Hi, eine vielleicht eher etwas rhetorische Frage aber ich würde gerne mal in die Runde werfen, ob es zur objektiven Beurteilung eines Audiosignalverarbeitenden Systems (ob es nun ein analog oder digital verarbeitendes System sein mag) noch mehr Kenngrößen als den Frequenz- & Phasengang und die Angabe des Klirrfaktors gibt, welcher sich auf den Klang auswirkt. Genügt also die Messung einzig und allein dieser Kenngrößen um die Klangverschlechterung des Systems objektiv beurteilen zu können? Äußern sich Nichtlinearitäten zwangsläufig immer in Klirr? Nun ist ja Klirr nicht gleich Klirr sondern es gibt verschiedene Gewichtungen der Oberwellen. Macht dies Subjektiv einen großen Unterschied? Wie kann ich am einfachsten einem Signal mal künstlich einen bestimmten Klirrfaktor hinzufügen um mir das mal anzuhören, kennt jemand Software? lg
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Paul H. schrieb: > Äußern sich Nichtlinearitäten zwangsläufig immer in Klirr? Ja. > Nun ist ja Klirr nicht gleich Klirr sondern es gibt verschiedene Gewichtungen der > Oberwellen. Macht dies Subjektiv einen großen Unterschied? Ja. > Wie kann ich > am einfachsten einem Signal mal künstlich einen bestimmten Klirrfaktor > hinzufügen um mir das mal anzuhören, kennt jemand Software? Einen Verstärker absichtlich übersteuern. Aber du bekommst damit nur eine Art des Klirr, je nach Verstärkerschaltung. Paul H. schrieb: > Genügt also die Messung einzig und allein dieser Kenngrößen um die > Klangverschlechterung des Systems objektiv beurteilen zu können? Nein, Rauschen kommt hinzu. Intermodulationsverzerrungen und Phasenverschuebungen stören auch. Aber letzlich ist das in Klirr und Phasengang mit drin, d.h. ein Verstärker mit Klirr von 0 und Phasengang exakt wie im Eingangssignal ist optimal: Er verändert den Klang nicht. Bleibt der Lautsprecher und Aufstellraun, den man ggf. aktiv vorkompensieren muss.
MaWin schrieb: > Aber letzlich ist das in Klirr und Phasengang mit drin, d.h. ein > Verstärker mit Klirr von 0 und Phasengang exakt wie im Eingangssignal > ist optimal Dazu kommt der Amplitudengang (wird fälschlicherweise auch Frequenzgang genannt, aber der Frequenzgang besteht aus Amplitudengang und Phasengang). Nicht nur Rauschen verursacht erzeugt Signale im Ausgangssignal, die nicht irgendwie direkt oder indirekt vom Eingangsignal verursacht werden, sondern z. B. auch Brummen, Nachbarkanalübersprechen und ggf. weitere Quellen für Störungen. "Klirren" entsteht durch nichtlineare Kennlinien. Im einfachsten und vielleicht typischsten Fall ein übersteuerter Verstärker, aber die Kennlinie kann auch auf andere, viel abenteuerlichere Weise gekrümmt oder geknickt sein. Es gibt also viele Arten von Klirren. Man bräuchte einen Universal-Kennlinenkrümmer um die verschiedenen Ergebnisse hörbar zu machen. Nicht unwesentlich in diesem Zusammenhang: Symmetrisch gekrümmte Kennlinien erzeugen ausschließlich Oberwellen ungerader Ordnung, asymmetrische auch solche mit gerader Ordnung, die sich für das Ohr angenehmer anhören.
Klirrfaktoren sind nur aussagenbehaftet, wenn sie super gering sind und das sind sie beim Audio meistens nicht. Man muss sich also immer fragen, ob die Angabe (bei 1kHz) wirklich taugt. Eine komplette Klirrfaktormessung über den gesamten Frequenz- und Leistungsgrenzbereich macht da schon mehr her. Besonders die Pegelabhängigkeit ist entscheidend. Lutscht man AMPS mehr, als zu 70% aus, geht es meist massiv nach oben mit dem Klirr.
Übernahmeverzerrungen nicht zu vergessen, welche gerade bei geringer Aussteuerung ausschlaggebend sind. Klein- und Grosssignalbandbreite (Anstiegszeit)
Uwe B. schrieb: > MaWin schrieb: >> Aber letzlich ist das in Klirr und Phasengang mit drin, d.h. ein >> Verstärker mit Klirr von 0 und Phasengang exakt wie im Eingangssignal >> ist optimal > Dazu kommt der Amplitudengang (wird fälschlicherweise auch Frequenzgang > genannt, aber der Frequenzgang besteht aus Amplitudengang und > Phasengang). Der Phasengang ist akustisch nicht wahrnehmbar. Relevant ist der nur bei Mehrkanalton - da sollte der Phasengang aller Kanäle identisch sein.
