Forum: Haus & Smart Home Anzugsmomente in Elektro-Klemmen


von Thor (Gast)


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Hallo,
ich habe mir mal aus Neugierde Datenblätter von LS und FIs angesehen und 
dort zum Teil konkrete Anziehdrehmomente für die Klemmstellen gefunden:
Anziehdrehmoment z.B. für einen FI:
2,8 Nm <= 63 A
4,8 Nm > 63 A
Also nun bin ich echt neugierig, wie ein Elektriker diese 
Anziehdrehmomente sicherstellt? Aus der KFZ-Werkstatt sind mir 
Drehmoment-Schlüssel ja durchaus geläufig - bei Elektrikern habe ich die 
aber bisher noch nie gesehen! Ist hier jemand Elektriker und kann mir 
sagen, was es mit den vorgegebenen Anziehdrehmomenten auf sich hat bzw. 
woher man weiß, ob eine nach Gefühl festgezogene Klemmstelle den Draht 
ordentlich und dauerhaft fixiert? Es sind ja oft auch mehrere Adern in 
einer Klemmstelle und soweit ich weiß, kann bei zu losen Klemmstellen 
durchaus ein Brand im Sicherungskasten entstehen.
Thor

von Ich (Gast)


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Passend eingestellter Akkuschrauber

von TestTest (Gast)


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Es gibt auch Drehmomentschlüssel in Schraubendreherform für genau so 
etwas.

Siehe: 
https://www.wiha.com/de/produkte/drehmomentwerkzeuge/torquevarior-s-drehmoment-schraubendreher.html

von JJ (Gast)


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Seien wir mal ehrlich: 99% Aller Schrauben werden "handwarm" angezogen 
und gut iss...

von Martin (Gast)


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Hallo.

Nein in der Industrie verwenden die Elektriker meiner Erfahrung nach 
fast nur noch den bereits erwähnten eingestellten Akkuschrauber.


Martin

von Axel L. (axel_5)


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JJ schrieb:
> Seien wir mal ehrlich: 99% Aller Schrauben werden "handwarm" angezogen
> und gut iss...

Jau, und wenn dann nach Jahren die Klemme abfackelt, weis ja eh keiner 
mehr wer es war.

Oder da ist dann das Kupfer weggelaufen.

Gruss
Axel

von Paul B. (paul_baumann)


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Axel L. schrieb:
> Jau, und wenn dann nach Jahren die Klemme abfackelt, weis ja eh keiner
> mehr wer es war.

Jau, und wenn dann nach Jahren festgestellt wird, daß man die Klemmen 
mal hätte nachziehen müssen und eine elektrische Anlage auch mal 
überprüft werden könnte, bevor es knallt -dann weiß keiner, wer das 
ignoriert hat.

MfG Paul

von Harald W. (wilhelms)


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Ich schrieb:

> Passend eingestellter Akkuschrauber

Dazu müssten dort auch Drehmomente draufstehen. Typischerweise gibt
es aber nur eine Skala von 1...n, mit der kein Mensch was anfangen
kann. In der Werbung wird nur so getan das die Anzahl der Stufen
ein Qualitätsmermal ist (Je mehr Stufen, desto besser). :-(

von Harald W. (wilhelms)


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Thor schrieb:

> woher man weiß, ob eine nach Gefühl festgezogene Klemmstelle den Draht
> ordentlich und dauerhaft fixiert?

Tja, eine Hausfrau hat so etwas eben im Gefühl. :-)

von Axel L. (axel_5)


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Paul B. schrieb:
> Axel L. schrieb:
>> Jau, und wenn dann nach Jahren die Klemme abfackelt, weis ja eh keiner
>> mehr wer es war.
>
> Jau, und wenn dann nach Jahren festgestellt wird, daß man die Klemmen
> mal hätte nachziehen müssen und eine elektrische Anlage auch mal
> überprüft werden könnte, bevor es knallt -dann weiß keiner, wer das
> ignoriert hat.
>
> MfG Paul

Ja theoretisch ist das schon so.

Aber du kannst ja mal versuchen, das bei dutzenden übertapezierten oder 
überputzten Unterputzdosen durchzusetzen. Man könnte die natürlich auch 
gleich korrekt anziehen, erstaunlicherweise sind ja auch nach 30 Jahren 
die meisten Schrauben durchaus noch fest.

