Forum: Offtopic Zentrifugalkraft von Wasser in gebogenem Rohr bestimmen


von Sarah E. (meneymaus)


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Hey leute,

bei uns in der Firma haben wir wassergekühlte, gebogene Kupferrohre (für 
die Induktionserwärmung). Es fließt Wasser von einer Zuleitung hin, dann 
wird das Rohr um 180 ° in Kreisform gebogen und das Wasser fließt 
nebenan wieder zurück.


Das Wasser wir mit hohem Druck durchgepresst was zu einer hohen 
Zentrifugalkraft führt.

Ich wollte nun einmal ausrechnen was überwiegt:

Die Zentrifugalkraft, welche die Flüssigkeit an die Innenseite der 
Außenkante drückt oder der Betriebsdruck, welcher zur vollständigen 
Ausnutzung des Rohrquerschnitts führt.
Ich möchte praktisch herausfinden, ob das Rohr in seiner gesamten 
Querschnittsfläche gekühlt wird.


Mein erster versuch bestand nun darin, die Zentrifugalkraft zu 
berechnen:

Das Wasser fließt mit 10 Bar Druck kontinuierlich und die 
Querschnittsfläche des Rohres beträgt 10x10 mm.

Der Durchmesser der Rohrschleife beträgt 50 mm.


Aber was soll ich an Masse eintragen? Es findet ja ein kontinuierlicher 
Durchfluss statt.

LG Sarah

von Thomas H. (thoern)


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Meiner Meinung nach kannst du die Formel hier nicht anwenden. Der Druck 
ist nach alten Richtungen gleich groß. Aus dem Druck lässt sich die 
Kraft ermitteln, die ebenfalls in alle Richtungen wirkt. Aber Physik ist 
bei mir echt zu lange her, um dies mathematisch zu beweisen. ..

von Peter S. (psavr)


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>Das Wasser wir mit hohem Druck durchgepresst was zu einer hohen
>Zentrifugalkraft führt.
Der Druck sagt nichts über die Geschwindigkeit aus, und somit auch nix 
über die Zentrifugalkraft!

>Das Wasser fließt mit 10 Bar Druck kontinuierlich und die
>Querschnittsfläche des Rohres beträgt 10x10 mm.
Dito: Das Wasser fliesst mit einer Geschwindigkeit (m/s) und nicht mit 
10 Bar!

von Sarah E. (meneymaus)


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Ich habe vergessen, die Wassergeschiwindigkeit anzugeben:


Es sind 48 l/min Wassermenge, was bei einem Querschnitt eines 
quadratischen Rohres von 10x10 mm zu einer Wassergeschwindigkeit von

8m/s

führt.

von Tcf K. (tcfkao)


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Interessanter wäre es doch die Strömungsgeschwindigkeiten innen/außen zu 
berechnen, und darüber die abgeführte Wärmemenge. Ob der Druck an der 
Innenseite des Rohres so gering wird (durch Fliehkraft und Bernoulli), 
dass es zu Kavitation führen kann, wäre auch zu berechnen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Str%C3%B6mung_nach_Bernoulli_und_Venturi
https://de.wikipedia.org/wiki/Kavitation

von Peter S. (psavr)


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Die Wassermenge im Rohrbogen ist dann ca.
1cm x 1cm x 5cm x Pi /2 = 7.854 cm^3 ( => ca 7.854g)

Fz = 7.856E-3 * 8^2 / 0.025 = 20.1 N ( => gleichmässig über den Bogen)


Pz = 20.1 / (0.01 * 0.05 * Pi / 2) = 25600 Pascal (=> 0.256 Bar)

: Bearbeitet durch User
von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Ich komme auf einen anderen Wert.
Wenn man annehmen darf, dass das Rohr einen quadratischen Querschnitt 
hat (hier wurde von 10mm x 10mm) gesprochen und das Rohr so orientiert 
ist, dass die Außenfläche Senkrecht steht, dann ergibt sich eine 
Flächenkraftdichte von 219 mBar.

Nachtrag: Bei der ersten Berechnung war die Fläche falsch :-(

: Bearbeitet durch User
von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Sarah E. schrieb:
> Ich habe vergessen, die Wassergeschiwindigkeit anzugeben:
>
> was bei einem Querschnitt eines quadratischen Rohres von
> 10x10 mm zu einer Wassergeschwindigkeit von 8m/s führt.

Die Flüssigkeit bewegt sich nicht mit konstanter Geschwindigkeit, selbst 
wenn die Strömung laminar ist.

