Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Micro-Elektromagnet berechnen


von Andre (Gast)


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Hi!

Vorweg, ich bin leider doch ziemlicher Elektronik-DAU. Würde mich daher 
über deppenfreundliche Erklärungen freuen. :D
Ich lese mir auch gerne Material durch, solange ich eine Chance habe, es 
auch zu verstehen.

Ich benötige für ein kleines Projekt einen winzigen Elektromagnet 
(Stabform) und gehe dabei von relativ engen Constraints aus:
Die Abmessungen des Magneten dürfen höchstens 4.5 mm in der Länge und 2 
mm im Durchmesser (Höhe) sein. Stromversorgung soll über Batterien/Akkus 
geschehen und kann zwischen 1.5V und 12V liegen.

Meine Frage daher: Wie berechne ich mit diesen Constraints einen 
passenden, möglichst "starken" Magneten (mit Eisenkern?) - sprich: 
welche Formeln kommen da zum Einsatz?

Weiters:
*) Wenn man als Laie wie ich von einem "starken" (Elektro-)Magneten 
spricht, welche Maßzahl(en) meint man damit eigentlich?
*) Ich habe einen Hallsensor an einen Arduino gehängt. Sensitivität laut 
Datenblatt wird in "Milivolt per Gauss" angegeben. Wie hängt Gauss als 
Einheit jetzt mit der "Stärke" des Magneten zusammen?

Habe testweise 0.1 mm Kupferlackdraht vierlagig auf eine abgeschnittene 
Stecknadel (Länge etwa 4.5 mm, Durchmesser 0.60 mm laut Schublehre) 
gewickelt und an ne 9V Batterie geklemmt. Hat gut funktionert. 5 
Sekunden lang. Dann ist das Teil leider abgefackelt.

Würde mich über Tipps, Erklärungen oder auch nur Verweisen zu 
leichtverständlicher Lektüre wirklich freuen.

Liebe Grüße
Andre

von Ion (Gast)


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Andre schrieb:
> Wenn man als Laie wie ich von einem "starken" (Elektro-)Magneten
> spricht, welche Maßzahl(en) meint man damit eigentlich?

Dann ist man Laie und redet offensichtlich nur mit anderen Laien, 
Nicht-Laien würden erstmal fragen, 'Was heißt stark?' ...

Andre schrieb:
> Wie hängt Gauss als
> Einheit jetzt mit der "Stärke" des Magneten zusammen?

Kannte die Einheit Gauss bis gerade eben auch nicht, Wikipedia kennt sie 
schon : https://de.wikipedia.org/wiki/Gau%C3%9F_%28Einheit%29

Andre schrieb:
> Constraints

Als Laie mit Fremdwörtern um sich fuchteln, nette Sache.

Andre schrieb:
> abgefackelt

Die Batterie? Der Nagel? Der Draht? Wieso wohl ?

von Joe F. (easylife)


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zu viel strom.
ist wie ameise auf koks. schleppt viel, aber nicht lange.

von Andre (Gast)


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Ion schrieb:
> Andre schrieb:
>> Wenn man als Laie wie ich von einem "starken" (Elektro-)Magneten
>> spricht, welche Maßzahl(en) meint man damit eigentlich?
>
> Dann ist man Laie und redet offensichtlich nur mit anderen Laien,
> Nicht-Laien würden erstmal fragen, 'Was heißt stark?' ...

Hm, dachte, es wäre klar was ich ungefähr meine. Seiten, die (zumeist 
Neodym-)Magnete verkaufen sprechen oft von einer "Haftkraft" in Newton. 
Auf der Seite von Wikipedia zum Thema Magnetismus heißt es einleitend: 
"Die Richtung und Stärke magnetischer Kräfte kann man durch Feldlinien 
anschaulich darstellen."

> Andre schrieb:
>> Wie hängt Gauss als
>> Einheit jetzt mit der "Stärke" des Magneten zusammen?
>
> Kannte die Einheit Gauss bis gerade eben auch nicht, Wikipedia kennt sie
> schon : https://de.wikipedia.org/wiki/Gau%C3%9F_%28Einheit%29
Danke zumindest für den Link. Anscheinend hängt wegen
 die magnetische Feldstärke direkt mit der magnetischen Flussdichte 
zusammen (muss hier für \mu die Permeabilität vom Spulenmaterial oder 
vom Kern eingesetzt werden?). Anscheinend ist Gauss eine andere 
Maßeinheit für die magnetische Flussdichte und häufiger wird Tesla 
verwendet. Die Frage ist, ob ich die magnetische Flussdichte maximieren 
muss, oder mir die magnetische Feldstärke  reicht (der Unterschied wäre 
ja anscheinend die Permeabilität μ.

