Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Welche Erwartungen haben Unternehmen an Leihingenieure?


von Rick (Gast)


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Personaldienstleister werben damit, dass ihre Mitarbeiter 
"hochqualifizierte Experten" seien. In der Realität scheint es so zu 
sein, dass bei Personaldienstleistern zum großen Teil Anfänger mit wenig 
Berufserfahrung arbeiten. Anspruch und Realität scheinen sich also stark 
zu unterscheiden.

Welche Erwartungen haben Unternehmen, die Ingenieure ausleihen 
eigentlich?

Erwarten die, dass sie einen "Experten" erhalten oder gehen sie von 
vorne herein davon aus, dass jemand mit wenig Erfahrung kommt?

von Claus M. (energy)


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Rick schrieb:
> Welche Erwartungen haben Unternehmen, die Ingenieure ausleihen
> eigentlich?
>
> Erwarten die, dass sie einen "Experten" erhalten oder gehen sie von
> vorne herein davon aus, dass jemand mit wenig Erfahrung kommt?

Ich kenne es nur so dass die Leiher die lästigen Jobs machen für die in 
der Stammbelegschaft keiner Lust oder Zeit hat. Meist wenig 
anspruchsvolle, stupide Aufgaben, für die es eigentlich auch nicht 
unbedingt nen Ing. gebraucht hätte wenn man ehrlich ist. Also abfahren 
und dokumentieren von klar vorgegebenen Tests z.B..

von polb (Gast)


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In 90% der Fälle wollen die bloß jemanden der die Tätigkeiten beim OEM 
übernimmt für die die dortigen Ingenieure keine Zeit oder keinen Bock 
haben.

Aber manchmal suchen die auch einen Experten bzw haben niemanden mit 
mehr Fachkenntnissen. Da sind mir ein paar Ingenieure der IAV in 
Erinnerung ohne die VW so einige Projekte nicht hinbekommen hätte. Diese 
werden normalerweise aber irgendwann vom OEM direkt übernommen.

von Nemesis (Gast)


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Rick schrieb:
> Welche Erwartungen haben Unternehmen, die Ingenieure ausleihen
> eigentlich?

Billig und schnell wieder los werden, was sonst.
Alles andere geht doch aus den Unterlagen hervor.
Bedenklich ist, dass man als Bewerber immer mehr
ins soziale Aus abdriftet. Karriere ist Wunschdenken.

von Claymore (Gast)


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Nemesis schrieb:
> Alles andere geht doch aus den Unterlagen hervor.

Unterlagen sagen gar nichts aus. Die können nämlich quasi beliebig 
frisiert werden. Mit echten Fähigkeiten geht das nicht.

Rick schrieb:
> Welche Erwartungen haben Unternehmen, die Ingenieure ausleihen
> eigentlich?

Die Hoffnung, dass vielleicht 1 von 10 so gut sind, das man sie 
übernehmen kann.

Wenn jemand einen Experte will, fragt man einen spezialisierten 
Dienstleister/Freelancer und kein Leiharbeitsunternehmen.

von Ing (Gast)


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Es wird immer unwahrscheinlicher als Ingenieur Karriere zu machen. 
Ingenieure sind Kostenfaktoren die es zu vermeiden gilt. Im technischen 
Bereich verdient man heutzutage kein Geld mehr. Schon mein Opa sagte: 
"Ingenieure sind die Kamele auf denen die Wirtschaftler zum Erfolg 
reiten." Der Spruch ist vermutlich älter als 50 Jahre, aber heute 
aktueller denn je.

von Claymore (Gast)


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Ing schrieb:
> "Ingenieure sind die Kamele auf denen die Wirtschaftler zum Erfolg
> reiten." Der Spruch ist vermutlich älter als 50 Jahre, aber heute
> aktueller denn je.

