Hallo Zusammen, Ich würde gerne wissen wie in der Praxis Schaltungen entwickelt werden. Wird dort die komplette Schaltung durch Formeln berechnet? Oder doch viel Simuliert. Oder wie erfolgt z.b die Schaltungen analysiert? Wenn ich mir diese Schaltung mal genau betrachte: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6c/Fluorescent_Lamp_Inverter.png Ich hab zu jedem Bauteil die Grundlagen erarbeitet…könnte aber nicht sagen was die Schaltung genau macht. Gibt es hierfür bestimmte Techniken um Schaltungen besser zu analysieren? Ist hoffe obwohl die Fragen sehr speziell sind, dass mir jemand eine Antwort geben kann. Vielen Dank Tom
Die Leute, die die meiste Ahnung haben, nutzen LT Spice, und das sind Analog-gurus. Ich beneide die so sehr! Von Leuten mit 30+ Jahren Berufserfahrung hätte ich das nicht gedacht (ich, jämmerliche 30+J alt, davon 15J. an Praxis im analogen Bereich). Die wissen mehr als 95% der Professoren an Unis. Ich denke LT Spice ist so nah an der Realität (mittlerweile), dass man durch aus den Anfang(!) eines Produktes damit planen kann. Und schnell ist es auch. Erstaunlich, wie manche damit umgehen können. Man kann sogar die Umgebungstemperatur der Schaltung bestimmen. Das ändert ja auch viele Faktoren. Aber mit 08/15 Wissen in der Analogelektronik (nicht alles geht mit nem µc), kommt man nicht weit. Schaltungsentwicklung in Deutschland stirbt sicherlich auch aus (dauert aber noch 50 Jahre), da die Leute von der Uni nichts/kaum was drauf haben. Das sehe ich immer wieder an den Praktikanten, die vorbei kommen.
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L1 hat drei Wicklungen, ohne Windungszahl und ohne Wissen über die Funktion wird es schwierig. Irgendwie wird der Zündimpuls erzeugt und auch die notwendige Betriebsspannung.
Lutz H. schrieb: > L1 hat drei Wicklungen, ohne Windungszahl und ohne Wissen über > die > Funktion wird es schwierig. Irgendwie wird der Zündimpuls erzeugt und > auch die notwendige Betriebsspannung. Genau. Das wollte ich auch sagen. Aber ich war mal wieder zu langsam.
Tom D. schrieb: > Ich hab zu jedem Bauteil die Grundlagen erarbeitet…könnte aber nicht > sagen was die Schaltung genau macht. Auf Grund seiner Aufgabe muss es was sein was schwingt. Tom D. schrieb: > Gibt es hierfür bestimmte Techniken > um Schaltungen besser zu analysieren? Ich hätte beinahe sowas wie "Einfühlungsvermögen" geschrieben. :) Spannung liegt an -> C2 lädt sich in Kurve auf -> C1 lädt sich über R1 in Kurve auf -> über D1 lädt sich die Reihenschaltung von c3 und C4 auf -> DIAC sagt: "den Rotz mach ich nicht mit" und bricht beim Erreichen seiner Zündspannung + Ube Transistor durch -> C3/C4 entladen sich nun über den angesteuerten unteren Transistor -> L1-W3 sorgt als Trafo mit W1 und W2 für nun wechselseitiges durchsteuern und sperren der beiden Transistoren -> das Ding schwingt nun und die Lampe fängt vor lauter Glück an zu leuchten. Die unterschiedliche Größe von C3 und C4 ergibt sich aus der Tatsache, daß über C4 eine große Spannung erreicht werden muss damit die Lampe zündet (größerer Blindwiderstand, um Zündspannung der Lampe zu überschreiten). C3 bestimmt dann mit seiner Kapazität den fließenden Lampenstrom. Die Schwingfrequenz des Gebildes wird von L1/2 und C3/C4 festgelegt. Warum die nicht wandern darf, ergibt sich aus der Notwendigkeit eines konstanten Lampenstromes, welcher sich aus frequenzabhängigen Blindwiderständen ergibt.
