Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Umso linearer und gerader der Frequenzgang umso besser ist das Mikrofon?


von Nulllinie (Gast)


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Das könnte man meinen, aber wenn ich mir den Frequenzgang von so manchem 
> 500 € Mikrofon ansehe oder einem Mikrofon, dass als Klassiker gilt 
(Shure z.b. SM57) dann ist der oft weder gerade noch linear oder 
gleichmäßig.
Wieso ist das so?

Beispiele:
Shure SM57 (der Frequenzgang ist weite unten auf der Seite zu sehen)
http://www.shure.de/produkte/mikrofone/sm57

Shure SM7B
http://www.shure.de/produkte/mikrofone/sm7b


Müsste es nicht so sein, dass man bei der Konstruktion eines Mikrofons 
einen möglichst linearen Frequenzgang anstrebt, damit die Aufnahme 
möglichst natürlich ist und wer dann in dem ein oder anderen 
Frequenzbereich das Signal anheben oder absinken möchte, der kann ja 
einen Equalizer dafür einsetzen.

Auch würde ich mal annehmen, dass es mit der heutigen Fertigungstechnik 
nicht so schwer ist, einen möglichst geraden Frequenzgang anzustreben, 
wenn das selbst günstige Mikrofone einigermaßen schaffen:

Beispiel anhand eines Blue Yeti
http://recordinghacks.com/microphones/Blue-Microphones/Yeti

Warum gibt es also überhaupt solche extrem teuren Mikrofone, die einen 
nichtmal besonders geraden Frequenzverlauf haben?
Ist das Marketing, Esoterik oder wie ist das naturwissenschaftlich 
begründet?


Und wenn es am Frequenzgang liegt, warum sollte dann ein teures Mikrofon 
besser klingen als ein günstiges Mikrofon für 50 €, das ebenfalls einen 
recht guten Frequenzverlauf anzeigt?

Was unterscheidet also ein gutes Mikrofon von einem schlechten?

Was bedeutet das Rauschen im Bezug auf ein Mikro und dessen 
Frequenzgang?
Wie ist das Rauschen im Frequenzgang abgebildet?

von ArnoR (Gast)


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Nulllinie schrieb:
> Müsste es nicht so sein, dass man bei der Konstruktion eines Mikrofons
> einen möglichst linearen Frequenzgang anstrebt, damit die Aufnahme
> möglichst natürlich ist

Nicht unbedingt, kommt halt auf den Einsatzzweck an. Bei deinem ersten 
Mirco steht doch drin was bezweckt wird:

"Der Frequenzgang ist so optimiert, dass sich das Instrument ohne 
Eingriffe am Mischpult-EQ bereits hervorragend im Bandmix durchsetzt."

Das hat nichts mit linear zu tun.

> Wie ist das Rauschen im Frequenzgang abgebildet?

Überhaupt nicht.

> Was bedeutet das Rauschen im Bezug auf ein Mikro

Na wie immer: Signal-Rausch-Abstand.

von Rolf S. (audiorolf)


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Die Kapseln sind nie linear. Elektromechanisch schon, aber akustisch 
nicht. Das wird immer durch den Preamp oder den Übertrager, bzw passive 
Elektronik hingebogen. Dabei wird "Präsenz addiert", "Bus cut" verwendet 
und allerlei sonstige Spielchen getrieben.

Mehr Philosophie als zwangsläufiges Verhalten.

von MaWin (Gast)


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Nulllinie schrieb:
> Wieso ist das so?

Leute wählen Mikros danach aus, ob sie "klingen".

Das ist alles andere als natürlicher Klang, sondern frequenzbeschnitten 
und -betont.

Das gilt auch für Mikrophonverstärkereingänge. Besser klingt, was 
unschönen Klang wegbügelt.

Nur bei Messmikrophonen will man korrekten Klang die auch jede 
Unsauberheit wiedergeben.

