Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Strombegrenzungsschaltung analysieren


von Arsch N. (arschnelson)


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Hallo,

ich sitz wie hier (Beitrag "Step-up Wandler dimensionieren") 
immernoch über der Schaltung meines Vorgängers, die ich verstehen muss, 
damit ich nachvollziehen kann, was gemacht wurde.

Der angehangene Schaltungsteil ist dazu da, dass der maximale Strom auf 
100mA begrenzt wird. Über Kanal 1 kommt ein getaktetes Signal rein, 
sodass letztendlich der Kollektorstrom von dem PNP-Transistor ebenfalls 
getaktet wird. Was mit dem Teil von Kanal 1 passiert, der aus dem Bild 
läuft ist nicht von Bedeutung.

Ich tu mich gerade etwas schwer bei der Dimensionierung der Widerstände 
R2 und R14 beim PNP-Transistor und den Widerständen von dem 
NPN-Transistor.

Was ist bekannt:

*UB sind 120 V
*Icmax 100mA


Laut Datenblatt hat der PNP Transistor ein Verstärkungsfaktor von 50 bei 
Ic=-50mA.
Wenn ich den benötigten Basistrom errechne komme ich auf 
Ib=(0,1A/50)=2mA.

Über den NPN Transistor wird der Basisstrom von dem PNP-Transistor 
begrenzt. Somit muss ich den Basiswiderstand bei 5V berechnen. Der 
NPN-Transistor hat einen Verstärkungsfaktor von 60. Somit ergibt sich 
für IB=(0,002A/60)=33µA. Das ergibt wiederum einen Widerstand von
Rb=(Ue-0,7V)/33µA=130k. Nun habe ich im Forum hier gelesen, dass man 
diesen Wert nochmals durch 3 oder 4 teilen muss, damit der Transistor 
zuverlässig durchsteuert. Das wären dann 32k für Rb.

Er kommt aber auf 4,7k. Was mache ich verkehrt und wie berechne ich die 
Widerstände für den PNP-Transistor, damit da maximal 100mA rauskommen?

Vielen Dank :)

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Arsch N. schrieb:
> Laut Datenblatt hat der PNP Transistor ein Verstärkungsfaktor von 50 bei
> Ic=-50mA.
Mit einer Streuung von +200 und -50%. Oder so.

> Wenn ich den benötigten Basistrom errechne komme ich auf
> Ib=(0,1A/50)=2mA.
Der Trick liegt an einer "konstanten" Spannung am POT1. Und daraus 
folgend einer "konstanten" Spannung am R16 und daraus folgend einem 
"konstanten" Strom über U$11. Und dieser Strom steht dann dem U$12 und 
dem R14 zur Verfügung. Und je mehr Spannung nun am R2 abfällt, um so 
mehr Spannung fällt auch am R14 ab, umso mehr Strom fließt durch den R14 
und um so weniger Strom bleibt dem U$11. Deshalb macht der dann 
irgendwann (mehr oder weniger) dicht und begrenzt den Strom.

Persönlich finde ich das Design aber ein wenig wackelig, zufällig und 
temperaturabhängig. Warum musst du das überarbeiten?

> Er kommt aber auf 4,7k.
Ausprobiert?

: Bearbeitet durch Moderator
von MaWin (Gast)


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Arsch N. schrieb:
> Über den NPN Transistor wird der Basisstrom von dem PNP-Transistor
> begrenzt.

Schaltungen, die einen Ausgangsstrom durch einen um den 
Stropmverstärkungsfaktor geringeren Basisstrom begrenzen wollen, taugen 
prinzipiell gar nichts. Die Stromverstärkung unterliegt hohen 
Exemplarstreuungen und ist vom Kollektorstrom abhängig, also komplett 
ungenau.

Würde man in einer kaputt gegangenen Schaltung den Transistor durch ein 
neues Exemplar ersetzen, kommt ein ganz anderer Strom bei raus. Dann mit 
einem Poti nachzujustieren, ist unterste Provizliga der Hobbybastler.

An der Schaltung gibt es nichts sinnvolles zu analysieren.

Es gibt viele zuverlässig funktionierende Strombegrenzungen auch für 
120V mit weniger Bauteilen.

