Hi, ich sehe es gelegentlich, dass an den Versorgungspins von Mikrocontrollern Ferrite eingesetzt werden, so wie hier: http://www.netco.de/cms/uploads/images/edms/grafik5.jpg Die Ferrite sollen, wie ich gelesen habe, von den Mikrocontrollern verursachte EMI auf den Versorgungsleitungen reduzieren. Die große Frage für mich ist jedoch: wie dimensioniere ich nun so einen Ferrit? Im Anhang ist eine Impedanzkurve eines beispielhaften Ferrits. Muss ich nun darauf achten, dass die schwarze Kurve ihr Maximum bei der Taktfrequenz des Mikrocontrollers hat um dessen Schaltströme am effizientesten zu filtern? Und woher weiß ich, wie hoch der Widerstand des Ferrits bei dieser Frequenz sein sollte? Gibt es für die Fragen halbwegs einfache Antworten, wie man so einen Ferrit in etwa zu dimensionieren hat? Bei den Kondensatoren an den Versorgungspins ist ja 100 nF ein standard-Wert. Vielen Dank, inspire
Nein, der Ferrit ist nicht dazu da, den Rest der Schaltung von Störungen zu schützen, den der uC erzeugt. Sondern das Gegenteil: empfindliche Schaltungsteile im IC sollen von der meist etwas unsauberen Versorgungsspannung nicht gestört werden, z.B. bei einer Analogstufe, Vorverstärker, ADC oder einer PLL, usw. Bei rein digitalen uControllern benutzt man solche Filter nicht.
Ich bin der Überzeugung, dass die Ferrite durchaus die von - ganz allgemein - Digitalschaltung verursachten Störungen direkt an der Quelle vom Rest der Schaltung fern halten sollen, da muss ich dem Jörg widersprechen. Die Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung von PLL- und ADC-Schaltungsteilen erfordern wesentlich niedrige Grenzfrequenzen als sich mit den EMV-Ferriten (so werden sie genannt) erreichen lassen. Da werden dann eher RC-Kombinationen eingesetzt. Aber zur Dimensionierung: Diese ganze EMV-Entstörungs-Geschichte ist ja, zumindest im Entwurfsstadium, sowieso viel zu komplex, um in der Praxis korrekt berechnet werden zu können. Ja, es gibt Simulatoren, aber niemand würde sich allein darauf verlassen, es muss im Zweifelsfall immer gemessen werden. Designvorschriften sind Optimierungsempfehlungen ("so kurz wie möglich"), basierend auf vielen Erfahrungen und Erkenntnissen. Ob eine EMV-Maßnahme überhaupt erforderlich ist, oder nicht, oder ausreicht, oder verbessert werden muss, stellt sich erst später heraus. Vielleicht erkennt man dann, dass eine der Störungen vom z. B. µC bei einer anderen als der Frequenz besonders hoch ist, bei der die EMV-Drossel am wirksamsten ist. Und vielleicht hat man dann mit einer anderen EMV-Drossel mehr Erfolg. Ich habe mir einen Standard-Typ 0805 ausgesucht, der kommt in die Versorgungsleitung(en) potenziell breitbandiger Störer, wobei ich die gängigen Designempfehlungen "nach Möglichkeit" einhalte. Nicht zufällig werden in vielen Schaltungen diese EMV-Drosseln ganz allgemein mit "FB" (Ferrite Bead) ohne Wertangabe bezeichnet. Genau so mache ich es auch.
Uwe B. schrieb: > Ich bin der Überzeugung, dass die Ferrite durchaus die von - ganz > allgemein - Digitalschaltung verursachten Störungen direkt an der Quelle > vom Rest der Schaltung fern halten sollen, da muss ich dem Jörg > widersprechen. ... Natürlich funktioniert das. Aber "man" macht das nicht so, da das Ferrit Geld kostet. Man schützt damit nur empfindliche Schaltungsteile oder nutzt es gegen Abstrahlungen/Einstrahlungen an Schnittstellen. Aber am IC ein Ferrit, nur damit das IC nicht den Rest der Schaltung stört, habe ich in der Praxis noch nicht gesehen.
