Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Verständnis-Problem_IC-Treiber Totzeit


von Martin H. (Gast)


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Liebe Hobbybastler,

ich habe eine sehr peinliche Frage (es ist mir eigentlich sehr 
unangenehm diese zu fragen) jedoch steh ich derzeit auf einem Schlauch 
und komm nicht weiter...

Also ich habe ein Halbbrücken-Mosfet-Treiber der eine Totzeit von 520ns 
hat. Soweit ich es verstanden habe, íst diese Funktion dazu da, um ein 
gleichzeitiges Einschalten des HS-Mosfets und LS-Mosfet zu vermeiden.

Und genau hier hängts mich auf.

Den Mosfet denn ich verwenden hat folgende Zeiten:

1)Turn-On-Delay Time:   17ns
2)Turn-Off-Delay Time:  42ns
3)Rise-Time:            230ns
4)Fall-Time:            110ns


Also angenommen der HS-Mosfet ist aktiv und ich will den LS-Mosfet 
aktivieren. Zuerst muss ich mal den HS-Mosfet "abschalten" d.h. es 
müssen zuerst Turn-Off-Delay Time und Fall-Time vergehen (110ns + 42ns = 
152ns).

Nach den 152ns ist der HS-Mosfet nicht mehr leitfähig und jetzt springt 
die Totzeit des Treibers ins Spiel. Es werden 520ns (Totzeit des 
Treibers) gewartet bis der LS "eingeschaltet" wird. Aber auch beim 
einschalten des LS-Mosfets werden 247ns gewartet(Turn-On-Delay + 
Rise-Time) und beim "abschalten" ist das selbe Spiel wie beim HS-Mosfet.

Stimmt dieser Gedanke oder liege ich da komplett falsch?

Lg Martin

von Falk B. (falk)


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Stimmt soweit.

von Martin H. (Gast)


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Vielen dank für die schnelle Antwort :)

Jedoch ist mir eines unklar und zwar warum braucht man eine Totzeiten 
wenn der mosfet eh zeit braucht bis er aktiv ist?

Lg Martin

von Michael U. (amiga)


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Hallo,

der Treiber weiß normalerweise nicht über die Schaltzeiten der MOSFets.
Der sagt: LS off und beginnt die Totzeit. Ist die zuende, sagt er HS on.

In den 520ns muß also die Summe der Reaktionszeiten der MOOSFets 
reinpassen.
1)Turn-On-Delay Time:   17ns
2)Turn-Off-Delay Time:  42ns
3)Rise-Time:            230ns
4)Fall-Time:            110ns
--------------------------------
                        399ns

Passt also, die Totzeit könnte also etwas kürzer sein, wenn diese Zeiten 
die Maximalzeiten sind.

Zumindest kenne ich das so.

Gruß aus Berlin
Michael

von Martin H. (Gast)


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Kommt beim "einschalten" des Mosfets auch nicht die Zeit dazu, die der 
Treiber braucht um die Gate-Charge Kapazität des Mosfets zu erreichen?

von Martin H. (Gast)


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Woowww vielen, vielen dank Michael das hat mir sehr geholfen :) das 
heißt die Totzeit und die Zeiten des Mosfets gehen in Ordnung?

von Ulrich F. (Gast)


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Die Gatewiderstände, falls vorhanden, können dir die Zeiten versauen.

von Martin H. (Gast)


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Ulrich F. schrieb:
> Die Gatewiderstände, falls vorhanden, können dir die Zeiten
> versauen.

Also bis jetzt habe ich nicht daran gedacht Gate-Widerstände zu 
verwenden, aber das Problem ist, dass ich bei einem Gate-Charge von 66nC 
und einen Treiberstrom von 130mA ungefähr 508ns brauch bis der Mosfet 
über leitfähig ist. Ist es hier besser einen anderen Treiber zu suchen 
der mehr Strom liefert oder soll ich ein Gate-Widerstand verwenden?

von Falk B. (falk)


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@Martin H. (Gast)

>Also bis jetzt habe ich nicht daran gedacht Gate-Widerstände zu
>verwenden,

Braucht man in bestimmten Fällen auch nicht.

> aber das Problem ist, dass ich bei einem Gate-Charge von 66nC
>und einen Treiberstrom von 130mA ungefähr 508ns brauch bis der Mosfet
>über leitfähig ist. Ist es hier besser einen anderen Treiber zu suchen

Ja.

>der mehr Strom liefert oder soll ich ein Gate-Widerstand verwenden?

Eher nicht.

von Martin H. (Gast)


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OK verstehe vielen Dank für die Antworten.

Ich nerve schon aber eine Frage macht mir noch immer Kopfzerbrechen...

Warum muss die Totzeit des Treibers größer sein als die die ganzen oben 
angeführten Reaktions-Zeiten des Mosfets (hierzu kommt auch die 
Mosfet-Zeit, die man braucht um den Gate-Charge-Wert des Mosfets zu 
erreichen oder?) ?