Wobei bei konsequenter Durchführung dieser Wartung auch die Frage ist, 
wann die Schraube aufgibt, wenn die jedes Jahr eine Viertelumdrehung 
angezogen wird.

Gruss
Axel

von JJ (Gast)


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Axel L. schrieb:
> JJ schrieb:
>> Seien wir mal ehrlich: 99% Aller Schrauben werden "handwarm" angezogen
>> und gut iss...
>
> Jau, und wenn dann nach Jahren die Klemme abfackelt, weis ja eh keiner
> mehr wer es war.
>
> Oder da ist dann das Kupfer weggelaufen.
>
> Gruss
> Axel

Korrekt.

Wahrscheinlich ist aber das handwarm der meisten Elektriker noch doppelt 
so viel wie vom Hersteller vorgegeben. 3Nm sind nun wirklich nicht viel.

von K. J. (Gast)


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Paul B. schrieb:
> Axel L. schrieb:
>> Jau, und wenn dann nach Jahren die Klemme abfackelt, weis ja eh keiner
>> mehr wer es war.
>
> Jau, und wenn dann nach Jahren festgestellt wird, daß man die Klemmen
> mal hätte nachziehen müssen und eine elektrische Anlage auch mal
> überprüft werden könnte, bevor es knallt -dann weiß keiner, wer das
> ignoriert hat.
>
> MfG Paul

Doch weil auf dem E-Check Aufkleber steht der jedenfalls im Norden 
Pflicht ist, jedenfalls bei Neuanlagen oder Gewarteten Anlagen die frage 
ist ehr obs die Firma nach 10 Jahren oder so noch gibt.

Und ob zwischenzeitlich jemand dran gebastelt hat.

von JJ (Gast)


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K. J. schrieb:
> Doch weil auf dem E-Check Aufkleber steht der jedenfalls im Norden
> Pflicht ist, jedenfalls bei Neuanlagen oder Gewarteten Anlagen die frage
> ist ehr obs die Firma nach 10 Jahren oder so noch gibt.
>
> Und ob zwischenzeitlich jemand dran gebastelt hat.

Wo ist der E-Check denn Pflicht?

von Paul B. (paul_baumann)


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JJ schrieb:
> Wo ist der E-Check denn Pflicht?

Trotzdem ist die Herdanschlußdose ausgeglüht, denn die wußte auch nicht, 
ob ein E-Check Pflicht ist.

Fakt ist: Die Elektroinstallateure ziehen seit Jahr und Tag die Klemmen 
nach Gefühl an. Auch wenn sich ein paar Schreibtischhengste auf die 
Hinterbeine stellen und wiehern: Sie werden es weiter so tun, weil für 
Schnickschnack auf Baustellen keine Zeit ist.

MfG Paul

von Harald W. (wilhelms)


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Axel L. schrieb:

> Oder da ist dann das Kupfer weggelaufen.

Wo soll denn das hinlaufen?

von Nach Gefühl (Gast)


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Harald W. schrieb:
> Tja, eine Hausfrau hat so etwas eben im Gefühl. :-)

https://www.youtube.com/watch?v=CyBxeYemaok

von Herbert (Gast)


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von Elektrofan (Gast)


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>> Oder da ist dann das Kupfer weggelaufen.

> Wo soll denn das hinlaufen?

Dem Alu hinterher, welches man ganz früher mal hatte ...

von Axel L. (axel_5)


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Paul B. schrieb:
> JJ schrieb:
>> Wo ist der E-Check denn Pflicht?
>
> Trotzdem ist die Herdanschlußdose ausgeglüht, denn die wußte auch nicht,
> ob ein E-Check Pflicht ist.
>
> Fakt ist: Die Elektroinstallateure ziehen seit Jahr und Tag die Klemmen
> nach Gefühl an. Auch wenn sich ein paar Schreibtischhengste auf die
> Hinterbeine stellen und wiehern: Sie werden es weiter so tun, weil für
> Schnickschnack auf Baustellen keine Zeit ist.
>
> MfG Paul

Schön blöd.