Hallo Joerg, das Thema hat mich insbesondere in der Vergangenheit betroffen, als ich zwar keine Probleme mit der Funktion der Elektronik, wohl aber mit dem EMV-Zuständigen wegen der Störstrahlung hatte. Mittlerweile sehe ich die diversen Maßnahmen ein, zu denen ggf. (bei weitem nicht immer) auch die FBs in den IC-Versorgungen gehör(t)en, wie typischerweise auch serielle Widerstände an den Quellen in den schnellen Digitalsignalleitungen. Es ist ja einzusehen, dass die hochfrequent wechselnden Versorgungsströme, verursacht durch IC-interne Schaltvorgänge, sich als HF auf der Spannungsversorgung ausbreitet. So kommt es, dass ich die FBs eher als EMV-Maßnahme als als "IC-Schutz" gesehen habe. Ich habe noch ein bisschen im WWW geforscht und muss dir insofern Recht geben, als das offensichtlich meistens die FBs als Schutz der ICs vor HF von außen betrachtet werden, ein Problem, was ich selbst noch nie erfahren habe - im Gegensatz zur anderen Richtung. Bei den wenigen Dokumenten, die ich mir angesehen habe, fand ich mich wenigsten auch bestätigt: In http://www.murata.com/~/media/webrenewal/support/library/catalog/products/emc/emifil/c39e.ashx steht auf Seite 10: The decoupling circuit shown in Figure 2-9 can be applied to noise entering from outside, in addition to noise emitted by the IC. Also nehme ich meinen Widerspruch zurück, behaupte deswegen aber noch nicht ganz das Gegenteil...
Der Ferrite wirkt schon in beide Richtungen - er entkopplet den µC von der Versorgung. Aus Kostengründen findet man das eher selten - früher etwa bei Quarzoszillatoren oder halt empfindlichen Schaltungsteilen. Bei hohen Taktfrequenzen reicht ggf. auch schon ein Stück etwas dünnere längere Leiterbahn.
Hallo, > inspire schrieb: > Die große Frage für mich ist jedoch: wie dimensioniere ich nun so einen > Ferrit? Dieses Ferrit muß ja zumindst von der Strombelastbarkeit mind. für den max. Strom ausgelegt sein. Wenn man solche Bauelemente in die Versorgungsleitung einfügt, sollte auch der Spannungabfall bei max. Strom nicht unzulässige Werte annehmen (z.B. max. 100mV). Wenn man dann noch eine max. Baugröße akzeptieren will, ergibt sich daraus eine eher begrenzte Auswahl. Dann nimmt man das Ferrit mit der höchsten Dämpfung im HF-Bereich (Parameterwert bei 100 MHz). Beachte, das es sich bei solchen Dämpfungsferriten um spezielle Varianten von Induktivitäten handelt, bei denen die Güte absichtlich sehr schelcht eingestellt wird, damit die HF-Energie im Ferrit max. absorbiert wird. > Im Anhang ist eine Impedanzkurve eines beispielhaften Ferrits. Muss ich > nun darauf achten, dass die schwarze Kurve ihr Maximum bei der > Taktfrequenz des Mikrocontrollers hat um dessen Schaltströme am > effizientesten zu filtern? Die Taktfrequenz des uC ist für die Auswahl ziemlich unwichtig. Die HF-Störungen werden vor allem durch die schnellen Flanken auf den Signalleitungen erzeugt. Bei Anstiegszeiten im Bereich von wenigen ns liegen die Frequenzen der Oberwellen im Bereich von einigen hundert MHz bis in den Bereich von GHz. Bei resultierenden Wellenlängen von wenigen 10cm ist eine Leitung mit wenigen cm Länge (ab 1/10 Lambda) schon eine Antenne. Ab 1/4 Lambda ist es sogar eine perfekte Antenne, sofern die Leitungenden nicht sauber terminiert sind. Da kann es also schon sehr sinnvoll sein, die HF-Abstrahlungen dicht an der Quelle zu bedämpfen. Siehe hier (S.16): http://ww1.microchip.com/downloads/en/DeviceDoc/9514.pdf Da werden schon vom Hersteller Ferrite in der Stromversorgung empfohlen. Durch das sehr schelle Umladen von Lastkapazitäten und sogenannte Transferströme beim Umschalten der Gegentakt-Stufen an Schaltausgängen gibt es auch sehr kurze und heftige Stromspitzen in der Versorgungleitung. > Und woher weiß ich, wie hoch der Widerstand > des Ferrits bei dieser Frequenz sein sollte? Siehe oben. So hoch wie möglich, bei max. zulässigem DC-Widerstand, ausreichender Strombelastbarkeit und gewünschter Bauform. > Gibt es für die Fragen halbwegs einfache Antworten, wie man so einen > Ferrit in etwa zu dimensionieren hat? Bei den Kondensatoren an den > Versorgungspins ist ja 100 nF ein