> Andre schrieb:
>> Constraints
>
> Als Laie mit Fremdwörtern um sich fuchteln, nette Sache.
Was ist dir denn bitte über die Leber gelaufen? xD


> Andre schrieb:
>> abgefackelt
>
> Die Batterie? Der Nagel? Der Draht? Wieso wohl ?
Der Draht. Zu geringer Durchmesser/Länge für zu hohen Strom hätte ich 
vermutet. Ich weiß allerdings nicht, welche Änderungen dafür sinnvoll 
sind.. Dickerer Draht erzeugt weniger Windungen. Vorgeschalteter 
Widerstand (weiß noch nichtmal ob das Sinn macht) wird wohl relativ 
stark belastet werden, oder (in einem anderen Thread hier meinte jemand, 
der Widerstand würde bei ihm extrem heiß werden)? Kann ich den Strom 
irgendwie anders begrenzen?

von Mani W. (e-doc)


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Ich würde mir einen Draht im 0,xx Bereich nehmen und zumindest
50-100 Windungen aufwickeln.
Da wird eine 1,5 V Batterie reichen...


Mani

von Joe F. (easylife)


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Andre schrieb:
> Dickerer Draht erzeugt weniger Windungen.

Der dicke Draht wickelt sich genauso oft um den Kern wie der dünne, wenn 
man will.

>Vorgeschalteter
> Widerstand (weiß noch nichtmal ob das Sinn macht) wird wohl relativ
> stark belastet werden, oder (in einem anderen Thread hier meinte jemand,

Je, er vernichtet einfach nur Energie (wandelt sie in Wärme um).
Im Prinzip ist der vorgeschaltete Widerstand und deine Spule ein 
Widerstandsteiler.
Je nachdem wie groß der (Vor-)Widerstand ist, fällt hier die meiste 
Spannung ab. Der Strom durch Widerstand und Spule ist gleich.
Also "vernichtet" der Widerstand den Großteil der Leistung.

> der Widerstand würde bei ihm extrem heiß werden)? Kann ich den Strom
> irgendwie anders begrenzen?

Ja. Weniger Spannung.
Der Draht schmilzt wegen der zu hohen (Heiz-)Leistung.
Leistung ist Spannung x Strom

P = U x I

Da der Widerstand der Spule gegeben ist (ausser du machst den Draht 
länger... z.B. durch mehr Windungen), bietet es sich an, die Spannung 
herunterzusetzen, denn

Strom = Spannung / Widerstand (I = U / R)

zusammengefasst:
P = U * U / R
oder
P = U^2 / R

d.h. die Leistung steigt quadratisch mit der Spannung.

Gleichzeitig wird mit weniger Spannung natürlich das Magnetfeld 
schwächer, da ja der Strom kleiner ist, aber das ist eben die Grenze von 
dem, was dein Elektromagnet leisten kann.

Größeres Magnetfeld erreicht man also durch
- dickeren Draht, der einen größeren Strom aushält
- mehr Windungen

PS:
Oder gut kühlen (flüssiger Stickstoff...) ;-)

: Bearbeitet durch User
von Andre (Gast)


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Vielen Dank erstmal! :)

Joe F. schrieb:
> Andre schrieb:
>> Dickerer Draht erzeugt weniger Windungen.
>
> Der dicke Draht wickelt sich genauso oft um den Kern wie der dünne.

Naja, was ich damit meinte, war, dass ich einen Draht mit größerem 
Durchmesser eben wegen des größeren Durchmessers weniger oft um einen 5 
mm langen Eisenstab wickeln kann (ich muss ja die genannten Durchmesser 
und Längeneinschränkungen einhalten).

> Der Draht schmilzt wegen der zu hohen (Heiz-)Leistung.
> Leistung ist Spannung x Strom
>
> P = U x I
>
> Da du den Widerstand der Spule nicht verändern kannst, bietet es sich
> an, die Spannung herunterzusetzen, denn
>
> Strom = Spannung / Widerstand (I = U / R)
>
> zusammengefasst:
> P = U * U / R
> oder
> P = U^2 / R
>
> d.h. die Leistung steigt quadratisch mit der Spannung.
>
> Gleichzeitig wird mit weniger Spannung natürlich das Magnetfeld
> schwächer, da ja der Strom kleiner ist, aber das ist eben die Grenze von
> dem, was dein Elektromagnet leisten kann.
Vielen Dank nochmals für die Ausführungen. Was ich mich jetzt allerdings 
noch frage, ist, wie hoch die Leistung maximal sein darf, damit sich der 
Kupferdraht nicht allzusehr erwärmt (das sollte ja vom Drahtdurchmesser 
abhängig sein) - gibt es dafür irgendwelche Richtlinien oder Tabellen 
oder so?

Liebe Grüße
Andre

von Joe F. (easylife)


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Andre schrieb:
> Naja, was ich damit meinte, war, dass ich einen Draht mit größerem
> Durchmesser eben wegen des größeren Durchmessers weniger oft um einen 5
> mm langen Eisenstab wickeln kann (ich muss ja die genannten Durchmesser
> und Längeneinschränkungen einhalten).

