MHz bis - sagen wir mal - 
20 MHz oder so?

Ich habe es mal mit der Standardschaltung aus dem Tietze/Schenk probiert 
(in meiner Ausgabe unter 15.8 zu finden, siehe angehängtes Bild), aber 
hier schlägt (m.E.) der Millereffekt zu und macht die Schaltung viel zu 
langsam für 10 MHz.

Meine Signalquelle ist in diesem Fall niederohmig, eine sonst nötige 
Eingangskaskode kann also entfallen... nur wie weiter?

von Matthias K. (kannichauch)


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Da musst Du schauen, was HF verstärken kann; und das sind die bereits 
erwähnte Kaskodeschaltung, die Basisschaltung(nur Spannungsverstärkung), 
und dann außerdem HF Transistoren, die arbeiten dann auch in 
Emitterschaltung.

Oder fragst Du speziell nach Operationsverstärkern?

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Ah, Basisschaltung. Jo, Spannungsverstärkung klappt halbwegs, muss ich 
ein bisschen mit rumspielen. Gibt es spezielle Tricks um bei der 
Kollektorschaltung bei "HF" eine gute "Ausnutzung" der Stromverstärkung 
hinzubekommen (bei NF ist das ja recht problemlos).

Matthias K. schrieb:
> Oder fragst Du speziell nach Operationsverstärkern?

Ich frage speziell nicht nach Opamps :-)

von lrep (Gast)


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Schau dir einfach mal die Y-Verstärker von Oszilloskopen an.

von Mark S. (voltwide)


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Das Nadelöhr ist hier meist der Miller-Effekt. Von daher macht die 
Kascodenschaltunbg in jedem Fall Sinn.

von Possetitjel (Gast)


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Marian B. schrieb:

> Was für Schaltungstopologien sind geeignet für den Aufbau
> (einfacher, keine speziellen Anforderungen) von Verstärkern
> (mit Spannungs- und Stromverstärkung) für den Bereich ab
> einigen MHz bis - sagen wir mal - 20 MHz oder so?

Die Frage ist zu unspezifisch.

Es sind verschiedene, auch exotische Konzepte möglich, z.B.
eine Spannungsverstärkung ausschließlich mit Impedanzwandlern
(=Spannungsfolgern) und Schwingkreisen...

> Ich habe es mal mit der Standardschaltung aus dem Tietze/Schenk
> probiert (in meiner Ausgabe unter 15.8 zu finden, siehe
> angehängtes Bild), aber hier schlägt (m.E.) der Millereffekt
> zu und macht die Schaltung viel zu langsam für 10 MHz.

Das ist im Prinzip ein diskret nachgebauter OPV. Im Einzelfall
mag das funktionieren; allgemein ist dieser Ansatz meiner
Meinung nach nicht sinnvoll.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Schon das alte LM733 Schlachtschiff hat eine Bandbreite von etwa 100-120 
MHz, und

lrep schrieb:
> Schau dir einfach mal die Y-Verstärker von Oszilloskopen an.

ist z.B. im Y-Amp meines Hameg verbaut.
So was baut man heutzutage einfach nicht mehr aus Einzelbauteilen.

von Possetitjel (Gast)


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Marian B. schrieb:

> Matthias K. schrieb:
>> Oder fragst Du speziell nach Operationsverstärkern?
>
> Ich frage speziell nicht nach Opamps :-)

Okay, dann ist die grundsätzliche Antwort einfach:

Die Tricks, auf denen der Erfolg des OPV beruht, sind ja...
... die hohe Leerlaufverstärkung,
... der definierte Phasengang und
... die über-alles-Gegenkopplung.

Da es schwierig bis unmöglich ist, in einem mehrstufigen
diskreten HF-Verstärker einen geeigneten Phasengang zu
garantieren, ist die klassische Transistor-HF-Schaltungstechnik
notgedrungen einfach das genaue Gegenteil von oben, also...
... ungeeigneter Phasengang, deshalb...
... lokale (= auf eine Stufe beschränkte) Gegenkopplung, deshalb...
... niedrige, definierte Stufenverstärkung, deshalb...
... Kettenschaltung hinreichend vieler Einzelstufen.