Ist die Strümung in den Krümmern überhaupt noch laminar?

whatever... bei der Fragestellung würd ich schätzen, das jegliche 
Rechnung, die in ein paar Zeilen ausgerechnet ist, ein physikalisches 
Modell annimmt, welches die Realität der Anlage nicht mal ansatzweise 
abzubilden in der Lage ist.

Warum machst du keine FEM Simulation um erste Anhaltspunkte zu bekommen?

Alternative wäre eine Messstand aufzubauen um die Frage zu beantworden.

von Tcf K. (tcfkao)


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Ohne Experte für induktives Erwärmen zu sein, ich frage mich wieso das 
Wasser mit 8 m/s durchgejagt werden muss... entsteht da wirklich so viel 
Abwärme?

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Peters und Joes Ergebnisse weichen vor allem deswegen voneinander ab,
weil beide von verschiedenen Rohrkrümmungen ausgegangen sind:

Bei Peter beschreibt die Mittellinie des Rohrs einen Halbkreis mit dem
Radius 25 mm, bei Joe ist dies der Innenradius. Die Mittellinie hätte
bei Joe demnach einen Radius von 30 mm.

Joes Berechnung bezogen auf Peters Annahme der Krümmung ergibt einen
Druck von 263 mbar, was nicht einmal 3% von Peters Ergebnis (256 mbar)
abweicht. Dieser verbleibende Unterschied ist darauf zurückzuführen,
dass beide Lösungen Näherungen sind, die jweils von unterschiedlichen
Annahmen ausgehen.

Sarah E. schrieb:
> Ich wollte nun einmal ausrechnen was überwiegt:
>
> Die Zentrifugalkraft, welche die Flüssigkeit an die Innenseite der
> Außenkante drückt oder der Betriebsdruck, welcher zur vollständigen
> Ausnutzung des Rohrquerschnitts führt.

Selbst mit den Näherungslösungen von Peter und Joe steht wohl ziemlich
zweifelsfrei fest, dass der Betriebsdruck deutlich überwiegt, womit
diese Frage beantwortet wäre.

Um den Druck genauer auszurechnen, müsste man das Strömungsverhalten des
Wassers im Rohr genauer kennen. Nach den Informationen auf den beiden
Wikipedia-Seiten

  https://de.wikipedia.org/wiki/Laminare_Str%C3%B6mung
  https://de.wikipedia.org/wiki/Viskosit%C3%A4t

kann jedenfalls davon ausgegangen werden, dass die Strömung turbulent
ist, weswegen der Druck an einer bestimmten Stelle des Rohrmantels sogar
zeitlich veränderlich ist.

> Ich möchte praktisch herausfinden, ob das Rohr in seiner gesamten
> Querschnittsfläche gekühlt wird.

Den Zusammenhang dieser Frage mit der Zentrifugalkraft und dem
Betriebsdruck habe ich nicht verstanden.

von Uwe S. (regionalligator)


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Yalu X. schrieb:
>> Ich möchte praktisch herausfinden, ob das Rohr in seiner gesamten
>> Querschnittsfläche gekühlt wird.
>
> Den Zusammenhang dieser Frage mit der Zentrifugalkraft und dem
> Betriebsdruck habe ich nicht verstanden.

Sie hatte Angst, daß die Fliehkraft evtl. für Kavitation an der 
Innenkurve sorgt, und das Rohr daher dort gar nicht mehr gekühlt wird.

von Tcf K. (tcfkao)


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Die Strömung ist sicherlich turbulent angesichts der 8 m/s, und ob dort 
aufgrund Fliehkraft und Bernoulli Kavitation auftritt sollte ein 
Physiker ausrechnen.

Mir ist aber immer noch nicht klar wieso es eine so hohe 
Strömungsgeschwindigkeit sein muss. Ich kann mir nicht vorstellen dass 
die Verluste im Kupfer so hoch sind. In einem PKW-Motor werden ganz 
andere Leistungen abgeführt, und das bei niedrigeren 
Strömungsgeschwindigkeiten.

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Tcf K. schrieb:
> PKW-Motor

Raketen-Motor

von Carl D. (jcw2)


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48l/min sind 2,88m3/h
Und wenn man 1m3 Wasser um 1K erwärmen will braucht man ca. 1kWh.
Also kühlt das Kühlwasser je k Temperaturdifferenz 2,88kW weg. Ist die 
Kühlung wirklich so überdimensioniert?
Oder gehen 20Grad rein und kommen 40Grad aus? Macht dann ca. 50kW 
Kühlleistung.

von Timm T. (Gast)


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Yalu X. schrieb:
> Joes Berechnung bezogen auf Peters Annahme der Krümmung ergibt einen
> Druck von 263 mbar, was nicht einmal 3% von Peters Ergebnis (256 mbar)
> abweicht.

