Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Funktionsgenerator Therapie


von markus (Gast)


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Servus Leute,

es gibt in der Alternativmedizin ziemlich esoterisch anmutende Geräte 
wie etwa Bioresonanz etc. Ob das im Endeffekt Quacksalberei ist oder 
nicht, kann ich nicht beurteilen, da ich mich nie näher damit 
auseinandergesetzt habe. Darum solls hier auch nicht gehen, sondern um 
folgendes: Jetzt gibt es Leute, die "simulieren" sowas, indem sie nen 
Funktionsgenerator stattdessen benutzen und daran Elektroden 
anschließen.

Mich würde interessieren, welches Gefahrenpotential darin zu sehen ist. 
Ich selbst habe von so einer Nutzung abgeraten, mit dem Hinweis darauf, 
dass wenn z.B. ein Kabelbruch auftritt, die Elektroden plötzlich auf 
230V liegen können und bis zum Ansprechen einer Sicherung ein Teil des 
Stromes auch über den Anwender abfließt, der über Elektroden und ggfs. 
feuchte Hände/Füße niederohmig geerdet ist.

Mir gehts darum, ob ich als Ing. jetzt die Pflicht habe, hier eine klare 
Warnung auszusprechen oder ob man das gewährenlassen kann. Bin selbst 
nicht so der E-Technik Spezialist und kann das reale Gefahrenpotential 
nicht wirklich beurteilen.

Grüße
Markus

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Wenn man sich den Finger in der Nase abbricht, kann man auch daran 
ersticken - Klar, man kann den Generator ja mit Batterien betreiben, 
oder ein für medizinische Anwendungen spezifiziertes Netzteil benutzen.

Wenn es um eine Produktion geht, sollte man das aus Haftungsgründen 
natürlich bedenken. Für einzelne Basteleien reicht der mündliche Hinweis 
hoffentlich aus. Conrad liefert zu jedem noch so simplen Teil eine 
Bedienungsanleitung, wo solche Hinweise drinstehen.

von Uwe B. (uwe_beis)


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Meines Wissens nach müssen Geräte für den medizinischen Gebrauch, die 
also in direkten elektrischen Kontakt mit Menschen kommen, weit besser 
als Geräte für den allgemeinen Gebrauch geschützt bzw. isoliert sein. Da 
gibt's sicherlich Normen.

Ich tendiere hier schon dazu, eine klare Warnung auszusprechen. Am 
besten unter Zeugen.

von F. F. (foldi)


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Walter Dünnbein schrieb im Beitrag #4081062:
> würde denn bei so einer Prüfung nicht schon ein
> Kabelbruch auffallen?

Nein.

von markus (Gast)


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Nicht, dass ihr was falsch versteht: Es geht hier um Leute im 
Bekanntenkreis, die das privat so verwenden. Für mich stellt sich eben 
die Frage, ob da ein reales Gefahrenpotential dahinter steht oder nicht. 
Wenn nicht kann man die Leute wurschteln lassen und gut is.

von Reinhard #. (gruebler)


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markus schrieb:
> ....ein reales Gefahrenpotential dahinter...

Wo ist den jetzt eigentlich das Problem?
Wenn die Stromversorgung aus einem im Handel
zugelassenen  Netzgerät der Schutzklasse 2
besteht und die Spannung am Menschen 12V
nicht überschreitet sehe ich keine Gefahr.

Bei einer Modelleisenbahn ist es jedenfalls so.

Sollten die Elektroden aber in den Körper
eingeführt werden, wäre ich mit der Spannung
vorsichtiger ;-)

von MaWin (Gast)


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Reinhard ## schrieb:
> Wo ist den jetzt eigentlich das Problem?
> Wenn die Stromversorgung aus einem im Handel
> zugelassenen  Netzgerät der Schutzklasse 2
> besteht und die Spannung am Menschen 12V
> nicht überschreitet sehe ich keine Gefahr.

Unsinn.

Uwe Beis schrieb:
> Meines Wissens nach müssen Geräte für den medizinischen Gebrauch, die
> also in direkten elektrischen Kontakt mit Menschen kommen, weit besser
> als Geräte für den allgemeinen Gebrauch geschützt bzw. isoliert sein. Da
> gibt's sicherlich Normen.