Bei den anderen kommt noch zusätzlich ein Windschutz davor.

von Stefan S. (mexakin)


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MaWin schrieb:
> Nur bei Messmikrophonen will man korrekten Klang die auch jede
> Unsauberheit wiedergeben.

Genau die sollen einen möglichst horizontalen Verlauf haben, alle 
anderen werden quasi schon als "Instrument" eingesetzt.

eevblog hat dazu ne kleine Serie gedreht mit nem Shure Fachmann, ist 
empfehlenswert.

von Bernd (Gast)


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Hör dir eine Großmembran-Kondensatormikrofon (z.B. Rode und Neumann) 
Aufnahme an, und du hörst den Unterschied zu einem SM7B. Obwohl die 
Dinger per se keine super-neutral klingenden Mikrofone sind, sind sie 
Standard in fast jedem Studio.

Eigenrauschen: Im Zeitalter von Popmusik und singenden Titten im 
mp3-Gedöhns wird der Dynamikkompressor zum wichtigsten Werkzeug 
überhaupt (neben dem EQ natürlich). Die gesamte Mischung und das 
Mastering ist dermaßen aufgeblasen das auch Rauschanteile verstärkt 
werden (kann nicht zu 100% gefiltert werden). Je rauschärmer das 
Mikrofon, desto mehr Spielraum bleibt bei Bearbeitung.

Achte auf geringes Eigenrauschen, hoher Grenzschalldruckpegel (128 
dB-SPL) und eine hohe Empfindlichkeit (bei den HobbyProduzenten reicht 
das Budget meist nicht für wichtiges Equipment, daher wird oft und 
hörbar mit minderbemittelten Mikrofonpreamps gearbeitet -> der 
Kompressor/EQ richtest schon...). Kein Qualitätsmerkmal hingegen sind 
die Impedanz und der  Übertragungsbereich.

Für welche Aufnahmen soll es denn sein? Das ist hier die Frage, und 
danach suchst du dir dein Mikrofon aus.

Wohlklang kann man schlecht in Zahlen wiedergeben, daher ist das 
wichtigste Kriterium der subjektive Klangeindruck. Das Eine IDEALE 
Instrument, Mikrofon, Amp usw. für jeden Einsatzzweck gibt es schlicht 
und einfach nicht.

Wenn du dieses technische Wunderkind erfindest, wirst du sicherlich sehr 
reich werden ...

von Ulrich H. (lurchi)


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Einen geraden Frequenzgang kriegt man vor allem für ungerichtete kleine 
Mikrofone. Kleine Mikrofone haben aber prinzipiell mehr Rauschen, und 
die Richtwirkung ist gerade auf der Bühne gefragt.
Wichtiger als der Frequenzgang ist oft der Signal - Rauschabstand, denn 
den Frequenzgang kann man nachträglich korrigieren.

von MaWin (Gast)


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Bernd schrieb:
> Wohlklang kann man schlecht in Zahlen wiedergeben

Ja, ABER:

Wenn man auf eine Bühne ein Orchester stellt,
das live im Saal hört und mit Mikros aufnimmt,

dann das Orchester wegschickt und Lautsprecher
auf der Bühne das Aufgenommene wiedergeben lässt,

dann ist nur dann die Widergabe optimal nah am Original,
wenn es ein Mikrophon ohne eigenen Klang war,
also ein Messmikro und eben kein Musikermikro.

Und obiges Szenario ist noch immer der Massstab,
an dem sich eine Wiedergabekette messen lassen muss.
(die meisten scheitern dabei kläglich).

von Bernd (Gast)


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MaWin schrieb:
> Bernd schrieb:
>> Wohlklang kann man schlecht in Zahlen wiedergeben
>
> Ja, ABER:
>
> Wenn man auf eine Bühne ein Orchester stellt,
> das live im Saal hört und mit Mikros aufnimmt,

unterschiedliche Mikrofone/Technik für Streicher, Bläser, Drums usw. 
gibt es nicht um sonst, nur weil es so toll ist und extra Kohle kostet.

