Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Stromberechnung Transistorschaltung


von Andreas R. (andromedal)


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Hallo,

komme nicht weiter bei der Berechnung der Schaltung. Es wird angenommen, 
dass Ic ~= Ie ist.

Bauteilwerte sind:

R1 = 100k
R2 = 68k
R3 = 12k
R4 = 1k
U = 24
Transistor: Ube = 0,7V; beta = 100;

Habe nun 3 Maschengleichungen aufgestellt. Der Knoten, an dem I2, I3 und 
I4 auftreten, bekam eine Knotengleichung, mit der ich I2 durch I3 und I4 
ausgedrückt habe. Somit habe ich 3 Gleichungen und 3 unbekannte. Ich 
hoffe man kann aus den Gleichungen ersehen, wie die 3 Maschen gewählt 
wurden. Meine Gleichungen sind:

R3*I3 + R4*I4 = U
R3*I3 + R2*I2 + Ube = U
R1*I1 + Ube + I3*R3 + I4*R4 = U

I2 = I3 - I4 (I2 in den oberen 3 Gleichungen durch diesen Ausdruck 
ersetzen)

Ich nehme als Beispiel den Strom I3, die anderen Ströme weichen aber 
auch stark, teils mehr als das Doppelte, von den Simulatorergebnissen 
ab.

Was laut Simulator (der Transistor ist idealisiert als Stromgesteuerte 
Stromquelle und Spannungsquelle für Ube-Abfall modelliert) rauskommen 
müsste: I3 = 785µA
Was beim Lösen der Gleichungen rauskommt: I3 =  1,8474mA

Wie wird es richtig gemacht? Wo habe ich einen Fehler gemacht?

Liebe Grüße, Andreas!

von Thomas E. (picalic)


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Andreas Ratzinger schrieb:
> Wo habe ich einen Fehler gemacht?

Ohne mir die Gleichungen jetzt im Detail angeschaut zu haben: was mir 
gleich auffällt ist, daß "UCE" da nirgends auftaucht - ich denke mal, da 
wird der Fehler liegen...

von Helmut S. (helmuts)


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Es wird schon ein bisschen aufwendig, wenn man den Basisstrom beider 
Transistoren berücksichtigt. Vor allem der Basistrom des Transistors 
links verursacht einen merklichen Spannungsabfall an R2.



R1 = 100k
R2 = 68k
R3 = 12k
R4 = 1k
U = 24
Transistor: Ube = 0,7V; beta = 100;


(1) R3*I3 + R4*(I3-I2) = Ue2
(2) U -I1*R1 = Ue2 +Ube
(3) (I3-I2)*R4 = I2*R2 +Ube
(4) I1 = I2*B + I3/B

4 Unbekannte I1, I2, I3 Ue2
Dafür benötigen wir 4 unbhängige Gleichungen. Die stehen oben.

4 in 2 einsetzen.

(5) R3*I3 + R4*(I3-I2) = Ue2
(6) U -I2*B*R1 -I3/B*R1 = Ue2 +Ube
(7) (I3-I2)*R4 = I2*R2 +Ube

Gleichungssystem

(8) -R4*I2 +(R3+R4)*I3 -Ue2 = 0
(9) B*R1*I2 +R1/B*I3 +Ue2    = U -Ube
(10) -(R2+R4)*I2 +R4*I3 +0   = Ube

Die oberen 2 Gleichungen addieren.

(11) (-R4+B*R1)*I2 +(R3+R4+R1/B)*I3 = U -Ube
(12)  -(R2+R4)*I2 +R4*I3 +0   = Ube

I3 aus der 2. Gleichung

(13) I3 = Ube/R4 +I2*(R2+R4)/R4

In die 1. Gleichung einsetzen

(-R4+B*R1)*I2 +(R3+R4+R1/B)*Ube/R4 + (R3+R4+R1/B)*((R2+R4)/R4)*I2 = U 
-Ube

(14) I2 = (U-Ube -Ube*(R3+R4+R1/B)/R4)/(-R4+B*R1+(R3+R4+R1/B)*(R2+R4)/R4 
)


Zusammenfassung

I2 = (U-Ube -Ube*(R3+R4+R1/B)/R4)/(-R4+B*R1+(R3+R4+R1/B)*(R2+R4)/R4 )

I3 = Ube/R4 +I2*(R2+R4)/R4

I1 = I2*B + I3/B

Ue2 = R3*I3 + R4*(I3-I2)



//Scilab

-->R1=100e3;R2=68e3;R3=12e3;R4=1e3;U=24;Ube=0.7;B=100;

-->I2 = (U-Ube -Ube*(R3+R4+R1/B)/R4)/(-R4+B*R1+(R3+R4+R1/B)*(R2+R4)/R4 )
 I2  =

    0.0000012

-->I3 = Ube/R4 +I2*(R2+R4)/R4
 I3  =

    0.0007850

-->I1 = I2*B + I3/B
 I1  =

    0.0001310

-->Ue2 = R3*I3 + R4*(I3-I2)
 Ue2  =

    10.203146

-->printf(" I1 %12.4e\n I2 %12.4e\n I3 %12.4e\n Ue2 %11.4e\n",I1,I2,I3, 
Ue2)
 I1   1.3097e-04
 I2   1.2312e-06
 I3   7.8495e-04
 Ue2  1.0203e+01

: Bearbeitet durch User
von Helmut S. (helmuts)


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Nachtrag:

Die in meiner vorigen Antwort angehängte Datei mit der Endung .asc ist 
für die Simulation mit LTspice.