Schönes Experiment dazu: Erzeuge mal in einem Audioeditor eine schöne Rechteckwellenform durch manuelles Überlagern von ein paar Oberwellen. Das gleiche nochmal machen, aber mit den falschen Phasenverschiebungen. Das Ergebnis hat rein optisch nix mehr mit einem Rechteck zu tun. Trotzdem klingen beide exakt gleich. (Ja, natürlich, ein Audiophiler weiß sofort, was Rechteck ist und was Schummeleck, zumindest wenn er sieht, welche Spur gerade läuft...)
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Signalrauschabstand und Dynamikumpfang wären noch erwähnenswert...
Sofern es kein Einkanal-System ist, ist die Kanaltrennung auch nicht unbedeutend. Und die Störempfindlichkeit in Bezug auf die Stromversorgung. "Audiophile" glauben ja daran, daß der Klang ihrer Geräte durch bessere Stromversorgungskabel verbessert wird -- für mich ist so etwas ein klarer Fall für ein hochgradig minderwertiges Netzteil und eine lausige Entkopplung/Filterung von Stromversorgungseinflüssen.
Das mit dem Phasengang muss man einschränken, das stimmt natürlich im Normalfall. Allerdings kann ein starker Fehler im Phasengang dazu führen, dass die Gruppenlaufzeit für unterschiedliche Frequenzen zu stark unterschiedlich wird... und dass hört man dann zum Beispiel bei Sprache. Im Extremfall wird durch so was zum Beispiel aus einem Knacken so ein "Strahlenpistolengeräusch". Aber solche Probleme hatte man eigentlich nur zu Analogzeiten als man noch auch extreme Sachen mit nicht mal ansatzweise linearphasigen Filtern machen musste.
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Apropos Phasengang: Die Signallaufzeit (bzw. Signalverarbeitungszeit) ist insbesondere bei digitalen Systemen relevant, z.B. bei Echtzeitkomprimierung. Das ist bei bidirektionaler Kommunikation (Telefon) oder Audio/Video-Anwendungen (Synchronität von Audio und Bild) interessant.
Marian . schrieb: > Das gleiche nochmal machen, aber mit den falschen Phasenverschiebungen. > Das Ergebnis hat rein optisch nix mehr mit einem Rechteck zu tun. > > Trotzdem klingen beide exakt gleich. Einspruch! Nur in einfachen Fällen ist das so. Christian B. schrieb: > . Allerdings kann ein starker Fehler im Phasengang dazu > führen, dass die Gruppenlaufzeit für unterschiedliche Frequenzen zu > stark unterschiedlich wird... und dass hört man dann zum Beispiel bei > Sprache. > > Im Extremfall wird durch so was zum Beispiel aus einem Knacken so ein > "Strahlenpistolengeräusch". Richtig. Vergleicht mal die folgenden Files. Alle haben ein identisches Spektrum bestehend aus 2^14 Sinussignalen (2^15 Samples je Block) mit identischer Amplitude, aber mit unterschiedlichen Phasen. Dass die Spektren identisch sind, ist kaum zu glauben. Und es sind 3 "Strahlenpistolen unterschiedlicher Bauart" sowie ein Rauschen dabei. http://beis.de/Elektronik/FreqResp/WAV/MSin48W15-12.WAV http://beis.de/Elektronik/FreqResp/WAV/MSin48W15-14.WAV http://beis.de/Elektronik/FreqResp/WAV/MSin48W15-16.WAV http://beis.de/Elektronik/FreqResp/WAV/MSin48W15Rnd.WAV
Marian . schrieb: > Trotzdem klingen beide exakt gleich. Klingt es halt nicht - hier auch zur Visualisierung: Beide Zeitfunktionen haben identische Harmonische (die ersten 10 Harmonischen einer Rechteck-Synthese), allerdings einmal mit verschobenen Phasen. Das sieht nicht nur deutlich anders aus, es klingt auch anders - oder ich hab was an den Ohren. Wave-Files könnte ich bei Interesse nachliefern - müsste sie aber erst finden. Gerhard
Uwe B. schrieb: > Marian . schrieb: >> Das gleiche nochmal machen, aber mit den falschen Phasenverschiebungen. >> Das Ergebnis hat rein optisch nix mehr mit einem Rechteck zu tun. >> >> Trotzdem klingen beide exakt gleich. > Einspruch! Nur in einfachen Fällen ist das so. Interessant, da muss ich mir mal näher anschauen, wann genau das anders klingt. Der grundsätzliche Punkt bleibt denke ich aber bestehen, dass Phasenverzerrungen in elektronischen Verstärkern nicht sonderlich relevant sind, sofern der Verstärker genug Bandbreite für Audio hat. Und kein Frequenzgang-Peaking o.ä. benutzt, aber das ist eine für Audio nun wahrlich unsinnige Technik.