> dann das Orchester wegschickt und Lautsprecher
> auf der Bühne das Aufgenommene wiedergeben lässt,
>
> dann ist nur dann die Widergabe optimal nah am Original,
> wenn es ein Mikrophon ohne eigenen Klang war,
> also ein Messmikro und eben kein Musikermikro.

Konzertsaal/Studio sessions werden mit einem Messmikro aufgenommen? Wo 
und Wann? In welchem Studio wird so verfahren?

Zum Raum einmessen (Raumakustik), wenn Absorber, Diffusoren und sonstige 
aktive Elemente (meist der Frequenzbereich um 20-65 Hz) zur 
Raumanpassung installiert werden -> dann kommen Messmikrofone zum 
Einsatz. Die Dinger nennen sich so weil mit Kugelcharakteristik 
ausgestattet! Für Instrumente gänzlich ungeeignet.

von MaWin (Gast)


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Bernd schrieb:
> In welchem Studio wird so verfahren?

In fast keinem, daher sind wir immer noch so weit von naturgetreuer 
Wiedergabe entfernt wie 1970, weil Tontechniker meinen, am "Klang" 
rumfeilen zu müssen.

Kunstkopfaufnahmen kamen noch am nächsten, nicht wegen dem Kunstkopf, 
sondern wegen der neutralen Mikrophone die darin verwendet wurden 
klangen die so gut, so naturalistisch.

von Joachim B. (jar)


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Nulllinie schrieb:
> Das könnte man meinen, aber wenn ich mir den Frequenzgang von so manchem
>> 500 € Mikrofon ansehe oder einem Mikrofon, dass als Klassiker gilt

500,- € sind doch peanuts und nicht mal teuer,

ich weiss nicht was ein künstliches Ohr & Vorverstärker mit absolut 
linearen Frequenzgang heute kostet, vor 25 Jahren für die Telekomiker in 
der Endgeräteprüfung kam der Spass von Brüel & Kjær 10.000,- DM und das 
nur im Bereich von 300-3000 Hz.

von Adrian Bergmann (Gast)


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MaWin schrieb:
> Ja, ABER:
>
> Wenn man auf eine Bühne ein Orchester stellt,
> das live im Saal hört und mit Mikros aufnimmt,
>
> dann das Orchester wegschickt und Lautsprecher
> auf der Bühne das Aufgenommene wiedergeben lässt,
>
> dann ist nur dann die Widergabe optimal nah am Original,
> wenn es ein Mikrophon ohne eigenen Klang war,
> also ein Messmikro und eben kein Musikermikro.
>
> Und obiges Szenario ist noch immer der Massstab,
> an dem sich eine Wiedergabekette messen lassen muss.
> (die meisten scheitern dabei kläglich).

Musik ist Kunst, und in der Kunst geht es schon seit dem 19. Jahrhundert 
nicht mehr darum, die Realität möglichst exakt abzubilden.

Darüber hinaus sagt der Frequenzgang nur einen Teil über die Akustischen 
Eigenschaften eines Mikrofons aus. Grundrauschen, Dynamikbereich, 
Impulstreue, Harmonische Verzerrungen (Die gewünscht sind)...
Im Live - Bereich (Wo das eingangs genannte SM57 hauptsächlich benutzt 
wird) kommen dann noch ganz andere Faktoren ins Spiel: Mechanische 
Robustheit, Rückkopplungsanfälligkeit, Durchsetzungsfähigkeit der 
Stimme, Trittschallunterdrückung, Optik. Ein Messmikrofon würde in 
ausnahmslos allen dieser Kategorien durchfallen.