So ist es.

von F. F. (foldi)


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Mein lieber Markus, wie alt sind die Leute?

Sind sie über 18? Du hast sie auf die über eventuelle Gefahren doch 
sicher aufgeklärt? Damit hast du schon weit mehr getan als nötig. Du 
kannst dich ruhigen Gewissens zurück lehnen.

Ob sich jemand mit Alkohol oder Strom umbringen will, das ist letztlich 
seine eigene Sache.

von markus (Gast)


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F. Fo schrieb:
> Sind sie über 18? Du hast sie auf die über eventuelle Gefahren doch
> sicher aufgeklärt? Damit hast du schon weit mehr getan als nötig. Du
> kannst dich ruhigen Gewissens zurück lehnen.

Das mag sein. Ich habe eine Warnung ausgesprochen und gesagt, dass ich 
das an mir selbst so nicht betreiben würde. Jedoch würde ich aus 
persönlichem Interesse gerne wissen, was denn realistischerweise 
passieren könnte bzw. welche Gefahren da konkret lauern.

von Reinhard #. (gruebler)


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MaWin schrieb:
>> ...als Geräte für den allgemeinen Gebrauch geschützt
>> bzw. isoliert sein. Da gibt's sicherlich Normen.
>
> So ist es.

Ja los MaWin, dann mal her mit der Norm.
Die Unterschiede würden mich wirklich
interessieren.

von Uwe B. (uwe_beis)


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Reinhard ## schrieb:
> Ja los MaWin, dann mal her mit der Norm.
> Die Unterschiede würden mich wirklich
> interessieren.

Das klang irgendwie höhnisch, sollte ich mich da täuschen? Wenn nicht, 
wozu das? Und wenn es dich wirklich interessiert, warum schaust du nicht 
selber nach? Geht ganz einfach, mit Wikipedia und Google z. B..

https://de.wikipedia.org/wiki/EN_60601

Speziell Netzteile:
http://www.medizin-und-elektronik.de/elektronik-in-der-klinik/article/83250/0/Was_aendert_sich_mit_der_EN_60601_3rd_Edition/

von Reinhard #. (gruebler)


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Uwe Beis schrieb:
> Das klang irgendwie höhnisch, sollte

Be cool

Hab es gerade selbst gefunden.
Die Norm wurde Juni 2012 geändert.
Die Isolationsabstände wurde vergrößert,
damit "potenziell geschwächten" Patienten
besser geschützt sind.
Für das Bedienpersonal gilt das Gleiche
wie früher.
Ich bleib dabei. Bei der Alternativmedizin
geht es sicher nicht um des "potenziell geschwächten"
Patienten.

von Elektriker (Gast)


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markus schrieb:
> Mich würde interessieren, welches Gefahrenpotential darin zu sehen ist.

Bisweilen kann der Einsatz solcher Gerätschaften
durchaus letale Folgen haben:

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13496988.html

"Auf niedrigster Schaltstufe betrug die Stärke des Stroms, der laut 
Staatsanwaltschaft ins Ehebett führte, zwar nur drei Milliampere (mA) - 
für einen Menschen bei einer Frequenz von 50 Hertz weitgehend 
ungefährlich. Wurde aber ein bestimmter Schalter geschlossen und ein 
roter Knopf gedrückt, konnte die Stromstärke auf 25, bei Abnahme der 
Potentiometer-Widerstände an dem Gerät gar auf 100 mA erhöht werden."

von KDE (Gast)


Angehängte Dateien:

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Der Norm ist es gleich ob es ein Gerät der "Alternativmedizin" ist, auch 
das muß ihr genügen.  Das Gerät selbst weiß auch nichts von potentiell 
geschwächten Patienten.

In der aktuellen Liste (2015/C 014/05) der harmonisierten Normen zur 
Medizingeräterichtlinie  93/42/EG (2007/47/EG) ist es EN 61601-2-10.

http://www.devicemed.de/oem-komponenten/articles/455281/

http://www.devicemed.de/oem-komponenten/articles/455281/index2.html

http://www.devicemed.de/oem-komponenten/articles/455281/index3.html

von Carsten S. (dg3ycs)


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Hi,


Reinhard ## schrieb:
> Hab es gerade selbst gefunden.
> Die Norm wurde Juni 2012 geändert.
> Die Isolationsabstände wurde vergrößert,
> damit "potenziell geschwächten" Patienten
> besser geschützt sind.
> Für das Bedienpersonal gilt das Gleiche
> wie früher.

