Forum: Haus & Smart Home Heizungsregelung - Erfahrungsbericht


von Dennis (Gast)


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Hallo Forum,

ich steuere/regle meine Heizung und Solaranlage seit einiger Zeit
mit Raspi und wollte mal berichten - für die die es interessiert.
Für die, die es nur halb interessiert: Fazit ist ganz unten

Die Hardware ist komplett zugekauft, beinhaltet 10 Relais, 16 
Temperatur-
eingänge, ein Onewireinterface und 3 Digitalausgänge. Die Software ist
in php geschrieben. Die vom Anlagenerrichter hergestellte Verkabelung 
(Temperatursensoren, Stromleitungen zu Aktoren) habe ich nach und nach 
von der alten Regelung auf meine umgeklemmt, sodass der 
Verdrahtungsaufwand überschaubar war.

Da ich die Solarregelung für weniger komplex als die Heizungsregelung 
hielt, habe ich mit der Solarregelung begonnen. Hier reicht ein simpler 
Vergleich der Speichertemperatur mit der Kollektortemperatur aus, um zu 
entscheiden, ob die Solarpumpe anlaufen soll oder nicht. Da ich zwei 
Speicher habe, gibt es ein Lade-Umschaltventil, welches ebenfalls 
angesteuert werden muss, sobald der aktuelle Speicher voll ist.
Es werden auch Wetterdaten dahingehend verarbeitet, dass die Software 
anhand der für den nächsten Tag erwarteten Sonnenstunden wird berechnet, 
wieviel Energie über Nacht wieder aus den Pufferspeichern herausgekühlt 
werden muss, um Stagnation zu verhindern.
Vier Sensoren an den Pufferspeichern liefern die dazu erforderlichen 
Daten, um den Füllgrad der Speicher zu bestimmen.

Die Heizung läuft erst seit ein paar Tagen über Raspberry, wobei als 
Hauptwärmequelle im Winter ein Holzvergaser vorhanden ist und eine 
Gastherme als Backup dient. Die Regelung des Holzvergasers ist noch die 
vom Hersteller mitgelieferte. Auch die Steuerung der Gastherme habe ich 
nicht angefasst. Sie stellt sicher, dass der Speicher, aus dem die 
Heizung bedient wird, immer mind. 35°C hat (Backup).
Was ist nun mit Raspi an der Heizung zu regeln? Es wird die Heizkurve 
berechnet und - wieder unter Berücksichtigung von Wetterdaten - die 
Heizungspumpe sowie die Heizkreisverteiler bedarfsgerecht geschaltet - 
spart viel Strom.
Weiterhin wird mit Raspi die Heizungsvorlauftemperatur geregelt. Da die
Sache sehr träge ist, wird nicht die Soll/Ist-Differenz zum Regeln 
benutzt sondern es wird zunächst der erforderliche Temperaturgradient 
und das Vorzeichen seiner Steigung ermittelt und dann wird quasi auf den 
Soll-Gradienten geregelt. Ist zumindest mein Ansatz, vielleicht gibt's 
da Besseres. Zumindest regelt sich die Temperatur so innerhalb vom 20 
Minuten auf 0.5°C ein und schwingt nicht über.

Alle Betriebsdaten werden in eine mysql Datenbank geschrieben und 
mitgeloggt, sodass man nette Kurven erzeugen kann. Über eine interne 
Webseite können auch alle Komponenten von Hand geschaltet werden und 
alle relevanten Zustände auf einen Blick erfasst werden. Bei Fehlern 
oder Anomalien gibt es eine Warnungs-email.

Fazit:
------
Die Programmierung der Steuerung war problemlos nach drei Tagen 
erledigt. Für Solaranlage und Heizung habe ich dann jew. noch ca. 1 
Woche die Daten beobachtet und hier und da etwas optimiert. Die 
Solarregelung läuft
seit Mai ohne dass ich mich drum kümmern muss und die Heizungsregelung 
ist bisher auch problemlos. Raspi in Verbindung mit einer ordentlichen 
Relais/ADC-Hardware scheint mir eine gute Kombination.
Da nun Solaranlage und Heizung die gegenseitigen Zustände kennen, können 
die beiden Regelungen unter Berücksichtigung der Wettervorhersage 
optimal zusammenarbeiten, was Strom und Brennstoffe spart.

von Amateur (Gast)


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Nur mal so im Vorbeigehen:

>Hier reicht ein simpler
>Vergleich der Speichertemperatur mit der Kollektortemperatur aus, um zu
>entscheiden, ob die Solarpumpe anlaufen soll oder nicht.