Lg Martin

von Seraptin (Gast)


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Weil der Designer von dem Treiber-IC ja nicht weiß was für einen MOSFET 
und welchen Gatewiderstand du verwenden wirst. Also nimmt der einfach 
eine plausible Totzeit für seinen Treiber und du musst dann deine 
Schaltung so auslegen dass die Totzeit passt.

Alternativ gibt es auch Treiber bei denen du die Totzeit einstellen 
kannst...

von Amateur (Gast)


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Stell Dir doch einfach die Fets als "Echte" Schalter vor.

Der oben ist geschlossen und
der unten ist offen. (Oder umgekehrt)

Jetzt wird das Gate des oberen geladen (öffnen) und
gleichzeitig wird das untere Gate (schließen) entladen.

Versucht man dies tatsächlich gleichzeitig zutun, so kann es sein, dass 
der obere SCHON leitet (je nach Ein-Schaltzeit) und der untere NOCH 
leitet (ebenfalls je nach Aus-Schaltzeit). In diesem Falle hast Du einen 
(mehr oder weniger) Kurzschluss von Plus nach Minus.

Das mögen weder Deine Stromversorgung noch Deine Fets.

Aus diesem Grund sollten an dieser Stelle geregelte Verhältnisse 
herrschen. Oder anders ausgedrückt: 's darf ruhig ein bissel mehr sein.

von Martin H. (Gast)


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Ahhh super danke jetzt ist es mir klarer :)

Die Gate-Charge Auflade-Zeit des Mosfets muss aber auch berücksichtigen 
oder, sprich die muss ich zur Reaktionszeit des Mosfets dazuaddieren, 
welches kleiner als die Totzeit sein sollte?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Martin H. schrieb:
> Die Gate-Charge Auflade-Zeit des Mosfets muss aber auch berücksichtigen
> oder, sprich die muss ich zur Reaktionszeit des Mosfets dazuaddieren,
> welches kleiner als die Totzeit sein sollte?

Das ist ein normaler RC Tiefpass mit Grenzfrequenz, wenn du den 
Quellwiderstand deines Treiberausgangs und die Gatekapazität des MOSfet 
in Betracht ziehst. Ein etwaiger Gatewiderstand kommt da noch hinzu.
Der Sinn eines Gatewiderstandes ist es, den Strom durch den Treiber 
nicht zu hoch werden zu lassen, stell dir das Gate als völlig leeren 
oder vollen Kondensator vor, der schlagartig geladen oder entladen 
werden soll. Das ist in den ersten paar ns praktisch ein Kurzschluss - 
dieser Strom muss vom Treiber geliefert bzw. aufgenommen werden. Hoher 
Treiberstrom lädt und entlädt das Gate also schnell - niedriger 
Treiberstrom langsamer.

von Martin H. (Gast)


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Ok verstehe vielen Dank. Ich glaube am Anfang lass ich die 
Gatewiderstände weg und probiere es mal aus, aber vielen Dank nochmals.

Lg Martin H.

von W.S. (Gast)


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Martin H. schrieb:
> Ich glaube am Anfang lass ich die
> Gatewiderstände weg

Ja.
Gatewiderstände sind genau dort gut, wo man einen FET mit einem Pin 
eines µC oder so und ganz langsam schalten will. Sie dienen dazu, dß der 
µC sich beim Umladen der Cgs aufhängt.

Wenn man hingegen einen Antrieb oder einen Schaltwandler oder so machen 
will, dann sind Gatewiderstände pures GIFT. Nicht umsonst gibt es 
FET-Driver a la TC4429, die L-->H mit bis zu 2 Ampere und H--L mit bis 
zu 6 Ampere treiben können. Das betrifft nämlich nicht nur Cgs, sondern 
auch die Miller-Kapazität.

W.S.

von Martin H. (Gast)


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Hallo Leute,

ich brauch wieder mal euren Rat...

Ich verwende IR2183 als Mosfet-Treiber, welches eine Tot-Zeit von 500ns 
aufweißt und einen Strom von 1.4A liefert...eigentlich eine tolle sache, 
da meine Mosfet-Reaktionszeit (399ns) + Aufladen der Gate-Charge 
Kapazität mit 1.4A (47ns) noch schön unterhalb der Totzeit des Treibers 
(399ns + 47ns = 447ns < 500ns) liegt...jedoch ist mir eines aufgefallen 
unszwar wenn ich mit 1.4A in 47ns die Gate-Charge Kapazität des Mosfets 
auflade entstehen da mitsicherheit enorme Induktionsspannungen und 
ebenso EMV Probleme....

Deshalb hab ich mir überlegt, den Mosfet Treiber IR21834 zu verwenden, 
wo ich die Totzeit mittels einen Widerstand auf 1us hochschraube und 
durch einen Gatewiderstand den Strom so runterschraube, dass sich die 
Gate-Charge kapazität in ca. 200ns aufladet...

Meine Frage ist jetzt, ob das sinnvoll und auch empfehlenswert wäre??

Meine zweite Frage wäre, ob sich die Ton/Toff des treibers der Totzeit 
dazu addiert und 1us als totzeit üblich und auch empfehlenswert ist?

Martin H.

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