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Tom D. schrieb: > https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6c/Fluorescent_Lamp_Inverter.png Anstatt dem Deep Link mal auf die Beschreibungsseite schauen und wo die Grafik überall verwendet wird, da wird schon einiges klarer. Brückengleichrichter und C2 dienen zum Gleichrichten der Wechselspannung, üblicherweise 50Hz oder 60Hz. Grund ist der folgende Resonanzwandler, der mit Gleichspannung arbeitet. Zum einen arbeiten die Leuchtmittel bei höheren Frequenzen effektiver und zum anderen soll eine niedrigfrequente Modulation der Leuchtstäre mit 100 bzw. 120 Hz vermieden werden. In Röhren, die Hg enthalten, wird dieses durch die Hochspannung ionisiert. Wenn in der nächsten Halbwelle der Spannung die meisten Hg-Ionen noch vorhanden sind und noch nicht zu Hg-Atomen rekombiniert sind, spart des Energie. https://en.wikipedia.org/wiki/Fluorescent_lamp#Electronic_ballasts Zum Diac: > In den Royer-Konvertern von Energiesparlampen sollen sie einen > Impuls zum sicheren Starten des Konverters liefern, da Royer-Konverter > Anschwingschwierigkeiten haben, wenn Ihre Versorgungsspannung beim > Einschalten zu langsam ansteigt. https://de.wikipedia.org/wiki/Diac#Verwendung Dabei handelt es sich um umnicht um "Royer" im eigentlichen Sinne, d.h. die Induktivität wird nicht in die Sättigung getrieben. Eher passend ist "Resonant Converter/Inverter". "Resonant": Primärseitig gibt es einen LC-Schwingkreis dessen Resonanzfrequenz die Schaltfrequenz maßgeblich bestimmt: Die Transostors sollen im Gegentakt arbeiten und im Nulldurchgang von Spannung oder Strom schalten um Schaltverluste zu minimieren. Weiters möchte man eine sinusförmige Schwingung, denn Harmonische führen u.U. zu Verlusten im Leuchtmittel (CCFL) und tragen auch zum "Noise" bei. Neben dem Schwingkreis auf der Primärseite gibt es auch einen Serienschwingkreis auf der Sekundärseite. https://en.wikipedia.org/wiki/CCFL_inverter
Tom D. schrieb: > Ich würde gerne wissen wie in der Praxis Schaltungen entwickelt werden. > Wird dort die komplette Schaltung durch Formeln berechnet? Oder doch > viel Simuliert. Da gibt es keine allgemeingültige Aussage. Die Mehrzahl von Schaltungen besteht aus der Kombination lange bekannter Grundschaltungen. Das ist ohnehin der Clou bei der Schaltungsentwicklung. Die Gesamtfunktion in kleinere Funktionsblöcke zerlegen die übersichtlich und lösbar sind. Spulen und Kondensatoren sind ein gutes Indiz das DC Betrachtung nicht mehr weiterhilft. Da muß man sich dann überlegen wie sich Strom und Spannung zeitabhängig jeweils verhalten. Simulationsprogramme kommen meist nur an den haarigen Schaltungsteilen zum Einsatz bei denen man sich nicht sicher ist oder eine ganz bestimmte Eigenschaft untersuchen will. Das Aufsetzen der Simulation ist langwierig und fehlerträchig und um wenige 100ms zu simulieren kann der PC schon mal eine Stunde rechnen. Wie man vielen Beiträgen hier entnehmen kann ist es das eine viele Daten zu haben, das andere die auch lesen oder einschätzen zu können ob die Simulation überhaupt realistische Daten oder Müll geliefert hat. Auch im Bereich der Elektronik sucht man sich ein Thema und hangelt sich von einfachen Kram bis hin zu einem Gebiet vor das einen interessiert. Niemand kann alles können und es gibt mehr als einen Ansatz ein Problem zu lösen. Lernen tut man das sein Leben lang. Immer wenn ein neues Projekt wissen verlangt das ich nicht habe muß ich das lernen oder einen Weg finden mich darum herumzumogeln. Deine Beispielschaltung ist ein primitiver Selbstschwinger. Primitiv ist da relativ weil sich alle Funktion über eine Handvoll Bauteile und durch Dimensionierung ergibt. Da gehört dann schon mehr zu die Schwingungsbedingung zu erfüllen und das Startverhalten in den Griff zu bekommen.
Tom D. schrieb: > https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6c/Fluorescent_Lamp_Inverter.png > > Ich hab zu jedem Bauteil die Grundlagen erarbeitet…könnte aber nicht > sagen was die Schaltung genau macht. Gibt es hierfür bestimmte Techniken > um Schaltungen besser zu analysieren? Ich habe mir die Schaltung mal kurz angeschaut. Vermutlich soll die Schaltung mit einer höheren Frequenz als 50 (100) Hz schwingen, damit flackert die Neonröhre mit einer höheren Frequenz (vermutlich >10KHz) und das Licht kann damit zur Ausleuchtung von Objekten genommen werden die mit einer Kamera beobachtet werden wollen. (Typische Anwendung in der Industrie, da kann man "Normale" Neon-Röhren Ansteuerungen nicht verwenden)
Tom D. schrieb: > Ich würde gerne wissen wie in der Praxis Schaltungen entwickelt werden. > Wird dort die komplette Schaltung durch Formeln berechnet? Als erstes wird geschaut, ob es ähnliches schon gibt. Dann wird es modifiziert. Wirklich von grundauf neue Schaltungen sind sehr selten.
Tom D. schrieb: > Ich würde gerne wissen wie in der Praxis Schaltungen entwickelt werden. In 99% der Fälle: Man nimmt ein Konkurrenzprodukt und kupfert gnadenlos ab. Was meinst du, warum sich je nach Branche die Lösungen zwar unterscheiden, aber innerhalb einer Branche oftmals dasselbe zu finden ist. Eine gute Quelle zum Abkupfern sind die AppNotes und ReferenceDesigns der Hersteller, und die Bücher wie Tietze Schenk oder gar Nührmann. Was aber fast jeder Hersteller selber macht, ist das Leiterplattenlayout, damit es in seine Kiste passt. Hat man eine Aufgabe, sucht man den normalen Hersteller solcher Dinge (Bosch, EGO, Traco, Hermes Electronic, ECS Online, ...) und bestellt dort "auch so was wie die Konkurrenz aber in rund". Die haben das schliesslich schon mal gemacht, müssen also bloss die Form anpassen und nicht nachdenken. Richtig innovative Entwicklungen sind selten.
Michael B. schrieb: > Eine gute Quelle zum Abkupfern sind die AppNotes und ReferenceDesigns > der Hersteller, und die Bücher wie Tietze Schenk oder gar Nührmann. Dazu sind sie doch da...
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