Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Rippelstrombelastbarkeit bei Elkos: gilt diese für Tambient oder Tcase?


von Elko (Gast)


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Hallo Leute, in diversen Datenblättern von Elkos steht beim Thema 
Rippelstrom meist nur ein Strom X bei Temperatur Y. Diese ist 
meist(immer?) identisch mit der Maximaltemperatur der Elkos.
Frage ist nun, was mit der Temperatur gemeint ist. Darf man den Elko bei 
z.B. 105° Umgebungstemperatur noch mit dem Strom belasten, oder erreicht 
er diese Temperatur von selbst beim genannten Strom?
In erstem Fall würde das ja bedeuten, daß der Elko selbst heißer wird, 
als 105°. In zweitem Fall bräuchte man eigentlich eine definierte 
Umgebungstemperatur, damit der Elko beim Maximalstrom auf die 105° 
kommt. In den Datenblättern wird dazu praktisch nichts angegeben, es 
steht nur z.B. 2A bei 105°.

von fgsg (Gast)


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Ich kenne einen Hersteller, bei dem ist die Temperatur gemeint,
die oben auf dem Becher zu messen ist.

Also Temperaturfühler oben auf den Becher geklebt und gemessen.

Somit zählt die Eigenerwärmung immer mit.

Ansonsten frag doch mal Deinen Elko-Hersteller, an welcher Stelle
des Elkos bei ihm die Temperaturangabe gilt.

(Gibt vielleicht auch welche, die definieren die aktuelle 
Wickel-Temperatur
als Bezugswert. Die könnte man aber halt kaum messen.)

von lrep (Gast)


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Elko schrieb:
> in diversen Datenblättern von Elkos

Schau ins Datenblatt bzw. den allgemeinen Erläuterungen zu genau deiner 
Serie. Thema: Derating.

Im Übrigen ist nie zweckmäßig die obere Temperaturgrenze bei Elkos in 
Anspruch zu nehmen, da dies die Lebensdauer arg verkürzt.

von fgsg (Gast)


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lrep schrieb:
> Im Übrigen ist nie zweckmäßig die obere Temperaturgrenze bei Elkos in
> Anspruch zu nehmen, da dies die Lebensdauer arg verkürzt.

Völliger Quatsch. Die Lebensdauerangabe im Datenblatt bezieht sich
auf dauerhafte Tmax.

Andersrum ist es richtig. Wenn man die Temperatur absenkt, erhöht sich 
die
Lebensdauer ausgehend vom angegebenen Referenzwert ( = Lebensdauerangabe 
in Stunden).
Richtwert 10K weniger, Faktor 2 höhere Lebensdauer.

Ebenso verringert sich auch nicht die Lebensdauer, wenn man den Elko mit
genau seiner erlaubten Maximalspannung dauerhaft betreibt.

Man geht immer von der Lebensdauerangabe im Datenblatt aus (und rechnet
von dort in Richtung des realen bzw. angenommenen Einsatzprofils, z.B.
Temperaturprofil T_A des Gesamtgerätes).

von Elko (Gast)


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Danke erst mal. Habe leider noch nicht herausgelesen, ob der Elko nun 
bei 105° Umgebungstemperatur noch seinen Rippelstrom tragen darf, oder 
nicht.

Daß hohe Temperaturen die Lebensdauer nachteilig beeinflussen, ist ja 
klar. Es geht auch nicht darum, Elkos bei 105° Umgebungstemperatur zu 
betreiben.
Es geht darum, ob man einen Elko bei z.B. 60° ambient noch mit vollem 
Strom belasten darf oder nicht.
Nicht, daß die Angabe sich auf 25° ambient bezieht, und sich der Elko 
beim Nennstrom von selbst auf 105° erhitzt.

Derating sehe ich in diversen Datenblättern nur bei unterschiedlichen 
Frequenzen, und teilweise bei der Spannung bei höheren Temperaturen.

von lrep (Gast)


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fgsg schrieb:
> lrep schrieb:
>> Im Übrigen ist nie zweckmäßig die obere Temperaturgrenze bei Elkos in
>> Anspruch zu nehmen, da dies die Lebensdauer arg verkürzt.
>
> Völliger Quatsch. Die Lebensdauerangabe im Datenblatt bezieht sich
> auf dauerhafte Tmax.

