Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Trofos, Übertager, Iduktiitäten - Siefkinder der Elektronik?


von Induktor (Gast)


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Hallo

fast immer werden Übertager, (Ferrit-)trafos und Induktivitäten in 
Stromlaufplänen sehr zurückhaltend kommentiert, d.h. oft wird gar nichts 
weiter angegeben, manchmals die Iduktivität bei Spulen sonst aber oft 
nichts weiteres.

Selbst in Datasheets (ICs) werden notwendige Induktive Bauelemente oft 
nur grob beschrieben evtl. also die Induktivität und Strombelastbarkeit.
Wickelschema (Übertrager), welches Kernmaterial usw. werden oft 
übergangen.
Sehr oft wird nur ein geeignter Trafo, Übertrager, Spule bestimmter 
Hersteller mit einer nichtsagenden Teilenummer angegeben.

Warum ist das so?

Sind aber z.B. besondere Kondensatoren, Widerstände u.ä. notwendig oder 
verwendet worden wird das so gut wie immer im Schaltplan als auch im 
Datasheet angegeben.

Induktor

von hinz (Gast)


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Induktor schrieb:
> Sehr oft wird nur ein geeignter Trafo, Übertrager, Spule bestimmter
> Hersteller mit einer nichtsagenden Teilenummer angegeben.

Das ist bei anderen Bauteilen nicht anders.


> Warum ist das so?

Weil Datenblätter keine Lehrbücher sind.

Zwischen Datenblättern und Lehrbüchern findest du AppNotes.

von Bürovorsteher (Gast)


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> Selbst in Datasheets (ICs) werden notwendige Induktive Bauelemente oft
> nur grob beschrieben evtl. also die Induktivität und Strombelastbarkeit.

Mehr braucht man dann offensichtlich nicht zu beachten.

> Sehr oft wird nur ein geeignter Trafo, Übertrager, Spule bestimmter
> Hersteller mit einer nichtsagenden Teilenummer angegeben.

Das ist völlig i.O.
Es sei denn, du willst die Teile mit maximalem Aufwand selbst 
herstellen.

Wickelst du deine Folienkondensatoren auch selbst?

von Peter R. (pnu)


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Induktivitäten sind nicht die Stiefkinder sondern die Superzicken der 
Elektrotechnik.
Nahezu kein Bauteil erfordert so viel Kenntnis und Verständnis wie eine 
Induktivität.

-Magnetfeld mit Induktion ist sowieso eine Abstraktion für sich

-Induktivität tritt nie alleine auf: Verlustwiderstand und 
Streukapazität gehören immer dazu

-Magnetfeld lässt sich nicht einpacken: L hat nahezu immer ein Streufeld 
bzw. nimmt nahezu immer Fremdfeld auf

-Der Frequenzbereich, in dem eine Induktivität ihre gewünschten 
Eigenschaften hat ist gering: sehr oft nur 1:10  zwischem höchster und 
niedrigster Anwendungsfrequenz

-Als Krönung kommt die Nichtlinearität aller Magnetmaterialien dazu

-Die bei Sättigung ins absolut eigenwillige Verhalten abdriftet

Für eine genaue (allgemeine, nachbaubare) Beschreibung bräuchte man 
viele Seiten. Eine fertig aufgebaute Version eines Herstellers ist da 
die einfachste Lösung. In Application notes fast immer so gelöst.

Die Wirklichkeit ist dann nicht ganz so schlimm und ähnlich wie bei 
einem bestimmten Transistor in einer Schaltung:

Der Könner versteift sich nicht auf einen bestimmten Typ sondern nimmt 
irgendeinen ähnlichen und prüft, ob der es auch tut.

von Matthias W. (matzepan)


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Bei den reinen Induktivitäten gibt es Serienprodukte und somit auch 
meist mehr oder minder gute Datenblätter (zB. Hartu, Kaschke, VAC).

Anders sieht es bei Transformatoren (Übertragern) aus:
Für Netzfrequenzanwendungen gibt es Serien (zB. Steuertransformatoren)
Für NF- und HF-Anwendungen gibt es keine oder nur sehr wenige 
Serienprodukte
(früher zB. Zeilentrafos für TV)

Schon allein wegen der vielen Parameter, die man beeinflussen kann bzw. 
die sich dann gegenseitig beeinflussen, ist es schwer, ein 
Serienprogramm sinnvoll vermarktbar aufzumachen. Ein Übertrager ist 
immer ein Kompromiss und Kompromisse sind niemals allgemein anwendbar.

Dazu kommt, dass sich auch die Entwicklungsabteilungen der verschiedenen 
Netzteilhersteller nicht auf ein gemeinsamen Parametersatz einigen 
können oder wollen. Die kochen alle ihr jeweils eigenes Süppchen. 
Meistens entwickeln diese ihre Übertrager sogar selbst und lassen nur 
fertigen.

Das sind meine Erfahrungen aus über 20 Jahren im Trafobau.

von Kevin K. (nemon) Benutzerseite


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Bin auch gerade dabei, mehrere Netzteile zu bauen und stelle fest, dass 
getestete und erprobte Transformatoren sich garnicht so leicht komplett 
beschreiben und berechnen lassen. Alleine schon im Vorfeld zu ermitteln, 
wie nah ein Flyback-Kern an der Sättigung ist, ist nicht trivial, oder 
wie sich deren Ströme beim Off-Cycle in den 4 Sekundärwicklungen 
verhalten. Da stoße ich in der Literatur auch stets auf nur dünne 
Dokumentation.
Es war aber auch bislang so, dass mit ein wenig Erfahrung man aus 
bestehenden Designs andere ableiten kann, ohne gleich riesen Untiefen 
des Transformatordesigns aufzumachen. Von daher ist es, wie gesagt, oft 
garnicht notwendig, jedes Detail zu kennen.
Wer will, kann bei Spulen und Trafos aber viel Energie verwenden und 
diese optimieren. Ob man es immer unbedingt muss sei dahingestellt.

von Carsten P. (r2pi)


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Peter R. schrieb:
> Induktivitäten sind nicht die Stiefkinder sondern die Superzicken der
> Elektrotechnik.