Mit dem oben gezeigten Schraubenzieher geht das genauso schnell, wie 
"handwarm". Und schon die erste problematische Schraube, bei der man 
dann beim Kunden noch mal antanzen darf, weil "handwarm" dann doch nicht 
genug war, spart mehr, als der Schraubenzieher kostet.

Gar nicht davon zu reden, wenn die ausgeglühte Herdanschlussdose einen 
richtigen Brand auslöst und dann der Elektriker dem Richter erklären 
muss, warum "Handwarm" nicht gereicht hat.

Gruss
Axel

von Harald W. (wilhelms)


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Elektrofan schrieb:

>>> Oder da ist dann das Kupfer weggelaufen.
>
>> Wo soll denn das hinlaufen?
>
> Dem Alu hinterher, welches man ganz früher mal hatte ...

Ich kenne mich zwar nicht mit dem Fliessverhalten von ALU aus,
aber Kupfer fliesst auch nach zwanzig bis dreissig Jahren nicht
soviel, das Schrauben locker werden. Wenn man in alten Vertei-
lungen lockere Schrauben findet, waren sie vermutlich schon von
Anfang an nicht richtig angezogen. Eine andere Erklärung habe
ich jedenfalls nicht, wenn in jahrzehntealten Verteilungen
höchstens eine von zehn Schrauben locker ist.

von Marek N. (Gast)


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JJ schrieb:
> 3Nm sind nun wirklich nicht viel.

Hast du eine Ahnung!
Bei 1,1 Nm ist eine M4-er Zahnscheibe schon bereits vollständig platt 
gedrückt. Bei 1,5 Nm knackt es schon. - Aber im Handgelenk.

von Axel L. (axel_5)


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Harald W. schrieb:
> Elektrofan schrieb:
>
>>>> Oder da ist dann das Kupfer weggelaufen.
>>
>>> Wo soll denn das hinlaufen?
>>
>> Dem Alu hinterher, welches man ganz früher mal hatte ...
>
> Ich kenne mich zwar nicht mit dem Fliessverhalten von ALU aus,
> aber Kupfer fliesst auch nach zwanzig bis dreissig Jahren nicht
> soviel, das Schrauben locker werden. Wenn man in alten Vertei-
> lungen lockere Schrauben findet, waren sie vermutlich schon von
> Anfang an nicht richtig angezogen. Eine andere Erklärung habe
> ich jedenfalls nicht, wenn in jahrzehntealten Verteilungen
> höchstens eine von zehn Schrauben locker ist.

Das ist richtig, aber es ist für die Paules dieser Welt eine bessere 
Entschuldigung, als daß man einfach unprofessionell an die Sache 
rangegangen ist.

Gruss
Axel

von Mani W. (e-doc)


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Paul B. schrieb:
> Fakt ist: Die Elektroinstallateure ziehen seit Jahr und Tag die Klemmen
> nach Gefühl an. Auch wenn sich ein paar Schreibtischhengste auf die
> Hinterbeine stellen und wiehern: Sie werden es weiter so tun, weil für
> Schnickschnack auf Baustellen keine Zeit ist.

Genau!


Und auch im Schaltschrankbau wird genauso gearbeitet, die
Schrauber meist nur benutzt bei vielen Reihenklemmen, und das
auch nur bei 2,5 oder 4 mm2 ...

Sonst wird alles mit Handkraft erledigt, von klein bis groß
mit Schraubendreher, Ratsche und Nussen...

Axel L. schrieb:
> Gar nicht davon zu reden, wenn die ausgeglühte Herdanschlussdose einen
> richtigen Brand auslöst und dann der Elektriker dem Richter erklären
> muss, warum "Handwarm" nicht gereicht hat.

Wenn der, der da händisch geschraubt hat, nicht ein ausgesprochener
Schwächling war, wird es ausreichend festgezogen sein, und ich hatte
schon einige Schaltschränke, wo es noch gefühlt eine Umdrehung war
beim Nachziehen.

Diese waren mit Schraubern verdrahtet....