Marian . schrieb: > Der grundsätzliche Punkt bleibt denke ich aber bestehen, dass > Phasenverzerrungen in elektronischen Verstärkern nicht sonderlich > relevant sind Da stimme ich dir zu. Anderseits ist es logisch, geradezu trivial, dass es natürlich einen Unterschied ergeben muss, wenn die z. B. durch Verzerrung entstandenen Oberwellen zeitlich verzögert wiedergegeben werden. Prinzipiell ist das ja auch nur eine Phasenverschiebung. Was mir bei allen wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen, wann bzw. ab welchen "Zahlenwerten" Fehler (lineare und nicht-lineare Verzerrungen, Rauschen) in Signalen hörbar sind, eindeutig fehlt, sind Erkenntnisse, ab welchen "Zahlenwerten" Fehler, die durch Phasenverschiebungen ergeben, hörbar sind. Die Grundlagen der Hörphysiologie wurden vor sooo langer Zeit erforscht, aber zu diesem Phänomen kenne ich nichts.
Hallo zusammen, es gab mal von der Deutschen Grammophongesellschaft eine LP!, auf der auf verschiedenen Tracks Verzerrungen von 0.x% bis ca. 10% aufgenommen waren. 1. Seite Musik, 2. Seite ein Wortbeitrag. Ich habe so ein Teil mal an Land gezogen. 1!!mal abgespielt. Besser hätte es doch gleich auf CD gezogen. Bei 1% plus höre ich! es zumindest deutlich. Nun kann man natürlich diskutieren. Was höre ich - Ü60 - noch? 2. Einwand: LP ca. 40dB Dynamikbereich. Was kann man heutzutage nicht alles messen? Ist es für die Praxis relevant? Dann sind wir wieder an der Stelle, daß Feng-Shui Kabel mit platinierten oder vergoldeten Steckern für ein Heidengeld irgendwelchen Dumpfbacken angedreht werden. Wie der Diabetiker, der in Schaffhausen in den Rheinfall pinkelt. Nach der entspr. Laufzeit ist dann in Karlsruhe, Koblenz oder Köln nachzuweisen, dass so ein Ferkel da gestanden hat... Sind die x*1E-9 oder x*1E-12 relevant? Ich denke mal nicht; wenn diese Unterschiede relevant gewesen wären, wäre die Menschheit nicht bis in das Jahr 2000 gekommen. Als Apotheker wundere ich mich oft darüber, wie widerstandsfähig der menschliche Organismus ist. 73 Wilhelm
Uwe B. schrieb: > Die Grundlagen der > Hörphysiologie wurden vor sooo langer Zeit erforscht, aber zu diesem > Phänomen kenne ich nichts. Dazu solltest Du bei der ITU, beim IRT sowie bei "BBC Research" fündig werden. Alle 3 Organisationen müssten wissenschaftliche Arbeiten dazu gemacht haben. Zur Hörbarkeit kannst Du Dich grob an die "HIFI" Normen richten, die sind so ungefähr das was man durchschnittlich hört.
Gerhard schrieb: > Marian . schrieb: >> Trotzdem klingen beide exakt gleich. > > Klingt es halt nicht - hier auch zur Visualisierung: Beide > Zeitfunktionen haben identische Harmonische (die ersten 10 Harmonischen > einer Rechteck-Synthese), allerdings einmal mit verschobenen Phasen. Das > sieht nicht nur deutlich anders aus, es klingt auch anders - oder ich > hab was an den Ohren. > > Wave-Files könnte ich bei Interesse nachliefern - müsste sie aber erst > finden. > > Gerhard Sorry, ich finde auf den beiden Bilder keinen Unterschied! Oder hab ich an den Ohren UND an den Augen?
Es ist auch zwei mal das exakt gleiche Bild, wie schon der Dateiname vermuten lässt. Er hat es wohl versehentlich doppelt hochgeladen. Der Unterschied liegt in der oberen und der unteren Tonspur.
Bei den beigefügten Dateien (je 1 s lang), alle Schwingungen gleich "laut" sin0grad.wav: 1000 Hz 0° und 2000 Hz 0° sin90grad.wav: 1000 Hz 0° und 2000 Hz 90° höre ich keinen Unterschied.
Paul H. schrieb: > Es ist auch zwei mal das exakt gleiche Bild, wie schon der > Dateiname > vermuten lässt. Er hat es wohl versehentlich doppelt hochgeladen. Der > Unterschied liegt in der oberen und der unteren Tonspur. Ok, ich dachte oben ist die Phase oder so was zu sehen. Ich würde mal tippen dass sich oben wie Dreieck anhört únten wie Rechteck. Eigentlich klar zu unterscheiden. Aber propieren geht ja über stutieren...
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