Forum: Offtopic Spektrometer fürs Smartphone


von Tobias S. (ledgeek)


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Hallo Leute,
ich habe lange gesucht aber kein Forum für Spektrometer gefunden. Dann 
dachte ich, ich versuch es mal hier im Offtopic Bereich.
Ich bin im Internet auf ein Spektrometer für Smartphones und Tablet-PCs 
gestoßen. Lighting Passport Smartphone Spektrometer nennen es die 
Seitenbetreiber und via App soll der Benutzer jegliche lichttechnische 
Parameter mit dem eigenen Smartphone und einer kostenlosen App 
analysieren können.
Hier der Link zu der Seite:
http://www.lightingpassport.de/
Die technischen Daten wirken eindrucksvoll aber irgendwie bin ich noch 
sehr skeptisch...
Hat jemand von euch schon mal ein solches "Smartphone Spektrometer" 
ausprobiert oder damit etwas gemessen?

Ich wäre dankbar über Antworten denn billig ist der Spaß nicht :(
Vielen Dank im vorraus.

von Michael B. (laberkopp)


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Ziemlich idiotisch.
Das Spektrometer umfasst scheinbar nur den sichtbaren Bereich, das ist 
natürlich billigst zu machen wenn man kein UV und IR erfassen muss 
sondern normale Siliziumsensoren reichen,
enthält aber Sensor, BlueTooth und Batterie.
Mit Sicherheit braucht es auch noch ziemlich viel Licht.
Aähnlicher Quatsch wie das hier
http://www.golem.de/news/scio-spektrometer-fuer-die-hosentasche-1404-106173.html

Dabei enthält ein Smartphone schon eine Kamera und man bräuchte nur ein 
Beugungsgitter in einen Plastikkasten davor zu setzen, und hätte das 
Spekrtometer für lau. Klar müsste eine Software das kalibrieren, aber 
das ist eine Kleinigkeit. Ach, gibt's schon
http://publiclab.org/wiki/smartphone-spectrometer

von Tobias S. (ledgeek)


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Danke für deine Antwort Michael Bertrandt, jetzt stehe ich dem ganzen 
noch skeptischer gegenüber.
Ich würde dieses Spektrometer verwenden wollen, um Parameter wie CRI, 
also Farbwiedergabeindex, Farbtemperatur und Beleuchtungsstärke zu 
messen (von günstigen LED Produkten aus dem Osten).
Auf diese Parameter war auch der Satz: "Die technischen Daten wirken 
eindrucksvoll aber irgendwie bin ich noch
sehr skeptisch..." bezogen.
Hier ein Auszug aus dem Datenblatt:
Beleuchtungsstärkebereich als Empfehlung für spektrale Messungen: 
50-50.000 Lux
Genauigkeit (bei 1,000 lux):
Wellenlänge: ± 0,5nm
x,y: ± 0,002
Beleuchtungsstärke: ± 3%
CCT: ± 2%

Das wäre auf jeden Fall genug um die Parameter einer LED zu bestimmen, 
die Frage ist nur: Kann man den Angaben auf dieser Seite trauen?
Und für mich noch interessanter: Hat jemand schon mal mit so einem 
Spektrometer gemessen? (evtl. mit Vergleichswerten? Das wäre genial)

von Timm T. (Gast)


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Den entscheidenden Wert hast Du übersehen: Optical Resolution 10 bzw. 
8nm.

Jetzt denk mal scharf darüber nach, was Dir eine "Accuracy" von 0.5nm 
nützt, wenn die optische Auflösung 20 mal schlechter ist.

Und dabei wird noch verschwiegen, ob die 10nm die Auflösung des Sensors 
- das wären dann gerade mal 40 Pixel über den Messbereich - oder der 
Optik - sprich ein mieses Gitter und ein breiter Eintrittsspalt - sind.

Kann ja sein, dass die Reproduzierbarkeit wunderbar ist, wenn man 100mal 
die gleiche LED misst. Dumm nur, wenn man nicht zwischen einem grünen 
Laser mit monochomatischem Licht und einer grünen LED mit 10nm FWHM 
unterscheiden kann, weil das gemessene Spektrum gleich aussieht.