Ich will dir nicht zu nahetreten, aber dein technisch-analytischer Blick 
auf die Dinge wird dem Themenbereich "Musik" einfach nicht oft gerecht. 
In deiner relativ speziellen Situation die du geschildert hast, liegst 
du andererseits nicht unbedingt verkehrt - Hier würden 
Kleinkondensatoren wie diese hier
http://www.thomann.de/de/schoeps_schoeps_cmc64_set.htm?sid=c2998b54e4bac9d294d7d12773e3ce6a
verwendet werden, die auch einen annähernd linearen Frequenzgang haben.

von Noch einer (Gast)


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Ein gutes Mikro hat den Blues... oder zumindest Rock&Roll.

von Noch einer (Gast)


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- Der Cady, wo ist der Cady?
- Ich Habs eingetauscht.
- Du hat das Bluesmobiel gegen die Schaukel eingetauscht?
- Nein, für ein Mikrofon.
- Für ein Mikrofon? ... Ok, das ist einzusehen.

https://www.youtube.com/watch?v=n4_3k4fyvfk

von gurden (Gast)


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MaWin schrieb:
> Ja, ABER:
>
> Wenn man auf eine Bühne ein Orchester stellt,
> das live im Saal hört und mit Mikros aufnimmt,
>
> dann das Orchester wegschickt und Lautsprecher
> auf der Bühne das Aufgenommene wiedergeben lässt,
>
> dann ist nur dann die Widergabe optimal nah am Original,
> wenn es ein Mikrophon ohne eigenen Klang war,
> also ein Messmikro und eben kein Musikermikro.
>
> Und obiges Szenario ist noch immer der Massstab,
> an dem sich eine Wiedergabekette messen lassen muss.
> (die meisten scheitern dabei kläglich).

Das wird anders klingen weil die Raumakustik dann zweimal auf die 
Geräusche einwirkt.

Und ein paar Quadratzentimeter Pappe werden niemals so klingen können 
wie 1 m2 Fell einer Trommel.

von gurden (Gast)


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MaWin schrieb:
> In fast keinem, daher sind wir immer noch so weit von naturgetreuer
> Wiedergabe entfernt wie 1970, weil Tontechniker meinen, am "Klang"
> rumfeilen zu müssen.

Schon die Musiker meinen am Klang rumfeilen zu müssen. Dämpfer an 
Blasinstrumenten oder Saiteninstrumenten sind auch nicht anderes als 
Klangzermatscher. Oder warum legen Schlagzeuger dicke Stoffmatten in die 
Bassdrum oder kleben Taschentücher an bestimmte Stellen der Snaredrum?
Welche Saitendicke hat bei Gitarren den echten Klang? Oder welche 
Spannung der Schnarrsaiten bei Snaredrum gibt den echten Klang?

von Noch einer (Gast)


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Und Holger Czukay ist sogar noch stolz drauf, dass er mit 
Sinusgeneratoren aus der Messtechnik schräge Klänge erzeugte.

von MaWin (Gast)


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gurden schrieb:
> Schon die Musiker meinen am Klang rumfeilen zu müssen. Dämpfer an
> Blasinstrumenten oder Saiteninstrumenten sind auch nicht anderes als
> Klangzermatscher. Oder warum legen Schlagzeuger dicke Stoffmatten in die
> Bassdrum oder kleben Taschentücher an bestimmte Stellen der Snaredrum?
> Welche Saitendicke hat bei Gitarren den echten Klang? Oder welche
> Spannung der Schnarrsaiten bei Snaredrum gibt den echten Klang?

Dürfen Sie ja auch. Um den Klang hören zu können, braucht an aber eine 
Übertragungskette, die ihn unverfälscht lässt (Einflüsse des Hörraums 
lassen sich gezielt rausrechnen). Ich will hören, als ob die Leute neben 
mit stehen. Oder der Hund der bellt, die Katze die miaut, die 
Nähmaschine die klappert, um mal ein paar Geräusche ohne 
Musikerbeeinflussung zu nennen).

Heutige Übertragungstechnik erlaubt das nicht, i.A. ist sofort 
herausfindbar, daß das Geräusch aus einer Konserve stammt.

von Gurden (Gast)


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MaWin schrieb:

> Dürfen Sie ja auch. Um den Klang hören zu können, braucht an aber eine
> Übertragungskette, die ihn unverfälscht lässt (Einflüsse des Hörraums
> lassen sich gezielt rausrechnen). Ich will hören, als ob die Leute neben
> mit stehen. Oder der Hund der bellt, die Katze die miaut, die
> Nähmaschine die klappert, um mal ein paar Geräusche ohne
> Musikerbeeinflussung zu nennen).

