Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Einschaltströme am Asynchronmotor


von Einschaltströme am Asynchronmotor (Gast)


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Hallo,

warum entstehen an einer Asynchronmaschine hohe Anlaufströme? Ich habe 
dazu den Artikel bei Wikipedia gelesen sowie andere Webseiten.

Ich habe den Texten entnommen, dass der Nennstrom bzw. die Nenndrehzahl 
nur für den Arbeitspunkt gilt - also, wenn die Nenndrehzahl erreicht 
wurde. Dann kann der Motor ein Nennmoment übertragen.

Beim Anlaufen soll dies nicht gelten, da die ganzen rotierenden Massen 
erstmal beschleunigt werden müssen. Zum Beschleunigen wird mehr Strom 
gebraucht als bei der Enddrehzahl, weil der Motor dort nicht mehr 
beschleunigen muss, sondern lediglich die Drehzahl erhalten braucht 
(halt Reibungsverluste etc. ausgeglichen werden müssen).

Laut dem Wikibeitrag https://de.wikipedia.org/wiki/Einschaltstrom gilt:

I = (U - U_ind)/R

Bedeutet es jetzt, dass beim Erreichen des Arbeitspunktes die Spannung 
U_ind immer kleiner wird und dadurch der Einschaltstrom sinkt?

von Harald W. (wilhelms)


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Einschaltströme am Asynchronmotor schrieb:

> warum entstehen an einer Asynchronmaschine hohe Anlaufströme?

Weil bei stehender Maschine praktisch nur die ohmschen Wider-
stände der Wicklung den Strom begrenzen.

von Einschaltströme am Asynchronmotor (Gast)


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Harald W. schrieb:
> Weil bei stehender Maschine praktisch nur die ohmschen Wider-
> stände der Wicklung den Strom begrenzen.

Aha. Bedeutet das dann, dass durch die beginnende Rotation dann 
induktive Widerstände hinzukommen und so der Gesamtwiderstand größer 
wird und dadurch der Strom sinkt?

von Falk B. (falk)


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@ Einschaltströme am Asynchronmotor (Gast)

>> Weil bei stehender Maschine praktisch nur die ohmschen Wider-
>> stände der Wicklung den Strom begrenzen.

>Aha. Bedeutet das dann, dass durch die beginnende Rotation dann
>induktive Widerstände hinzukommen

Nein, die sind auch vorher da. Aber bei laufender Maschine kommt die 
Gegeninduktionsspannung hinzu. Ausserdem wirkt so ein Asynchronmotor 
ähnlich wie ein Trafo, und genau wie der hat er das Problem, dass beim 
Einschalten je nach Phasenlage der Eisenkern in Sättigung gehen kann, 
wodurch ebenfalls nur noch die ohmschen Anteile den Strom begrenzen.

von Einschaltströme am Asynchronmotor (Gast)


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Falk B. schrieb:
> Aber bei laufender Maschine kommt die
> Gegeninduktionsspannung hinzu

Ok - und diese Spannung durch die Gegeninduktion (wahrscheinlich die 
U_ind in der Formel bei Wikipedia) vergrößert die Gesamtspannung und 
dadurch fließt der höhere Strom? Kann man dort sagen, dass die 
Gegeninduktion mit steigender Drehzahl sinkt und deshalb die 
Einschaltströme mit erhöhender Drehzahl sinken?

von Falk B. (falk)


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@ Einschaltströme am Asynchronmotor (Gast)

>> Aber bei laufender Maschine kommt die
>> Gegeninduktionsspannung hinzu

>Ok - und diese Spannung durch die Gegeninduktion (wahrscheinlich die
>U_ind in der Formel bei Wikipedia) vergrößert die Gesamtspannung und
>dadurch fließt der höhere Strom?

Warum heißt es wohl GEGENinduktion? Weil sie die effektiv wirksame 
Spannung verringert! Ähnlich wie beim Gleichstrommotor.

> Kann man dort sagen, dass die
>Gegeninduktion mit steigender Drehzahl sinkt

STEIGT!

>und deshalb die Einschaltströme mit erhöhender Drehzahl sinken?

Genau anders herum! Bei Drehzahl N=0 ist auch U_ind = 0.

von Magic S. (magic_smoke)


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Genauer gesagt, ein stehender oder zu langsam drehender Asynchronmotor 
verhält sich ähnlich wie ein kurzgeschlossener Trafo. Er wird auch 
ähnlich schnell heiß und brennt ähnlich schnell durch.

von Einschaltströme am Asynchronmotor (Gast)


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Falk B. schrieb:
> Warum heißt es wohl GEGENinduktion?

Es heisst Gegeninduktion, aber wenn die Spannung negativ ist durch die 
Gegeninduktion und die mit einem Minus abgezogen wird:

I = U - U_ind / R

dann hatte ich gedacht, dass dadurch die Gesamtspannung steigt, weil 
sich zwei negative Vorzeichen dann aufheben.

Falk B. schrieb:
>> Kann man dort sagen, dass die
>>Gegeninduktion mit steigender Drehzahl sinkt
>
> STEIGT!


Wieso steigen denn jetzt die Einschaltströme mit steigender Drehzahl?

