Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Einsatzgebiet SBC


von Frage (Gast)


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Hallo.

Die Anzahl der leistungsfähigen SBC (Single Board Computer) ist ja in 
den letzten Jahren enorm angestiegen.
- Raspberry Pi
- Beagle Bone
- Intel Galileo/Edison
- ...
um nur einige Beispiele zu nennen. Linux drauf ab geht die Post. 
Ethernet, WLAN etc... alles "relativ" einfach zu verwenden.
Für Bastler oder zum Prototypen-Bau sind diese ja hervorragend geeignet, 
aber werden diese oben genannten (und vergleichbare) auch in der 
Industrie eingesetzt? Angenommen z.B. für ein Produkt mit Stückzahlen 
<200 pro Jahr.

lg

von Pandur S. (jetztnicht)


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Ja, sicher, sobald man einen Grafikdisplay und 
Kommunikationsfaehigkeiten in Richtung Internet benoetigt.
Man kann einen PanelPC verwenden, mit Windows Embedded drauf, fuer 1000 
Euro oder so. Das ist fuer viele Applikationen zuviel. Dann nimmt man 
eben einen Linux SBC mit einem QT als visuelle I/O Library.

Das koennen irgendwelche Maschinensteuerungen, Prozesscontroller, 
irgendwas sein.

: Bearbeitet durch User
von m.n. (Gast)


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Frage schrieb:
> Die Anzahl der leistungsfähigen SBC (Single Board Computer) ist ja in
> den letzten Jahren enorm angestiegen.

Unter 'leistungsfähiger SBC' verstehe ich etwas anderes. Die Anzeige von 
bunten Bilder ist nur ein Teilbereich von 'Leistung'. Von einem SBC 
erwarte ich direkte Hardware-Unterstützung von Motorsteuerungen, 
Inkrementalgebern, Sensoren, ...

Bei 100er Stückzahlen würde ich eine Eigenentwicklung vornehmen, die auf 
die Aufgabe zugeschnitten aber nicht darauf eingeschränkt ist. Man 
bekommt die Lösung, die man braucht und vermeidet unnötigen Ballast.

von Operator S. (smkr)


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Frage schrieb:
> aber werden diese oben genannten (und vergleichbare) auch in der
> Industrie eingesetzt?

Ich kenne sehr sehr wenige, welche direkt diese in der Industrie 
verwenden. Häufiger kommen Computer/System on Modules (CoM/SoM je nach 
Hersteller) zum Einsatz, da das Board drumrum dann tatsächlich GENAU dem 
entspricht was man braucht. Dagegen werden CPU, Ram, Flash, fertig 
eingekauft und aufs Board gelötet oder gesteckt.
Siehe Phytec um nur einen von vielen zu nennen.

von Soul E. (Gast)


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Frage schrieb:

> Für Bastler oder zum Prototypen-Bau sind diese ja hervorragend geeignet,

Dafür sind sie auch gedacht. Gerade der Raspberry ist speziell für 
Ausbildungszwecke gedacht, deshalb hat man ausgehend vom Beagleboard 
alles weggelassen, was nicht unbedingt notwendig ist. Hauptsache billig, 
so dass man eine komplette Schulklasse ausstatten kann.

> aber werden diese oben genannten (und vergleichbare) auch in der
> Industrie eingesetzt? Angenommen z.B. für ein Produkt mit Stückzahlen
> <200 pro Jahr.

Dafür dürfte die Zuverlässigkeit nicht ausreichen. Man will nicht alle 
paar Wochen Raspian neu installieren weil die SD-Karte abgeschmiert ist, 
oder ein Lichtblitz den Spannungsregler erschreckt hat. Für industrielle 
Anwendungen gibt es den Anforderungen entsprechend geprüfte Embedded PCs 
oder SPS.

von R. R. (elec-lisper)


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Industrie stellt üblicherweise ziemlich hohe
Ansprüche an Robustheit und insbesondere auch langfristige
Verfügbarkeit der Hardware. Damit man die Komponente
auch noch in 6 oder 7 Jahren 1:1 austauschen kann.

Siehe hierzu die Phönix Contact IPC Valueline Rechner
mit Touchdisplay. Da kommt man unter 2500€ pro Rechner
nicht mit weg.

Raspberry PI ist toll zum rumspielen. Aber wenn man den
dann produktiv einsetzen will, kommen Fragen auf wie:
Woher Spannungsversorgung nehmen? Ups, ich hab keine
Internetanbindung und will trotzdem eine Uhrzeit für
meine Logfiles haben. Jetzt muss ich schon ein RTC-Board
dran basteln. Um ein Produkt für die Industrie draus
zu machen, muss man dann schon einiges an Entwicklung
leisten: Geschirmte Gehäuse, IPSonstwas-Festigkeit,
wie sieht es mit EMV aus?

Und dann Fragt dich dein Kunde nach einem Blitzschlag
3 Jahre später, warum das Ding nicht mehr läuft.
Dh. du bekommst einen zerbratenen Raspberry Pi B auf
deinen Tisch und darfst ihn austauschen. Mit was? Einem
Raspberry Pi 3 C? Oh, der braucht nen neuen Linux Kernel.
Son mist, jetzt läuft die Anwendung nicht mehr. Oh, die
Schnittstellen sind nicht mehr da wo sie sein sollten.

Etc. Usw. Bei mir auf Arbeit wurde damals die Entwicklung
eines kleinen SBC für einen Kartenleser in Auftrag gegeben.
Das ist jetzt zig Jahr her. Da haben wir jetzt noch ca.
10 oder 11 Stück auf Halde liegen, aber die Firma stellt die
jetzt nicht mehr her. Dh. wir stehen ca. genau vor diesem Problem.
Natürlich muss sowas dann auch draußen im Regen stehen können.

von Frage (Gast)


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Danke schon mal für die Antworten.

Mit "Industriell" habe ich mich vielleicht etwas falsch ausgedrückt.
Ich meinte natürlich nicht SBC als Steuerung in einem Walzwerk oder 
ähnliches :)
Eher als Bedien-Panel z.B. für Heizungssteuerungen oder Intercom...
Also nicht Industrie sondern eher als Produkt für den Privatkunden.

von R. R. (elec-lisper)


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Industriell sind auch reine (langsame/primitive) Anzeigen über 
ablaufende Prozesse. Oder eine einfache Eingabe/Registrierung über 
Barcodescanner. Oder wenn sowas in der Werkshalle im Feld laufen soll 
und einmal teuer entwickelt wird und dann auch grobschlächtige Bediener, 
die mit Zangen aufm Display oder so rum drücken, aushalten soll. Oder 
man daneben mitm Elektro-Schweißgerät arbeitet.

Klar, für den privaten Endkunden ist das ok, wenn du nach 1 Jahr keine 
"Ersatzteile" mehr liefern kannst. Der kommt mit seiner Garantie und 
bekommt ein Austauschgerät oder ein vergleichbares und gut ist.

Aber auch hier: Wenns ein fertiges Produkt werden soll, dann ist eh 
recht viel Entwicklungsaufwand notwendig. Und da rechnet sich ein 
kleiner spezial SBC vermutlich eher. Dh. man schneidet den SBC auf das 
Produkt zurecht, anstatt das Produkt um den Raspberry drumherum zu 
entwickeln. AKA Top-Down vs. Bottom-Up Entwicklungsansatz.

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