Moin, ich lese oft die Formulierung "ein Signal liegt unter dem Rauschen". Meist im Zusammenhang von Techniken um eben dieses Signal noch zu messen, wie beispielsweise Lock-In Verstaerker oder Spread Spectrum Techniken. Kann man diese Aussage genau definieren und quantifizieren? Insbesondere wenn davon gesprochen wird, dass eine Technik ein Signal erfassen kann, das x dB unter dem Rauschen liegt. Beispielsweise bei einem Lock-In Verstaerker: Meines Wissens nach wirkt er wie ein guter Bandpass. Folglich wird ein Rauschsignal mit derselben Frequenz wie das Messsignal nicht gefiltert. Somit ist er zwar besser als ein Messgeraet, welches breitbandiger misst, aber das Messsignal muss sich bei der Frequenz doch trotzdem noch von dem Rauschen abheben. Viele Gruesse, Florian
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Wenn das Gesamtsignal normal anschaust, dann misst du z. B. mit 100MHz Bandbreite mit deinem Oszilloskop. Auf dem 100MHz Oszi "verschwindet" das 1uV Nutzsignal mit 5kHz Trägerfrequenz locker im Rauschen von z. B. 100uV. Der Lock-in Verstärker misst aber schmalbandig genau bei 5kHz Mittenfrequenz mit z. B. 1Hz Bandbreite. In dieser Bandbreite 1Hz messen wir aber nur noch 1/10000 der Rauschspannung gegenüber 100MHz Bandbreite und schon klappt das die 1uV Signal sinnvoll zu messen.
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Florian M. schrieb: > Kann man diese Aussage genau definieren und quantifizieren? Insbesondere > wenn davon gesprochen wird, dass eine Technik ein Signal erfassen kann, > das x dB unter dem Rauschen liegt. Selbstverständlich, als Leistungsverhältnis. Das ist dann aber natürlich Bandbreiteabhängig. Eigentlich hat es nur Sinn, wenn Rauschen und Nutzsignal gleicher Bandbreite verglichen werden. Rauschabstand 40dB heißt ja nicht andres als dass die Rauschleistung 40 dB unter der Nutzleistung liegt. Auch im umgekehrten Fall Fall "Nutzsignal 20dB unter dem Rauschen" ist eine klare Aussage möglich. Sie kann zwar nicht direkt gemessen werden, denn da wäre eine Trennung Rauschen-Nutzsiganl notwendig, aber sie kann z.B. aus den Dämpfungswerten eines durchlaufenen Übertragungsweges berechnet werden. Wenn spezielle Übertragungsverfahren verwendet werden z.B. Bandspreizung sind auch noch schlimmere "Rauschabstände" nutzbar. Aus dem Ergebnis einer Demodulation lässt sich dann der Rauschabstand des verrauschten Signals exakt angeben.
Vielen Dank fuer eure Antworten! Helmuts Antwort kann ich gut nachvollziehen. So habe ich mir das auch schon gedacht. Ich schliesse daraus, dass wenn jemand z.B. behauptet "mein Lock-In Verstaerker misst Signale, die 20 dB unter dem Rauschen liegt" hat das gar keine Aussage, solange nicht dazu gesagt wird mit welcher Bandbreite das Rauschen gemessen wurde (die hoeher sein sollte als die Bandbreite des Nutzsignals, damit das ganze funktioniert). Peter R. schrieb: > Auch im umgekehrten Fall Fall "Nutzsignal 20dB unter dem Rauschen" ist > eine klare Aussage möglich. Sie kann zwar nicht direkt gemessen werden, > denn da wäre eine Trennung Rauschen-Nutzsiganl notwendig, aber sie kann > z.B. aus den Dämpfungswerten eines durchlaufenen Übertragungsweges > berechnet werden. > Wenn spezielle Übertragungsverfahren verwendet werden z.B. Bandspreizung > sind auch noch schlimmere "Rauschabstände" nutzbar. Aus dem Ergebnis > einer Demodulation lässt sich dann der Rauschabstand des verrauschten > Signals exakt angeben. Damit habe ich noch Probleme: Wenn ich das Signal gespreizt versende, brauche ich dafuer mehr Bandbreite. Auf welche Rauschleistung (bei welcher Bandbreite) bezieht man sich dann bei der Aussage "Nutzsignal 20dB unter dem Rauschen"?
Helmut S. schrieb: > Der Lock-in Verstärker misst aber schmalbandig genau bei 5kHz > Mittenfrequenz mit z. B. 1Hz Bandbreite. Ein Lock-In Verstärker erfasst vor allem nicht nur frequenz- sondern auch phasenselektiv. Du musst dem Verstärker nämlich ein Referenzsignal mit der gewünschten Frequenz geben und der Verstärker popelt dir dann aus dem Rauschen genau das Signal sehr schmalbandig raus, welches die gleiche Frequen und Phase hat. Dadurch wird Rauschen (mit entsprechend zufälliger Phase) sehr gut unterdrückt.
