Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Hochspannungs-Pulser (Kondensator mittels Thyristor in Triggertransformator entladen)


von Sascha (Gast)


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Hallo,

zum Zünden eines Gasplasmas brauche ich einen kurzen Spannungimpuls von 
etwa 30kV.
Der dafür verwendete Triggertrafo ist ursprünglich für das Zünden von 
Funkenstrecken gedacht.

Die Schaltung ist simpel, ein auf 500V geladener 1µF Kondensator 
(impulsfest) wird mittels eines Thyristors durch die Primärwicklung des 
Trafos entladen.

Ich arbeite nun gerade an einer Schaltung und Platine für diese 
Baugruppe. Dabei stellt sich mir die Frage wie ich den Thyristor zünde - 
Der Trigger-Impuls kommt vom Ausgang eines LMC555 betrieben mit +12V.
Schaltung Nr. 1 im angehängten Bild würde mir aufgrund geringerer 
Bauteilanzahl besser gefallen.
Wären beide Schaltungen gleich tauglich um einen größeren Thyristor 
schnell zu zünden? Die Widerstandswerte sind derzeit ohne jegliche 
Berechnung gewählt, es geht mir eher um das Schaltunsprinzip.

Die nächste Frage ist welcher Thyristor für diese Aufgabe geeignet ist - 
Die Impulsströme werden ja schon beachtlich groß. Jemand der eine solche 
Schaltung für kommerzielle Geräte ausgelegt hat sagte mir ich solle 
einen schnellen Thyristor mit >80A Schaltstrom verwenden.
Aber was ist ein "schneller" Thyristor - Ich finde kaum angaben dazu in 
den Datenblättern.
Außerdem suche ich einen Thyristor in einem Gehäuse das sich möglichst 
problemlos in eine kleine
Ich gedenke derzeit den BTW68-1200 zu verwenden.

Eine weitere Frage wäre jene nach einer antiparallelen Diode zum 
Thyristor. Normalerweise würde ich diese auf jeden Fall einsetzen um 
Überschwinger mit umgekehrter Polarität kurzzuschließen, doch habe ich 
niemals eine Triggertrafo-Ansteuerschaltung gesehen die eine solche 
Diode verfügt.
In allen Schaltungen dieser Art die ich jemals gesehen habe war es nur 
die Basisausstattung von Kondensator, Trafo und Thyristor. Keine 
Diode(n), kein Snubber, ...
Die Trafos sing natürlich speziell dafür ausgelegt und haben eine sehr 
große Streuinduktivität.
Gedanken zur Diode?

Grüße
Sascha

von Uwe (Gast)


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Wie groß muss das di/dt sein? Kannst du nicht evtl. einen N-Kanal Mosfet 
anstelle des Thyristors nehmen?

von Georg (Gast)


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Ich habe solche Schaltungen in noch viel einfacherer Form für die 
Hochspannungserzeugung mit Funkeninduktor benutzt. Gleiche Schaltung wie 
Bild 1, aber R10 und C13 aus Bild 1 fehlten bei meiner Schaltung und die 
Triggerung des Thyristors war anders, RC-Zeitglied und Diac.

Die antiparallele Diode zum Thyristor ist kontraproduktiv, die willst du 
nicht einsetzen. Die Überschwinger mit umgekehrter Polarität werden ganz 
einfach durch das Sperren des Thyristors erreicht. Wenn was schwingt, 
ist das die Sekundärspule auf Grund der parasitären Kapazität, das 
kannst du aber sowieso nicht verhindern.

Ich habe bei gleichgerichteter Netzspannung recht große Kondensatoren 
mit einem stinknormalen 16 A/800V Thyristor eingesetzt, C12 aus Bild 1 
war bei mir viel größer, so ab 100 µF. Der Thyristor hat das problemlos 
überlebt, bei Dutzenden Trigerungen pro Sekunde. Der Thyristor war 
natürlich auf einem Kühlkörper drauf.

Der Vorwiderstand zum Laden des Kondensators war ein fetter 
Schiebewiderstand aus dem Physikunterricht mit ca. 60 cm Länge und etwa 
6cm Durchmesser. Im Winter sparte man sich damit die Zimmerheizung.

Die Funken des Induktors waren etwa zehn cm lang und mit derart viel 
Bumms, dass man beim Betrieb des Funkeninduktors fast einen Gehörschutz 
brauchte.

von ArnoR (Gast)


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Sascha schrieb:
> Der dafür verwendete Triggertrafo ist ursprünglich für das Zünden von
> Funkenstrecken gedacht.

Du meinst sicher: "für das Zünden durch Funkenstrecken gedacht". Das ist 
nämlich die normale Vorgehensweise, weil der Stromanstieg beim 
Kurzschließen von Kondensatoren für Halbleiter zu steil ist.