Es spricht nichts dagegen, den Draht in mehreren Lagen hin- und 
herzuwickeln... Es muss nicht eine einzige Lage sein.

Andre schrieb:
> Was ich mich jetzt allerdings
> noch frage, ist, wie hoch die Leistung maximal sein darf, damit sich der
> Kupferdraht nicht allzusehr erwärmt (das sollte ja vom Drahtdurchmesser
> abhängig sein) - gibt es dafür irgendwelche Richtlinien oder Tabellen
> oder so?

Es gibt z.B. die Norm AWG (american wire gauge), da kannst du 
nachgucken, wie groß der Querschnitt für einen bestimmten Strom sein 
sollte.
Allerdings ist dies natürlich so ausgelegt, dass sich der Leiter kaum 
erwärmt.
Dein Kern wird eine gewisse kühlende Wirkung haben, insofern ist das 
schwer auszurechnen.
Am besten findet man das experimentell mit einem (Infrarot-)Thermometer 
raus.
Mit wenig Strom anfangen (z.B. Richtlinie AWG) und dann steigern, mit 
Temperaturmessung.
Wenn du dann irgendwann so 10-20K Erwärmung feststellst, würde ich es 
dabei belassen, einzelne Windungsabschnitte können sich dabei bereits 
deutlich mehr erwärmt haben.

Ansonsten könnte man natürlich die (Heiz-)Leistung ausrechnen, und 
überlegen, ob diese Wärme durch Konvektion an der Oberfläche 
abtransportiert werden kann... wird aber nicht einfach...

Nachtrag:
der Kern kühlt natürlich nur für eine kurze Zeit, vor allem wenn es nur 
eine Stecknadel ist.
Danach findet die Wärmeableitung ausschließlich über die Oberfläche 
statt.

: Bearbeitet durch User
von Peter R. (pnu)


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Für die Kraft, die ein Elektromagnet entwickelt, ist die Gesamtzahl der 
Feldlinien maßgebend. Verantwortlich sind  erstmal die Amperewindungen, 
das Produkt aus Ampere und Windungszahl der Spule. 10 AW können dadurch 
entstehen, dass 10 Windungen von 1 A durchflossen werden oder 100 
Windungen von 0,1 A. Einfache Relais arbeiten mit hunderten von 
Ampere-Windungen.
Je mehr Windungen desto weniger Strom, dafür aber mehr Spannung, wegen 
des Widerstandes des dünnen Drahts. Erste Grenze ist allerdings die 
Wärme, die in der Wicklung entsteht. Man kann also nur so viel Kraft 
erzeugen, wie die Wicklung von der Wärme her verträgt.

Mehr Effekt kann man durch Verwendung eines Eisenkerns erreichen. Nur 
ist ein dünner gerader Stab wohl die schwierigste Form. Da verläuft der 
größte Teil des Feldes in der Luft. Erst mit einem Kern, der den größten 
Teil des Feldes in Eisen verlaufen lässt und einen möglichst schmalen 
Luftspalt hat, lassen sich nennenswerte Kräfte erzeugen ohne gleich 
Rauch zu entwickeln.
Das sind dann sog. Elektromagnete wie sie in Magnetkupplungen, Relais 
usw. angewendet werden.

Bei einer Nadel als Kern lassen sich nur minimale Kräfte erzeugen, die 
gerade an der Grenze des Nachweisbaren liegen.
 Ein etwas dickere Schraube (M8 oder M10) mit so hundert Windungen 0,5mm 
drauf bringen Kraft , so von einem zehntel bis halben Newton.

Nebenbei: eine 9V-Batterie ist eine der verschwenderischsten Arten, 
Strom zu erzeugen.
 Ein altes Computernetzteil vom Schrott mit seinen 5V und vielen A 
Stromfähigkeit oder ein Trafo mit 20 bis 60W Leistung ist für solche 
ersten Versuche besser.

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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Andre schrieb:

> Ich benötige für ein kleines Projekt einen winzigen Elektromagnet

Da wäre es das einfachste, wenn Du ein Relais passender Grösse
"schlachtest". Wenn Du ein möglichst grosse Anzugskraft benötigst
musst Du die Spule stark überlasten. Dieser überhöhte Strom muss
natürlich sofort nach Anzug stark verringert werden.

von Jürgen D. (poster)


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Wie stark du die Windung erhitzen darfst hängt auch noch von der 
Einschaltdauer ab. Z.B. sind die Antriebsspulen in Modeleisenbahnweichen 
nur sehr kurzfristig bestrombar bevor sie durchbrennen. Meist sind da 
dann extra Unterbrecherschalter verbaut die die Spule abschalten.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Die ganze Anordnung soll ? Kraft entwickeln ?
Fuer Kraft bemoetigt man ein inhomogenes Magnetfeld. Nicht ein 
moeglichst starkes. Ich wuerd mal damit beginnen. Was fuer eine Kraft 
soll entwickelt werden, ueber welchen Weg ?

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