Musik ist was anderes als Geräuschreproduktion, aber das verstehen 
Techniker selten, sonst wären die Künstler geworden.

> Heutige Übertragungstechnik erlaubt das nicht, i.A. ist sofort
> herausfindbar, daß das Geräusch aus einer Konserve stammt.

Dafür ist oft weniger der Frequenzgang entscheidend, sondern die 
schlechte Dynamik der Übertragungstechnik. -> Ein paar Quadratzentimeter 
Pappe werden niemals so klingen können wie 1 m2 Fell einer Trommel. Und 
Kunstkopf ist komplett ausgestorben, Räumlichkeit scheint den 
Hifi-Analytikern nicht so wichtig zu sein, wahrscheinlich weil man es 
nicht richtig messen kann.

Und wo ist wieder das vermeintliche unverfälschte Original wenn ein 
Musiker in einen kleinen Raum leiser spielt, es dann aber wegen der 
Unzulänglichkeiten des Instruments zu Klangverfälschungen gegenüber 
einen lautem Spiel in einer großen Halle kommt.

von Gurden (Gast)


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Noch einer schrieb:
> Und Holger Czukay ist sogar noch stolz drauf, dass er mit
> Sinusgeneratoren aus der Messtechnik schräge Klänge erzeugte.

Hifi-Analytiker != Musiker

von Gurden (Gast)


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MaWin schrieb:
> Heutige Übertragungstechnik erlaubt das nicht, i.A. ist sofort
> herausfindbar, daß das Geräusch aus einer Konserve stammt.

Dafür erlubt es die heutige Übertragungstechnik bestimmte Musik oder 
Geräusche neu erleben zu können. Aber Kreativität ist ja bäh.

von Adrian Bergmann (Gast)


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MaWin schrieb:
> Dürfen Sie ja auch. Um den Klang hören zu können, braucht an aber eine
> Übertragungskette, die ihn unverfälscht lässt (Einflüsse des Hörraums
> lassen sich gezielt rausrechnen). Ich will hören, als ob die Leute neben
> mit stehen. Oder der Hund der bellt, die Katze die miaut, die
> Nähmaschine die klappert, um mal ein paar Geräusche ohne
> Musikerbeeinflussung zu nennen).
>
> Heutige Übertragungstechnik erlaubt das nicht, i.A. ist sofort
> herausfindbar, daß das Geräusch aus einer Konserve stammt.

Sorry MaWin, aber diesen Anspruch an Musik hast du wohl exklusiv. Es 
ging in der Musik (fast) nie um wirklichkeitsgetreue Abbildung, sondern 
um Interpretation - wie jede Form der Kunst. So wie eine Fotografie oder 
ein Gemälde stets eine Zweidimensionale Abbildung einer 
dreidimensionalen Wirklichkeit ist und der Anspruch, die Realität mit 
diesen Medien 1:1 wiederzugeben, von Grund auf zu scheitern verurteilt 
ist.
Würdest du aus diesem Grund heraus Fotografien oder Gemälde als 
schlecht/unzulänglich/etc. betrachten?

Desweiteren zeigt dein Beitrag, dass du offenbar wenig Ahnung von 
Aufnahmepraxis oder Tontechnik im musikalischen Bereich hast. "Gezielt 
herausrechnen" - Nope. So eine Technik gehört ins Flugzeugcockpit, ist 
für Musik aber unbrauchbar.

von Joachim B. (jar)


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MaWin schrieb:
> Um den Klang hören zu können, braucht an aber eine
> Übertragungskette, die ihn unverfälscht lässt (Einflüsse des Hörraums
> lassen sich gezielt rausrechnen). Ich will hören, als ob die Leute neben
> mit stehen.