Was bezeichnest du denn  mit "dauerhaft"?
Das Problem ist, dass zu Tmax oft eine Lebensdauer von 3000h - 5000h 
gehört, manchmal sogar weniger, und ein dermassen konstruiertes Gerät 
u.U. nicht einmal das halbe Jahr erreicht, nach dem bei der 
Gewährleistung die Beweislastumkehr eintritt.
Wenn du also eine Firma ruinieren willst, kann ich diese 
Konstruktionsmethode nur empfehlen.
http://en.tdk.eu/blob/173632/download/5/aluelco-automotive-harsh-environments-pb.pdf


Elko schrieb:
> ob der Elko nun
> bei 105° Umgebungstemperatur noch seinen Rippelstrom tragen darf,

Meist darf er, da hauptsächlich der Elektrolyt für den Innenwioderstand 
verantwortlich ist, und dessen Leitfähigkeit mit der Temperatur stark 
steigt. Die Verluste des Kondensator und seine Selbsterwärmung sinken 
also mit steigender Temperatur.
Das ist auch der Grund, weshalb manche Geräte, die jahrelang 
ununterbrochen am Netz waren, wie z.B. DSL-Modems, nach einer 
Abschaltung nicht oder nur nach sehr langer Warmlaufzeit wieder 
anspringen.
Oft hilft es dann die Elkos bzw. das ganze Gerät mit einem Haartrockner 
anzuwärmen.
http://en.tdk.eu/blob/173614/download/7/aluelco-snap-in-pb.pdf

Normaler

von MaWin (Gast)


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Elko schrieb:
> Darf man den Elko bei
> z.B. 105° Umgebungstemperatur noch mit dem Strom belasten,

Nein.

Berechnungsformel:

http://www.illinoiscapacitor.com/tech-center/life-calculators.aspx

Wie hoch allerdings der DeltaT wegen Ripplestrom werden wird, sagt die 
Formel nicht. Interessanter ist die Lebensdauerverlängerung bei 
geringerer Spannung.

von fgsg (Gast)


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lrep schrieb:
> Was bezeichnest du denn  mit "dauerhaft"?
> Das Problem ist, dass zu Tmax oft eine Lebensdauer von 3000h - 5000h
> gehört, manchmal sogar weniger,


Ja genau so sind Elkos normalerweise spezifiziert.


> und ein dermassen konstruiertes Gerät
> u.U. nicht einmal das halbe Jahr erreicht, nach dem bei der
> Gewährleistung die Beweislastumkehr eintritt.


Bleib mal bei den Design-Fakten und wirf nicht unterschiedliche
Themen zusammen.


> Wenn du also eine Firma ruinieren willst, kann ich diese
> Konstruktionsmethode nur empfehlen.
> 
http://en.tdk.eu/blob/173632/download/5/aluelco-automotive-harsh-environments-pb.pdf

Geblubber. Es ist doch für Dich nicht so schwer zu verstehen, wie die
Lebensdauerangabe eines Elkos definiert ist und wir man darüber
die Lebensdauer in seinem eigenen Produkt abschätzen kann, wenn man
z.B. das Temperaturprofil über Lebensdauer des Gesamtgerätes hat.

Hier wird gar nichts ruiniert, sondern bewiesen, ob der gewählte
Elko für den Einsatzzweck eine ausreichende Lebensdauer hat oder
ob man sich z.B. einen anderen Elkos suchen muss.

von fgsg (Gast)


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Also abschließend: Von meiner Erfahrung her gilt T_case. Gemessen oben 
auf dem Becher.

von Elko (Gast)


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fgsg schrieb:
> Von meiner Erfahrung her gilt T_case. Gemessen oben
> auf dem Becher.

Wenn das stimmt, käme man ja nie um einen realen Belastungstest herum. 
Denn wer kann schon die Temperaturzunahme eines Elkos bei Nennstrom 
berechnen?
Andererseits stellt sich die Frage, für welcher Umgebungstemperatur der 
Nennstrom denn angegeben wird? Ohne diese Temperaturangabe könnte man ja 
fast beliebige Rippelströme angeben.

Seid Ihr sicher, daß der Rippelstrom nicht für (z.B.) 105° 
Umgebungstemperatur gilt? Klar würde der Elko dabei heißer, aber wenn es 
sonst keine andere Temperaturreferenz gibt?

von fgsg (Gast)


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Aus diesem Grund laufen hier regelmäßig Messungen mit Thermosensor auf 
dem
Elko-Becher geklebt unter T_A,max und Worst-Case-Belastung des Elkos,
um eine entsprechende Aussage treffen zu können.

