Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Stromfluss in GND-Plane


von So lala (Gast)


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Wenn ich einen IC, bspw. einen µC, über einen durchgängigen Masselayer 
an GND anschließe und mit einer etwas "verschlungenen" Leiterbahn an 
VCC, wie fließt dann der Strom?

Man soll ja mit den Leiterbahnen immer eine möglichst kleine Fläche 
aufspannen, um die Induktivität niedrig zu halten. Und da sich der Strom 
den Weg der geringsten Induktivität sucht, wäre meine Vermutung fast, 
dass der Strom sich dann an die Vcc-Leiterbahn hält? Oder fließt er 
möglichst direkt zurück?
Klingt vermutlich etwas verwirrend, daher im Anhang eine kleine Skizze 
;)

Viele Grüße
So lala

PS: Anzumerken ist dabei, dass es hier um das Prinzip geht, nicht um den 
spezifischen Fall von Vcc. Natürlich würde man in der Praxis sein Vcc 
nach GND möglichst gut entkoppeln, sodass der Versorgungsstrom eher ein 
Gleichstrom ist. Aber wir gehen hier einfach mal von was schnell 
getaktetem aus ;)

von Martin (Gast)


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Kommt auf die Frequenz an. DC ströme fließen direkt, HF Ströme unter der 
VCC Leiterbahn

von Stefan F. (Gast)


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> HF Ströme unter der VCC Leiterbahn

Das ist ja interessant. Warum ist das so?

von vn nn (Gast)


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Weil, wie du selbst schon festgestellt hast, die Induktivität am 
kleinsten ist, wenn der Strom direkt unter der Leiterbahn zurückfließt. 
Während bei DC die Induktivität noch egal ist, kommt sie mit steigender 
Frequenz immer stärker zu tragen und veranlasst den Strom den Weg des 
geringsten Widerstandes zu nehmen.

von Alex W. (a20q90)


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So lala schrieb:
> wie fließt dann der Strom

Physikalisch gesehen immer noch von - nach +

Sobald der IC arbeitet (seine Stromaufnahme ändert) wird die Leiterbahn 
mit Wechselstrom mit Gleichspannungsanteil belastet und bekommt daher 
ein magnetisches Wechselfeld.

Sie wirkt also wie eine Spule. Die Leiterbahn ist immer induktiv!
Daher muss am IC ein Abblockkondensator ran.

Muss die Versorgunsspannung sauber bleiben, kann man eine Ferittperle 
vor dem IC in die Versorgungsleitung einsetzen, und am IC dann den C 
gegen GND.

von Stefan F. (Gast)


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Danke, habt ihr beide gut verständlich erklärt.

von So lala (Gast)


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Ja, so hab ich das fast schon vermutet, ich fand die Vorstellung nur 
etwas... unglaublich^^
Danke für eure Bestätigung =)

von hmm (Gast)


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Warum ist die Induktivität am kleinsten unter der Vcc Leiterbahn?

von Georg (Gast)


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hmm schrieb:
> Warum ist die Induktivität am kleinsten unter der Vcc Leiterbahn?

Weil die Induktivität davon abhängig ist, welche Fläche die 
Leiterschleife umfasst. Daher sollte man, wenn man GND-Leiterbahnen 
verwendet, Hin-(Vcc) und Rückleitung nahe beieinander verlegen. Bei 
einer GND-Fläche regelt sich das nach allgemeinen physikalischen 
Prinzipien von selbst, wenn man den Rückstrom nicht durch Schlitze o.ä. 
behindert - deswegen ist das auch so überaus schädlich. Freiheit für den 
Rückstrom!

Georg

von Lurchi (Gast)


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Noch kürzer als der Weg unter der VCC Leiterbahn ist es über den 
Abblockkondensator direkt am IC. Damit wird vermieden das der Rückstrom 
von der Versorgung sich den langen weg suchen muss. Für die Ströme durch 
die Ausgänge klappt das allerdings dann oft nicht mehr so perfekt und 
etwas Strom muss dennoch den langen Weg, bzw. dem zum Ziel ds Signals 
nehmen.

