Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik RS422 Verkabelung


von EinWort (Gast)


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Ich habe mal eine generelle Frage zur Verkabelung von 
RS422-Schnittstellen:

Die mir bekannten speziell für RS422/RS485-Übertragung ausgelegten (120 
Ohm) Kabel bestehen aus 2 oder 2x2 verdrillten Adern + Schirm. Wohin 
legt man überlicherweise die GND Leitung? Dafür bräuchte man doch eine 
weitere Ader? Auf den Schirm? Oder gibt es solche Kabel mit 2+1 und 
2x2+1 Adern?

Bisher habe ich es immer so gelöst, daß ich ein 2x2 oder 3x2 Kabel 
verwendet habe und 2 verdrillte Adern als GND verwendet habe. In meinen 
Anwendungsfällen kommt erschwerend hinzu, daß ich den Schirm nicht mit 
dem Logic-GND verbinden darf, da eine galvanische Trennung zwischen 
Gehäuse-GND und Logic-GND besteht. (Bei allen beteiligten Geräten) Macht 
es dann Sinn den Gehäuse-GND mit dem Schirm zu verbinden?

von Bürovorsteher (Gast)


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> Bisher habe ich es immer so gelöst, daß ich ein 2x2 oder 3x2 Kabel
> verwendet habe und 2 verdrillte Adern als GND verwendet habe.

So ist es korrekt. GND über den Schirm ist Murks (Mantelströme).

von EinWort (Gast)


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Mein Problem hat sich in den letzten beiden Monaten noch etwas 
erweitert:

Meine RS422-Treiber sitzen nun jeweils hinter einem isoliertem 
DC/DC-Wandler und die TX/RX Signale vom uC sind logischerweise auch 
entkoppelt. Mein Quick&Dirty Testaufbau funktioniert auch schon (ohne 
Berücksichtigung eventueller EMV-Probleme). Aber die Verkabelung macht 
mir immer noch Schwierigkeiten bei der Konzeptionierung der Schirmung:

Momentan ist die Schirmung nur einseitig an der Gegenstelle 
angeschlossen. Da ich bei einem möglichen späteren EMV-Test möglichst 
wenig Probleme haben möchte ist meine Frage, was ich mit der Schirmung 
auf der Geräteseite mache. Insbesondere unter der Berücksichtigung, daß 
die Schnittstelle isoliert ist und die Möglichkeit besteht, daß die 
Gegenstelle eventuell auch eine isolierte Schnittstelle besitzen kann 
(aber nicht muss), bei der die Schirmung Erdprotenzial hat und der 
Signal-GND nicht. (Muss ich im Design berücksichtigen).
Verbinde ich nun GND mit Schirmung auf der Geräteseite (wäre in meinem 
Fall glaube ich eine schlechte Idee) oder über einen Kondensator (damit 
ein HF-Pfad entsteht) oder lasse ich es weiterhin offen. Ich muß noch 
erwähnen das mein geplantes Gerätegehäuse aus Metall sein wird und 
voraussichtlich mit dem Schirm der USB-Leitung (hierüber wird die 
Schaltung mit Spannung versorgt) verbunden sein wird und im Gerät die 
Schirmung der RS422-Schnittstelle einfach endet <--- Der Grund meiner 
Frage.

von Gritsch (Gast)


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Verbinde die GND-Leitung mit dem GND der DC/DC-WAndler auf der 
Sekundärseite, das heißt, bei Deinen Treibern. Damit bekommen die 
differentiellen Leitungen einen Bezug und alles ist trotzdem noch 
galvanisch getrennt.
Den Leitungsschirm kannst Du auf Deine Gehäuseerde legen. Am besten mit 
der Möglichkeit, diese Verbindung zu trennen, was in seltenen Fällen 
notwendig sein kann.
Auf keinem Fall darf eine Masseschleife aufgebaut werden. Damit erzeugt 
jede Feldlinie, die sich darin befindet ein Störsignal, welches sich auf 
Deine Nutzsignale aufaddiert. Dadurch könnten sehr üble Fehlfunktionen 
erzeugt werden.

von Günter Lenz (Gast)


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Gritsch schrieb:
>Auf keinem Fall darf eine Masseschleife aufgebaut werden.

Eine Masseschleife stört eine differenzielle Leitung nicht.
Das ist ja gerade der Sinn von differenziellen Leitungen,
unempfindlich gegenüber Masseschleifen zu sein.
Ein anderes Beispiel sind Telefonleitungen, das sind
auch differenzielle Leitungen.

von Philip K. (pulsewidthmodul)


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Das ist eine unzulässige Vereinfachung.

