Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Bipolare Spannungsversorgung für Thermoelement-ADC nötig?!


von Student (Gast)


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Hallo zusammen,

ich möchte gerne eine Reglung für die Weller RT Spitzen bauen. Diese 
Spitzen sind super dafür geeignet, da sie neben der Heizung noch ein 
Thermoelement in einem 'hot-swapping'-fähigen Gehäuse, also das ich 
schnell die Spitze tauschen kann.
Daran haben sich auch schon offenbar andere Leute versucht, wie man an 
folgenden Stellen sehen kann: 
http://dangerousprototypes.com/forum/viewtopic.php?f=19&t=3583
https://github.com/debaal/SolderingIron/blob/master/Hardware/soldering_pcb_schematic.pdf
http://www.martin-kumm.de/wiki/doku.php?id=Projects:SMD_Loetstation
https://www.ynsta.org/fwrtss/doc/html/fwrtss.html

Letztendlich hat man an der Spitze drei Kontakte zur Verfügung. Nämlich 
einmal sowas wie GND, dessen Potential dann auch an der Spitze anliegt; 
außerdem die Versorgung der Heizung; und die eine Seite des 
Thermoelements (kein Typ K, sondern wesentlich geringere Sensitivität).
Die andere Seite des Thermoelements ist wohl sinnvollerweise auch GND.

Nun habe ich bei der ganzen Geschichte zwei Probleme.
Problem 1 ist folgendes:
Da ich aus bestimmten Gründen gerne ein TI-IC verwenden möchte, und sich 
da der ADS1220 gut anbietet (sehr hohe Auflösung, 
Kaltstellenkompensation), will ich diesen auch verwenden. Wegen besagter 
Vorteile möchte ich keinen einfachen OP nehmen.
Nun ist aber das Thermoelement auf der einen Seite schon auf GND gelegt, 
was natürlich gleichzeitig auch GND in der Schaltung sein wird. Daher 
kommt eigentlich nur eine Single-Ended Variante in Frage. Das Problem 
ist aber, dass bei Single-Ended der PGA nicht verwendet werden kann und 
deswegen nur ein Gain von 4 möglich ist, was mir zu wenig ist.
Grundsätzlich ist es nun natürlich möglich, eine bipolare 
Spannungsversorgung zu verwenden, damit die Common-Mode-Voltage in einen 
Bereich fällt, welcher den PGA nicht in Sättigung treibt, sodass dieser 
verwendet werden kann.
Ist das aber wirklich nötig oder übersehe ich eine einfache Möglichkeit?

Problem 2 ist noch, dass bei Befeuerung der Heizung natürlich ein 
Spannungsabfall auf der GND-Leitung vorhanden sein wird, sodass die 
Messung natürlich nur in den Off-Zeiten Sinn ergibt. Aber um meine 
Eingänge in den Heizphasen zu schützen, muss ich diese in maximal +-0.3V 
von der Versorgungspannung halten. Aber das schaffen ja selbst übliche 
Schottky-Dioden nicht. Was ist hier mein Denkfehler?

Danke

von MaWin (Gast)


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Student schrieb:
> Die andere Seite des Thermoelements ist wohl sinnvollerweise auch GND.

Nein, sinnvoll ist das nicht, die Spannung eines Thermoelements ist viel 
kleiner als der Spannungsabfall auf der GND Leitung zum Lötkolben bei 
aktivierter Heizung, versaut einem also komplett das Messergebnis.

Student schrieb:
> Problem 2 ist noch, dass bei Befeuerung der Heizung natürlich ein
> Spannungsabfall auf der GND-Leitung vorhanden sein wird

Genau.

Man muss die Heizung abschalten wenn man messen will.
Bist du sicher, daß dort wirklich ein Thermoelement drin ist, oder ist 
deine "viel kleinere" Spannung nur ein unerwünschter Thermoeffekt eines 
eigentlich Widerstandsthermometers ?

Student schrieb:
> will ich diesen auch verwenden.

Es gibt halt eine Menge Bauteile, auch von TI, die so dumm konstruiert 
wurden, daß man sie in realen Anwendungen nicht einsetzen kann. Dann 
muss man eben andere Bauteile nehmen, oder den Aufwand einer komplexen 
Schaltung treiben.

Irgendwie glaube ich auch nicht, daß für einen Lötkolben das Messen der 
Temperatur auf Nachkommastellen genau sein muss, denn die Spitze hat 
sowieso eine andere Temperatur als die Heizwendel, da spielt selbst 
Kaltstellenkompensation keine Rolle, es hat normalerweise 20 GradC im 
Elektronikbastelraum, kaum -10 oder +50.

von Student (Gast)


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MaWin schrieb:
> Nein, sinnvoll ist das nicht, die Spannung eines Thermoelements ist viel
> kleiner als der Spannungsabfall auf der GND Leitung zum Lötkolben bei
> aktivierter Heizung, versaut einem also komplett das Messergebnis.