standard-Wert. Ja, aber auch da sollte man noch einiges mehr beachten, wenn man Schaltungen entwickelt, die potential hohe Frequenzen erzeugen und abstrahlen. Jeder Kondensator hat auch in Verbindung mit der ganzen Umschaltung irgendwo eine Resonanzfrequenz. Bei dieser ist das C weniger wirksam. Um da gegen zu lenken, ist eine Kombination von mehreren Werten ganz zwackmäßig, z.B. 10nF und 100nF dicht an den Störquellen und dazu größere Kapazitäten z.B. 10uF...47uF, die auch etwas entfernt sein dürfen. Zu dem Einwand "Kostet ja alles Geld" kann ich nur sagen, dass diese bei sehr großen Stückzahlen im Konsumerbereich schon eine gewisse Relevanz hat, aber bei sehr vielen Anwendungen mit eher kleinen Stückzahlen und hohem Wert der Gesamtelektronik sind das oft nur Peanuts. Eine EMV-Prüfung kostet je nach Komplexität der Geräte schon mal 5k€-10k€ und mehr. Da einmal durchgefallen macht incl. der notwendigen Redesigns und Neuprüfungen Kosten von mind. einigen 10k€. Da lohnt es einfach nicht 10Cent zu sparen. Gruß Öletronika
U. M. schrieb: > Da einmal durchgefallen macht incl. der notwendigen > Redesigns und Neuprüfungen Kosten von mind. einigen 10k€. Und bedenke auch, daß man den EMV-Test mit den endgültigen Boards im endgültigen Gehäuse mit dem endgültigen Lack etc. machen muss. Das ist also normal kurz vor Produktionsstart. Eine Verzögerung schlägt da fast voll auf die Liefertermine durch. Der dadurch entstehende Umsatzverlust, Konventionalstrafen etc. kann noch viel teurer als das Redesign und die neue Prüfung werden. Aus diesen Gründen gibt es den ganzen Markt für Precompliance-Messgeräte.
Wir sind uns ja zum Glück recht einig. Sicherlich auch, dass irgendeine EMV-Drossel (die ja andere Eigenschaften als eine normale Induktivität hat) wesentlich mehr nützt als keine - wenn sie denn überhaupt nötig ist. Allerdings habe zumindest ich diese noch die Frage nicht ganz beantwortet: inspire schrieb: > Muss ich > nun darauf achten, dass die schwarze Kurve ihr Maximum bei der > Taktfrequenz des Mikrocontrollers hat um dessen Schaltströme am > effizientesten zu filtern? Und woher weiß ich, wie hoch der Widerstand > des Ferrits bei dieser Frequenz sein sollte? Nein, die Zusammenhänge sind komplexer. Zum Einen: Aus meiner Sicht (und aus der der letzten Beiträge vorher) geht es vorwiegend um die Einkopplung von HF in des Versorgungsnetz mit anschließender Abstrahlung (über Kabel oder Antenne). Da entstehen völlig "krumme" Frequenzgänge mit jeder Menge Resonanzen. Es kann sein, dass das, was am IC noch gut unterdrückt wurde, an anderer Stelle wegen einer ausgeprägten Resonanz und zufällig guten Abstrahlbedingungen immer noch eine kleine Katastrophe ergibt. (Eine Resonanzkatastrophe, sozusagen :-) Die Taktfrequenz kann stark hervortreten, aber die Harmonischen können noch heftiger sein. Zum Anderen: Wenn Störungen vom IC ferngehalten werden sollen, muss man erst einmal den Einfluss der Störung kennen bzw. messen können. Z. B. beim Jitter einer PLL sollte das möglich sein. Dann könnte man vielleicht experimentell mit anderen Drosseln und/oder Kondensatoren etwas verbessern. Theoretisch vorab die optimale Dimensionierung zu finden, halte ich für illusorisch. > Gibt es für die Fragen halbwegs einfache Antworten, wie man so einen > Ferrit in etwa zu dimensionieren hat? Bei den Kondensatoren an den > Versorgungspins ist ja 100 nF ein standard-Wert. Wie ich schon schrieb: Irgendeine ist viel besser als keine, ähnlich wie bei Kondensatoren. Auch da werden oft zwei oder drei, mit unterschiedlichen Kapazitäten - z. B. 1n, 10n und 100n - parallel geschaltet, um breitbandiger zu filtern. Wie gesagt, wenn Störungen in einem bestimmten Frequenzbereich besonders ausgeprägt sind, könnte eine Optimierung der Drossel, die an der Störquelle oder -senke sitzt, helfen. Aber Welten wird man damit nicht bewegen, und ob man die Quelle überhaupt lokalisieren kann, ist auch nicht garantiert. Die Standard-Drossel, die ich mir ausgesucht habe, ist eine 7427920415 mit 600 Ohm @ 100 MHz und einer relativ hohen Strombelastbarkeit von 0,6A in 0805. Leicht beim Suchen zu finden.