Ein Ingenieur kann aber auch ein sehr viel besserer Kamelreiter sein. 
Und das wissen die Unternehmen auch. Also kann man als Ingenieur sehr 
wohl noch Karriere machen. Nur halt nicht als Bastelnerd.

von Ing (Gast)


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Claymore schrieb:
> Unterlagen sagen gar nichts aus. Die können nämlich quasi beliebig
> frisiert werden. Mit echten Fähigkeiten geht das nicht.

Wie willst du die Fähigkeiten und das Potential eines Menschen erkennen 
bevor du ihn eingestellt hast? Wie willst du vorher wissen wie gut und 
schnell er sich einarbeiten kann. Gute Noten und Zertifikate sagen für 
die Praxis nichts aus.

von Claymore (Gast)


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Ing schrieb:
> Wie willst du die Fähigkeiten und das Potential eines Menschen erkennen
> bevor du ihn eingestellt hast?

Das ist ein Ratespiel und erfordert sehr viel Erfahrung und 
Menschenkenntnis. Und ist nie 100% sicher. Aber immer noch besser als 
eine Beurteilung anhand der Unterlagen. Das taugt nur um vorzusortieren.

Aber das ist eine der Hauptgründe, wieso Firmen gerne Leihingenieure 
beschäftigen. Da haben sie Zeit, die Leute ein paar Monate oder Jahre 
unverbindlich zu testen. In manchen Konzernen gibt es die Probezeit 
faktisch nicht mehr (dank Betriebsrat).

Ing schrieb:
> Gute Noten und Zertifikate sagen für
> die Praxis nichts aus.

Eben.

von Ing (Gast)


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Claymore schrieb:
> Aber das ist eine der Hauptgründe, wieso Firmen gerne Leihingenieure
> beschäftigen.

Aber ohne sehr gute Noten und ohne schicke Zertifikate kommt man weder 
bei der Leihfirma noch in einem richtigen Unternehmen bis zum 
Vorstellungsgespräch.

von Dipl Ing ( FH ) (Gast)


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Vor allem müssen sie BILLIG sein , alles anderes ist zweitrangig ..

von Cha-woma M. (Firma: --------------) (cha-ar-196)


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Dipl Ing ( FH ) schrieb:
> Vor allem müssen sie BILLIG sein , alles anderes ist zweitrangig ..

Ja, damit spart man sich die Begründsmühen auf die Frage:
"Warum haben sie diesen Anbieter gewählt?"

von Claymore (Gast)


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Ing schrieb:
> Aber ohne sehr gute Noten und ohne schicke Zertifikate kommt man weder
> bei der Leihfirma noch in einem richtigen Unternehmen bis zum
> Vorstellungsgespräch.

Nein, auch mittelmäßige Noten reichen. Die spielen eigentlich keine 
Rolle, weil man sich ja schon in der Praxis bewiesen hat. Problematisch 
wird es nur, wenn man extrem geschlafen hat und sich deshalb als 
Absolvent bewerben muss. Das passiert aber nur ganz dummen oder extrem 
naiven Leuten. Da helfen dann aber auch gute Noten nur bedingt, weil die 
Voraussetzungen ja schon fehlen.

von Nemesis (Gast)


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Ing schrieb:
> Gute Noten und Zertifikate sagen für
> die Praxis nichts aus.

Die sagen schon was aus. Nämlich wie schnell du dich in neue
Aufgaben einarbeiten kannst. Zeit ist bekanntlich Geld.
Mehr als das Gehalt will man in den Firmen nämlich nicht
investieren. Kannst du was nicht heißt es schnell, dass man
sich sonst jemand anderen sucht.

von Rudolf S. (Firma: keine) (saa-fachplaner)


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Nemesis schrieb:
>> Gute Noten und Zertifikate sagen für
>> die Praxis nichts aus.
>
> Die sagen schon was aus. Nämlich wie schnell du dich in neue
> Aufgaben einarbeiten kannst. Zeit ist bekanntlich Geld.

So sieht das aus.

Letztlich brauchen die Firmen Leute die liegengebliebene Sachen schnell 
abarbeiten können.