das geht aber nur unter Einbeziehung des Hörraums, rausrechnen wäre das 
kontraproduktiv.


http://www.stern.de/wissen/technik/neue-technik-den-klang-des-koelner-doms-durchs-land-gebeamt-632870.html

da war ich live dabei im Hörsaal

https://www.pressestelle.tu-berlin.de/menue/veranstaltungen/veranstaltungsservice/veranstaltungsorte/hoersaal_h0104/

: Bearbeitet durch User
von lrep (Gast)


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Nulllinie schrieb:
> wenn ich mir den Frequenzgang von so manchem
>> 500 € Mikrofon ansehe oder einem Mikrofon, dass als Klassiker gilt
> (Shure z.b. SM57) dann ist der oft weder gerade noch linear oder
> gleichmäßig.
> Wieso ist das so?

Genau wie man bei elektromagnetischen Wellen in der Nähe der 
Sendeantenne von einem Nahfeld spricht, weil dort das elektrische Feld 
und das magnetische Feld noch nicht wie im Fernfeld in einer konstanten 
Relation stehen, sich sozusagen noch nicht aufeinander eingespielt 
haben,
gibt es auch bei Schallwellen ein Nahfeld, in welchem der Energieanteil 
von Schalldruck und Schallschnelle noch nicht dem konstanten Verhältnis 
im Fernfeld entsprechen.

Richtmikrofone wie das SM57 sind in erster Linie 
Schallschnelle-Empfänger, und viele Quellen, auch der Mund eines 
Sängers, geben die Energie vorwiegend als Schallschnelle ab.
D.h. im Nahfeld zittern die Luftteilchen vorwiegend hin und her, während 
die durch die Schwingung verursachte Druckdifferenz noch relativ gering 
ist.

Der Frequenzgang der Mikrofone wird wegen der Reproduzierbarkeit meist 
in Fernfeld gemessen, und  der Abstand von der Quelle, in dem der 
Übergang vom Nahfeld ins Fernfeld stattfindet, ist u.a. proportional zur 
Wellenlänge, also der reziproken Frequenz.
Das führt dazu, dass ein Richtmikrofon, welches im Fernfeld einen 
perfekt ebenen Frequenzgang aufweist, bei Nahbesprechung die tiefen 
Frequenzen stark überbewertet.

Damit der Klang bei Nahbesprechung trotzdem natürlich wirkt, hat man 
z.B. das SM57 mit einer Filterschaltung versehen, die einen zu den 
tiefen Frequenzen hin stark abfallenden Frequenzgang bewirkt.

Der Frequenzgang solcher Gesangsmikrofone ist natürlich wenig für den 
Betrieb im Fernfeld, also z.B. für die Aufnahme eines ganzen Orchesters, 
geeignet, und deshalb kann man das Hochpassfilter beim SM57b abschalten 
und hat dann den im Fernfeld erforderlichen ebenen Frequenzgang.


Die Welligkeit bei den hohen Frequenzen ist unerwünscht, aber sie ist 
schwer loszuwerden und bei guten Mikrofonen ist sie gering.
Neben unerwünschte Resonanzen spielen dabei u.a. allein schon durch die 
Abmessungen des Mikrofons verursachte Interferenzerscheinungen eine 
Rolle.

https://de.wikipedia.org/wiki/Nahbesprechungseffekt

von Hennes (Gast)


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Hallo,

etwas Platt ausgedrückt:

"Techniker und Künstler passen nicht zusammen"

Was ist guter Klang, was ist ein Gutes Bild, was ist...?