"Eine Verstärkerstufe" steht dabei nicht unbedingt für "ein
Transistor"; eine Kaskode oder ein Differenzverstärker ist für
mich auch eine Stufe, obwohl das mehrere Transistoren sind.

Eine Sache, die man von der OPV-Schaltungstechnik abkupfern
kann, ist die Gleichspannungskopplung innerhalb eines Blockes.
Ganz früher, zur Germanium-Zeit, hatte z.T. jeder einzelne
Transistor seine eigene Arbeitspunkt-Beschaltung und war mit
den Nachbarstufen über Kondensatoren gekoppelt. Das ist heute
natürlich nicht mehr sinnvoll.

Generell ist diese Schaltungstechnik ein zwar sehr interessantes,
aber auch fast endloses Feld.

von Alex (Gast)


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Nach dem Motto "warum einfach, wenn's auch umständlich geht?"
Für diesen Frequenzbereich gibt's noch massig Operationsverstärker mit 
einem Verstärkungs-Bandbreite-Produkt von vielen 100MHz - z.B. 
Video-OPAs.
Die gibt's sogar als single-supply, rauscharm und stabil...

von Possetitjel (Gast)


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Alex schrieb:

> Nach dem Motto "warum einfach, wenn's auch umständlich geht?"

Genau!

Wozu Handwerkszeug, wenn es CNC-Maschinen gibt?
Wozu Reiterhöfe, seit das Auto erfunden ist?
Wozu ein Instrument erlernen, wenn es MP3-Player gibt?
Wozu kochen, seit es Konserven gibt?

Herr, wirf Hirn...!

von W.S. (Gast)


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Marian B. schrieb:
> nur wie weiter?

Das hängt ganz davon ab, WAS du eigentlich machen willst. Ne 
akademische Pspice-Übung veranstalten oder ein konkretes Signal für 
irgend einen konkreten Zweck verstärken?

Im ersteren Falle brauchst du dich nur mit deinem Pspice zu 
beschäftigen. Und ja, falls du 2..3 Zehnerpotenzen höherfrequent werden 
willst, dann dich mit dem Ansoft-Designer oder Ähnlichem anfreunden. 
Eben Silizium modellieren.

Im zweiten Falle guck einfach beim Distributor deines Vertrauens nach 
geeigneten OpV's.

Ähem.... zu "Herr, wirf Hirn...!" wäre zu sagen, daß die genannten 
Vergleiche gar zu sehr hinken. Man muß heutzutage nicht unbedingt selber 
das Mehl mahlen und backen, wenn man Hunger hat und ein Stück Brot essen 
will. Für sowas gibt es Müller und Bäcker. Wir leben schließlich in 
einer arbeitsteiligen Gesellschaft.

W.S.

von Georg (Gast)


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Possetitjel schrieb:
> Wozu Reiterhöfe, seit das Auto erfunden ist?

Ein völlig blödsinniger Einwand. Findest du wirklich, die Stadtwerke 
lösen ihre Aufgabe, einen günstigen Nahverkehr sicherzustellen, mit 
Pferden? Die haben, genau wie jeder andere Profi, die Aufgabe mit den 
geeignetsten Mittel zu lösen, sonst gehören sie wegen Unfähigkeit 
entlassen. Und bei einem Elektroniker, der mit mit einer 
Verstärkerschaltung mit Transistoren kommt (warum nicht gleich Röhren) 
würde ich das auch in Betracht ziehen.

Ausnahmen: nostalgische Spielereien oder Aufgaben für Studenten (ist das 
nicht das gleiche?).

Georg

von Possetitjel (Gast)


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Georg schrieb:

> Possetitjel schrieb:
>> Wozu Reiterhöfe, seit das Auto erfunden ist?
>
> Ein völlig blödsinniger Einwand.

Das gebe ich gern zurück. Blödheit liegt im Auge des
Betrachters.

> Die haben, genau wie jeder andere Profi, [...]

Du kannst mir ganz sicher die Stelle im Ursprungsartikel
nennen, aus der hervorgeht, dass die Frage auf einen
professionellen Einsatz zielt.