Bist Du Dir sicher?

Steht das Wasser im Kollektor, so wird eine Temperatur erreicht, die 
völlig unrealistisch ist. Also wird die Pumpe unnötig oft anspringen um 
dann das gespeicherte Wasser eventuell sogar im Kollektor abzukühlen.

von Amateur (Gast)


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Noch 'ne Kleinigkeit:

>Da die
>Sache sehr träge ist, wird nicht die Soll/Ist-Differenz zum Regeln
>benutzt sondern es wird zunächst der erforderliche Temperaturgradient
>und das Vorzeichen seiner Steigung ermittelt und dann wird quasi auf den
>Soll-Gradienten geregelt. Ist zumindest mein Ansatz, vielleicht gibt's
>da Besseres. Zumindest regelt sich die Temperatur so innerhalb vom 20
>Minuten auf 0.5°C ein und schwingt nicht über.

Es stimmt, im Normalfall gibt es in einem Haus keine Temperatursprünge. 
Allerdings nur, wenn man das Haus und nicht die Lufttemperatur misst. 
Mach mal in der kalten Jahreszeit, versuchsweise, ein Fenster auf und 
"vergiss" es zu schließen.

Dein Geschwindigkeitsansatz ist unabhängig davon aber höchst 
mittelprächtig.
Nach der Nachtabsenkung ist nicht zu erwarten, dass Du das ganze Haus 
innerhalb von 20 Minuten auf Vordermann bringst. Ist aber ein guter 
Ansatz zum Energiesparen.
Senkst Du die Temperatur, wegen vorhersehbarer Abwesenheit 
(Weihnachtsurlaub oder Skibenutzung) so kann es sogar viele Stunden 
dauern.

von Dennis (Gast)


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Amateur schrieb:
> Nach der Nachtabsenkung ist nicht zu erwarten, dass Du das ganze Haus
> innerhalb von 20 Minuten auf Vordermann bringst.


Bei mir bringt eine Nachtabsenkung nichts.
Es geht um die Regelung und um den Gradienten der Vorlauftemperatur der 
Fußbodenheizung, weiß nicht, ob das in meinem Ursprungspost so klar zu 
verstehen war. Die Vorlauftemperatur ist - soweit ich recherchiert habe 
- direkt von der Heizkurve abhängig und reagiert sowieso sehr träge. Da 
scheint mir ein  Gradientenregler passend. Eine Absenkung ist insofern 
vorgesehen, dass man auf der Bedien-Webseite einen Abwesenheitsmodus 
aktivieren kann. Lohnt aber erst ab ca. 3 Tagen.

von Niffko _. (niffko)


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gradientenregler wuerde mich jetzt spontan mal interessieren. könntest 
du da mal etwas ins detail gehen?

ich regele meinen buderus brennwertkessel (fussbodenheizung) mit einem 
rpi + ems-interface rücklaufgeführt über vorgabe der brennerleistung. 
probiere hier zwecks optimierung immer mal wieder andere 
regelungsansätze.


//niffko

von Niffko _. (niffko)


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Dennis schrieb:
> Hier reicht ein simpler
> Vergleich der Speichertemperatur mit der Kollektortemperatur aus, um zu
> entscheiden, ob die Solarpumpe anlaufen soll oder nicht.

baue auf jeden fall eine max. temp. (i.d.r. 120°C) ein, ab der die 
solarpumpe nicht mehr einschaltet. deine kollektoren werden dir sonst 
gut hörbar kundtun, dass sie das nicht mögen.

Amateur schrieb:
> Also wird die Pumpe unnötig oft anspringen um
> dann das gespeicherte Wasser eventuell sogar im Kollektor abzukühlen.

passiert aus o.g. grund nicht.