Frag einen Techniker und einen Künstler, du bekommst zwei 
grundverschiedene Antworten - die von Künstler ist zudem meist nicht 
fassbar und in Regeln beschreibbar, gerade darum ist er wohl auch 
Künstler.
Über bekannte Technik kann man sich auf der Physikalischen Ebene kaum 
streiten, wenn das Fachwissen vorhanden ist.
Über Kunst...

mfg

   Hennes

von MaWin (Gast)


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Adrian Bergmann schrieb:
> Sorry MaWin, aber diesen Anspruch an Musik hast du wohl exklusiv

Stellvertretend für all die anderen "Künstler" hier:
Wenn ihr aufmerksam lesen würdet, hättet ihr bemerkt, dass es mir nicht 
um eine Einschränkung bei der Kreativität der Musik geht. Meinetwegen 
ganz künstliche Klänge aus dem Moog.
Sondern nur um die Verfälschung der Übertragungskette.

Gurden schrieb:
> Dafür ist oft weniger der Frequenzgang entscheidend, sondern die
> schlechte Dynamik der Übertragungstechnik.

Jein. Natürlich auch die Dynamik, die von krankhaft verblendeten 
Tontechnikern auf maximale Lautheit zusammenkomprimiert wird, aber für 
naturalistische Wiedergabe investieren Audiophile zigtausende, und ja: 
Da ist was rauszuholen in Richtung "Klang als wäre man live dabei".

von meinereiner (Gast)


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MaWin schrieb:
> Sondern nur um die Verfälschung der Übertragungskette
ich würd mal dazu sagen: Verfälscht wird es grundsätzlich immer. Schon 
alleine, durch den Lautsprecher. Denn ein Instrument verbreitet die 
Schallwellen anders als Lautsprecher.

von Noch einer (Gast)


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Augenblick mal. Die oben genannten Mikros sind Teil eines 
elektroakustischen Instrumentes, nicht Teil der Übertragungskette.

von Stefan F. (Gast)


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Ist schon witzig: Dein einen wollen Anlagen, die den Klang nicht 
verändern und die anderen stellen sich Röhrenradios ins Wohnzimmer. In 
beiden Fraktionen ist man bereit, sehr viel Geld zu investieren.

von Hans (Gast)


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lrep schrieb:
> Richtmikrofone wie das SM57 sind in erster Linie
> Schallschnelle-Empfänger, und viele Quellen, auch der Mund eines
> Sängers, geben die Energie vorwiegend als Schallschnelle ab.

Wie erreicht man sowas? Ist die Bauform Ergebnis von Simulation oder 
empirischen Aufbauten? Wie verhält es sich mit der Tatsache, dass das 
SM57 DAS Instrumentalmikrofon ist?

von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


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Hans schrieb:
> lrep schrieb:
>> Richtmikrofone wie das SM57 sind in erster Linie
>> Schallschnelle-Empfänger, und viele Quellen, auch der Mund eines
>> Sängers, geben die Energie vorwiegend als Schallschnelle ab.
>
> Wie erreicht man sowas? Ist die Bauform Ergebnis von Simulation oder
> empirischen Aufbauten? Wie verhält es sich mit der Tatsache, dass das
> SM57 DAS Instrumentalmikrofon ist?

Wenn du viel Zeit hast, hier erzählt ein früherer Chefdesigner von Rode 
(renommierter Mikrophonhersteller) etwas über die Funktion und 
Entwicklung von Mikrophonen. Leider mit dem quietschenden Australier, 
aber man kann nicht alles haben:

https://www.youtube.com/playlist?list=PLHoGZ7nuFTo8VmQBhzZxl-qDEIN7T5Vt8

Ansonsten, die Skripte diverser Technische Akustik Vorlesungen gibt es 
Online. Dabei geht es wirklich nur um die Technik, nicht die Kunst. Man 
könnte auch sagen um die Grundlagen. Kunst kommt dann oben drauf.

von Peter M. (r2d3)


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Hallo Hannes J.,

>> Wie erreicht man sowas? Ist die Bauform Ergebnis von Simulation oder
>> empirischen Aufbauten? Wie verhält es sich mit der Tatsache, dass das
>> SM57 DAS Instrumentalmikrofon ist?

das SM57 ist als Gesangsmikrofon beliebt, dass es als 
"Instrumentalmikrofon" genutzt wird, wäre mir neu.

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