Jeder RS422/485 Tranceivee hat seine Grenzen, was Gleichtaktstörungen 
angeht.

von Günter Lenz (Gast)


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Philip K! schrieb:
>Jeder RS422/485 Tranceivee hat seine Grenzen, was Gleichtaktstörungen
>angeht.

Das stimmt, aber ohne Masseschleife konnen die Gleichtaktspannungen
sogar größer sein als mit, weil die Masseschleife ja ein
Potentialausgleich macht.

von EinWort (Gast)


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Genau aus diesem Grund (Masseschleifen) habe ich in meinem ersten 
Entwurf den Schirm der RS422 Schnittstelle nur einseitig an der 
Gegenstelle angeschlossen und auf meiner Geräteseite offen gelassen. 
Genau genommen soll mein Gerät zwei Schnittstellen erhalten, die auch 
untereinander galvanisch getrennt sind. Macht es denn Sinn den Schirm 
der RS422 mit meinem Gehäuseschirm zu verbinden und wie oben 
vorgeschlagen stattdessen den Schirm auf der Gegenseite offen zu lassen? 
Verschieb ich damit nicht das Problem auf die Gegenseite? Was passiert 
mit den Nutzsignalen beim Übergang von meiner Schirmung in das Gerät auf 
der Gegenseite? Hab ich dadurch einen Vorteil, gegenüber meiner 
Variante? Was wäre bei RS232 zu berücksichtigen, was evtl. auch noch auf 
mich zukommt? Auch bezüglich EMV. Die angeschlossenen Geräte können alle 
unterschiedliche Potentiale haben, weshalb ich mich ja auch für die 
Isolierung (1kV) der Schnittstellen entschieden habe.
Ich werde im Platinenlayout Footprints vorsehen, um, wo nötig, HF-Pfade 
mit Kondensatoren herstellen zu können, z.b. zwischen den isolierten GND 
und USB-GND. Hab dafür schon die passenden Kondensatoren im kV-Bereich 
geordert. Aber die Schirmungssache ähnlich flexibel auszulegen fällt mir 
wirklich schwer. Auf der USB-Seite bin ich auch noch nicht sicher, ob 
ich Signal GND mit USB-Schirm direkt verbinde oder via RC-Kombination, 
aber das kann man im Layout leicht berücksichtigen.

von Gritsch (Gast)


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@ Günter Lenz
@ EinWort

Vielleicht solltet Ihr versuchen zu verstehen, was ich oben geschrieben 
habe.

von EinWort (Gast)


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@Gritsch:

Ich denke, daß ich es verstanden habe. Daß es keine Masseschleifen geben 
darf ist mir ebenfalls bewußt. ABER welchen Vorteil hat Dein Vorschlag 
gegenüber meiner bisherigen Lösung? Der Schirm ist weiterhin nur 
einseitig geschirmt, nur daß der Schirm jetzt mein Gehäusepotential hat. 
(falls du das nicht meintest, habe ich tatsächlich etwas falsch 
verstanden) Aber wenn ALLE Schirme auf meinem Gehäuse liegen ist die 
galvanische Trennen zwischen den Schnittstellen auch nicht mehr gegeben, 
da ich ja nicht weiß, ob die Gegenseite ihren Schirm nicht mit GND 
verbindet. Hatte leider in meinem ersten Post vergessen zu erwähnen, daß 
es sich um 2 RS422 Schnittstellen handelt, die ebenfalls voneinander 
getrennt sind.
Ich denke ich werde mein Problem durch verschiedene Kabelsätze lösen:

1. Kabelschirm auf Schirmung der Gegenseite
2. Kabelschirm auf meinem Gehäusepotential
3. Kabelschirm auf meinem isoliertem GND und der Gegenseite
4. Kabelschirm auf meinem isoliertem GND einseitig
5. Kabelschirm auf Schirmung der Gegenseite und auf meiner Seite über 
RC-Kombination verbunden.

