Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Fehlerfortpflanzung in einer Messkette


von chausc (Gast)


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Hallo liebe User,

wie kann ich die Fehlerforpflanzung in einer Messkette von einem Eingang 
wie:
Sensor --> Verstärker --> usw. berechnen.

In der Literatur wird immer nur die Fehlerfortpflanzung betrachtet, wenn 
2 oder mehrere schon fehlerbehaftete Größen miteinander berechnet 
werden.

Ein konkretes Beispiel von den Angaben die ich habe:

Sensor:
- Kalibrierter Bereich 0...500N
- Linearität: <= +/- 0,4%FSO

Verstärker:
- Nullpunktabweichung: 8,4mV
- Abweichung 0,2%

Am Ende möchte ich zu meinem endwert zum Beispiel einen %-Wert oder 
einen absoluten Wert +/- X) als Toleranzangabe mit angeben.

Danke schon einmal für eure Hilfe.
Falls Infos fehlen, verzeiht mir und ich werde diese schnellstmöglich 
nachreichen ;)

Beste Grüße!

von Kai K. (klaas)


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Na, einfach addieren. Dann hast du den "worst case".

Wenn ein System von vielen zufälligen Einzelfehlern belastet wird, nimmt 
man gerne das Gaußsche Fehlerfortpflanzungsgesetz, was einer 
geometrischen Addition der Einzelfehler entspricht. Dann geht man davon 
aus, daß sich die Einzelfehler teilweise kompensieren.

von chausc (Gast)


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Hey Kai,
danke für die schnelle Antwort.

Verwende ich die Gaußsche Fehlerfortpflanzung im Endeffekt nicht auch 
wenn ich eine Endgröße z habe, welche von 2 oder mehreren 
fehlerbehafteten Werten abhängig ist, welche miteinander verrechnet 
werden?
z=f(a,b,...)?

Was meinst du mit einfach addieren in dem Fall?

Zum Sensor:
maximale Abweichung=(500N* +/-0,04%FSO)/100% = +/-0,2N

Zum Verstärker:
Abweichung bezieht sich ja auf den jeweiligen Messwert. Der maximale 
Messwert kann ja nur 500N in dem Messbereich sein. D.h. bei einer 
Abweichung von + 0,2% beträgt die maximale Abweichung für den Verstärker 
+1N.

Ist das soweit korrekt?

Kann ich jetzt einfach diese absoluten Abweichungen addieren?
Und meine finale Toleranz wäre: +1,2N/-0,2N?
Oder kann ich nur relative Fehler addieren? (Doch dann muss ich die 
Toleranz immer auf den Messwert beziehen nicht auf den Messbereich).

Beste Grüße!

von Pendragon (Gast)


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von Wolfgang (Gast)


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chausc schrieb:
> Kann ich jetzt einfach diese absoluten Abweichungen addieren?

Das kommt auf den exakten Aufbau deiner Messkette drauf an. Was 
interessiert dich z.B. ein Offset am Sensor-Vorverstärker, wenn weiter 
hinten in der Messkette sowieso ein Hochpass-Filter folgt.

von chausc (Gast)


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Pendragon schrieb:
> http://de.wikipedia.org/wiki/Fehlerfortpflanzung#R...

Da geht es meiner Ansicht nach auch wieder um die Fehlerfortpflanzung, 
wenn mehrere Messgrößen miteinander verrechnet werden!?!?

Wolfgang schrieb:
> Das kommt auf den exakten Aufbau deiner Messkette drauf an. Was
> interessiert dich z.B. ein Offset am Sensor-Vorverstärker, wenn weiter
> hinten in der Messkette sowieso ein Hochpass-Filter folgt.

Meine Messkette besteht aus Kraftsensor (Kistler), Verstärker (Kistler) 
und AD-Wandler (dSpace AutoBox). Am PC zeige ich mir letztlich den 
Kraftwert an und möchte dazu eine eine Toleranz mit angeben, da alle 
Glieder in der Messkette Fehlerbehaftet sind.

von Pendragon (Gast)


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>Da geht es meiner Ansicht nach auch wieder um die Fehlerfortpflanzung,
>wenn mehrere Messgrößen miteinander verrechnet werden!?!?

Und wo ist da jetzt das Problem?

>da alle Glieder in der Messkette Fehlerbehaftet sind.