Die Leute die die selbst haben (und das aber nicht können) sehen Dir 
aber nicht unbedingt gerne aufs Fell wenn Du gut bist. Die sehen Dich 
dann schnell als Konkurrenten (was ich nachvollziehen kann).

Die Zertifikate hat heute sowieso kaum einer (zumind. nicht die die ich 
kenne).

von Henry G. (gtem-zelle)


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Nemesis schrieb:
> Ing schrieb:
>> Gute Noten und Zertifikate sagen für
>> die Praxis nichts aus.
>
> Die sagen schon was aus. Nämlich wie schnell du dich in neue
> Aufgaben einarbeiten kannst. Zeit ist bekanntlich Geld.
> Mehr als das Gehalt will man in den Firmen nämlich nicht
> investieren. Kannst du was nicht heißt es schnell, dass man
> sich sonst jemand anderen sucht.

Oder sie sagen einfach nur aus, das man zielorientiert für schwierige 
Klausuren lernen kann. Noten sagen überhaupt nichts darüber aus, wie 
schnell man sich in eine Materie einarbeiten kann. Alleine die 
Unterschiede von FH zu FH, Uni zu Uni bzw. Prof zu Prof machen das schon 
unmöglich. Wer sich als Chef die Leute nach den Noten aussucht, ist ein 
Dummkopf und muss sich nicht wundern, wenn er bald Konkurs anmelden 
kann. Wenn dann, sollte man sich die an der Uni durchgeführten Projekte, 
belegten Kurse, Werkstudententätigkeiten und die daraus hervorgehenden 
Ergebnisse anschauen und bewerten.

von Claymore (Gast)


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Nemesis schrieb:
> Die sagen schon was aus. Nämlich wie schnell du dich in neue
> Aufgaben einarbeiten kannst.

Nur sehr, sehr bedingt. Eine Klausur und eine reale Aufgabe sind viel zu 
unterschiedlich. Und die praxisnahen Aufgaben 
(Projekt/Studien/Abschlussarbeiten) werden bei den meisten Hochschulen 
nicht mehr auswertbar bewertet (ähnlich Arbeitszeugnisse).

Nemesis schrieb:
> Kannst du was nicht heißt es schnell, dass man
> sich sonst jemand anderen sucht.

Das ist ja wohl logisch. Wenn jemand die Aufgabe nicht erfüllt, was will 
man dann mit dem?

Rudolf S. schrieb:
> Die Leute die die selbst haben (und das aber nicht können) sehen Dir
> aber nicht unbedingt gerne aufs Fell wenn Du gut bist. Die sehen Dich
> dann schnell als Konkurrenten (was ich nachvollziehen kann).

Nur wenn man sich als Konkurrenz und nicht als Kollegen positioniert. 
Das passiert zum Beispiel, wenn man sein Wissen nicht teilt.

von polb (Gast)


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Claymore schrieb:
> Nur wenn man sich als Konkurrenz und nicht als Kollegen positioniert.
> Das passiert zum Beispiel, wenn man sein Wissen nicht teilt.

Wenigsten erkennt man in so einer Bude schnell das schlechte 
Betriebsklima. Solche “Kollegen“ hatte ich im ersten Unternehmen, wo die 
meisten aus Angst ihr Wissen nicht geteilt haben, so dass alle immer 
wieder über die gleichen Fettnäpfchen gestolpert sind. Muss man aber 
schon sehr charakterschwach für sein. Zum Glück ist es jetzt anders :-)

von Jo S. (Gast)


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Gründe für die Nutzung von Zeitarbeit:

1. Druckmittel gegen die Stammbelegschaft

2. Kapazitätsengpässe ausgleichen

3. Personalrekrutierung (lange Probezeit)

4. kurzfristig Experten nutzen

von Claymore (Gast)


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polb schrieb:
> Wenigsten erkennt man in so einer Bude schnell das schlechte
> Betriebsklima.

Richtig.

polb schrieb:
> Solche “Kollegen“ hatte ich im ersten Unternehmen, wo die
> meisten aus Angst ihr Wissen nicht geteilt haben, so dass alle immer
> wieder über die gleichen Fettnäpfchen gestolpert sind.

