Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Verständnisfrage zur Gleichtaktunterdrückung


von Student (Gast)


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Hallo,
ich will mich gleich mal entschuldigen dass jetzt mal wieder so 'ne 
billige Frage kommt, aber ich finde einfach meinen Denkfehler nicht.

Wenn ich versuche ein normales Beispiel zur Gleichtaktunterdrückung zu 
berechnen kommen total unrealistische Werte dabei raus. Ich schreib euch 
einfach mal meine Berechnungen auf (alles Bezieht sich auf den OPV 
µA741):

Ich stelle mir eine einfache Schaltung vor wo der OPV an einer +10V und 
einer -10V Schiene hängt und beide Eingänge auf Masse liegen (also 10V 
über der neg. Schiene).
CMR_min = 70dB -> CMMR_min = 3162
v_diff = 200.000

CMMR = v_diff / v_gleichtakt
-> v_gleichtakt = v_diff / CMMR = 200.000 / 3162 = 63

u_ausgang = v_diff*u_diff + v_gleichtakt*u_gleichtakt = 0V + 63*10V = 
630V!!!


Dass das Ergebnis falsch ist ist klar ;) , aber wo der Fehler liegt sehe 
ich einfach nicht.

von Ollie (Gast)


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Bei CMRR geht es darum, wie sich eine Änderung(!)
von Ui+ ~= Ui- auswirkt.

Und: Du wirst KEINEN OPV mit missverstandenen (oder auch falschen) 
Datenblattangaben dazu bringen, an seinem Ausgang mehr abzugeben,
als er von der Versorgungsspannung her liefern kann.

von Student (Gast)


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Danke für deine Antwort,
dass aus dem OPV keine 630V rauskommen werden ist schon klar :D

Zum Thema: Aber wenn es um Änderungen geht dann müsste die 
Spannungsdifferenz doch irgendwie auf die Zeit bezogen sein, oder? Also 
ich meine damit dass es dann ja einen Unterschied machen müsste ob ich 
einen Gleichtakt-Offset von 1V innerhalb einer Stunde hab oder innerhalb 
einer ms.
Die Zeit kommt allerdings in keiner der Formeln auf Wikipedia oder sonst 
wo vor.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Student schrieb:
> -> v_gleichtakt = v_diff / CMMR = 200.000 / 3162 = 63

Das ist völlig richtig, und zwar dann, wenn du den Opamp Open-Loop
betreibst. In der Praxis reduzierst du aber die Verstärkung durch
Gegenkopplung auf einen deutlich kleineren Wert, bspw. 10. Dann ist

  v_gleichtakt = 10 / 3162 = 0,003162

±8V Gleichtakteingangsspannung (viel mehr geht bei ±10V Versorgung
nicht) führen dann am Ausgang zu ±8V·0,003162 = ±0,0253V, also nicht
besonders viel.

von Student (Gast)


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Achsooo, ok. Ich dachte es wäre die Leerlaufverstärkung gemeint :D
Hab mich schon gewundert wieso in den Datenblättern nicht gleich 
v_gleichtakt steht.

Jetzt muss ich mir bloß noch überlegen was das in einem Differenzierer 
bedeuten, aber dass schaff ich wohl allein.

Vielen Danke für die Hilfe!

von Ollie (Gast)


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Was hat die Zeit damit zu tun?

Es geht darum, was passiert, wenn du (um bei deinem Beispiel
zu bleiben) Ui+ = Ui- = 10 V hast, oder, ob es z.B. auch mal
8 V, oder 12 V sind.

Diese +/-2 V werden maximal mit dem Faktor 1/3162 an den
Ausgang weitergereicht, also als +/-0,63 mV.

von Achim S. (Gast)


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noch ein kleiner Denkfehler:

Student schrieb:
> beide Eingänge auf Masse liegen (also 10V
> über der neg. Schiene).

Das Bezugspotential ist Masse, nicht die negative Versorgung. (Das 
Ausgangssignal des OPV ist auf Masse bezogen). Wenn beide Eigänge auf 
Masse liegen, dann ist die Gleichtaktspannung = 0V (nicht 10V wie in 
deiner Rechnung, auch wenn die negative Versorgung 10V tiefer liegt).

von Student (Gast)


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Woher weiß der OPV denn wo Masse liegt? Der sieht doch nur dass zwischen 
pos. und neg. Schiene 20V liegen. Oder ist das normale Ausgangssignal 
immer die Hälfte der Versorgungsspannung?

Wenn ich also einen OPV mit Masse und 5V versorge, ist sein Ausgang dann 
im Normalfall bei 2.5V?

von Falk B. (falk)


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@ Student (Gast)

>Woher weiß der OPV denn wo Masse liegt?

Durch die Lage seines + oder - Eingangs, je nach Konfiguration der 
OPV-Schaltung.

>Der sieht doch nur dass zwischen
>pos. und neg. Schiene 20V liegen.

Kann man so direkt nicht sagen. Der OPV reagiert in erster Linie auf die 
Eingänge und "orientiert" sich daran.

> Oder ist das normale Ausgangssignal
>immer die Hälfte der Versorgungsspannung?

Nein.

>Wenn ich also einen OPV mit Masse und 5V versorge, ist sein Ausgang dann
>im Normalfall bei 2.5V?

Nein.

von Günter Lenz (Gast)


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Student schrieb:
>Oder ist das normale Ausgangssignal
>immer die Hälfte der Versorgungsspannung?

Du mußt durch die Beschaltung der Eingänge
dafür sorgen das es so ist, damit er
vernünftig arbeiten kann.

von Ollie (Gast)


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Weiterhin gilt:

Bei CMRR geht es darum, wie sich eine Änderung(!)
von Ui+ ~= Ui- auswirkt.

Wenn Ui+ und Ui- nicht etwa gleich sind, hat man den linearen
Bereich verlassen und alle (auch die gutgemeinten) OPV-Formeln
sind kaum noch wirksam.

Die MASSE oder VIRTUELLE MASSE ist da, wo man das Bezugspotential
hinlegt. Wenn die Schaltung funktionieren soll, ist es schon günstig
sie etwa in die Mitte zu legen.

Muss man aber nicht - man wählt alles so, dass
- die Eingangsspannungen
- die gewünschten Ausgangsspannungen
- die Versorgungsspanungen
- die möglichen Eingangsspannungen bei den vorhandenen
  Versorgungsspanungen
- die möglichen Ausgangsspannungen bei den vorhandenen
  Versorgungsspanungen

... alle so liegen, dass es funktioniert!

FERTIG!

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