Sicher kann man sich die Verlustleistung z.B. über den ESR und den 
Strom-
verlauf des Elkos abschätzen, aber wie schon erwähnt wurde, man hat ja
keine Angabe zur thermischen Anbindung bzw. Verhalten des Elkos
(spielen ja auch extrem viele Faktoren mit rein: Steht der Elko frei auf 
der Platine oder in einem Elkoverbund; bzw. wie sieht hier die 
Luft-Konvektion am Elko aus; wie sieht das Layout aus und wie viel Wärme
kann der Elko über die Pins in die Platine abgeben, ...).

von lrep (Gast)


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Elko schrieb:
> daß der Rippelstrom nicht für (z.B.) 105°
> Umgebungstemperatur gilt? Klar würde der Elko dabei heißer, aber wenn es
> sonst keine andere Temperaturreferenz gibt?

Die Gehäusetemperatur, vielleicht auch die Temperatur der Anschlüsse, 
ist doch das Einzige, was man vernünftig messen kann.
"Umgebungstemperatur" besagt nicht viel. Was ist denn  die "Umgebung", 
wie ist sie definiert?
Die Luft ist über dem belasteten Kondensator wahrscheinlich wärmer als 
darunter oder seitlich davon, und die Verhältnisse ändern sich stark, je 
nachdem, ob der Kondensatoe waagerecht oder senkrecht montiert wird.

Es ist ja auch nicht so, dass der Elko bei 110°C augenblicklich 
explodiert oder tot ist.
Nur garantiert der Hersteller oberhalb der 105°C eben keine bestimmten 
Eigenschaften mehr.
Und ja: Man kann das berechnen. Natürlich nicht "zu Fuß", und wenn es 
gemacht wird, dann oft genug mit dem Ziel möglichst preiswerte Bauteile 
zu verwenden.

Diese Art von Optimierung hat schon der alte Henry Ford gemacht. Der 
schickte nämlich seine Ingenieure auf die Schrottplätze um die 
Autowracks zu untersuchen.
Teile, die noch nicht ausgeleiert oder anderweitig defekt waren, waren 
offenbar überdimensioniert und damit zu teuer.

Ob sich die Politik Geräte so zu konstruieren, dass sie möglichst billig 
sind und bald nach der Garantiezeit kaputt gehen, für den Hersteller 
wirklich lohnt, ist ein anderes Thema.
Viele Kunden merken das durchaus und kaufen beim nächsten Mal eben 
woanders.

von Hans (Gast)


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lrep schrieb:

> Diese Art von Optimierung hat schon der alte Henry Ford gemacht. Der
> schickte nämlich seine Ingenieure auf die Schrottplätze um die
> Autowracks zu untersuchen.
> Teile, die noch nicht ausgeleiert oder anderweitig defekt waren, waren
> offenbar überdimensioniert und damit zu teuer.

Nichts, was man sich zum Vorbild nehmen sollte. Stattdessen sollte man 
nachsuchen, welches Teil das Schwächste ist und dieses verbessern und 
dann die Garantiezeiten der Autos hochschrauben zusammen mit dem Preis. 
Die EU tät gut daran für solche Geräte wie Autos, die enorme Resourcen 
vetschwenden, 5 Jahre Garantie vorzuschreiben.

So führt es nur dazu dass die Industriellen vorgeben, wieviel Natur zu 
welchem Preis verschwendet wird und wie wir sparen können und was dabei 
rauskommt, wenn man Industrielle unkontrolliert agieren lässt, kann man 
ja an dem Beispiel des Extremantisemiten und Nazi-Top-Sponsors Henry 
Ford bestens beobachten.

von Schreiber (Gast)


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Hans schrieb:
> Stattdessen sollte man
> nachsuchen, welches Teil das Schwächste ist und dieses verbessern und
> dann die Garantiezeiten der Autos hochschrauben zusammen mit dem Preis.
> Die EU tät gut daran für solche Geräte wie Autos, die enorme Resourcen
> vetschwenden, 5 Jahre Garantie vorzuschreiben.

Die Frage ist hier ja wie lange man das Gerät nutzen möchte. Bei Autos 
wird auch ohne Zusatzgarantie üblicherweise eine Lebensdauer >5Jahre 
erreicht. Autos die zu schnell kaputt gehen sind schlecht für den Ruf 
des Herstellers.

Aber weshalb sollte ich einen Server auf 5+X Jahre Dauerbetrieb 
auslegen? Nach 3 Jahren wegwerfen und neu kaufen ist vermutlich 
umweltfreundlicher, wegen des geringeren Stromverbrauchs.

Bei hochwertigen Maschinen hingegen gibts auch nach 20Jahren noch alle 
benötigten Ersatzteile.

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