Es soll ja immer noch Leute geben die davon noch nichts gehört haben. 
:-)
http://ltspice.linear-tech.com/software/LTspiceIV.exe

Gruß
Helmut

von Andreas R. (andromedal)


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Hallo Helmut und Thomas,

ein großes Dank an euch beide, es ist echt unglaublich lieb von dir 
Helmut, dass du mir so ausführlich geantwortet hast! Echt interessant, 
mal einen anderen Lösungsweg zu sehen.

Mein Fehler war tatsächlich, dass ich eine Masche über die CE-Strecke 
gelegt habe. Das geht ja so nicht, da ja nichts über den Spannungsabfall 
bekannt ist oder vorgegeben wird, sondern dieser sich einstellt. Dein 
Ansatz, einen Punkt für die Ausgangsspannung zu definieren und von dort 
aus eine Masche zu legen find ich gut, bin da so nicht drauf gekommen. 
Inspiriert von deiner Lösung habe ich mich noch mal drangesetzt.

Gleichung (1):
Gleichung (2):
Knotengleichung:

Knotengleichung wurde schon in (1) und (2) eingesetzt und anschließend 
(1) & (2) als Matrixgleichung schreiben. Die Gleichung wird mit der 
inversen Matrix gelöst:

LTSpice kenne ich, nutz das schon seit vielen Jahren. Ist ein echter 
Geheimtip!

Vielen Dank nochmal, bin echt schwer aus der Übung, da helfen so 
Hinweise und Musterlösungen echt enorm!

: Bearbeitet durch User
von Andreas R. (andromedal)


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Ich bins nochmal, hat es eigentlich einen Grund, dass die 
Stromverstärkung von der einen stromgesteuerten Stromquelle 100 ist und 
der anderen 99? :D

von Helmut S. (helmuts)


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Andreas Ratzinger schrieb:
> Ich bins nochmal, hat es eigentlich einen Grund, dass die
> Stromverstärkung von der einen stromgesteuerten Stromquelle 100 ist und
> der anderen 99? :D


Ich will mit diesem Trick erreichen, dass der Emitterstrom exakt das 
100-fache des Basisstromes wird, weil ich in meinen Formeln ja mit dem 
Basistrom I3=Ibasis*B gerechnet hatte. Die Aufgabenstellung hatte ja 
erlaubt Ie=Ic zu setzen. Damit muss die Simulation auf 5 Stellen exakt 
mit der Berechnung mit Scilab übereinstimmen. Tatsächlich hatte ich bei 
Ue2 zunächst 60mV Unterschied. Der Grund war ein Fehler in einer meiner 
Gleichungen.



In einer exakten Berechnung hätte man beim rechten Transistor I3/(B+1) 
als Basistrom nehmen müssen. Allerdings gibt es da noch ganz andere 
Effekte wie Early-Spannung die bei dieser Berechnung vernachlässigt 
wurde. Und richtig schlimm wird es, wenn man bedenkt, daß die 
Stromverstärkung laut Datenblatt um Faktor 3 unterschiedlich sein kann.

von Fragender (Gast)


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Wie kann Uc1 10,904V sein, wenn Ub1 700mV sind?

von Helmut S. (helmuts)


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> Wie kann Uc1 10,904V sein, wenn Ub1 700mV sind?

Transistor Q2
Ube = 10,904V-10,204V = 0,7V

Transistor Q1
Ube = 700mV-0V = 700mV


Der Emitter ist der Anschluss mit dem Pfeil.

: Bearbeitet durch User
von Fragender (Gast)


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So ganz ohne Mathematik:
Bei mir ist jeder Transistor durchgeschaltet an dem eine Ube von 700mV 
anliegt.

von Helmut S. (helmuts)


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Fragender schrieb:
> So ganz ohne Mathematik:
> Bei mir ist jeder Transistor durchgeschaltet an dem eine Ube von 700mV
> anliegt.

In dieser Schaltung wird kein Ube angelegt, sondern das Ube stellt sich 
selber ein.

Ein Transistor ist ein stromgesteuerter Verstärker.
Ic = Ib*B
Abhängig von Ib stellt sich ein bestimmtes Ube ein. Das ist halt bei 
üblichen Strömen 0,6V bis 0,8V je nach Strom.
Ib=Is*e(Ube/Ut)

Die gezeigte Schaltung hat eine Gegenkopplung. Deshalb arbeiten beide 
Transistoren im linearen Betrieb, wenn die Widerstände vernünftig 
dmensioniert sind. Es stellt sich genau so viel Ube bei dem jweiligen 
Transistor ein, daß sie den zum Arbeitspunkt gehörenden Strom liefern.

von Thomas E. (picalic)


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In der Praxis und ohne viel Mathematik würde ich bei der Schaltung 
einfach mal annehmen, daß sich an R4 eine Spannung von Ube = 0,7V 
einstellt. Damit ist der Strom durch R3 und R4 eigentlich nur durch R4 
vorgegeben. Wenn die Widerstände so dimensioniert wären, daß der 
Verstärkungsfaktor der Transistoren für den Strom eine wesentliche Rolle 
spielt, wäre die Schaltung sowieso nicht praxistauglich... ;)

: Bearbeitet durch User
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