Sinnvoller als die andere Seite des Thermoelements auf die andere Seite 
der Heizung, die nicht direkt elektrisch mit der Spitze verbunden ist, 
und deshalb mit der PWM geschaltet wird.

MaWin schrieb:
> Genau.
>
> Man muss die Heizung abschalten wenn man messen will.
> Bist du sicher, daß dort wirklich ein Thermoelement drin ist, oder ist
> deine "viel kleinere" Spannung nur ein unerwünschter Thermoeffekt eines
> eigentlich Widerstandsthermometers ?

Ja, ich weiß, man darf nur in der Off-Phase der PWM messen. Das hat 
Weller mir leider so vorgegeben, auch wenn ich es anders lieber gehabt 
hätte.

Und ja, auf allen Seiten die ich verlinkt habe kam man letztendlich 
dazu, dass es ein Thermoelement ist.

MaWin schrieb:
> Es gibt halt eine Menge Bauteile, auch von TI, die so dumm konstruiert
> wurden, daß man sie in realen Anwendungen nicht einsetzen kann. Dann
> muss man eben andere Bauteile nehmen, oder den Aufwand einer komplexen
> Schaltung treiben.

Naja, wäre die elektrische Verbindung zwischen Thermoelement und Heizung 
nicht, würde es ja super gehen...
Sprich mir bleibt nichts anderes übrig als eine symmetrische Versorgung 
zu bauen, wenn ich das IC verwenden will? Ich habe ja gehofft noch 
irgendwas übersehen zu haben.

MaWin schrieb:
> Irgendwie glaube ich auch nicht, daß für einen Lötkolben das Messen der
> Temperatur auf Nachkommastellen genau sein muss, denn die Spitze hat
> sowieso eine andere Temperatur als die Heizwendel, da spielt selbst
> Kaltstellenkompensation keine Rolle, es hat normalerweise 20 GradC im
> Elektronikbastelraum, kaum -10 oder +50.

Darauf habe ich ehrlich gesagt gewartet, dass sowas kommt ^^
Weil ich aber gerne aus Spaß ein bisschen rumprobieren möchte, ob das 
mit CJC und soweiter alles wie ausgedacht funktioniert, um einfach ein 
bisschen Erfahrung zu sammeln, ist es okay wenn es sehr akademisch 
anmutet. Außerdem möchte ich auch regelungstechnische Erfahrung sammeln 
und da schadet gute Genauigkeit sicherlich nicht. Dass sowas aus 
Kostengründen und Aufwandsgründen nachher niemand in ein solches Produkt 
bastelt, ist mir klar.

von Student (Gast)


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Student schrieb:
> gute Genauigkeit

Ich meinte eigentlich gute Auflösung, sorry ;)

von Schreiber (Gast)


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Student schrieb:
> Da ich aus bestimmten Gründen gerne ein TI-IC verwenden möchte, und sich
> da der ADS1220 gut anbietet (sehr hohe Auflösung,
> Kaltstellenkompensation), will ich diesen auch verwenden. Wegen besagter
> Vorteile möchte ich keinen einfachen OP nehmen.

Was ein Aufwand.

einfacherer Vorschlag:
Normalen OPV nehmen und damit Signal vom Thermoelement verstärken. 
Anschließend einen Offset addieren (auch mit einem OPV) und den im µC 
eingebauten ADC verwenden. so eine Lötkolbenregelung ist kein 
Präzisionsinstrument, auf ein paar °C mehr oder weniger kommts da auch 
nicht an.

Temperaturkompensation macht man per µC und Software, für die Temperatur 
der Kaltstelle muss halt notfalls (wenn man die Zimmertemperatur nicht 
als konstant annehmen will) muss halt noch ein KTY81 in die Schaltung.

Student schrieb:
> Aber um meine
> Eingänge in den Heizphasen zu schützen, muss ich diese in maximal +-0.3V
> von der Versorgungspannung halten. Aber das schaffen ja selbst übliche
> Schottky-Dioden nicht. Was ist hier mein Denkfehler?

Seit der Erfindung des Relais ist das kein Problem mehr.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Ein OpAmp, der so etwas aus Single Supply könnte, wäre z.B. der 
AD8603/8607, dem ich gerade in einem Ohrtermometer zur Verstärkung des 
Thermopileelements gesehen habe.