Typischer Fall von Fehlerfortpflanzung. Mir scheint, du weißt selbst 
nicht so genau, was du willst.

von Kai K. (klaas)


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>Sensor:
>- Kalibrierter Bereich 0...500N
>- Linearität: <= +/- 0,4%FSO
>
>Verstärker:
>- Nullpunktabweichung: 8,4mV
>- Abweichung 0,2%

Vorsicht, Linearitätsfehler sind nicht die einzigen Meßfehler bei einem 
Kraftsensor. Zunächst mußt du dir anschauen, wie die Linearität hier 
definiert ist. Dann kommen noch Offset- und Verstärkungsfehler dazu. 
Solche Sensoren haben noch einen Hysteresfehler. Die sind besonders 
fies, weil sie nicht wegkalibirierbar sind. Und dann kommen noch 
Langzeitdriftfehler hinzu. Die sind auch fies, können aber zumindest mit 
einer nachträglichen Kalibrierung aufgefangen werden.

Wenn ich einen sehr genauen Kraft- oder Drucksensor brauche, schaue ich 
erst mal auf den Hysteresefehler. Der ist alles entscheidend. Alle 
anderen Fehler, bis auf diesen, können durch Kalibrierung aufgefangen 
werden.

Für die Angabe der Fehler mußt du dich an die üblichen Gepflogenheiten 
halten. Schau dir einfach ein paar Datenblätter von Kraftsensoren an, 
dann weißt du worauf es hinaus läuft.

von Wolfgang (Gast)


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chausc schrieb:
> Am PC zeige ich mir letztlich den
> Kraftwert an und möchte dazu eine eine Toleranz mit angeben, da alle
> Glieder in der Messkette Fehlerbehaftet sind.

So ist das Leben. Und je nach dem, welche Ursachen die Fehler haben, 
sind sie korreliert (z.B. Temperaturabhängigkeit) oder statistisch 
unabhängig. Und entsprechend sind sie bei der Rechnung zur 
Fehlerfortpflanzung unterschiedlich zu behandeln.

chausc schrieb:
> Ein konkretes Beispiel von den Angaben die ich habe:

Mit so pauschalierten Werten wirst du sicher bei einer arg großzügigen 
Worst-Case Abschätzung landen.

Da fehlt noch Daten zum AD-Wandler.

von Schreiber (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
> Na, einfach addieren. Dann hast du den "worst case".

Nicht addieren sondern multiplizieren!!

von Wolfgang (Gast)


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Schreiber schrieb:
> Nicht addieren sondern multiplizieren!!

Wie war das doch gleich mit den Äpfeln und den Birnen.

Bei einer bunten Mischung von absoluten und relativen Angaben ist ein 
bisschen mehr als simples Addieren oder Multiplizieren gefragt. Sonst 
kommt als Fehlerangabe plötzlich so etwas unsinniges wie mV% raus.

von Kai K. (klaas)


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>Nicht addieren sondern multiplizieren!!

Also, mal ein Beispiel: Wenn du einen invertierenden Verstärker mit zwei 
1%-igen Widerständen hast, ist der "Worst Case" Gesamtfehler 1% + 1% = 
2%.

Wenn du nach Gauß rechnest, also geometrisch addierst, sind es nur rund 
1,4%.

>Bei einer bunten Mischung von absoluten und relativen Angaben ist ein
>bisschen mehr als simples Addieren oder Multiplizieren gefragt.

Das bedarf ja wohl keiner extra Erwähnung...

: Bearbeitet durch User
von Wolfgang (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
>>Nicht addieren sondern multiplizieren!!
>
> Also, mal ein Beispiel: Wenn du einen invertierenden Verstärker mit zwei
> 1%-igen Widerständen hast, ist der "Worst Case" Gesamtfehler 1% + 1% =
> 2%.
>
> Wenn du nach Gauß rechnest, also geometrisch addierst, sind es nur rund
> 1,4%.

Es kommt nicht auf die Rechenmethode an, sondern auf die Fehlerursache. 
Die Pauschalangabe "1%" unterscheidet nicht zwischen systematischen 
Fehlern, z.B. durch eine Temperaturabhängigkeit oder zufälligen Fehlern 
durch z.B. Bauteiltoleranzen.