Ich wiederhole mich. HERR, wirf Hirn!

von ArnoR (Gast)


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Georg schrieb:
> gehören sie wegen Unfähigkeit
> entlassen. Und bei einem Elektroniker, der mit mit einer
> Verstärkerschaltung mit Transistoren kommt (warum nicht gleich Röhren)
> würde ich das auch in Betracht ziehen.

Ist ja lustig, ich wurde damals für genau solche Dinge eingestellt. Du 
musst mir mal so OPV-Zeug zeigen, dass bei 200MHz einige Ampere liefert.

von Micha H. (mlh) Benutzerseite


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Marian B. schrieb:
> Was für Schaltungstopologien sind geeignet für den Aufbau (einfacher,
> keine speziellen Anforderungen) von Verstärkern (mit Spannungs- und
> Stromverstärkung) für den Bereich ab einigen MHz bis - sagen wir mal -
> 20 MHz oder so?

Sieh Dir die Application Note 47 von Linear Technology an, "High Speed 
Amplifier Techniques".
Da gehts zwar hauptsächlich um deren OPs, es sind aber auch ein paar 
Schaltungen sowie weiterer Lesestoff zu finden.

Micha

von Christian L. (cyan)


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Georg schrieb:
> Findest du wirklich, die Stadtwerke
> lösen ihre Aufgabe, einen günstigen Nahverkehr sicherzustellen, mit
> Pferden?

Wenn die Pferde genauso schnell wären, wie Busse oder S-Bahnen und 
gleichzeitig billiger - dann ja.

> Die haben, genau wie jeder andere Profi, die Aufgabe mit den
> geeignetsten Mittel zu lösen, sonst gehören sie wegen Unfähigkeit
> entlassen. Und bei einem Elektroniker, der mit mit einer
> Verstärkerschaltung mit Transistoren kommt (warum nicht gleich Röhren)
> würde ich das auch in Betracht ziehen.

Ab einer bestimmten Produktmenge sind die geeignetsten Mittel vor alle 
die, die am billigsten sind. Natürlich kann man versuchen mit einem 10€ 
Spezial-IC die Funktion realisieren, wenn man aber auch eine 2€ 
Transistorlösung hat, dann stellt sich die Frage nicht mehr, wer wohl 
eher entlassen wird. Jemanden, der nicht mehr in der Lage ist einfache 
Funktionen ohne Spezial-IC zu lösen, würde ich eher Unfähigkeit 
vorwerfen.

> Ausnahmen: nostalgische Spielereien oder Aufgaben für Studenten (ist das
> nicht das gleiche?).

So so. Und die fertigen ICs müssen nicht entwickelt werden und fallen 
einfach so vom Himmel? Oder sorgt wirklich der magische Rauch für die 
Funktion? Leute die solche ICs entwickeln, müssen diskreten Schaltungen 
verstehen und entwickeln können. Diese Fähigkeiten zu besitzen ist ganz 
sicher nicht hinderlich - ganz im Gegenteil.

von Kai K. (klaas)


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>Ich frage speziell nicht nach Opamps :-)

Weil?

von Georg H. (Gast)


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Um nochmal auf den Anfang zurückzukommen, auf den diskutierten diskreten 
Verstärkeraufbau, die Reiterhöfe klammere ich einmal aus.
Die Schaltung nach Titze/Schenk wird schon ausreichend gut 
funktionieren.
Nur: Im abgebildeten Schaltplan wurden die Transistoren BC337/327 
verwendet, ein Typ für etwas mehr Stom, Grenzfrequenz BC327 aber nur 100 
MHz und Ausgangskapazität von 16 pF. Für 10-20MHz ist das etwas knapp.
Besser geeignet wäre da bestimmt der Standardtyp BC558 (BC548) der ist 
mit über 300MHz angegeben und mit ca. 3 pF. Das hilft etwas gegen 
Miller.
Auch bei anderen Schaltungsphilosophien ist die richtige Auswahl der 
Teile von Vorteil.

Georg

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Danke für alle Antworten, hat gut geklappt.

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