> Schaltung Nr. 1 im angehängten Bild würde mir aufgrund geringerer
> Bauteilanzahl besser gefallen.

Ja, aber aus anderen Gründen. Der BD240 ist doch eher ein 
"Gleichstromtransistor"...

Noch schneller wird die Schalterei, wenn du R12 und R13 weglässt und 
statt dessen einen Widerstand in die Leitung zum Gate legst.

Allerdings ist die Verwendung von Tyristoren zum Kurzschließen von 
Kondensatoren nicht besonders gut. Die brauchen nämlich etwas Zeit, um 
den Strom auf die gesamte Chipfläche zu verteilen. Daher gibt es einen 
Parameter "Stromanstiegsgeschwindigkeit". Überschreitet man den, dann 
wars das.

> Wären beide Schaltungen gleich tauglich um einen größeren Thyristor
> schnell zu zünden?

Nein. Die zweite ist viel langsamer. Beide sind aber nicht so schnell. 
Siehe oben.

In der zweiten Schaltung ist nicht nur der langsame BD240, auch die 
Ansteuerung des T6 ist hochohmiger (R18)  und der hat mit dem 
Miller-Effekt durch R19 zu kämpfen.

von Thomas S. (thom45)


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ArnoR schrieb:

> In der zweiten Schaltung ist nicht nur der langsame BD240, auch die
> Ansteuerung des T6 ist hochohmiger (R18)  und der hat mit dem
> Miller-Effekt durch R19 zu kämpfen.

Der Millereffekt ist aber stärker durch R18 bedingt. Abhilfe schafft 
z.T. eine kleine Kapazität parallel zu R18. Ich schätze mal im unteren 
100pF-Bereich. Muss man ausprobieren...

Es gibt aber noch ein Problem mit der Basis von T5. Wenn T6 öffnet, 
hängt die Basis von T5 leer in der Luft. Das Wegräumen der Ladungsträger 
verlangsamt sich drastisch. Abhilfe schafft ein Widerstand Rx parallel 
zur T5-Basis-Emitter-Strecke.

Wählt man Rx wie R19 mit 1 k-Ohm, beträgt der Strom durch Rx nur gerade 
0.7 mA. Es bleiben noch immer deutlich mehr als 10 mA für den 
T5-Basisstrom übrig.

Sollte sich die Flankensteilheit beim öffnen von T5 durch das Einfügen 
von Rx = 1 k-Ohm nicht deutlich verbessern, kann man Rx reduzieren. 
Allerdings nicht zuviel, sonst muss man u.U. R19 reduzieren, damit T5 
noch immer genug Basisstrom erhält, um T5 beim Einschalten in die 
Sättigung zu treiben.

Naja, Thema Sättigung ist auch so eine Sache. Zuviel Sättigungseffekt 
und der Schaltvorgang des Transistors verlangsamt sich. Abhilfe wäre da 
eine schnelle Schottky-Diode zwischen Basis und Kollektor. Dies im 
Detail hier einzugehen ist etwas zu aufwändig. Ich will es mit diesem 
Abschnitt aber doch kurz andeuten.

Will man zu diesem Thema mehr erfahren, empfehle ich diesen 
Elektronik-Minikurs:
  "Schalten und Steuern mit Transistoren II"
     http://www.elektronik-kompendium.de/public/schaerer/powsw2.htm
         Siehe Kapitel "Schneller Schalter mit NPN-Transistor"
         mit Bild 2.

Gruss
Thomas

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Für Leistungs-Impulserzeuger ähnlicher Bauart verwenden einige IGBTs. 
Vielleicht ist das einfacher / zuverlässiger machbar hier.

von Thomas S. (thom45)


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Marian B. schrieb:
> Für Leistungs-Impulserzeuger ähnlicher Bauart verwenden einige IGBTs.
> Vielleicht ist das einfacher / zuverlässiger machbar hier.

Hallo Marian,

Damit kannst sehr wohl Recht haben. Mir ging es mit meiner Antwort nur 
darum auf die Schwächen der Schaltung 2 hinzuweisen, die man auch für 
ganz anderes einsetzen kann, wo mit einem IGBT mit Kanonen auf Spatzen 
geschossen wäre. :-)

Gruss
Thomas

von ArnoR (Gast)


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Thomas S. schrieb:
> Der Millereffekt ist aber stärker durch R18 bedingt.

Nein. Der Miller-Effekt hat mit R18 wenig zu tun, R18 führt nur dazu, 
dass sich der Miller-Effekt negativ auswirkt, er ist aber nicht die 
Ursache.

Der Miller-Effekt bewirkt eine Vergrößerung der 
Kollektor-Basis-Kapazität, indem durch die Spannungsverstärkung der 
Stufe der Spannunghub an der Kollektor-Basis-Kapazität gegenüber dem 
Eingangsspannungshub vergrößert wird und daher auch entsprechend größe 
Umladeströme fließen. Das entspricht einer Kapazität von (1+Vu)*Ccb an 
der Basis nach Masse.