Ja, 2012 mag sich vielleicht nur dieser eine Punkt geändert haben.
Aber über den grundsätzlichen Stand der Vorschriften sagt das genau gar 
nichts aus. Und als jemand der in diesem Bereich arbeitet kann ich dir 
sagen das es gehörige Unterschiede zwischen Medizintechnik und 
Consumertechnik in den Vorschriften gibt.

> Ich bleib dabei. Bei der Alternativmedizin
> geht es sicher nicht um des "potenziell geschwächten"
> Patienten.

Ein Patient ist ein Patient und damit immer potentiell geschwächt!
Wobei das nur ein Aspekt der ganzen Sache ist...
Bei einem Medizingerät mit leitenden Anwendungsteilen vom Typ B oder BF 
(und erst recht bei C sowie CF) ist es der Normalzustand/sollzustand das 
der Patient leitend mit dem Gerät verbunden ist.
Bei Geräten wie EKG/EEG sowie erst recht allen Geräten mit C/CF 
Anwendungsteilen geht der Stromkreis im Fehlerfall direkt durch die für 
Stromeinwirkung sensibelsten Teile des Organismus.
Daher sind mindestens immer ZWEI Schutzmaßnahmen vorzusehen so das ein 
erster Fehler keine Gefahr darstellen KANN!

Bei einem Funktionsgenerator für Elektronik hingegen ist ide leitende 
Verbindung zwar sicher auch immer mal gegeben, aber doch eher die 
Ausnahme im Betrieb. Und wenn die vorkommt auch nur im absolutem 
Ausnahmefall unmittelbar in der Herz oder Kopfgegend. Daher kann hier 
die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gefährdung geringer angesetzt 
werden was in einer geringeren Anforderung resltiert.

Also, lieber Reinhard, schreibe bitte nichts zu Dingen von denen du 
keine Ahnung hast!

Davon unabhängig geht von solchen "Spielereien" sicher nicht gleich die 
Welt unter. Schließlich berührt wohl die große Mehrheit hier regelmäßig 
leitende Teile in Sekundärstromkreisen von Netzteilen oder 
Funktionsgeneratoren. Das Risiko ist zwar höher als bei Medizintechnik, 
aber dennoch sehr überschaubar. (Zumindest bei Markengeräten... Bei 
Eigenimporten auch China hingegen würde ich mir das dreimal überlegen!)

Aber wenn etwas passiert ist man als derjenige der das empfohlen oder 
gar so verkauft hat halt dran... Bei Verkauf auch schon dann wenn der 
falsche davon Wind bekommt.
Daher: Jeder soll für sich selbst entscheiden was er macht, aber 
empfehlen oder gar so einen Murks verkaufen, das sollte man sich 
tunlichst aus dem Kopf schlagen!

Walter Dünnbein schrieb im Beitrag #4081062:
> Die Frage, die ich mir grad da stelle ist - so Geräte müssen doch
> jährlich mind. einmal geprüft werden, die im gewerblichen Bereich
> eingesetzt werden - und die Prüfung medizinischer Geräte ist ja nochmal
> etwas strenger - würde denn bei so einer Prüfung nicht schon ein
> Kabelbruch auffallen?

Die Frist für die Prüfungsintervalle (STK) wird vom 
Medizingerätehersteller festgelegt. Sie kann bis zu zwei Jahren betragen 
oder auch ganz ausgeschlossen werden!

F. Fo schrieb:
> Walter Dünnbein schrieb:
>> würde denn bei so einer Prüfung nicht schon ein
>> Kabelbruch auffallen?
>
> Nein.

In den meisten Fällen: FALSCH!
Die Prüfung von Schutzleiter, Neutralleiter und Phase ist bei allen 
Netzbetriebenen Medizingeräten Bestandteil der Prüfung!
Bei der Erstprüfung nach EN60601 wir der Schutzleiter dabei mit 10A bei 
der Widerstandsmessung belastet.