//niffko

von Dennis (Gast)


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Niffko _. schrieb:
> baue auf jeden fall eine max. temp. (i.d.r. 120°C) ein, ab der die
> solarpumpe nicht mehr einschaltet.

Nur so: Mindestens die Hälfte des Codes zur Steuerung meiner privaten 
Solar/Heizungsanlage beschäftigt sich mit Plausibilisierungen, 
Überwachungen und Fehlerreaktionen. Ganz vorne steht erstmal die 
Überwachung der Sensorversorgungsspannung. Die erwähnten 120°C sind nur 
die Spitze des Eisberges. Die Schwelle liegt bei mir übrigens bei 115°C.

>Gradientenregler wuerde mich jetzt spontan mal interessieren.
Ist eigentlich keine Raketenwissenschaft: Es geht um die Regelung
der Vorlauftemperatur der Fußbodenheizung mittels eines PID-Reglers.

Das Stellglied ist ein Mischer mit 2 Steuereingängen für "Kälter machen" 
und "Wärmer machen".
Wenn die Ist-Temperatur (Tist) zu weit von der Solltemperatur (Tsoll) 
entfernt ist - also mehr als 1 Kelvin, kann man (zumindest aus meiner 
Sicht) nicht einfach auf die Temperaturdifferenz regeln, weil das System 
zu träge ist und der I-Anteil sich zu stark aufziehen würde sowie P und 
D Werte liefern würde, die zum Regeln unbrauchbar sind.

Daher wird zunächst auf einen Sollgradienten geregelt- d.h. es wird der 
gewünschte Temperaturanstieg bzw. Abfall hin zur Solltemperatur 
geregelt.
Bsp: Wenn Tist 3 Kelvin unter Tsoll ist, regelt das System so, dass Tist
mit bspw. 0.5K/Minute in Richtung Tsoll steigt.

Wenn Tist nahe bei Tsoll ist, wird auf Temperaturregelung umgeschaltet.

Damit es beim Übergang von Gradientenregelung zu Temperaturregelung 
nicht
zu Überschwingern kommt, wird der Gradient flacher, je geringer die 
Differenz zwischen Tist und Tsoll ist.

Ich bin jetzt kein voll ausgebildeter Regelungstechniker, aber
es funktioniert so sehr gut. Falls hier ein Regelungstechnik-Profi 
mitliest, kann er ja mal kommentieren...

von Georg (Gast)


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Hallo Dennis,

>Die Hardware ist komplett zugekauft, beinhaltet 10 Relais, 16 Temperatureingänge

Was für eine Hardware verwendest Du ? Was für Temperatureingänge ? NTC ?

Ich wollte schon mit Wago 750 Modulen anfangen, aber insbesondere bei 
den Temperatureingängen wird man schnell arm. Für One-Wire müsste alles 
neu verkabelt werden.

Gruss Georg

von Tom P. (booner)


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Hei Georg,

meine Heizung wird auch mit Wago 750 geregelt.
Es gibt da nun eine 8-fach Temperaturmessklemme 750-451.

Für unter 200 Euro...

1Wire ist bei mir zusätzlich im Einsatz.
(Für das Profil des Schichtspeichers mit 70 Sensoren.)


Seit gestern läuft meine FBH mit einem PI Regler.
Einfach nur um eine konstante Vorlauftemperatur zu erreichen.
Mehr brauche ich eigentlich auch nicht. Die FBH ist nur aus 
Komfortgründen im Bad verbaut, damit die Fliesen an den Füßen angenehmer 
sind.



Grüße,

Tom

von Dennis (Gast)


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Georg schrieb:
> Was für eine Hardware verwendest Du ?

HVAC von emsystech.de

von Dennis (Gast)


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von Georg (Gast)


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@Tom: Als ich die Zweikanalklemme für 200EUR gesehen hatte, habe ich 
aufgehört. Aber die 750-451 ist durchaus interessant.

@Dennis: Vielen Dank für den Link! Sieht sehr gut aus. Die 
Programmierung in einer "richtigen" Programmiersprache (nichts gegen die 
Wago SPS :-) Webserver etc. gefällt mir sehr.

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