Die notwendige Spannungsverstärkung für das Zustandekommen des 
Miller-Effekts wird durch R19 erreicht. Ohne R19 (und statt dessen mit 
einem Emitterwiderstand für T6) gäbe es keinen Miller-Effekt.

von Thomas S. (thom45)


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ArnoR schrieb:

> Thomas S. schrieb:
>> Der Millereffekt ist aber stärker durch R18 bedingt.
>
> Nein. Der Miller-Effekt hat mit R18 wenig zu tun, R18 führt nur dazu,
> dass sich der Miller-Effekt negativ auswirkt, er ist aber nicht die
> Ursache.

Okay, das ist klar. Ich dachte nur grad an das. :-/

> Der Miller-Effekt bewirkt eine Vergrößerung der
> Kollektor-Basis-Kapazität, indem durch die Spannungsverstärkung der
> Stufe der Spannunghub an der Kollektor-Basis-Kapazität gegenüber dem
> Eingangsspannungshub vergrößert wird und daher auch entsprechend größe
> Umladeströme fließen. Das entspricht einer Kapazität von (1+Vu)*Ccb an
> der Basis nach Masse.

Auch das ist klar, aber gut dass Du das richtigstellst.

Übrigens kann dieser Millereffekt auch sehr willkomen sein. Ich 
realisierte in den 1970er-Jahren eine Schaltung, wo es darum ging, dass 
eine Spannung extrem langsam während Stunden linear ansteigen musste. Da 
kam voll der Millereffekt mit relativ kleiner Kapazität zum Zug.

> Die notwendige Spannungsverstärkung für das Zustandekommen des
> Miller-Effekts wird durch R19 erreicht.

Und für die Berechnung dieser Spannungsverstärkung gibt es eine 
Faustformel wo die Zahl 40 drin vorkommt. Sie ist glaub im grünen 
Halbleiterschaltungsheft von ELEKTOR drin. Muss mal gelegentlich 
nachgucken. Oder kannst Du Dich daran zufällig erinnern?

> Ohne R19 (und statt dessen mit
> einem Emitterwiderstand für T6) gäbe es keinen Miller-Effekt.

Auch klar. Das wäre der Spannungsfolger.

Gruss
Thomas

von ArnoR (Gast)


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Thomas S. schrieb:
> Und für die Berechnung dieser Spannungsverstärkung gibt es eine
> Faustformel wo die Zahl 40 drin vorkommt. Sie ist glaub im grünen
> Halbleiterschaltungsheft von ELEKTOR drin. Muss mal gelegentlich
> nachgucken. Oder kannst Du Dich daran zufällig erinnern?

Eine Faustformel mit einer 40 für die Spannungsverstärkung kenne ich 
nicht, könnte mir aber vorstellen, dass die folgendermaßen entstanden 
ist:

Die Spannungsverstärkung kann man Näherungsweise mit Vu~Rc/rd angeben. 
Wobei Rc der am Kollektor wirsame Widerstand ist und rd der 
Diffusionswiderstand rd=Ic/Ut des Transistors. Also: 
Vu~Ut*Rc/Ic=26mV*Rc/Ic, wenn man nun Ut=0,026V angenähert durch 1/40V 
ersetzt, kommt man zu Vu~Rc/(40*Ic).

von ArnoR (Gast)


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ArnoR schrieb:
> der Diffusionswiderstand rd=Ic/Ut des Transistors

Was natürlich rd=Ut/ic heißen sollte. Und damit ergibt sich dann 
Vu~(Rc*Ic)/Ut und schließlich Vu~40*Rc*Ic.

von Thomas S. (thom45)


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ArnoR schrieb:
> ArnoR schrieb:
>> der Diffusionswiderstand rd=Ic/Ut des Transistors
>
> Was natürlich rd=Ut/ic heißen sollte. Und damit ergibt sich dann
> Vu~(Rc*Ic)/Ut und schließlich Vu~40*Rc*Ic.

Ich erinnere mich, genau das ist die Formel.

Eigentlich schade, dass es dieses grüne ELEKTOR-Spezialheft nicht mehr 
gibt. Ich lernte damals aus dem recht viel, betreffs praxisbezogener 
Dimensionierung von diskreten Verstärkerschaltungen mit Transistoren.

Ich habe da, falls sich jemand dafür interessieren sollte, einen Link im 
ELKO-Forum gefunden, dessen Inhalt ich im 2008 geschrieben und fast 
vergessen habe:

"Kursus Entwurftechnik Halbleiterschaltungen"
http://www.elektronik-kompendium.de/forum/forum_entry.php?id=61180

Es enthält auch einen Mailwechsel mit Mister Krempelsauer vom ELEKTOR.

Gruss
Thomas

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