Fast alle dieser Klemmen, vor allem die Kraftleitungen waren
zu gering verschraubt...

von Sebastian L. (sebastian_l72)


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Thor schrieb:
> Hallo,
> ich habe mir mal aus Neugierde Datenblätter von LS und FIs angesehen und
> dort zum Teil konkrete Anziehdrehmomente für die Klemmstellen gefunden:
> Anziehdrehmoment z.B. für einen FI:
> 2,8 Nm <= 63 A
> 4,8 Nm > 63 A
> Also nun bin ich echt neugierig, wie ein Elektriker diese
> Anziehdrehmomente sicherstellt?
Die geforderten Werte sind Residualmomente und nicht Anzugsmomente!

In meiner Lehrzeit hiess es:
"Der Mensch formt den Stahl, der Stahl formt den Menschen."
Anzugsmomte "frei Hand" waren Teil der Prüfung. (ich glaub das waren 4 
Nm Schraubendreher, 10 Nm und 30 Nm mit einem Gabelschlüssel)
Lehrjahre sind keine Herrenjahre.

 <5 Nm kriegt man mit nem Schraubendreher frei Hand gut hin.
Anfänger nehmen einen Momentschraubendreher. Der hat aber den Nachteil 
das er nur das Anzugsmoment und nicht das Residualmoment misst. Bei 
neuen Teilen und sauberen Gewindegängen ist das natürlich ähnlich, aber 
nicht alle Teile sind neu und sauber.
Nach "fest" kommt "ab", und das lernt man.

Momentschraubendreher nehme ich nur in der Kunststofftechnik, da ist das 
alles viel viel kritischer. Da ist 2,5 Nm "fest" und 3 Nm "ab".

In der Werkstatt hatten wir Akkuschrauber zur Montage.
Da hat man einen ABB minifix für die kleinen (3 Nm) und ein ABB superfix 
für die grossen (5Nm). Das ist keine Baumarkttechnik und du kannst 
Dinger drehmomentkalibriert kaufen oder du kalibrierst halt selbst.
Besser als die ABBs ist das Atlascopco Werkzeug.

Für die Demontage sind Akkuschrauber weniger geeignet, hier sind 
Druckluftschlagschrauber einfach besser (Wer weiss schon wie verdengelt 
die Gewindegänge sind).

: Bearbeitet durch User
von Axel L. (axel_5)


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Mani W. schrieb:

> Axel L. schrieb:
>> Gar nicht davon zu reden, wenn die ausgeglühte Herdanschlussdose einen
>> richtigen Brand auslöst und dann der Elektriker dem Richter erklären
>> muss, warum "Handwarm" nicht gereicht hat.
>
> Wenn der, der da händisch geschraubt hat, nicht ein ausgesprochener
> Schwächling war, wird es ausreichend festgezogen sein, und ich hatte
> schon einige Schaltschränke, wo es noch gefühlt eine Umdrehung war
> beim Nachziehen.
>

Wenn die Herdanschlussdose auusgeglüht ist, WAR die nicht richtig 
verschraubt.

Da es offensichtlich ausgeglühte Herdanschlussdosenklemmen gibt (so wie 
auch ausgeglühte Unterputzdosenklemmen), und wir oben gekärt hatten, 
dass Kupfer nicht kriecht, scheint das mit dem "handwarm Anziehen" doch 
nicht jedem Elektriker so geläufig zu sein, wie die das von sich selbst 
glauben.

Gruss
Axel

von DerUnbekannte (Gast)


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Ich denke wer Schmackes in den Händen hat (Erfahrener Elektriker) der 
brauch kein Drehmoment.

Hatte mal einen Lehrling mit Pommesarmen der hat einmal eine Klemme 
abgedreht und zog die seitdem zu Lasch an.. der brauchte dann nen 
Drehmoment Schraubendreher zur Prüfung.

Ich als Fitnesstudio Besucher drehe auch mal ausversehen ne 10mm 
Schraube ab, für Elektronisch belastete Klemmen brauch man das nötige 
Feingefühl welches auch die nötige Erfahrung mit sich bringt.. Frag ich 
mich ob Leute noch andere Sorgen haben.

von Mani W. (e-doc)


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DerUnbekannte schrieb:
> Ich als Fitnesstudio Besucher drehe auch mal ausversehen ne 10mm
> Schraube ab

Aber nicht eine 8.8 oder höher, das funktioniert oft nur bei
billigen Schrauben oder beim PKW mit halb verrosteten
Schrauben...

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