inspire schrieb: > ich sehe es gelegentlich, dass an den Versorgungspins von > Mikrocontrollern Ferrite eingesetzt werden, Ferrite werden nicht vor den Versorgungsspannungsanschlüssen eingesetzt, da wären sie auf Grund ihres Verhaltens, Stromänderungen nur widerwillig zuzulassen kontraproduktiv und würden eine stark schwankende VCC bewirken, sondern Ferrite werden vor Abblockkondensatoren wie hier den 100nF eingesetzt, damit der Nachladestrom des Kerkos nicht so stark schwankt wie die uC Stromaufnahme, sondern gleichmässiger ist, damit der Rest der Schaltung nicht so sehr davon gestört wird, und umgekehrt damit hochfrequente Scgwankungen der Zuführungsspannung nicht zu zu schnellen Änderungen der Kondensatorspannung führen (vor allem an AVCC zu finden damit due nicht so sehr von der schwankenden VCC betroffen ist). Niemals ist ein Ferrit direkt an VCC, im Gegenteil, man will die Induktivität der Leitung zum nächsten Stützkondensator möglichst klein halten, also die Leitung möglichst kurz.
Hi zusammen, ich habe eure Diskussion aufmerksam verfolgt und es scheint mir doch nicht so einfach zu sein, einen passenden Ferrit auszuwählen. Worauf ich nun achten muss, weiß ich jetzt - vielen Dank! Eine Frage ist mir jetzt dazu noch eingefallen: Jörg, du schreibst, bei rein digitalen Mikrocontrollern benutzt man solche Ferrite nicht. Kann ich die Ferrite hier also guten Gewissens weg lassen? Beispiel: Auf einer Platine plane ich drei Mikrocontroller. Zwei davon sind rein digital, einer hat mehrere ADC-Kanäle die benutzt werden sollen. Die Ferrite sind jetzt nur sinnvoll, um das Rauschen des ADC zu minimieren, korrekt? Dann würde ich Ferrite an alle Mikrocontroller setzen, um sowohl ein- als auch ausgehende Stromspitzen an den Mikrocontrollern zu verhindern, richtig? Die Kosten spielen hier keine Rolle, da die Platine nicht in Serienfertigung geht. Natürlich achte ich auch auf Sachen wie eine durchdachte Partitionierung der Platine, gute Erdung der Bauteile usw. Ah eine weitere Frage ist mir beim Schreiben noch eingefallen: Ich habe bislang immer Step Down Wandler von TI (TPS-Reihe) benutzt, da diese einen guten Wirkungsgrad haben. Bekanntlich sind Step Down Wandler ja getaktet und haben somit auch mehr Noise auf der Versorgungsspannung als LDOs. Bislang hatte ich damit keine Probleme, aber macht es Sinn, hier zusätzliche Ein-/Ausgangsfilter vor oder hinter den Wandlern zu benutzen? LDOs würde ich ungerne benutzen, da ich von 12V auf 3.3V runter kommen muss und da hätte ich da schon einen ziemlichen Leistungsverlust. Vielen Dank euch! inspire
Wenn Du die Hinweise von MaWin beachtest, hinter den Ferriten genügen Abblockkondensatoren vorzusehen, dann werden die Ferrite bestimmt nicht schaden. Hinter Schaltreglern benutze ich auch immer sehr gerne Ferrite, paß aber unbedingt auf den Spannungsabfall über dem Ferrit auf! Den Nutzen von Ferriten an Versorgungen ADCs hängt von vielen Faktoren ab, wie: - ADC Auflösung - zu erzielende Genauigkeit - Anzahl der Masselagen in der LP - Layout!!! Bei vielen ADCs sind keine Ferrite, sondern RCs in der Versorgung, weil ADCs selbst keine allzuhohe Stromaufnahme haben (nur geringer Spannunsabfall am R) und Rs vor allem billiger sind. Aber wenn Du einen RC vorsiehst, kannst Du gerne den R nachträglich gegen ein Ferrit tauschen, und durch Messungen eine evtl Verbessungen nachweisen. Vieles hängt vom Aufbau der Schaltung ab und läßt sich erst am Objekt messen bzw ermitteln...
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