Das Gute an der Sache ist ja, dass sich ähnliche Charaktere immer 
irgendwo sammeln. Wer selbst immer auf Ellenbogenmentalität aus ist, der 
landet immer in solchen Firmen. In vernünftigen Firmen überlebt so 
jemand kaum, weil er das Betriebsklima gefährdet und so von den Kollegen 
(die eigentlich kooperativ sind) gemieden wird. Das Lustige ist, dass 
sich der Typ wieder bestätigt fühlt, weil das für einen naiven 
Konkurrenzkämpfer wie Ellenbogenmentalität aussieht, obwohl es genau das 
Gegenteil ist, nur dass man das falsche Team gewählt hat.

Umgekehrt überlebt ein Teamplayer in einem vergifteten Betriebsklima 
auch nicht lange, aber aus anderen Gründen.

von Ingenieur (Gast)


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polb schrieb:
> Zum Glück ist es jetzt anders :-)

Wo arbeitest du denn jetzt?

von Cha-woma M. (Firma: --------------) (cha-ar-196)


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Jo S. schrieb:
> Gründe für die Nutzung von Zeitarbeit:
>
> 1. Druckmittel gegen die Stammbelegschaft
AÜG`ler eher nicht, Werkverträgler sind da gefährlicher für die 
Konzerndrohen.

> 2. Kapazitätsengpässe ausgleichen
Mythos mehr nicht!

> 3. Personalrekrutierung (lange Probezeit)
Weniger, ehrer die möglichkeit  über die Hintertür geschickt Leute aus 
dem "Sippenverband" unter zu bringen!

> 4. kurzfristig Experten nutzen

Hmm, über ZA und Ing.DL bekomt man kaum kurzfristig Experten.
Und wenn ja, dann kosten die auch ganz ordentlich!

von Prost Neujahr (Gast)


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Cha-woma M. schrieb:
> AÜG`ler eher nicht, Werkverträgler sind da gefährlicher für die
> Konzerndrohen.

Wobei das meiste heute schon Werkvertrag im Ingenieurbusiness sein 
dürfte. Direkt ausgeliehen an die OEMs wird man zahlenmäßig kaum noch.
Das ist eigentlich seit 2008 stetig auf dem Rückmarsch. Heute gibt es 
dann immer noch einen zweiten Mittelmann und ein IGM-Gehalt ist damit 
selbst durch Übernahme nicht drin, weil der zweite Mittelmann natürlich 
auch nicht dem IGM-Tarifvertrag angehört.
Raffiniert gemacht von den OEMs und die IGM versucht ihr Gesicht mit 
wirkunglosen Scheinaktionen zu wahren, damit ihnen die noch paar 
verbliebenen Mitglieder nicht weglaufen, obwohl sie doch mit den AGs im 
Bett liegt.

von Henry G. (gtem-zelle)


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Kapazitätsengpässe gibt es eigentlich nur bei grobem 
Missmanagment(Personal aus Profitgier/Wachstumszwang aubauen etc.).

von Cha-woma M. (Firma: --------------) (cha-ar-196)


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Prost Neujahr schrieb:
> Raffiniert gemacht von den OEMs und die IGM versucht ihr Gesicht mit
> wirkunglosen Scheinaktionen zu wahren, damit ihnen die noch paar
> verbliebenen Mitglieder nicht weglaufen, obwohl sie doch mit den AGs im
> Bett liegt.

Die IGM dominiert die Betriebsräte, und die freigestellten BR-Mitgleider 
haben durch ihre priviligierte Stellung natürlich auch ein paar Pfunde 
mit denen sie ihren eigenen Vorteil mehren können.

Was zum 
lesen:http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/vw-abgasskandal/abgasskandal-top-betriebsraete-von-vw-werden-gesetzeswidrig-bezahlt-13849839.html

in der Mitte des Artikels gehts dann um die Verquickung des BR mit dem 
Management.

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