Um bei dem Beispiel der Temperaturabhängigkeit zu bleiben: Bei gleichem 
Tk führt die in einem Spannungsteiler überhaupt zu keinem Fehler, der 
sich zum Ausgang fortpflanzt.

von J. A. (gajk)


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Kai Klaas schrieb:
> Na, einfach addieren. Dann hast du den "worst case".
>
> Wenn ein System von vielen zufälligen Einzelfehlern belastet wird, nimmt
> man gerne das Gaußsche Fehlerfortpflanzungsgesetz, was einer
> geometrischen Addition der Einzelfehler entspricht. Dann geht man davon
> aus, daß sich die Einzelfehler teilweise kompensieren.

Addiert man nicht die Fehlerquadrate und zieht dann die Wurzel? Und wenn 
was quadratisch vorkommt, hat man dann auch gleich den dort vorkommenden 
Fehler stärker gewichtet.

von Kai K. (klaas)


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>Es kommt nicht auf die Rechenmethode an, sondern auf die Fehlerursache.
>Die Pauschalangabe "1%" unterscheidet nicht zwischen systematischen
>Fehlern, z.B. durch eine Temperaturabhängigkeit oder zufälligen Fehlern
>durch z.B. Bauteiltoleranzen.

Mir ging es jetzt in dem kleinen Rechenbeispiel ausschließlich um die 
Herstellungstoleranzen der Widerstände.

>Addiert man nicht die Fehlerquadrate und zieht dann die Wurzel?

Ja, das nennt man geometrisches Addieren. Habe ich doch getan, um auf 
die 1,4% zu kommen...

von Wolfgang (Gast)


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J. Ad. schrieb:
> Und wenn was quadratisch vorkommt, hat man dann auch gleich den dort
> vorkommenden Fehler stärker gewichtet.

Was meinst du in diesem Fall mit "gewichten". Wenn du in einem 
rechtwinkligen Dreieck mit dem Satz des Pythagoras die Länge der 
Hypotenuse ausrechnest, sprichst du doch auch nicht von "gewichten". Und 
nichts anderes ist die geometrische Addition von Fehlern - nur in mehr 
Dimensionen.

von thomas (Gast)


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Für Kraftaufnehmer + Anzeiger genügt nicht die übliche 
Fehlerfortpflanzung. Allein schon die Hysterese ist mit Gauß nicht zu 
handhaben usw.

Die Berechnung der Messunsicherheit erfolgt nach ISO 376.

von Kai K. (klaas)


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>Und wenn was quadratisch vorkommt, hat man dann auch gleich den dort 
>vorkommenden Fehler stärker gewichtet.

Die Quadrate zu addieren bedeutet, daß Ausreißer stärker gewichtet 
werden. Das ist beispielsweise bei Ausgleichsgeraden wichtig. -> "least 
squares fit". Mir ist aber nicht ganz klar, was das bei deinem Problem 
für eine Rolle spielen soll.

von J. A. (gajk)


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Wolfgang schrieb:
> J. Ad. schrieb:
>> Und wenn was quadratisch vorkommt, hat man dann auch gleich den dort
>> vorkommenden Fehler stärker gewichtet.
>
> Was meinst du in diesem Fall mit "gewichten". Wenn du in einem
> rechtwinkligen Dreieck mit dem Satz des Pythagoras die Länge der
> Hypotenuse ausrechnest, sprichst du doch auch nicht von "gewichten". Und
> nichts anderes ist die geometrische Addition von Fehlern - nur in mehr
> Dimensionen.

Beispiel: Es soll die kinetische Energie ausgerechnet werden:

E = 0,5 m v²

m hat einen Fehler von, sagen wir 5%, es taucht als ein Summand unter 
der Wurzel (0,05)² auf.

v habe einen Fehler von, sagen wir auch 5%, da v aber quadratisch in die 
Rechnung eingeht, muss sich das doch auch in der Fehlerrechnung 
wiederspiegeln, so dass es "schlimmer" ist, v nur auf 5% genau zu messen 
als die Masse.

Steht dann unter der Wurzel nicht (0,05)² + 2(zwei)*(0,05)²

Die 2(zwei) wegen des Quadrates.

von Wolfgang (Gast)


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J. Ad. schrieb:
> Die 2(zwei) wegen des Quadrates.

Klar, dafür ist die Fehlerfortpflanzung zuständig, d.h. der Fehler der 
Eingangsgröße geht über die Ableitung nach der fehlerbehafteten Größe in 
den Gesamtfehler ein.

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