> Ich schliesse daraus, dass wenn jemand z.B. behauptet > "mein Lock-In Verstaerker misst Signale, die 20 dB unter dem Rauschen > liegt" hat das gar keine Aussage, solange nicht dazu gesagt wird mit > welcher Bandbreite das Rauschen gemessen wurde Genau so ist es! "Unterm Rauschen" ist ein Signal erst, wenn innerhalb seiner benötigten Bandbreite mehr Rausch-, als Signalenergie vorhanden ist. Von nix kommt nix - also muss ich entweder Bandbreite "spendieren" (Spread Spectrum), oder Zeit (oder beides). - Wie geschickt das genutzt wird, ist erst die eigentliche technische Leistung!
Marian B. schrieb: > Ein Lock-In Verstärker erfasst vor allem nicht nur frequenz- sondern > auch phasenselektiv. Das ist noch gut zu wissen. Also kann es innerhalb seiner Bandbreite doch unter dem Rauschen sein, wenn nur die richtige Phase gefiltert wird. Oldie schrieb: > Genau so ist es! > "Unterm Rauschen" ist ein Signal erst, wenn innerhalb seiner > benötigten Bandbreite mehr Rausch-, als Signalenergie vorhanden ist. > > Von nix kommt nix - also muss ich > entweder Bandbreite "spendieren" (Spread Spectrum), > oder Zeit (oder beides). Auf der Ebene ist es klar. Aber was bedeutet das mathematisch? (Sorry, das wuerde jetzt ehr in das HF Forum passen) Ein Beispiel: Das Signal mit einer Bandbreite von 100 kHz wird ohne Bandspreizung versendet und kommt beim Receiver, der auch eine Bandbreite von 100 kHz hat, mit -90 dBm an. Bei weissem Rauschen mit einer Rauschleistungsdichte von 1e-18 W/Hz haben wir also eine Rauschleistung von 1e-13 W = -100 dBm. Unser SNR ist daher 10 dB. Das nenne ich ueber dem Rauschen. Nun spreizen wir das Signal vor dem Senden um den Faktor 100. Also haben wir immer noch -90 dBm, aber verteilt ueber eine Bandbreite von 10 MHz. Unser Receiver muesste doch jetzt auch eine Bandbreite von 10 MHz haben um das Signal erfassen zu koennen. Somit haben wir eine Rauschleistung von 1e-11 W = -80 dBm. Das SNR ist also nur noch -10 dB vor dem Receiver. Das koennen wir unter dem Rauschen nennen. Jetzt entspreizen wir, Signal also wieder bei 100 kHz Bandbreite. Tiefpass bei 100 kHz, also Rauschleistung nur noch bei 1%. Damit sind wir wieder bei 10 dB und haben weder was verloren noch was gewonnen. Soweit so gut - an der Antenne war das Signal mal unter dem Rauschen. Aber das bedeutet, wenn die Rechnung so korrekt ist und wir schmalbandinge Stoerungen ausschliessen, dass wir nur kuenstlich unser Signal das eigentlich ueber dem Rauschen liegt unter das Rauschen druecken und hinterher wieder genau so rausholen. Also kann damit auch nicht einen schlechter Kanal (zum Beispiel aufgrund einer grossen Stecke) kompensiert werden. Gruss, Florian
Florian M. schrieb: > Soweit so gut - an der Antenne war das Signal mal unter > dem Rauschen. Aber das bedeutet, wenn die Rechnung so > korrekt ist und wir schmalbandinge Stoerungen ausschliessen, schmalbandige Störungen . Das merken wir uns mal. > dass wir nur kuenstlich unser Signal das eigentlich ueber > dem Rauschen liegt unter das Rauschen druecken und hinterher > wieder genau so rausholen. Richtig. > Also kann damit auch nicht einen schlechter Kanal (zum Beispiel > aufgrund einer grossen Stecke) kompensiert werden. Auch richtig. Deine Überlegungen sind weitgehend korrekt - sie kranken nur daran, dass das Pferd vom Schwanz her aufgezäumt wird. "spread spectrum" ist nicht primär eine Technik, um Signale aus dem Rauschen herauszuholen, sondern umgekehrt: "spread spectrum" funktioniert, weil es möglich ist , Signale aus dem Rauschen herauszuholen. "spread spectrum"-Modulation ("Spreizmodulation") wird eingesetzt, um die Robustheit des Funkkanals gegen schmalbandige Störungen, selektives Fading, Mehrwege-Ausbreitung usw. zu verbessern - und natürlich zur Verschleierung. Der Rauschabstand wird dadurch erstmal nicht verbessert. Der Trick, mit dem man Signale aus dem Rauschen herausholt, ist der Korrelationsempfang . Das gilt für spread spectrum genauso wie für den Lock-in-Amplifier.