Ähm, wieso?

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Carsten P. schrieb:
> Peter R. schrieb:
>> Induktivitäten sind nicht die Stiefkinder sondern die Superzicken der
>> Elektrotechnik.
>
> Ähm, wieso?

Lies halt einfach weiter, was Peter noch so geschrieben hat.

von Possetitjel (Gast)


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Induktor schrieb:

> Hallo [..]

Hallo.

Was sind "Trofos"?
Was sind "Übertager"?
Was sind "Iduktiitäten"?
Und was sind "Siefkinder"?

Besonders die "Iduktiitäten" mit einer Levenshtein-Distanz
von immerhin 2 sind interessant.

von Uwe B. (uwe_beis)


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Possetitjel schrieb:
> Was sind "Trofos"?
> Was sind "Übertager"?
> Was sind "Iduktiitäten"?
> Und was sind "Siefkinder"?

Alles nahe, aber weniger populäre Verwandte der hier schon über 1000 Mal 
beschriebenen Transitoren. 
(https://www.mikrocontroller.net/search?query=transitor&forums[]=1&forums[]=19&forums[]=9&forums[]=10&forums[]=2&forums[]=4&forums[]=3&forums[]=6&forums[]=31&forums[]=17&forums[]=11&forums[]=8&forums[]=14&forums[]=12&forums[]=7&forums[]=5&forums[]=15&forums[]=13&forums[]=18&forums[]=16&max_age=-&sort_by_date=0).
Diese Begriffe aus dem Fachgebiet der Elektonik werden jetzt aber in die 
Elektronik inkludiert.

: Bearbeitet durch User
von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, Induktor,

warum das so ist? Minimierung unnötigen Aufwandes.

> fast immer werden Übertrager, (Ferrit-)trafos und Induktivitäten in
> Stromlaufplänen sehr zurückhaltend kommentiert,

Für die Wiederbeschaffung genügen ja auch Bestellnummer und Lieferant, 
beides in der Stückliste. Die Angabe "x uH" ist ja schon Luxus für 
Leute, die mehr lösen können als Stücklisten.

Wozu sollte der Entwickler Romane in seinen Schaltplan schreiben, oder 
auch kürzere Texte?

> Wickelschema (Übertrager)
Kundenspezifisch zu wickelnde Trafos werden natürlich genauer 
spezifiziert.

Ciao
Wolfgang Horn

von Induktor (Gast)


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Hallo

Danke für die ganzen Erklärungen.
Das "Problem" liegt wohl nicht nur auf der technischen Seite sondern 
auch darin das Seitens der Hersteller kein Interesse darin besteht das 
Schaltungen von Hobbyisten nach gebaut, verändert und verstanden werden.
Verständlich aber trotzdem Schade.
Was fehlt wären Tutorials wo z.B. Schritt für Schritt erklärt und 
praktisch (Vorrechnen mit den Taschenrechner, Onlinesuche, 
Alternativensuche...) vorgeführt wird wie ein Übertrager, ein 
Ferrittrafo... für ein Schaltnetzteil oder ähnliches ausgewählt und 
realisiert wird.

Induktor

von Matthias W. (matzepan)


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In den ganz alten Siemens/Epcos-Ferrit-Handbüchern (vor 2000) gab es 
Erläuterungen und Formeln zur Dimensionierung von Ferritbauteilen, 
jedoch nicht zu den zugehörigen Ansteuerungen.

Ansonsten ist das Thema tatsächlich so komplex, wie das Fehlen der 
Tutorials vermuten lassen könnte und vieles wird via Try&Error 
fertiggestellt.

Vergleiche doch spasseshalber einmal das Ersatzschaltbild eines 
Transformators (Übertragers) mit dem eines Kondensators, einer Diode 
oder eines Widerstands.

von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, "Induktor",

> Was fehlt wären Tutorials wo z.B. Schritt für Schritt erklärt und
> praktisch (Vorrechnen mit den Taschenrechner, Onlinesuche,
> Alternativensuche...) vorgeführt wird wie ein Übertrager, ein
> Ferrittrafo... für ein Schaltnetzteil oder ähnliches ausgewählt und
> realisiert wird.

Das findet sich schon, zumindest in Einzelteilen:

1. Gute Hinweise sind bei Funkamateuren zu finden, beispielsweise bei 
http://www.aatis.de/content/ e.V. mit Bastelprojekten für Schüler.

2. Applikationschriften von Siemens/EPCOS und Valvo/NXP habe ich 
stapelweise. Mit Hinweisen zur Dimensionierung von beispielsweise 
Sperrschwingern bis hin zur Aufteilung "wie viel Ferrit, wie viel Kupfer 
darin?"

Ich vermute, wenn Du die Applikationsschriften durchgeackert hast, dann 
hast Du, was Du wolltest. Sogar Programme zum Design.

Ich empfehle Dir: Such Dir bei www.DARC.de den nächsten Bezirksverein, 
dessen nächste Monatssitzung, lad Dich ein, vielleicht ist da ja gerade 
ein Bastelprojekt für Schüler am Laufen.

Ciao
Wolfgang Horn

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