Der PMBT5401 ist auch Schwachsinn, der kann höchstens die 120V auf 
117.5V reduzieren, um die 100mA auszuregeln, danach stirbt er an 
Überhitzung.
1
+120V ---+---+
2
         |   |
3
         |  6R8
4
        E|   |
5
     PNP >|--+
6
         |   |
7
         |   |E
8
         +--|< PNP
9
    NPN  |   |
10
PWM ----|<   +-- out
11
         |E
12
        1k
13
         | 
14
        GND

[/pre]

von Possetitjel (Gast)


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Lothar M. schrieb:

> Persönlich finde ich das Design aber ein wenig wackelig,
> zufällig und temperaturabhängig.

Das ist sehr höflich ausgedrückt.

Die Schaltung ist "broken by design", denn sie verlässt
sich in ihrer Kernfunktion darauf, dass die Stromverstärkung
des PNP-Transistors von vornherein genau bekannt ist. Das ist
ein Kunstfehler.

Von der "Kleinigkeit", dass der PMBT5401 ein SOT23-Gehäuse
hat und im Kurzschlussfall 12 Watt aushalten muss, reden
wir mal gar nicht.

Tut es wirklich dermaßen weh, mal das Kapitel "Stromquellen
mit Transistoren" im Tietze/Schenk zu lesen?

von substB (Gast)


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Naja, ganz so schlimm ist es um die Stabilität nicht bestellt, da durch 
die Emitterwiderstände nicht die Stromverstärkung sonden nur die 
(temperaturabhängige) Ube für den Strom bestimmend ist.

Bei Il=100mA fallen an R2 1,1V ab. Damit U$11 leitet, kommt seine 
Ube~0,7V hinzu. Der Strom durch R14 muß also einen Spannungsabfall von 
1,8V erzeugen d.h. 0,15mA betragen.
Ähnlich arbeitet auch U$12 mit R16 und dem Spannungsteiler an der Basis. 
Wenn das Signal an Kanal1 0V hat sperrt U$12 und damit auch U$11 
komplett.

Einige Details zu solchen Schaltungen finden sich u.a. auch bei
http://www.elektronik-kompendium.de/public/schaerer/currled.htm

Allerdings würde ich das ganze vor allem auch im Hinblick auf das 
Schaltverhalten erst einmal simulieren.

von ArnoR (Gast)


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substB schrieb:
> Naja, ganz so schlimm ist es um die Stabilität nicht bestellt, da durch
> die Emitterwiderstände nicht die Stromverstärkung sonden nur die
> (temperaturabhängige) Ube für den Strom bestimmend ist.

Was leider nicht stimmt. Denn das:

> Bei Il=100mA fallen an R2 1,1V ab. Damit U$11 leitet, kommt seine
> Ube~0,7V hinzu. Der Strom durch R14 muß also einen Spannungsabfall von
> 1,8V erzeugen d.h. 0,15mA betragen.

übersieht, dass die Stromverstärkung nur etwa 130 ist und einen 
Basisstrom von ca. 0,77mA erfordert.

von substB (Gast)


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ArnoR schrieb:
> substB schrieb:
> Was leider nicht stimmt. Denn das:
>
>> Bei Il=100mA fallen an R2 1,1V ab. Damit U$11 leitet, kommt seine
>> Ube~0,7V hinzu. Der Strom durch R14 muß also einen Spannungsabfall von
>> 1,8V erzeugen d.h. 0,15mA betragen.
>
> übersieht, dass die Stromverstärkung nur etwa 130 ist und einen
> Basisstrom von ca. 0,77mA erfordert.

Daher ist der Summenstrom Ic(U$12) ja einstellbar. Die sinkende 
Stromverstärkung mit zumehmendem Kollektorstrom - hfe~100@Ic=100mA (1) 
stabilisiert jedenfalls den Arbeitspunkt. Über eine 
Temperaturabhängigkeit schweigt allerdings das DB.

Wie auch immer - ich hab nicht behauptet, dass die Lösung ideal ist, 
sondern nur angemerkt, dass es keine Katatrophenschaltung (2) ist und 
wollte dem TO einen Ansatz zur Dimensionierung und ggfls. Verbesserung 
liefern.

(1) Fig. 2 http://www.nxp.com/documents/data_sheet/PMBT5401.pdf
(2) Abgesehen von
MaWin schrieb:
> Der PMBT5401 ist auch Schwachsinn, der kann höchstens die 120V auf
> 117.5V reduzieren, um die 100mA auszuregeln, danach stirbt er an
> Überhitzung.

von Possetitjel (Gast)


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substB schrieb:

> Naja, ganz so schlimm ist es um die Stabilität nicht bestellt,

Doch.