Wobei die 260mbar schon bei einer Medientemperatur von 70°C dem 
Sättigungsdampfdruck entsprechen und sich damit Wasserdampfblasen bilden 
können.

Was ich nicht verstehe, wo die 10bar in die Rechnung einfließen. Aber 
eine Bedeutung müssen sie haben, denn bei Heizungspumpen erhöht man ja 
auch den Druck, um der Kavitation entgegenzuwirken.

Andererseits: Das Konstrukt aus Plexiglas druckfest nachbauen, das 
Wasser durchjagen* und schauen, was an der Innenwand passiert. Dürfte 
bessere Ergebnisse bringen als theoretische Abschätzungen, bei denen man 
dann eh wieder irgendwelche Dreckeffekte nicht beachtet hat.

*) für das Verhalten bei höheren Temperaturen schon vorgewärmt 
reinpumpen

von Timm T. (Gast)


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Carl D. schrieb:
> Oder gehen 20Grad rein und kommen 40Grad aus? Macht dann ca. 50kW
> Kühlleistung.

Du vergißt dabei, daß der Wärmeübergang vom Kupfer in das Wasser grottig 
sein dürfte. Da mußt Du mit einer gewissen Strömung reingehen, um 
überhaupt Wärme abzutransportieren, auch wenn der Temperaturhub dabei 
nicht sehr groß ist.

von Carl D. (jcw2)


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Das interessiert gar nicht. 2880l/h und 1 Grad Spreizung sind 2,88kW.

von Timm T. (Gast)


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Na dann bleib mal weiter bei Deiner Schulphysik...

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Johann L. schrieb:
> whatever... bei der Fragestellung würd ich schätzen, das jegliche
> Rechnung, die in ein paar Zeilen ausgerechnet ist, ein physikalisches
> Modell annimmt, welches die Realität der Anlage nicht mal ansatzweise
> abzubilden in der Lage ist.
>
> Warum machst du keine FEM Simulation um erste Anhaltspunkte zu bekommen?

Warum denn immer gleich FEM? Die Annahme eines tatsächlichen Rohres war 
gerade eine nette Fingerübung :-)
Wie man sieht, liegt die Lösung nicht mal so weit weg vom sehr 
vereinfachten Rechteckquerschnitt.

von Tcf K. (tcfkao)


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Nö, Carl hat völlig Recht, das Volumen und die Temperaturdifferenz 
bestimmen die abgeführte Leistung. Das besagt noch nichts über den 
radialen Temperaturverlauf im Kupferrohr.

von Sarah E. (meneymaus)


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Vielen Dank für die umfangreichen Antworten!


50 mm beträgt dabei der INNENdurchmesser der Rohrschleife.

Die Wassergeschwindigkeit muss so hoch sein aufgrund des schlechten 
Wärmeübergangs, Filmverdampfung tritt sonst auf.

Dies sind alles Werte aus der Praxis.

Aufgrund der Berechnung und des Ergebnisses (10 bar >> 250 mbar) weiß 
ich nun, dass die Fliehkraft kaum eine Rolle spielt.


LG Sarah

: Bearbeitet durch User
von Timm T. (Gast)


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Tcf K. schrieb:
> das Volumen und die Temperaturdifferenz
> bestimmen die abgeführte Leistung

Das stimmt zwar, aber berücksichtigt nicht den Wärmeübergang vom Kupfer 
ins Wasser. Und der ist aufgrund der Geometrie nunmal grottig. Da ist 
egal, ob das Wasser 1K oder 2K oder 5K zulegt, wenn das Kupfer 50K 
drüber ist. Und den alpha-Wert bekommst Du in dem Fall nur durch 
Geschwindigkeit (Aufbrechen der laminaren Strömung an der Rohrwand) 
runter.

Man könnte den Volumenstrom verringern, wenn man die Geometrie zugunsten 
der Oberfläche verändert, also ein rechteckiges oder ovales statt des 
quadratischen Rohres. Deswegen macht man solche Rohre eigentlich eher 
flach. Aber vielleicht geht das hier aus anderen Gründen nicht.

von Tcf K. (tcfkao)


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Tcf K. schrieb:
> das Volumen und die Temperaturdifferenz
> bestimmen die abgeführte Leistung. *Das besagt noch nichts über den
> radialen Temperaturverlauf im Kupferrohr.*

Du hast mich etwas sinnentstellend zitiert...

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