In der Praxis ist daher die Frage mit dem HF Rückstrom vor allem bei den 
Signalen wichtig.

von Denkanstoßer (Gast)


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Zum Nachdenken:

Wie du erkannt hast, ist man sich nie sicher, wo der Strom bei einer 
Ground Plane fließt. Warum nimmt man sie dann? Wenn man eine für den 
Strom geeignete Leiterbahn verwendet hat man folgende Vorteile gegenüber 
einer Fläche:
  - Man kennt die Leiterschleife genau
  - Man verringert die kapazitive Fläche, was gut ist, wenn GND nervös 
rumwackelt bedingt durch induktiven Hub
  - Man kann super Abzweigpunkte für leistungs, analoge und digitale 
Teilschaltungen definieren
  - Kapazitive Kopplung auf andere Leitungen wird reduziert.

Vorteil von Kupferflächen habe ich bis jetzt in der Entwärmung von 
Hotspots gesehen. Und es reicht ein Via und schon ist GND angeschlossen 
:-)


Überlegung zur Induktivität von Leiterbahnen:

Anordnung A Leiterbahnen übereinander. -...ist Kupfer
          0.3mm Breite, 1.6mm Dicke
Layer 1. ----
Layer 2. ----

Anordnung B Leiterbahnen nebeneinander
          0.3mm Breite, 0.3mm Abstand
Laser 1 ---- ----

Anordnung A hat eine Wicklung mit 1.6mm hohe Fläche aufgespannt, dabei 
aber 0.3mm Wicklungslänge. D.h. 0.3mm Luftspalt wo energie rein kann. 
Der Rest außerhalb ist ein magn. Kurzschluss da unendlicher Querschnitt.

Abordnung B hingegen hat eine Höhe von 0.6mm (Mitte-Mitte Leiterbahn), 
und zusätzlich einen nur 35um langen Luftspalt.

D.h. Anordnung A sollte der Theorie nach mehr Induktivität haben als 
Anordnung B. Somit sollte ein Einlagendesign in der Sicht besser sein 
als ein 2 Lagendesign.


Hat jemand von euch schon einmal dir Induktivität von einer realen 
Leiterbahnschleife berechnen können? Gibts ein vernünftiges Programm 
dazu?

von Irgendwer (Gast)


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Denkanstoßer schrieb:
> Gibts ein vernünftiges Programm dazu?

Klar. Dutzende. Nennen sich Eletromagnetic field solver oder EM solver 
usw. Kommerziell z.B.:

   http://www.mentor.com/pcb/hyperlynx/3d-em/

Opensource z.B.:

  http://openems.de/start/index.php

Wiki-Artikel:

  https://en.wikipedia.org/wiki/Electromagnetic_field_solver

von Noch einer (Gast)


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Tja, so langsam wird unsere handwerkliche Erfahrung wertlos.

Seit Spice brauchen wir nicht mehr zu wissen, wo man mit der Berechnung 
anfängt. Abblockkondensatoren und Leiterbahnen können die Programme 
inzwischen besser optimieren. Nur noch eine Frage der Zeit, bis die 
Autoplacer auch besser werden, als wir.

von Denkanstoßer (Gast)


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Für die Berechnung der Induktivität bin ich schon öfters über solche 
Methoden gestoßen:

http://www.legic.com/media/981090/v13/File/improved-formulae-for-the-inductance-of-straight-wires.pdf

Mir fehlen bei derartigen Papers immer die ausführbaren oder zumindest 
abschreibbaren Eingaben für ein CAS oder Numerik Programm.

Hat jemand derartige Berechnungen schon selber durchgeführt?

PS: Bei den Statistikern ist es anscheinend so, ohne R Datei zum 
Ausführen, kein Paper

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