> da durch die Emitterwiderstände nicht die Stromverstärkung
> sonden nur die (temperaturabhängige) Ube für den Strom
> bestimmend ist.

Nein.

U12 ist in ziemlich guter Näherung eine Stromsenke. Die
Kollektorspannung von U12 - also gleichzeitig die
Basisspannung von U11 - ist unbestimmt; lediglich der
BasisSTROM von U11 wird durch U12 bestimmt.

Anders ausgedrückt: Die Emittergegenkopplung von U11
wird durch die Stromsteuerung außer Kraft gesetzt. Es
wäre eine Spannungssteuerung notwendig.

In der vorliegenden Schaltung geht die Stromverstärkung
von U11 voll als Fehlergröße ein.

von substB (Gast)


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Possetitjel schrieb:
> In der vorliegenden Schaltung geht die Stromverstärkung
> von U11 voll als Fehlergröße ein.

Bist du dir da sicher? Der Knick in der Simulation ist jedenfalls 
hypsch.

von Possetitjel (Gast)


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substB schrieb:

> Possetitjel schrieb:
>> In der vorliegenden Schaltung geht die Stromverstärkung
>> von U11 voll als Fehlergröße ein.
>
> Bist du dir da sicher?

Naja, was "voll" ist, liegt im Auge des Betrachters...

> Der Knick in der Simulation ist jedenfalls hypsch.

Stattgegeben.

In Deiner Schaltung ist das Verhältnis aus R2 und hfe*Re
günstiger als in der Ursprungsschaltung, d.h. die
Verhältnisse an der Basis gehen tendenziell mehr in
Richtung "Spannungssteuerung". Je größer Du R2 wählst
und je kleiner Du I1 machst, desto schlechter wird das
Verhalten der Schaltung.

Bei 10 k und 0.2 mA wird das schon recht übel aussehen...

von MaWin (Gast)


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substB schrieb:
> Bei Il=100mA fallen an R2 1,1V ab. Damit U$11 leitet, kommt seine
> Ube~0,7V hinzu. Der Strom durch R14 muß also einen Spannungsabfall von
> 1,8V erzeugen d.h. 0,15mA betragen.

Natürlich, aber damit durch R14 die 0.15mA fliessen, muss Richtung U$12 
diese 0.15mA+IB fliessen, und da IB = IC * Stromverstärkung ist, diese 
Stromverstärkung irgendwo zwischen 50 und 200 liegt, also 0.15+0.5mA, 
oder 0.15+2mA, also irgendwas mit so grosser Toleranz, dass der Begriff 
Konstantstrom konterkariert wird.

Dass bei gegebener Stromverstärkung das Ding irgendwohin den Strom 
begrenzt, hilft da wenig.

von Arsch N. (arschnelson)


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Vielen Dank für die Antworten. Ich muss das erstmal verarbeiten :)

Ich muss die Schaltung nicht überarbeiten. Ob da jemals wieder was dran 
gemacht wird, wage ich zu bezweifeln. Ich bin jetzt nur für das Projekt 
zuständig und ich habe den Anspruch das zu verstehen, wenn doch mal 
Fragen aufkommen sollten.

Die Schaltung mag Schwachsinn erscheinen. Für das Produkt wohl 
ausreichend, da es ein Produkt ist, was im untersten Preissegment 
angesiedelt ist. Aber das ist egal.

von substB (Gast)


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MaWin schrieb:
> Dass bei gegebener Stromverstärkung das Ding irgendwohin den Strom
> begrenzt, hilft da wenig.
Auch wenn mein Schaltungsname unpassend war, ging ich davon aus, dass es 
Nelson um so eine einstellbare Begrenzung ging.

Aber ihr habt mich bekehrt. Ich habe den Einfluss von hfe unterschätzt.

Erst hab ich mich noch gefreut (uc_ilim1_1.png), jedoch ist das - auch 
nicht mehr bei NXP vorhandene - Modell ziemlich unglaubwürdig, was das 
Temperaturverhalten betrifft (PMBT5401_test.png). Mit einem ähnlichen 
2N5401 wird die Stromeinstellung tatsächlich unbrauchbar, bevor das Teil 
den Hitzetod stirbt (uc_ilim1_3.png).

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