Beim EMV-Test wird sich dann schon die "richtige" Lösung finden ;-)

von EinWort (Gast)


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P.S. Werde ich natürlich nicht so machen. Ich suche bloß eine BEGRÜNDETE 
Konfiguration, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die geringsten Probleme 
verursacht. Auf mögliche Änderungen, bis alles funktioniert habe ich 
mich bereits mental eingestellt. (Wie bei allen Projekten ;-)

von Gritsch (Gast)


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Ich meinte diese Anordnung:

Schirm (= Gehäuseerde) vom Master verbunden mit
Kabelschirm und verbunden mit
Schirm (= Gehäuseerde) vom Slave (oder auch nicht)

Galvanisch getrennter GND der Treiber vom Master verbunden mit
Ader/Adernpaar im Kabel und verbunden mit
galvanisch getrennter GND der Treiber vom Slave

Galvanisch getrennte RxD-Eingänge der Treiber vom Master verbunden mit
verdrilltem Adernpaar im Kabel und verbunden mit
galvanisch getrennter TxD-Ausgänge der Treiber vom Slave

Galvanisch getrennte TxD-Ausgänge der Treiber vom Master verbunden mit
verdrilltem Adernpaar im Kabel und verbunden mit
galvanisch getrennter RxD-Eingänge der Treiber vom Slave

Damit ist Dein Schirm von den Signalen getrennt, so dass sich vom Schirm 
abgefangene Störungen auch nicht auf die Signale addieren können.

von Isi H. (isi1)


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Gritsch schrieb:
> Schirm (= Gehäuseerde) vom Master verbunden mit
> Kabelschirm und verbunden mit
> Schirm (= Gehäuseerde) vom Slave

Den Fall hatten wir: Der Slave war im Nachbarhaus und die beiden 
Gehäuseerden waren jeweils mit dem gelbgrünen verbunden.
Nach einem kräftigen Kurzschluss im Haus des Slave war der Schirm 
abgeraucht. Überprüfungen zeigten, dass wir etwa 100 V Differenzspannung 
hatten und etwa 130 A Strom (über den Schirm).
Seitdem verwenden wir doppelt geschirmte Leitungen (den einen Schirm auf 
der einen Seite und den anderen auf der anderen) oder 1 µF beidseits 
zwischen Schirm und Gnd.

von Gritsch (Gast)


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Isi H. schrieb:
> Gritsch schrieb:
>> Schirm (= Gehäuseerde) vom Master verbunden mit
>> Kabelschirm und verbunden mit
>> Schirm (= Gehäuseerde) vom Slave
>
> Den Fall hatten wir: Der Slave war im Nachbarhaus und die beiden ...

Das 100V-Problem hatte ich auch schon einige male. Deshalb auch meine 
Anmerkung: (oder auch nicht).

Deine Lösung ist gut, aber aufwändig. Häufig reicht es aus, den Schirm 
z.B. nur am Master anzuschließen.

von Günter Lenz (Gast)


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EinWort schrieb:
>Bisher habe ich es immer so gelöst, daß ich ein 2x2 oder 3x2 Kabel
>verwendet habe und 2 verdrillte Adern als GND verwendet habe.

Hätte ich auch so gemacht.

>In meinen
>Anwendungsfällen kommt erschwerend hinzu, daß ich den Schirm nicht mit
>dem Logic-GND verbinden darf, da eine galvanische Trennung zwischen
>Gehäuse-GND und Logic-GND besteht.

Brauchst du ja auch nicht, mit deinen 2 verdrillten Adern
hast du ja Logic-GND.

> (Bei allen beteiligten Geräten) Macht
> es dann Sinn den Gehäuse-GND mit dem Schirm zu verbinden?

Du darfs den Schirm mit dem Gehäuse verbinden.
Wenn auf beiden Seiten das Gehäuse nun geerdet ist, zum Beispiel
mit einem Schutzleiter, ist eine Masseschleife entstanden.
Es können nun Ausgleichsströme über den Schirm fließen.
Du befürchtest nun das die Übertragung gestört wird, weil
Störspannungen auf den Übertragungsleitungen induziert werden.
Es werden Gleichtaktspannungen induziert, und die stören
die Übertragung nicht. Du brauchs dir keine Sorgen zu machen.

von W.A. (Gast)


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Isi H. schrieb:
> Überprüfungen zeigten, dass wir etwa 100 V Differenzspannung
> hatten und etwa 130 A Strom (über den Schirm).
> Seitdem verwenden wir doppelt geschirmte Leitungen (den einen Schirm auf
> der einen Seite und den anderen auf der anderen) oder 1 µF beidseits
> zwischen Schirm und Gnd.

Diese ganzen Probleme mit Erdschleifen, Potentialausgleich und 
elektromagnetischer Unverträglichkeit hat man nicht, wenn man einfach 
zwei Lichtwellenleiter verwendet. Inzwischen ist das wohl deutlich 
günstiger, als spezialgeschirmte Leitungen.

von Gritsch (Gast)


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W.A. schrieb:
> Inzwischen ist das wohl deutlich
> günstiger, als spezialgeschirmte Leitungen.

Was würde es Dich denn kosten, an eine über 100 Meter lange LWL-Leitung 
einen Stecker anzuschließen?

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