Florian M. schrieb: > ich lese oft die Formulierung "ein Signal liegt unter dem > Rauschen". Meist im Zusammenhang von Techniken um eben > dieses Signal noch zu messen, wie beispielsweise Lock-In > Verstaerker oder Spread Spectrum Techniken. Ja, okay. > Kann man diese Aussage genau definieren und quantifizieren? Ja, natürlich. (Wurde schon beantwortet: Signal-Rausch-Verhältnis, d.h. Verhältnis der Nutzleistung zur Rauschleistung.) > Insbesondere wenn davon gesprochen wird, dass eine Technik > ein Signal erfassen kann, das x dB unter dem Rauschen liegt. Ja, siehe oben. > Beispielsweise bei einem Lock-In Verstaerker: Meines Wissens > nach wirkt er wie ein guter Bandpass. Jein. Das ist nur teilweise richtig. (Einem Bandpass ist die Phasenlage des Signals egal, einem Lock-in-Verstärker aber nicht!) > Folglich wird ein Rauschsignal mit derselben Frequenz wie > das Messsignal nicht gefiltert. Das ist eine fehlerhafte Folgerung aus der Aussage oben. > Somit ist er zwar besser als ein Messgeraet, welches > breitbandiger misst, aber das Messsignal muss sich bei > der Frequenz doch trotzdem noch von dem Rauschen abheben. Nein, hier wird es falsch. Die spektrale Leistungsdichte ist kein geeignetes Mittel, die Funktionsweise des Lock-In-Verstärkers zu verstehen, denn das Leistungsdichtespektrum enthält keine Phaseninformation mehr. Marian hat das richtige Stichwort schon genannt: Der Lock-In arbeitet phasenempfindlich . Man kann auch sagen: Der Lock-In-Verstärker ist ein Korrelationsempfänger. Das Rauschen liefert positive und negative Beiträge zum Korrelationskoeffizienten; diese mitteln sich mit länger werdender Messzeit immer besser zu Null heraus. Das Messsignal liefert (wegen der phasenstarren Kopplung der Messung) aber immer Beiträge desselben Vorzeichens! Deswegen gewinnt auf lange Zeit das Nutzsignal, obwohl es viel kleiner ist als das Rauschen.
Possetitjel schrieb: > Marian hat das richtige Stichwort schon genannt: Der Lock-In > arbeitet phasenempfindlich . Man kann auch sagen: > Der Lock-In-Verstärker ist ein Korrelationsempfänger. Das ist wie gesagt noch ein guter Hinweis. Es also zur korrekten Spezifizierung eines Lock-In Verstaerkers auch die Angabe der Phasenaufloesung noetig. Possetitjel schrieb: > Deine Überlegungen sind weitgehend korrekt - sie kranken nur > daran, dass das Pferd vom Schwanz her aufgezäumt wird. > "spread spectrum" ist nicht primär eine Technik, um Signale aus > dem Rauschen herauszuholen, sondern umgekehrt: "spread spectrum" > funktioniert, weil es möglich ist , Signale aus dem Rauschen > herauszuholen. Du hast ja vollkommen recht! Ich wollte aber genau darauf hinaus, weil ich den Ausdruck "kann Signale, die 20 dB unter dem Rauschen liegen, empfangen" recht missverstaendlich finde, weil er suggeriert, dass ein System besser gegen Rauschen gewappnet ist als ein System welches das nicht kann. Und so wird es eben auch oft in Werbetexten verwendet (z.B. http://www.radio-electronics.com/info/wireless/lora/rf-interface-physical-layer.php unter modulation). Dass Spread Spectrum grosse Vorteile hat will ich ja garnicht bestreiten, aber dann sollte doch auch entsprechend geworben werden.
>Ich schliesse daraus, dass wenn jemand z.B. behauptet "mein Lock-In >Verstaerker misst Signale, die 20 dB unter dem Rauschen liegt" hat das gar >keine Aussage, solange nicht dazu gesagt wird mit welcher Bandbreite das >Rauschen gemessen wurde (die hoeher sein sollte als die Bandbreite des >Nutzsignals, damit das ganze funktioniert). Hhm, ist doch eigentlich klar was gemeint ist. Es geht in der Regel um den Effektivwert von weißem Breitbandrauschen. Lies mal das Kapitel "Lock-in amplifier applications" im Datenblatt des AD630: http://www.analog.com/media/en/technical-documentation/data-sheets/AD630.pdf
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