Evtl. geht sogar der interne Opamp eine Tiny25/45/85, den ich in meiner 
Lötstation benutze, hier allerdings mit zweiadrigem Sensor. Bin mir 
nicht sicher, ob die Eingänge dieses OpAmp echtes R2R können.

von Harald W. (wilhelms)


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Student schrieb:

>> gute Genauigkeit
>
> Ich meinte eigentlich gute Auflösung, sorry ;)

Was nutzt Dir gute Auflösung, wenn Du sie mangels Genauigkeit nicht
nutzen kannst? Grundsätzlich gilt für Messungen aller Art: Man misst
nicht so genau wie möglich, sondern so genau wie nötig. Bei einem
Lötkolben würde ich eine Genauigkeit con +-10° für ausreichend halten.

von Student (Gast)


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Schreiber schrieb:
> Was ein Aufwand.
>
> einfacherer Vorschlag:
> Normalen OPV nehmen und damit Signal vom Thermoelement verstärken.
> Anschließend einen Offset addieren (auch mit einem OPV) und den im µC
> eingebauten ADC verwenden. so eine Lötkolbenregelung ist kein
> Präzisionsinstrument, auf ein paar °C mehr oder weniger kommts da auch
> nicht an.

Gut, dann einigen wir uns auf den Mittelweg. OPV zur Verstärkung und 
Common Mode Voltage Verschiebung aber der ADC bleibt trotzdem der 
gleiche ;)

Schreiber schrieb:
> Seit der Erfindung des Relais ist das kein Problem mehr.
Du willst ja wohl nicht ernsthaft mit PWM-Frequenz ein Relais schalten 
lassen... Solid State höchstens noch, aber das halt ich jetzt für 
überdimensioniert.

Matthias Sch. schrieb:
> Ein OpAmp, der so etwas aus Single Supply könnte, wäre z.B. der
> AD8603/8607, dem ich gerade in einem Ohrtermometer zur Verstärkung des
> Thermopileelements gesehen habe.
>
> Evtl. geht sogar der interne Opamp eine Tiny25/45/85, den ich in meiner
> Lötstation benutze, hier allerdings mit zweiadrigem Sensor. Bin mir
> nicht sicher, ob die Eingänge dieses OpAmp echtes R2R können.

Naja, dass grundsätzlich jeder OP vor dem ADC taugt, der R2R ist, ist 
mir schon klar. Und der Controller steht eh schon fest, aber das sag ich 
nun wohl besser nicht, weil mir sonst wieder alle den Kopf abreissen ^^

Harald Wilhelms schrieb:
> Was nutzt Dir gute Auflösung, wenn Du sie mangels Genauigkeit nicht
> nutzen kannst? Grundsätzlich gilt für Messungen aller Art: Man misst
> nicht so genau wie möglich, sondern so genau wie nötig. Bei einem
> Lötkolben würde ich eine Genauigkeit con +-10° für ausreichend halten.

Naja, du sagst ja selbst, dass 10 Grad Genauigkeit reichen. Den Vorteil 
von Auflösung sehe ich darin, dass ich auf Tendenzen schneller reagieren 
kann und nicht erst warten muss bis die Temperaturänderung die grobe 
Auflösung und das Rauschen verlassen hat. Außerdem möchte ich die 
Standby-Abschaltung gerne basierend auf dem Duty Cycle der PWM machen. 
Wenn hier aber nur grobe Auflösung (10 Grad Schritte oder so) vorhanden 
sind, kann ich anhand des Duty Cycles eher weniger feststellen, ob der 
Kolben wieder in der Station steht.

von Student (Gast)


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Okay, ich habe eine neue Idee. Auch wenn ihr sie wieder für unnötig 
haltet, so sagt mir doch bitte einfach, ob etwas dagegen spricht oder es 
so funktionieren sollte, wie ich es mir denke.

Und zwar gibt es den THS4531 auch von TI, der sich doch super als 
Single-ended to Differential converter einsetzten lassen sollte. Da kann 
ich dann auch ganz einfach die Gleichtakelage des Ausgangssignals 
einstellen.
Übersehe ich irgendetwas? Hat vielleicht schon jemand etwas ähnliches 
damit angestellt?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Student schrieb:
> Und zwar gibt es den THS4531 auch von TI, der sich doch super als
> Single-ended to Differential converter einsetzten lassen sollte.

Klar, warum einfach, wenns auch kompliziert geht. Aber mal ernsthaft, du 
willst einen Lötkolben regeln und keinen Airbus. Was hilft dir denn das 
Differenzsignal, wenn dir schon der unsymmetrische Sensoreingang 
Probleme verursacht? Gibt doch genug Beispiele ( u.a. mit dem ollen 
LM324) aus den o.a. Links, um den Sensor zu messen.

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