Ich denke, die Einschaltströme sinken mit schneller werdender Drehzahl 
und sind fast verschwunden, wenn der stationäre Arbeitspunkt erreicht 
ist.

von Falk B. (falk)


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@ Einschaltströme am Asynchronmotor (Gast)

>Es heisst Gegeninduktion, aber wenn die Spannung negativ ist durch die
>Gegeninduktion und die mit einem Minus abgezogen wird:

>I = U - U_ind / R

>dann hatte ich gedacht, dass dadurch die Gesamtspannung steigt, weil
>sich zwei negative Vorzeichen dann aufheben.

Ist so aber nicht gemeint. Zumal die Formel sehr allgemein gehalten ist 
und nur Prinzipcharakter hat.

>Wieso steigen denn jetzt die Einschaltströme mit steigender Drehzahl?

Wer hat denn das gesagt? Die Gegeninduktionsspannung steigt und damit 
sinkt der Einschaltstrom.

>Ich denke, die Einschaltströme sinken mit schneller werdender Drehzahl

Ja, sagte ich doch.

>und sind fast verschwunden, wenn der stationäre Arbeitspunkt erreicht
>ist.

Logisch, dann ist der Einschaltvorgang beendet.

von lrep (Gast)


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Falk B. schrieb:
> genau wie der hat er das Problem, dass beim
> Einschalten je nach Phasenlage der Eisenkern in Sättigung gehen kann,

Wirklich?
Normalerweise sollte der Luftspalt zwischen Läufer und Stator für ein 
weitgehendes Verschwinden der remanenten Magnetisierung ausreichen.
Ganz besonders vollständig wird die Entmagnetisierung, wenn der Motor 
nach dem Abschalten noch ein paar Umdrehungen ausläuft.

von Einschaltströme am Asynchronmotor (Gast)


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Also - kann ich jetzt zusammenfassend sagen -

Bei Motoreinschaltung muss das Moment der Welle (ggf. mit Anhang) 
überwunden werden (beschleunigen) und zusätzlich noch der Aufbau des 
Magnetfelds - also zwei Größen. Wenn der Motor mit der Drehung beginnt, 
baut sich mit schneller werdender Rotation eine Induktionsspannung auf 
und die Energie, die zum Aufbau des Magnetfelds benötigt wird, nimmt 
dann ab - und bei Nenndrehzahl braucht der Motor nur noch die 
Geschwindigkeit der Welle aufrecht erhalten, die z.B. durch 
Reibungskräfte sonst geringer wird .Es entfallen dann im Arbeitspunkt 
die Energie zum Aufbau des Magnetfelds und die Beschleunigungsarbeit.

Hab ich das jetzt so zusammenfassend richtig verstanden?

von Falk B. (falk)


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@ lrep (Gast)

>> genau wie der hat er das Problem, dass beim
>> Einschalten je nach Phasenlage der Eisenkern in Sättigung gehen kann,

>Wirklich?

Weiß nicht, da bin ich mir nicht sicher.

>Normalerweise sollte der Luftspalt zwischen Läufer und Stator für ein
>weitgehendes Verschwinden der remanenten Magnetisierung ausreichen.
>Ganz besonders vollständig wird die Entmagnetisierung, wenn der Motor
>nach dem Abschalten noch ein paar Umdrehungen ausläuft.

Kann sein, so genau kenn ich mich da nicht aus.

von jedho (Gast)


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Falk B. schrieb:
> @ lrep (Gast)
>
>>> genau wie der hat er das Problem, dass beim
>>> Einschalten je nach Phasenlage der Eisenkern in Sättigung gehen kann,
>
>>Wirklich?
>
> Weiß nicht, da bin ich mir nicht sicher.

Der Kern kann nur im Leerlauf (und U>Un) sättigen. Nicht umsonst kann 
das stationäre Verhalten einer Asynchronmaschine mit dem 
Ersatzschaltbild eines Transformators erklärt bzw. berechnet werden. Der 
wesentliche Unterschied besteht in der vom Schlupf abhängigen, variablen 
Frequenz, mit der die sekundärseitigen (Rotor) Reaktanzen umgerechnet 
werden müssen.
D.h. im Einschaltmoment entspricht eine Asynchronmaschine einem 
sekundärseitig praktisch kurzgeschlossenen Transformator bei dem die 
sättigbare Hauptinduktivität vernachlässigt werden kann.

In den einzelnen pdf zur ASM ist das meiner Meinung nach recht gut 
erklärt:
http://old.pes.ee.ethz.ch/index.php?id=448

von Einschaltströme am Asynchronmotor (Gast)


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jedho schrieb:
> In den einzelnen pdf zur ASM ist das meiner Meinung nach recht gut
> erklärt:
> http://old.pes.ee.ethz.ch/index.php?id=448

Der link funktioniert nicht bzw. da existieren nix inhaltsmässig Sachen.

von jedho (Gast)


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Einschaltströme am Asynchronmotor schrieb:
> Der link funktioniert nicht bzw. da existieren nix inhaltsmässig Sachen.

Da haben die mittlerweile anscheinend etwas kaputtet.

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