Bei der Widerholungsprüfung nach EN62353 sind es IMHO 200mA
(Müsste das aber selber in der 62353 nachschlagen, bin da eher in den 
für die Entwicklung maßgeblichen Vorschriften fit...)

Gruß
Carsten

von Possetitjel (Gast)


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markus schrieb:

> Ich habe eine Warnung ausgesprochen und gesagt, dass ich
> das an mir selbst so nicht betreiben würde.

Das würde ich so in genau dieser Form auch sagen.

> Jedoch würde ich aus persönlichem Interesse gerne wissen,
> was denn realistischerweise passieren könnte bzw. welche
> Gefahren da konkret lauern.

Die Frage ist wesentlich komplizierter, als sie zunächst
aussieht.

Das Problem liegt darin, dass in einem durchschnittlichen Fall
bei durchschnittlichen Betriebsbedingungen höchstwahrscheinlich
nichts, absolut nichts Gefährliches passieren wird.

Sind die strengeren Normen deshalb sinnlose Übertreibung? - Nein!

Die Normen sind darauf ausgerichtet, dass auch bei der
unglücklichsten Verkettung der dümmsten Zufälle keine
Gefahr besteht - also auch dann, wenn der von Angstschweiss
klatschnasse herzkranke Patient mit einem defekten Gerät in
Kontakt kommt.

Man kann nur auf den oben genannten Unterschied hinweisen
und die Leute ansonsten machen lassen; wenn man die
Gefahren übertrieben schildert, untergräbt man seine eigene
Glaubwürdigkeit. - Ach ja: Nicht zugelassenen Geräte an Dritten
anzuwenden geht natürlich gar nicht, das sollte Deinen Bekannten
klar sein.

von Andrew T. (marsufant)


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Carsten Sch. schrieb:

>
> Ja, 2012 mag sich vielleicht nur dieser eine Punkt geändert haben.
> Aber über den grundsätzlichen Stand der Vorschriften sagt das genau gar
> nichts aus. Und als jemand der in diesem Bereich arbeitet kann ich dir
> sagen ...
>

>
> In den meisten Fällen: FALSCH!
> Die Prüfung von Schutzleiter, Neutralleiter und Phase ist bei allen
> Netzbetriebenen Medizingeräten Bestandteil der Prüfung!
> Bei der Erstprüfung nach EN60601 wir der Schutzleiter dabei mit 10A bei
> der Widerstandsmessung belastet.


Zu Deiner Info: Nicht 10A. Es sind immer noch 25A. Viele übersehen den 
"whichever is greater" Hinweis.

die aktuelle 60601, 8.6.4 ff hilft Dir da weiter. Auszug:

"A current of 25 A or 1,5 times the highest RATED current of the 
relevant circuit(s),
whichever is greater (± 10 %), from a current source with a frequency of 
50 Hz or 60 Hz
and with a no-load voltage not exceeding 6 V, is passed for 5 s to 10 s 
through the
PROTECTIVE EARTH TERMINAL or the protective earth contact in the 
APPLIANCE INLET or the
protective earth pin in the MAINS PLUG and each PROTECTIVELY EARTHED 
part..."



> ... bin da eher in den
> für die Entwicklung maßgeblichen Vorschriften fit...)

Dann erfrische mal hier Deine Fitness .-)

von bernte (Gast)


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@markus

was genau machen den deine bekannten?

kann es sein das sie ein tens oder ems gerät verwenden
sind in der regel medezinprodukte und werden entsprechend geprüft sein

von warmduscher (Gast)


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markus schrieb:
> Mir gehts darum, ob ich als Ing. jetzt die Pflicht habe, hier eine klare
> Warnung auszusprechen oder ob man das gewährenlassen kann. Bin selbst

Wenn du dich das schon fragst, muß du eine Warnung aussprechen. Schon um 
dein Gewissen zu beruhigen.

von Georg (Gast)


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Hallo,

natürlich kann sowas tödlich sein: wenn jemand seine Krebstherapie 
abbricht und es statt dessen mit Naturheilstrom versucht...

Aber nützen wird eine Warnung nichts, wer so etwas anwendet glaubt ja 
gerade nicht an die Wissenschaft.

Georg

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