LED vergleichen geht sicher, aber das ist eher der Mathematik 
geschuldet. Für den Preis wären mir die optischen Parameter zu mies.

von Frank E. (Firma: Q3) (qualidat)


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Das unter obigem Link gezeigte Spektrometer dient lt. Hersteller 
lediglich dazu, die Farbtemperatur zu messen - dazu braucht man weder 
IR noch UV und die Auflösung von 8nm reicht (für diesen Zweck) mehr als 
aus ...

von Timm T. (Gast)


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Frank Esselbach schrieb:
> lediglich dazu, die Farbtemperatur zu messen - dazu braucht man weder
> IR noch UV und die Auflösung von 8nm reicht (für diesen Zweck) mehr als
> aus ...

Dafür reicht sogar ein RGB-Sensor von Melexis z.B. aus. Deswegen sag ich 
ja, viel zu teuer für das, was es kann.

Und die Genauigkeit: Ohne Ulbrichtkugel die Farbtemperatur einer weissen 
LED zu messen gibt schon für unterschiedliche Winkel (frontal, schräg) 
verschiedene Ergebnisse.

Trotz aller Gaussfits und Mittelungen halte ich es für sinnlos, bei 
einer optischen Auflösung von 10nm eine Genauigkeit von 0.5nm anzugeben. 
Wie genau die Kalibrierung und die Langzeitstabilität sind, kann man 
letztlich nur ausprobieren.

tl;dr: Ja, das Ding sagt Dir bestimmt, ob Du eine warmweisse oder 
kaltweisse LED vor Dir hast. Aber mal ehrlich, würdest Du dafür 1000 Eur 
investieren?

von J. A. (gajk)


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Timm Thaler schrieb:

>
> Trotz aller Gaussfits und Mittelungen halte ich es für sinnlos, bei
> einer optischen Auflösung von 10nm eine Genauigkeit von 0.5nm anzugeben.
> Wie genau die Kalibrierung und die Langzeitstabilität sind, kann man
> letztlich nur ausprobieren.

Vielleicht ist mit der Genauigkeit die Wiederholgenauigkeit gemeint, 
nicht die absolute Wellenlängengenauigkeit.

http://www.horiba.com/de/scientific/products/optical-spectroscopy/spectrometers-monochromators/gemini/gemini-180-194/

von Timm T. (Gast)


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J. Ad. schrieb:
> Vielleicht ist mit der Genauigkeit die Wiederholgenauigkeit gemeint,
> nicht die absolute Wellenlängengenauigkeit.

Die Abbildung des mit einem Gitter erzeugten Spektrums auf eine CCD- 
oder Photodiodenzeile ist nicht linear. Üblicherweise wird das mit einem 
Polynom angefittet.

"Accuracy" bezeichnet normalerweise die "Treffsicherheit" einer 
Wellenlänge auf ein Pixel. Sprich wird der 633nm HeNe-Laser wirklich als 
633nm oder als 635nm gemessen. Und das über das gesamte Spektrum.

Nun kannst Du Dir überlegen, wie sinnvoll eine solche Angabe ist, wenn 
Dein HeNe-Peak schon 10nm breit ist.

Das ist ungefähr so, wie wenn der Eingang Deines Oszis (Optik) oder die 
Abtastung (Detektorzeile) einen Diracpuls (Laser) auf 10µsec Breite 
ziehen, und Du dann behauptest, Du könntest den mit 0.5µsec Genauigkeit 
messen.

von J. A. (gajk)


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Timm Thaler schrieb:
> J. Ad. schrieb:
>> Vielleicht ist mit der Genauigkeit die Wiederholgenauigkeit gemeint,
>> nicht die absolute Wellenlängengenauigkeit.
>
> Die Abbildung des mit einem Gitter erzeugten Spektrums auf eine CCD-
> oder Photodiodenzeile ist nicht linear. Üblicherweise wird das mit einem
> Polynom angefittet.

Was ist wo nicht linear? Und: die "Anfittung" mit einem Polynom müsste 
natürlich über die Nichtlinearität Bescheid wissen, sonst wird das Quark 
mit Soße.

> "Accuracy" bezeichnet normalerweise die "Treffsicherheit" einer
> Wellenlänge auf ein Pixel. Sprich wird der 633nm HeNe-Laser wirklich als
> 633nm oder als 635nm gemessen. Und das über das gesamte Spektrum.

Wobei die HeNe-Wellenlänge natürlich nicht das gesamte Spektrum ist... 
Und: Die Frage wäre, ob man bei der nächsten Messung WIEDER bei 635 
landet oder halt woanders.

Bei "Auflösung" wird gerne die FWHM genannt, also wie breit ein Peak 
ist, wenn die Intensität links bzw. rechts davon auf die Hälfte 
abgefallen ist.

Die Lage des Maximums kann dann schon noch interessieren.

> Nun kannst Du Dir überlegen, wie sinnvoll eine solche Angabe ist, wenn
> Dein HeNe-Peak schon 10nm breit ist.

Nun ja, 632 +-5 ist was anderes als 635 +-5.

> Das ist ungefähr so, wie wenn der Eingang Deines Oszis (Optik) oder die
> Abtastung (Detektorzeile) einen Diracpuls (Laser) auf 10µsec Breite
> ziehen, und Du dann behauptest, Du könntest den mit 0.5µsec Genauigkeit
> messen.

Wir sind uns noch nicht einig von wegen absoluter Genauigkeit und 
Wiederholgenauigkeit.

von Timm T. (Gast)


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J. Ad. schrieb:
> Was ist wo nicht linear?

Der Beugungswinkel selbst folgt einem Sinus.
Bei einer Czerny-Turner-Anordnung liegt der Fokus auf einer gekrümmten 
Bahn.
Bei einem abbildenden Gitter liegt der Fokus auf dem Rowland-Kreis.

Genug Nichtlinearitäten?

Die CCD-Zeile oder das Photodiodenarray ist gerade. Im Rowland-Kreis 
z.B. schneidet das Array den Kreis als Sekande an zwei Punkten. Um das 
auszugleichen, bräuchte man gekrümmte CCD-Zeilen.

> "Anfittung" mit einem Polynom müsste
> natürlich über die Nichtlinearität Bescheid wissen

Deswegen kalibriert man sowas mit speziellen 
Niederdruck-Gasentladungslampen, deren Emissionswellenlängen sehr genau 
bekannt sind.

Ein beliebter Test für das Auflösungsvermögen guter Spektrometer ist die 
Natriumdoppellinie.

J. Ad. schrieb:
> Die Frage wäre, ob man bei der nächsten Messung WIEDER bei 635
> landet oder halt woanders.

Das ist Reproduzierbarkeit. Die Reproduzierbarkeit kann sehr gut sein, 
auch wenn die Genauigkeit schlecht ist. Mit nem abgebrochenen Zoll... 
ähm Gliedermaßstab kann ich sehr reproduzierbar, aber immer wieder 
falsch messen.

J. Ad. schrieb:
> Nun ja, 632 +-5 ist was anderes als 635 +-5.

Die wollen aber zwischen 632 +-5 und 632.5 +-5 unterscheiden können. 
Siehe unten.

J. Ad. schrieb:
> Wir sind uns noch nicht einig von wegen absoluter Genauigkeit und
> Wiederholgenauigkeit.

Du vielleicht nicht, ich schon. ;-) Accuracy und Repeatability sind 
beide im "Datenblatt" angegeben. Repeatability allerdings nur für x,y.

Eine Accuracy von 0.5nm bei einer Auflösung von 10nm anzugeben geht nur 
mit mathematischen Tricks und ist Augenwischerei. Das fliegt Dir schon 
um die Ohren, weil Du da einen Gaussfit oder einen Parabelfit (ist 
rechentechnisch einfacher) auf eine Funktion machen musst, die nichtmal 
symmetrische Flanken hat.

Bei farbigen LED gibt es eine center wavelength - die Mitte zwischen den 
beiden 50%-Werten -, eine peak wavelength - die Wellenlänge der höchsten 
Strahlungsleistung -, und eine dominant wavelength - die Wellenlänge, 
die ein monochromatischer Strahler mit gleichem Farbeindruck hätte. 
Keine Chance, dass mit diesem Gerät sinnvoll zu messen.

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